"Dominator" U.D.O. - Aschaffenburg

19.12.2009 | 19:01

15.12.2009, Colos-Saal

Dominant war uuus Udo schon immer - bei ACCEPT wie auch seiner Soloband U.D.O.. Ob sich so langsam mal Verschleißerscheinungen offenbaren?

Irgendwie ist es ein komisches Gefühl, in Aschaffenburg ins Colos-Saal zu eiern mit dem Wissen und der Vorfreude, einerseits eine der authentischsten und frischesten Heavy-Metal-Institutionen der heutigen Tage zu sehen, das zugleich aber fast einen Sagenstatus inne hat und eigentlich ein unverbesserlicher Dinosaurier im Metalzirkus ist. Nicht nur Udo ist eine lebende Legende sondern auch Stefan Kaufmann. Die beiden waren ein massiv gewichtiger Teil von ACCEPT und heute sind sie deren legitimer Erbe. Niemand sonst erhebt einen dermaßenen Anspruch auf die Krone des urdeutschen Heavy Metal, sprich Solinger Stahl. ACCEPT waren mit ihrer Mischung aus pumpenden Metalleruptionen gemixt mit lockerer Klassik eine absolute Ausnahmeerscheinung weltweit und U.D.O. sind es meiner Meinung nach heute. Nichts und niemand spielt Musik like U.D.O.. Und Gott sei Dank versucht es auch keiner. Das persönliche Scheitern wäre existenzschädigend...

Faszinierend ist besonders, dass nach Gründung von ACCEPT, bereits annähernd 40 Jahre des missionarischen Einsatzes für die Machtergreifung unserer heißgeliebten Musik auf das Konto von uuuus UDO gehen. 2011 hat er diese Marke erreicht und gehört somit zu den noch ganz wenig aktiven Posten der Szene, die miterlebten, die mitprägten, die den Stein ins Rollen brachten. Und in seiner kompletten Karriere fällt zumindest mir keine einzige Scheibe ein, die wirklich schlecht ist. Klar muss man Udos Stimme mögen, doch fernab dieser Bedingung spricht die Qualität seiner veröffentlichten Songs einfach nur für sich.

So, aber jetzt: U.D.O. anno 2009, live im Colos-Saal...Vorhang auf!

Der Steigerung halber aber zunächst ein paar Worte zur Vorspeise und Opener: Den DEZPERADOZ. Leider habe ich den größten Teil der Songs verpasst, da mir die Chose erstens zu langweilig komponiert und zudem zu langweilig vorgetragen war. Zweitens haben mich Songs wie 'Riders On The Storm' von den DOORS in der DEZPERADOZ-Version eher erschreckt als gelockt und drittens war mir die affige Pistolenknallerei und das Ringelpiezmitanfassen auf der Bühne generell etwas zu viel des Guten. Die Band? Ja, schon spielfreudig, aber halt insgesamt einfach nur lahm. Da hat es sich uuus Udo leicht gemacht, sich ein solches Leichtgewicht an den Anfang zu setzen und ihm darüber hinaus noch einen absolut schwachen Sound zu kredenzen. Hmmmhhh...

Zeit für den Hauptgang? U.D.O. entern mit einem infernalisch vor sich walzenden 'Boogeyman' die Bühne und legen mit diesem Riffmonster in Verbindung mit dem folgenden 'Dominator' einen Einstieg nach Maß hin. Die Agilität der Bandmitglieder überrascht mich dabei schon ein wenig, denn gerade Stefan und Udo sind ja bekanntlich nicht mehr die Jüngsten. Hier regiert vom ersten Ton an die Kelle und die Bewegung. Und das transportiert sich ins Publikum, das von Sekunde Eins an voll mitgeht. Im knallvollen Colos-Saal sieht man von Beginn an die Matten kreisen und das nicht nur in den vorderen Reihen. Die neuste U.D.O.-Scheiblette sagt per Titel schon einiges über das Bandvorhaben an diesem Abend aus und wie es der Teufel will, dominieren tatsächlich Riffgranten der Marke 'Independence Day', 'Thunderball', 'Mission No. X', 'Vendetta', 'Mastercutor', unkitschige Hammerballaden wie 'In The Darkness' und klassische Tonallegenden im Breitwandformat. Ich brauche nicht über die hypnotische Wirkung eines alles zermahlenden 'Princess Of The Dawn' sprechen oder??? Mann, was ist der Song auch heute noch frisch. Absolut zeitlos zackert sich die in Ehren ergraute Nummer durch die Hirnwindungen, während ein Großteil des Publikums mit föhlichen Gesichtern homogen ausrastet. Schön...!

Udo ist genauso klasse bei Stimme wie jeder einzelne Baustein seiner Band am jeweiligen Instrument. Fitty (Bass) pumpt wie eine Zimmerflack, Francesco (Drums) ist ein sprichwörtliches "Metal Heart" und der Taktgeber zum Nackenbrechen. Leadgitarrist Igor ist, denke ich, sowieso über jeden Zweifel erhaben und widmet sich sowohl in seinen Solos (welch ein gnadenlos guter Gitarrist) wie auch seiner Bühnenpräsenz seiner Nähe zu Eddie Van Halen. Grandios! Stefan Kaufmann bringt mit seinem Acting und Bewegungsabläufen etwas Theatralik, während seine Bandkollegen mit einer reinrassigen Metalästhetik flankieren. Und vorne dirigiert Udo nach Belieben mit geballten Fäusten und der unbändigen Power von vier Dekaden Liveerfahrung. Und dabei ist es Wurscht, dass der Kerl gerade mal gefühlte 102 Zentimeter groß ist... Er steht wie ein Obelisk, majestätisch dirigierend, während ihm das Publikum aus den Fingern nascht.

Übrigens kein Wunder, wenn auch solch unsterbliche Hits wie 'Metal Heart', 'Holy', 'Man And Machine', 'Animal House', 'Balls To The Wall' oder halbvergessene Perlen der Marke 'I Don't Wanna Be Like You' aus den Boxen donnern. Apropos donnern: Ich hab selten einen solch perfekten Livesound gehört, der weiß Gott wie von CD, kristallklar und dennoch knochenhart in die Fresse ballert. Mit 'Living On A Frontline' gibt's noch einen Old-School-Rocker, mit 'X-T-C' ein Juwel aus der Udo-freien ACCEPT-Zeit (Killerriff, gnadenlos drückend…) und im Zuge des gemeinsamen Drumsolos von Francesco und Stefan Kaufmann noch eine kleine Erinnerung an Stefans glorreiche ACCEPT-Tage an den Kesseln.

Unterm Strich sind U.D.O. an diesem Abend einer meiner stärksten Liveerfahrungen. Die Herren zeigen in Sachen Härte wie auch Melodie, einer verflucht starken Setlist und einer geschmackvollen Bühnenshow nebst geilem Licht jeder Metalband den greisen Stinkefinger und bleiben so zumindest für den Augenblick einmal mehr einer der frischesten Vertreter der True-Fraktion. Hoffen wir, dass es so bleibt. Genial!

Redakteur:
Alex Straka

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