Edguy/Lullacry - Bochum

08.11.2001 | 13:39

06.11.2001, Zeche

Spätestens mit der "Metal Opera" von AVANTASIA hat Tobias Sammet und somit auch seine Stammband EDGUY den Sprung vom Hoffnungs- zum Leistungsträger im deutschen Metal-Zirkus geschafft.. Und auch wenn die Meinungen zu "Mandrake", dem jüngsten EDGUY-Release, redaktionsintern auseinander gehen, lieben die Fans dieses Album. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Bochumer Zeche ausverkauft ist? An den drei talentierten, aber dem Großteil wohl unbekannten Vorbands NOSTRADAMEUS, HEAVENLY und LULLACRY wird es kaum liegen, die im Rotationsprinzip die Bühne entern.

Als wir gegen 19.00 Uhr die Zeche betreten, sind NOSTRADAMEUS schon auf der Bühne und zocken Ihren Set. Da wir oben ein Interview mit LULLACRY machen, kriegen wir davon allerdings nichts mit. Ohren- und Augenzeugen zufolge haben wir auch nix verpasst. Na dann.

Auch von HEAVENLY sehen wir nicht mehr viel. Genaugenommen die letzten 1,5 Songs, wobei der letzte Song mit "Sandman" betitelt ist und von den Fans sehr gut aufgenommen wird. Man sieht viele, viele klatschende Hände und fröhliche Gesichter auf der Bühne. Auch wenn das Gehörte doch arg nach HELLOWEEN, LABYRINTH und co. klingt, wollen wir uns kein Urteil über die Franzosen erlauben, dafür haben wir einfach zu wenig mitbekommen. Den Fans hat es offensichtlich gefallen, demnach ein guter Auftritt.

LULLACRY passen mit ihrem Heavy/Gothic-Rock so gar nicht in das Billing, sind dafür aber eine willkommene Abwechslung zu den anderen Bands. Das sieht wohl auch der Rest des Publikums so, denn die Reaktionen auf den Gig sind klasse. Vom ersten Takt an rocken LULLACRY das Haus, bangen Bassmonster Heavy – der seinen Namen auch zu Recht trägt ;-) – und die beiden Gitarristen Sami und Sauli was die Nackenmuskulatur hergibt und vermitteln so eine Menge Spielfreude und positive Energie. Dazu kommt die mal zarte, meist kraftvolle Stimme von Sängerin Tanja und die Masse ist begeistert. Sehr positiv fiel auf, dass Tanja nicht mit ihren – reichlich vorhandenen – weiblichen Reizen hausieren geht, sondern in Jeans und Longsleeve auf die Bühne stiefelt. Sie hat so eher was von einer toughen Rocklady als einer Diva. Die Setlist besteht naturgemäß zum Großteil aus Songs des aktuellen und erstklassigen Longplayer "Be My God", wobei uns die Songs live noch einen ganzen Zacken härter vorkommen. Gut so. Aufgepeppt wird das Ganze mit dem Titeltrack des Debütalbums "Sweet Desire" und einer Coverversion des W.A.S.P-Klassikers "Love Machine", die gut ankommt, auch wenn es immer noch komisch ist, wenn eine Frau diesen Text singt, aber egal :-). Mit "Thorn Of A Rose" verabschieden sich die sichtlich beeindruckten Finnen vom nicht minder beeindruckten Publikum. Sehr geil!

EDGUY haben nicht zu viel versprochen, dass sie sich etwas für ihre Bühnendekoration einfallen lassen wollten. Zum ersten stand das Drumkit diesmal extrem hoch und war eingefasst in zwei Podeste, die Tobi später zu Akrobatikversuchen inspirieren sollten.
Als Backdrop war die Höhle zu sehen, die auch dem Harlequin auf der "Mandrake" als Hintergrund dient. Er selbst darf natürlich auch nicht fehlen und so wurde eine grauweiße riesige Maske in die rechte Bühnenecke gehängt. Sehr Eindrucksvoll.
Zur Linken rundete ein riesiges, metallisches Ank (ägyptisches Kreuz, welches Leben symbolisiert), das im Laufe der Show noch in Brand gesetzt wurde, ab.
Das Publikum bringt auch das mit, was man für einen gelungenen EDGUY-Gig braucht: eine Riesenportion gute Laune. So sind schon weit vor dem Einmarsch der Band laute 'Edguy,Edguy'-Rufe zu vernehmen, aber nix anderes ist man ja von dem Bochumer Publikum gewohnt. Ganz im Gegensatz zu Fulda, wo die Stimmung nach Auskunft unserer Gastautorin und Fotografin Kiss doch sehr mau war.
Nach dem Intro legen EDGUY mit "Fallen Angels" vom aktuellem Album "Mandrake" los. Tobi fegt wie ein Derwisch über die Bühne und nutzt jeden Zentimeter der Stage aus und auch der Rest der Band sprüht vor Spiellaune. Dagegen machten die Pyros einen fast schmächtigen Eindruck. Nach dem gelungenen Einstieg nimmt sich Frontclown Tobi erst mal Zeit für die erste ausführliche Begrüßung des Publikums. Mit den erwarteten Neckereien hat er diverse Lacher auf seiner Seite. Als ein männlicher(!) Zuschauer laut 'Tobi' ruft, erwidert er bloß schelmisch: 'Ja, das bin ich, aber ich f*** dich trotzdem nicht.' 1:0 Sammet. Noch im Gewitter der Blitzlichter brachten sie die Alraune zum Weinen ("Tears Of A Mandrake"). Während dieses Songs offenbart sich aber auch der Kritikpunkt, der EDGUY und speziell Tobi oft angelastet wird: Zu viel Zeit wird mit "Hoohooohoooooo"-Gesängen verschwendet. So witzig die Ansagen und zwischenzeitlichen Clownereien auch sind (s. o.), so nervig sind auf Dauer diese Mitsingspielchen, vor allem wenn sie sich über mehr als fünf Minuten ziehen und somit auch ein kompletter Song in der Zeit drin gewesen wäre. Den Fans ist das in der Mehrzahl egal, also kann es so schlimm auch nicht sein. Doch bin ich als Nörgler ja schon bekannt. ;-)
Nix zu nörgeln gab es hingegen beim Sound, der meist differenziert durch die Anlage kam, auch wenn im Fotograben hier und dort ein paar Abmischfehler ausgemacht wurden.
Die Setlist bot keine großen Überraschungen ("Headless Game", "Painting On The Wall","Vain Glory Opera"), auch wenn ein Song wie "Land Of The Miracle" erstmals live gespielt wurde. Unterstützt wurde die Band dabei von dem Keyboarder hinter dem Vorhang, dessen Namen wir kompetent vergessen haben ;-).
Nach dem o.g. "Vain Glory Opera" folgte ein nicht zu langes, technisch ausgereiftes Drumsolo von Felix "Bumm Bumm Bunny" Bohnke, das in "Save Us Now" überging und das Ende des regulären Sets einläutete. Mit zunehmender Dauer machten sich bei Tobi doch erste Verschleißerscheinungen bemerkbar. Da merkt man doch deutlich, dass es die erste Headliner-Tour der Hessen ist. Wie angegriffen die Stimmbänder waren, konnte man deutlich bei einem Small-Talk nach Konzertende hören, wo der Gute doch arg, aber sehr sympathisch, krächzte.
Im Zugabenteil gab es dann mit "Avantasia" auch den ersten Song vom AVANTASIA-Album an diesem Abend zu hören, der genauso euphorisch aufgenommen wurde wie das restliche Material. Das obligatorische "Out Of Control" bildete dann den Abschluss einer - trotz der genannten Kritikpunkte - gelungenen Show.


Setlist LULLACRY

Embrace Me
Damn You
Love Machine
Sweet Desire
Without The Dreamer
Bonfires Of Time
Trust
Be My God
Thorn Of The Rose


Setlist EDGUY

Intro
Fallen Angels
Mandrake
Land Of Miracle
Painting On The Wall
Headless Game
Pharao
Vain Glory Opera
Drumm Solo
Save Us Now
=============
Avantasia
Out Of Control

Co-Autorin: "Kiss" Meyer

Redakteur:
Peter Kubaschk

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