Euroblast-Festival 2012 - Köln

01.11.2012 | 15:00

18.10.2012, Underground/Live Music Hall

Auf dem Euroblastfestival spielte dieses Jahr die Créme de la Créme des modernen Prog-/Djent-Tech-Metal auf. Ein Bericht aus vier Tagen atemberaubender Musik.

Warm Up, 18.10.2012

Für all diejenigen, die Sorgen haben, dass drei Tage voller Djent-, Progressive- und Tech-Metal nicht genug sind, gibt es gleich sieben Bands vor dem eigentlichen Start des Festivals. In gemütlicher und geselliger Atmosphäre, die großteils durch Kommunikation auf Englisch geprägt ist, finden sich eine ganze Reihe Leute ein, um sich auf die modernen Festspieltage einzustimmen.

Die dritte Bands des Tages (und für uns erste) ist THE AMENTIA aus Heidelberg, einer der relativ wenigen deutschen Vertreter des Festivals. Die Band geht mit ihrem Djent ziemlich gut voran und kann vor allem in den härteren Passagen überzeugen. Dort sitzen die Screams kraftvoll, der cleane Gesang muss sich hingegen noch finden. Nicht, dass er schief oder ähnliches wäre, aber da fehlt es noch an Ausdruck und auch einfach Lautstärke. Aber das ist auch schon der einzige wirkliche Kritikpunkt an einem Auftritt, der ansonsten absolut rund ist. 'Massive Walls' drückt massiv, auch vor ganz hohen, fast Black-Metal-mäßigen Screams und ganz tiefen Growls wird nicht zurückgeschreckt. Zudem ist der Sound richtig gut und hinterlässt einen insgesamt äußerst positiven Eindruck, zumal die Band nicht den Fehler begeht, sich in technischen Spielerein zu verlieren. Und so ernten THE AMENTIA verdientermaßen positive Reaktionen.

[Oliver Paßgang]

BETRAEUS aus dem Vereinigten Königreich ist schon alleine optisch eine ziemlich metallische Band, was sich dann auch in deren Sound niederschlägt. Dort gibt es Gebretter und Geschreie vom Feinsten, was allerdings durch moderne Harmonien und einige Schrammel-Passagen eine ganz eigene Färbung bekommt. Im Kontrast dazu gibt es dann auch ganz ruhige Stellen, die einen schon fast an OPETH erinnern. Aber Spaß macht hier vor allem das düstere, progressive Power-Riffing, welches äußerst gutes Headbangermaterial darstellt. Dies liegt wohl vor allem auch daran, dass die Band immer einen angenehmen Fluss in ihrer Musik hat und man so nicht den Eindruck bekommt, es hier mit einem künstlich zusammengesetzten Flickenteppich zu tun zu haben. Und mit der Unterstützung eines erneut guten Sounds können auch die Briten das Publikum überzeugen.

[Oliver Paßgang]

Von der Nachbarinsel kommen SHATTERED SKIES. Deren Sänger macht schon vor Beginn des eigentlichen Konzerts ordentlich Stimmung in dem mittlerweile wirklich gut gefüllten Underground. Und wenn man ein Konzert mit einem unglaublichen Sound und einer ordentlichen Packung Sympathie beginnt, dann hat man eigentlich schon gewonnen. Man könnte die Musik im besten Fall als Djent aus dem Lehrbuch beschreiben, wobei man angesichts des recht jungen Genres wohl sagen muss, dass ein solches vermutlich gerade erst geschrieben wird. Doch was die Band während ihres ersten Songs macht, ist so absurd, dass es schon wieder genial ist: Sie baut den Youtube-Gassenhauer 'Gangnam Style' wie natürlich in ihren eigenen Song ein. Das Erschreckende (oder Geniale) daran ist, dass es einfach passt. Im Anschluss an das Lied meint der Sänger nur: "Someone had to do it..." Wie aufopferungsvoll! Weiter geht es dann aber mit eigenem Material, das viel auf Keyboard-Melodien vom Band baut. Doch das, was bei SHATTERED SKIES wirklich heraussticht, ist ganz klar der Gesang. Dieser ist ausschließlich clean und vor allem wahnsinnig toll. Alternative Rock trifft Gefrickel. Die Band kann durchaus auch komplizierte Rhythmen, punktet aber vor allem mit den schönen, teils fast kitschigen Refrains. Die Stimmung ist mittlerweile auch wirklich gut, was Sänger Sean Murphy, der optisch und vom Verhalten her irgendwie an Jim Carrey erinnert, vor Freude strahlend ist. Starker Gig!

[Oliver Paßgang]

Für am meisten Vorfreude konnte im Vorfeld aber definitiv AGENT FRESCO sorgen. Die vier Isländer lassen einen in sämtlichen Internetquellen wissen, dass sie "polyrhythmic oddtime rock with jazz and funk influence" machen. Gut zu wissen. Zu Beginn des Auftritts hat die ganze Angelegenheit aber mit Rock erst einmal nicht viel am Hut, denn es gibt überhaupt keine Gitarre. Dafür aber Klavier, Kontrabass (!), Schlagzeug und hypnotischen Gesang, der (und da kann mir niemand etwas anderes erzählen) einen unweigerlich an Gavin Hayes von DREDG denken lässt. Doch auch die Musik drumherum scheint nah an Amerikanern gebaut, wenngleich in Island deutlich wirrer, sphärischer und sprunghafter gearbeitet wird. Irgendwann wird dann Klavier gegen E-Gitarre und Kontra- gegen E-Bass eingetauscht – und dann wird auch gerockt. Und wie. Eine solche Energie habe ich selten auf der Bühne erlebt. Der Drummer hat durch seine Spielweise (und seine Frisur!) etwas Animalisches an sich und Sänger Arnór Dan Arnársson taumelt in bestem ADHS-Stil über die Bühne, wie das ansonsten eigentlich nur ein gewisser Barney Greenway kann. Er schafft es nicht einmal, bei den Ansagen ruhig stehen zu bleiben, geschweige denn dem Publikum in die Augen zu gucken. Doch die Ekstase steckt an, sie reißt mit. Die Musik ist sehr emotional beladen, so dass man gar nicht weiß, wie einem geschieht. Bei wie immer grandiosen Klangverhältnissen kann auch (oder gerade?) der scheinbare Exot des Festivalbillings punkten ohne Ende. Die Songs sind abgedreht, jedoch nicht zu wirr. Es gibt von allem etwas, aber nie zu viel: die perfekte Balance eben. Mit 'Eyes Of A Cloud Catcher' und der Ankündigung einer Europa-Tour im Januar verabschiedet sich der Vierer unter großen Gejubel von der Bühne. Und es bleibt an dieser Stelle auch noch festzuhalten, dass wohl keine Genrebezeichnung es besser trifft als die eingangs erwähnte. Ganz, ganz großes Kino.

[Oliver Paßgang]

Die Schweizer von SYBREED setzen am heutigen Tage den Schlusspunkt. Es gibt einige technische Probleme, die vor allem auch im Laufe des Gigs immer mal wieder Probleme mit dem Mikrofon machen, aber das hält die vier motivierten Jungs nicht davon ab, ein wahres Feuerwerk zu entfachen. Und bevor das Publikum richtig warm geworden ist, gibt es auch schon die Ankündigung, dass ein Live-Video gedreht wird und deshalb nun mal alle ganz besonders im Dreieck springen sollen. Gesagt, getan. Die Eidgenossen ziehen kompromisslos ihren Bastard aus FEAR FACTORY, SOILWORK und IN FLAMES der mittleren Phase (aufgelockert durch ein paar Melodien und ein paar mehr Elektro-Parts) durch, was ihnen das Publikum dankend abnimmt und die Band absolut abfeiert. Die Musik kommt sehr stumpf und eingängig, aber vor allem brutal daher, dessen einziges Manko vermutlich der nicht ganz perfekte Gesang ist – dies ist laut Aussage von Benjamin Nominet aber auf eine Erkältung und den Willen, die Show auf keinen Fall abzusagen, zurückzuführen. Dafür wird das Mikro häufiger mal ins Publikum gehalten, wo einige SYBREED-Hardcore-Fans jede Zeile mitbrüllen können, was wiederum die Band nicht zu knapp begeistert. Ich selber bin vermutlich einer der wenigen, denen der Auftritt auf Dauer etwas zu monoton und steril ist, denn das Gros der Leute verlangt nach dem offiziellen Ende nach mehr und bekommt noch zwei Zugaben. 'Bio Attack' markiert das Ende des Tages und lässt einen erwartungsvoll die Running Order durchschauen. Das wird ein tolles Festival.

[Oliver Paßgang]

Auf den nächsten Seiten geht das Festival erst richtig los! Bitte umblättern.

Redakteur:
Jakob Ehmke

Login

Neu registrieren