Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

27.08.2010 | 14:44

29.07.2010, Der Garten

Die größte Gartenparty der Welt setzt auch in diesem Jahr wieder die Botanik mit hochkarätigen Bands in Brand. Das Powermetal.de - Team hat sich erneut in die Pampa gewagt und ein bisschen mit gezündelt. Lest selbst, ob der Funke übergesprungen ist ...

Samstag, das Festival neigt sich dem Ende zu. Aber vorher stehen noch so einige Hochkaräter auf dem Programm, wozu allerdings die Australier TRENCH HELL, die den Tag einläuten, nicht gehören. Es finden sich zwar schon einige Dutzend begeisterter Thrasher vor der Bühne ein, aber um diese Zeit ist mit einem vollen Garten natürlich nicht zu rechnen. Sicher auch deshalb nicht, weil die Band zu dem Härtesten gehört, was das diesjährige HOA zu bieten hat. Ihr direkter Auf-die-Zwölf-Thrash ohne Schnörkel, angetrieben von einer Frontsau mit Sonnenbrille, zaubert schnell Schaum in die Bierbecher.

Der Sound ist ganz ordentlich, was ja für Opener auf Festivals nicht immer uneingeschränkt gilt, und das hilft natürlich, auch weil gewisse MOTÖRHEAD-Einflüsse bei den Jungs von Down Under nicht zu verleugnen sind. Mit einem schlechteren Sound hätte das Ganze auch schnell als Matsch enden können, daher ein großes Kompliment an die Soundleute des HOA, die an allen drei Tagen fast durchgehend einen guten, klaren Ton zustande bringen.

TRENCH HELL werden allerdings mit zunehmender Dauer etwas eintönig, was aber möglicherweise an mir und der frühen Stunde liegt, 45 Minuten Thrash zum Mittag sind schon schwere Kost. Dennoch ein Auftritt, der die Band auf meiner musikalischen Landkarte ankommen lässt und Spaß macht. Songtitel kann ich keine nennen, aber ich denke, die kann man aus dem Standardwörterbuch zusammensetzen. Ich höre viel "kill", "scream", "thrash" und Ähnliches, und da die Band noch nicht so viele Songs veröffentlicht hat, darf man wohl davon ausgehen, dass sie diese alle gespielt hat. Einschließlich des HELLHAMMER-Covers, was ich in diesem Fall tatsächlich nicht erkannt habe. Heißt das, dass sich der Song nahtlos in den Sound der Band eingefügt hat? Oder habe ich einfach meine Hausaufgaben nicht gemacht? Ich denke, im Zweifel für den Angeklagten und gegen den Schreiber.
[Frank Jaeger]

Nachdem ich mir den heutigen Opener aus sicherer Entfernung im Biergarten angehört habe - so ein Platz an der Sonne war einfach zu verlockend -, sind die Lokalmatadore von NOT FRAGILE die erste Band des Tages, die ich mir aus nächster Nähe anschaue. Das Quartett um Sänger und Gitarrist Torsten Buczko gibt es - wenn auch immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen - nun schon seit dreißig Jahren, und dementsprechend können die Hamburger bei der Songauswahl quasi aus dem Vollen schöpfen.

So starten sie mit 'Starbreaker' von ihrem 2005er Album "Time To Wonder", dem sich auch gleich noch 'Perfect Sledgehammer' von der Nachfolgescheibe "Scratch The Surface" (2007) anschließt. Die Stimmung vor der Bühne ist schon nach zwei Songs ziemlich gut, doch sie wird noch besser, als Torsten ankündigt, dass sie auch ein paar Coverversionen im Gepäck hätten und dass sie nun ein Stück von ANGEL WITCH spielen würden. 'Extermination Day' wird dann auch begeistert aufgenommen - wie in der Folge auch die beiden "Scratch The Surface"-Nummern 'Master Machine' und 'Centurion'.

Aus 'With All My Might', '21st Century Ballroom' und 'Time To Wonder' stricken NOT FRAGILE ein sehr ordentliches Medley, um sich danach auch noch um ihre Frühphase zu kümmern, und zwar in Form von 'Hard To Be Alive', 'Battle Eagle' und 'Made Of Metal'. Sowohl die Leute vor als auch auf der Bühne haben dabei viel Spaß. Während die Musiker immer mehr das Posing für sich entdecken, wird im Publikum vielfach der Kopf geschüttelt. Zum Abschluss des Auftritts haben NOT FRAGILE dann - wie angekündigt - noch ein paar Fremdkompositionen am Start, nämlich 'Eye Of The Storm' (SWEET SAVAGE), 'Hell Raiser' (SWEET) und 'Locomotive' (MOTÖRHEAD). Das ist es dann auch schon mit den vier Hamburgern, die keinen überragenden, aber einen äußerst unterhaltsamen Auftritt abliefern und ein gut gelauntes Publikum für die nachfolgenden Bands zurücklassen.

Setlist: Starbreaker; Perfect Sledgehammer; Extermination Day; Master Machine; Centurion; Medley; Hard To Be Alive; Battle Eagle; Eye Of The Storm; Made Of Metal; Hell Raiser; Locomotive
[Martin Schaich]

BATTLEAXE. Wie lange habe ich die Band nicht mehr zu Hause aufgelegt? Zwanzig Jahre mag es wohl her sein. Entdeckt durch die fulminante "Roxcalibur"-Compilation habe ich ihr Erstwerk "Burn This Town" damals lange inhaliert. Und auch der deutlich melodischere Nachfolger "Power From The Universe" lief eine Weile lang recht intensiv auf unseren Walkmännern. Danach verschwand die Band sang- und klanglos. Auch aus meinem Gedächtnis, und erst ein Artikel im genialen Snakepit-Magazin vor einiger Zeit weckte Erinnerungen.

Entsprechend gespannt schaue ich mir also den Auftritt der NWoBHM-Recken an. Und erneut muss ich mich wundern, wie groß das allgemeine Interesse an diesen alten Recken ist. Der Platz vor der Scheune ist bei bratender Sonne mit erstaunlich vielen Menschen bevölkert. BATTLEAXE beweisen, wie so manche Kollegen in der Vergangenheit, dass sie noch wissen, wie man richtig Gas gibt. Der Gesang klingt rauchig und kraftvoll wie in alten Tagen, und an der musikalischen Umsetzung kann man auch nicht herumnörgeln.

Live haben die rotzigen Nummern noch einen Zacken mehr Rhythm'n'Blues in den Knochen als auf Konserve, was dazu führt, dass nicht wenige vor der Scheune mächtig in Wallung geraten. Das Material der Band geht halt schnell in die Beine, und als mit 'Ready To Deliver' der erste Semi-Hit aus der Mottenkiste gezogen wird, gehen ein paar Fans sogar richtig steil. 'Chopper Attack', die Auskopplung aus dem Zweitling, bricht das Eis dann endgültig, und von nun an schießen die älteren Herrschaften unbekümmert Nummern wie 'Dirty Rocker' oder 'Power From The Universe' aus der Hüfte. Ein Auftritt, der allen Anwesenden offensichtlich viel Freude bereitet und der hoffen lässt, dass es von den Briten demnächst noch ein bisschen mehr zu hören und zu sehen geben wird.
[Holger Andrae]

Nachdem schon die Briten von JAMESON RAID einen uniformierten Bassisten aufgeboten haben, ist es nun an der Zeit für eine komplett uniformierte Band, namentlich für DER KAISER aus Frankreich. Die reanimierte Achtzigerkapelle aus Paris gibt sich alle Mühe, sich mit den Songs ihrer beiden wenig bekannten Alben "Vautours" und "La Griffe De l'Empire" aus den Jahren 1984 und 1985 in die Herzen des norddeutschen und internationalen Publikums zu spielen, und das klappt auch ganz gut, weil man vor allem Bassist Thierry und Gitarrist P'tit Tchong anmerkt, dass sie mit einem Heidenspaß bei der Sache sind. Im Übrigen ist ihr traditioneller Heavy Metal mit den schrillen Vocals des auch als Bassist von ADX bekannten Frontmanns Claude Thill und den herrlich schrägen Leads nicht unbedingt alltäglich, so dass hier ein nicht ausschließlich geographisch bedingter Exotenbonus doch einige Fans mehr vor die Bühne zieht, als mit dem Material der Franzosen vertraut sind. Dies spornt das Quartett schließlich auch zu einer sehr passablen Leistung an, was darin resultiert, dass sich etliche Anwesende im Anschluss an den Verkaufsstand begeben, um die beiden genannten Alben einzutüten.

Setlist: Intro, Maitre De L'Univers, Saga des Fers, Obsession, Cité Féroce, L'Arène, Aberdeen, Vision De Cindres, Autres Spheres
[Rüdiger Stehle]

So langsam wird es ernst, bald kommen die Bands, die von den meisten erwartet werden. Zur Einstimmung auf OMEN dürfen noch BLOODFEAST den Garten auf Betriebstemperatur bringen. Die Jungs aus New Jersey kommen dabei mit einer riesigen Spielfreude auf die Bühne und schaffen es tatsächlich, vom ersten Augenblick an ein Thrash-Feuerwerk abzuziehen. Da ich mit dem Material nicht vertraut bin, überraschen mich die messerscharfen Riffs. Wieso ist diese Band damals an mir vorübergegangen? Oder liegt es vielleicht an dem neuen Sänger Chris Natalini, dass die Songs so großartig rüberkommen, so dass BLOODFEAST in dieser Form eigentlich in die erste Riege der US-Thrash-Bands gehören? Zusätzlich wird gepost, was was Zeug hält, und Sänger Chris, der in Jeanskutte mit diversen kultigen Patches authentisch den Metal verkörpert, interagiert mit dem im Laufe des Gigs immer begeisterter headbangendem Publikum. Die Fünf aus Bayonne, NJ, machen sich heute viele neue Freunde, so dass die beiden BLOODFEAST-Alben, ursprünglich aus den Jahren 1987 und 1990, später am Abend sicher nicht mehr zu erwerben sein werden. Ich bin positiv überrascht und schlichtweg begeistert.
[Frank Jaeger]

Dass OMEN seit vielen, vielen Jahren eine meiner Lieblingsbands ist, das ist nichts Neues mehr. So freue ich mich auch heute sehr auf den Auftritt der sympathischen Truppe um Gitarrist Kenny Powell, die sich wie immer das ganze Wochenende über leutselig und bodenständig gibt. Kaum jemand auf dem Gelände hat noch nicht mit Kenny oder Bassist Andy Haas angestoßen oder sich mit Sänger George Call und Drummer Danny White darüber unterhalten, warum deren zweite Band ASKA denn nun nicht am Start sei. Fürs Publikum sind das also quasi gute Bekannte, die da auf der Bühne stehen und wie immer mit einem ganzen Sack voll Klassikern den Garten rocken. Klar, OMEN konnten wir in den letzten Jahren auf so ziemlich jedem metallischen Traditionsfestival live bewundern, und so ist die Spannung und die Vorfreude selbst bei einigen großen Fans ein bisschen gedämpft, und der Garten auch nicht ganz gefüllt. Doch sobald die beiden Saitenmänner mit ihrer unbändigen Energie und Spielfreude auf die Bühne stürmen, brechen die Dämme und alle, die da sind, müssen einfach mitsingen, mitgrölen, mitfeiern. George Call ist heute auch deutlich besser bei Stimme als beim vergangenen KIT, so dass es hier wirklich nichts auszusetzen gibt, auch wenn seine Ansage zu 'Battle Cry' fast vermuten lässt, dass er sich auf dem Swordbrothers wähnt, wo die Band im letzten Jahr abräumen konnte. Ach ja, die Setlist ist ein wenig vorhersehbar, da wie üblich vom Einstieg mit 'Die By The Blade' und 'Dragon's Breath' an die selben Klassiker in abwechselnder Reihenfolge gespielt werden. Klar, die Songs sind essentiell und live wahre Brecher, aber es gibt noch den einen oder anderen Schatz im Backprogramm der Band, auf den das im gleichen Maße zutrifft, und den sie ruhig auch einmal wieder spielen könnte. Zum Beispiel 'Hell's Gate' oder 'Make Me Your King'. Mit 'Last Rites' kommt dann doch noch eine kleine Überraschung und auch das neue Stück 'Blood On The Water' kommt immer besser an, bevor in der Zugabe noch einmal alle Register gezogen werden.

Setlist: Die By The Blade, Dragon's Breath, Ruby Eyes (Of The Serpent), Into The Arena, Blood On The Water, Teeth Of The Hydra, The Curse, Last Rites, Don't Fear The Night, Battle Cry, Termination, Death Rider, The Axeman, Warning Of Danger.


[Rüdiger Stehle]

 

Wie lange habe ich darauf gewartet? ANVIL CHORUS aus San Francisco haben 2009 nicht nur endlich ihr erstes Album veröffentlicht und damit auch mein Jahreshighlight produziert, die Band um Gitarrist Thaen Rasmussen spielt auch noch auf dem HOA. Ich bin sehr gespannt, wie das leicht progressive Material den Besuchern eines Festivals gefallen wird, welches vorwiegend deutlich härtere Klänge bevorzugt und habe schon ein wenig Bedenken, dass diese tolle Band vor halbleeren Reihen spielen muss, als der Wettergott gedenkt, es den Musikern besonders schwer zu machen. Kurz vor Beginn des Auftritts prasselt nämlich der einzig heftige Regenschauer auf das Gelände nieder, was natürlich dazu führt, dass nicht wenige Gäste die Flucht in ein Bierzelt antreten. Die wissenden Gourmets im Publikum nutzen allerdings die Gunst der Stunde und sichern sich einen Platz in den ersten Reihen, welche ja ebenfalls überdacht sind. Als ANVIL CHORUS mit dem neuen 'Blood Memory' ihren Set eröffnen herrscht beinahe andächtige Stille, denn irgendwie scheint noch keiner so recht glauben zu wollen, dass diese Legende da wirklich zum Tanz aufspielt. Der Sound ist gut, so dass beim ersten Albumsong 'Red Skies' kollektives Kopfschütteln angesagt ist. Ich bin freudig überrascht, wie viele Fans die Band hat, denn in meinem Umfeld werden überall die Texte mitgesungen. Thaen lässt sich von der entgegen gebrachten Freude anstecken und grinst die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd, während er seine unglaublich gefühlvollen Leads zaubert. Weiter geht's mit 'Phase To Phase' und dem nächsten neuen Titel namens 'Deadland'. Auffällig ist die Tatsache, dass die neuen Songs der Stimmung keinen Abbruch tun, denn die Meute ist völlig im Rausch. Und auch Petrus scheint das gebotene Material zu gefallen, denn er zieht sich zurück. Das Ergebnis: Sich stetig füllende Reihen vor der Scheune. Davon angespornt, fährt das Quartett die volle  Breitseite musikalischer Spielkunst auf. 'Death Of A Dream' und das frenetisch gefeierte 'Blondes In Black' lassen den Garten dann endgültig in Flammen aufgehen. Nichts ist zu spüren von "verkopfter" Musik oder "zu wenig" Stageacting auf der Bühne. Aaron Zimpel, singender Basser der Band, kommt einfach mal super sympathisch rüber und als die Band nach 'The Blade' ihren Set beenden will, gibt es massive Zugabe-Forderrungen. Das lässt an sich natürlich nicht zwei Mal sagen. Flugs wird in Form der Thrashkanone 'Deadly Weapons' demonstriert, was ein effektives Riffing ist. Meine extrem hohen Erwartungen sind mit diesem Auftritt mehr als erfüllt worden. Und wenn man die neuen Songs als Maßstab nimmt, dann steht uns demnächst ein weiterer Klassiker ins Haus. Hoffentlich müssen wir nicht wieder 25 Jahre warten.


Setlist: Blood Memory; Red Skies; Phase To Phase; Deadland; Solar Flux; Death Of A Dream; Blondes In Black; Guitarmony; The Blade; Deadly Weapons

[Holger Andrae]

 

Dass RAVEN generell und überhaupt die beste Liveband dieser Erde ist, das habe ich euch schon beim Bericht zum Rock Hard Festival erzählt, gell? Okay, dann wisst ihr ja Bescheid. Eine richtig gute Liveband zeichnet sich nämlich auch dadurch aus, dass sie alles gibt, wenn es mal nicht gut anfängt. Einen solchen Fall haben wir nämlich heute in Brande-Hörnerkirchen. Wärend der Vorbereitung zum Auftritt wühlt Sänger und Bassist John Gallagher immer hektischer in seinem Koffer, bis irgend wann die Worte "Shit! Fuck it!" zum Ausdruck bringen, dass es tatsächlich fehlt, das passende Kabel oder der passende Adapter um sein amerikanisches Headset an die zentraleuropäische Anlage anzuschließen. Also muss der gute John ganz entgegen seiner Gewohnheit darauf verzichten, während des Singens auf der Bühne hin und her zu rasen wie ein Verrückter und sich vor einen Mikroständer stellen. Das bremst seinen Bewegungsdrang jedoch nur bedingt, denn bei RAVEN gibt es ja auch längere Soli und Instrumentalpassagen, die ihm genügend Gelegenheit geben, zusammen mit seinem Bruder Mark an der Gitarre Verfolgungsjagden und obskure Tänze aufzuführen, stets magisch begleitet von Taktgeber Joe Hasselvander hinter den Kesseln. Das Konzept, eine Setlist zu variieren, beherrscht man im Hause RAVEN deutlich besser als bei den Kollegen von OMEN und so finden sich in einer tollen Zusammenstellung auch selten gespielte Perlen wie 'For The Future' oder 'Lambs To The Slaughter'. Und weil die Party so richtig gut ist, gibt es mit 'Crash Bang Wallop' noch einen unvergesslichen Partyhit oben drauf, so dass wirklich alle glücklich sind mit dem, was die NWoBHM-Legende hier vom Stapel lässt. Kollege Martin Schaich und ich sind gar so begeistert, dass wir uns ganze zwei Tage später und knapp tausend Kilometer entfernt, schon wieder bei RAVEN vor der Bühne finden werden, aber das ist eine andere Geschichte.

Setlist: Take Control, Live At The Inferno, All For One, Breaking You Down, Lambs To The Slaughter, Rock Until You Drop, Speed Of The Reflex, Run Silent Run Deep, Mind Over Metal, Architect Of Fear, Faster Than The Speed Of Light, On And On, For The Future, Break The Chain (incl. Jam), Crash Bang Wallop

[Rüdiger Stehle]

 

Wie lange ist es her, dass man SOLITUDE AETURNUS in kompletter Besetzung auf einer deutschen Bühne erleben durfte? Einige Jährchen dürften seither in die Lande gezogen sein. Umso größer ist die freudige Erregung den texanischen Doomhammer endlich wieder einmal live erleben zu dürfen. Und bereits beim eröffnenden Doombonobon 'It Came Upon One Night' ist alle Angst, dass sie es verlernt haben könnten, gewichen. Die Magie ist sofort wieder da. Robert Lowe spielt mit seinem Augenweiß und singt wie ein junger Gott. Da stört es kaum, dass er ab und an auf bereit gelegte Textblätter schauen muss. Weiter geht es mit 'Haunting The Obscure' und 'Sightless', welche es hundert Kehlen euphorisch mit gesungen werden. John Perez, Doommaster of strings, bearbeitet wie kein zweiter sein Instrument. Dabei seine Mimik zu beobachten, ist eine wahre Freude. Dagegen ist Jeff Waters eine Schlaftablette. Perez lebt diese Musik und genau dieses Gefühl überträgt er auf die Fans. Mal ist er der Schlangenbeschwörer, der seine Sechssaitige beschwört, mal der aufgewühlte Wahnsinnige, der wie irre auf die Axt einzimmert. Das ist wahre Hingabe. 'Destiny Falls To Ruin' lässt dann alle kollektiv ausklinken.  Was für ein Song. Auffällig ist das beinahe progressive Bassspiel von James Martin, der den schweren Songs dadurch teilweise einen leicht veränderten Charakter verpasst, der mir aber ausgesprochen gut gefällt. Der optisch etwas unpassend wirkende Kurzharr-Grinsebär entpuppt sich allerdings mehrfach zum unfreiwilligen Entertainer. Immer wieder springt nämlich OMEN-Basser Andy auf die Bühne, um mit ein Tänzchen auf die Bretter zu legen. Amüsante Einlage, die für allgemeine Erheiterung sorgt. Ist das erlaubt während eines Doomkonzertes? Natürlich, denn auch die wenigen Ansagen von Robert sind höchst kurzweilig. Weitere Highlights hören auf 'The 9th Day', 'Days Of Prayer' und 'Opaque Divinity'. Als Überraschung gibt es mit 'Phantoms' einen selten gespielten Song vom verschmähten "Downfall"-Album. Toll. Als die Band von der Bühne gehen will, sind die Chöre nach einer Zugabe natürlich laut und so bekommen wir mit 'Secret Of Steel' noch einen grandiosen MANOWAR-Koffer geliefert, den die Kings Of Metal selbst nicht besser hätten spielen können. Euphorie in Reinform. Und als wäre das nicht schon die pure Magie, hauen SOLITUDE AETURNUS noch 'Falling' hinterher. Besser doomen kann man nicht. Bitte schnell wieder kommen.

Setlsit:It Came Upon One Night;Haunting The Obscure;Sightless;Destiny Falls To Ruin;Pawns Of Anger; The 9th Day; Phantoms;Tomorrows Dead; Mental Pictures; Days Of Prayer; Waiting For THe Light; Opaque Divinity; Secret Of Steel; Falling

[Holger Andrae]

 

Es ist erstaunlich, dass eine Band, die fraglos etliche unbestrittene Klassiker veröffentlicht hat, bereits im Vorfeld eines Auftritts sehr viel Skepsis erntet, die sogar so weit geht, dass die Leute sagen, sie würden sich den Gig gar nicht erst ansehen. Andererseits kommte es aber auch nicht von ungefähr, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass David DeFeis und seine Mannen ihre Fans schon des Öfteren mit einer komischen Songauswahl und seltsamen Interpretationen ihrer eigenen Klassikern enttäuscht haben. Die weit reichende Ablehnung der Band und des Auftritts irritiert mich dann aber doch ein bisschen. Selber fand ich VIRGIN STEELE live bei bisher sechs Versuchen erst ein einziges Mal wirklich gut, und das war irgendwann 1997 in Wacken. Danach habe ich David & Co. noch fünf Mal auf der Bühne gesehen und auch ich war jedes Mal enttäuscht, bin also alles andere als ein Träger der berüchtigten rosaroten Brille. Mal war es der Sound, mal die Setlist, mal die Art, die Songs darzubieten... irgend etwas war fast immer daneben. Dieses Mal jedoch nicht. Es ist zwar nicht alles perfekt, denn am Anfang des Auftritts schlägt auch heute der technische Fehlerteufel zu, indem beim Opener zunächst Davids Mikro nicht will und gleichzeitig während der ersten beiden Songs die Lichtshow streikt. Aber ansonsten passt das wirklich perfekt, was die Band hier abliefert: Mit grob geschätzt weit über zwei Stunden Spielzeit, großartiger Songauswahl, die auch die frühen Klassiker nicht links liegen lässt (u.a. Emalaith, We Rule The Night, On The Wings Of The Night, Cry For Pompeji, Angel Of Light, Noble Savage, Veni Vidi Vici, Symphony Of Steele etc...) und deutlich originalgetreuer dargebotenen Songs als seinerzeit beim KIT. Stimmlich und in Sachen Stageacting ist David topfit und die Ansagen passen zu den Songs und zur Stimmung im Publikum. Dass sein Gesang immer wieder etwas überambitioniert und zu schrill und hoch ist, das ist ja nichts Neues und auch auf Platte hier und da ein kleiner Wermutstropfen (man denke an 'Last Rose Of Summer'), aber das ist halt sein Stil. Meine Erwartungen werden daher auf jeden Fall weit übertroffen und ich kann mich nicht von diesem Gig losreißen, obwohl ich mir im Vorfeld keineswegs sicher war, bis zum Ende zu bleiben. So kann man sich täuschen, und es bleibt ein Konzert, das vielleicht kein Erlebnis für die ewigen Annalen meiner Konzertbiographie ist, aber doch ein schönes Erlebnis.

Setlist: Ase's Death;Immortal I Stand; Wine Of Violence; Through Blood And Fire; Crown Of Glory; A Symphony Of Steele; Noble Savage; Kingdom Of The Fearless; Defiance; Don't Say Goodbye; Invictus;On The Wings Of The Night; Emalaith; The Burning Of Rome;  Fight Tooth & Nail; Thy Kingdom Come; The Angel Of Light; We Rule The Night; Veni, Vedi, Vici

[Rüdiger Stehle]

 

 

Frank Jäger:

Topps:
- MEKONG DELTA können tatsächlich echt rocken
- JAMESON RAID sind live mehr als nur '7 days'
- VIRGIN STEELE mit der Hammer-Songauswahl
- Im Gegensatz zu 2009 weniger Karten verkauft, es war sehr angenehm so und dennoch bei allen Bands nicht leer vor der Bühne
- Und natürlich ganz besonders die netten Leute und interessanten Gespräche

Flopps:
- kann mal einer den norddeutschen Regen auf das folgende Wochenende verschieben? Es war zwar besser, aber Platzregen braucht trotzdem kein Mensch bei einem Festival
- Floppbands gab es überhaupt keine, wie cool ist das eigentlich?


Holger Andrae:

Topps:
- ANVIL CHORUS (finally!)
- SOLITUDE AETURNUS legen einen beschwörerischen Auftritt hin
- JAMESON RAID sind live tatsächlich super
- CULPRIT sind live die Macht
- MEKONG DELTA sind live nicht statisch
- die Atmosphäre, das Gelaber, der Metal

Flopps:

- zu viel Sonne am Samstag
- ausgerechnet bei ANVIL CHORUS regnet es



Martin Loga:

Top(p)s:
- CULPRIT (fantastisch!), RAVEN, SHOK PARIS und die wieder beachtlich
auftrumpfenden TYGERS OF PAN TANG
- faire Preise
- klasse Festival-Atmosphäre
- der Wettergott war recht gnädig

Flop(p)s:
- ein betüdelter Festivalbesucher, der auf dem Campingplatz auf einen Kleinanhänger hinaufsteigt, beim Anfahren des PKW herunterspringt und sich dabei fast die Rippen bricht....Sachen gibts!!


Martin Schaich:

Top(p)s:
- Großartige Bands, die ich noch nicht gesehen hatte (z.B. ANVIL CHORUS, AMULANCE, JAMESON RAID)
- Großartige Bands, die ich lange nicht mehr gesehenen hatte (z.B. CULPRIT, SHOK PARIS, SOLITUDE AETURNUS)
- Großartige Bands, die ich mir immer und immer wieder angucken kann (z.B. DEMON, OMEN, RAVEN)
- Der Beweis, dass es live gar nicht zu viele Noten geben kann (MEKONG DELTA)
- Der Beweis, dass eine in der Vergangenheit eher mäßige Live-Band auch mal einen Hammer-Gig spielen kann (VIRGIN STEELE)
- Insgesamt: Ein rundum gelungenes Festival!

Flop(p)s:
- Das Headbangers Open Air ist einfach zu weit im Norden. ;-)
- Das Wetter könnte in Zukunft auch noch weiter optimiert werden; der Samstagvor- und -nachmittag hat mir ganz gut gefallen. ;-)



Rüdiger Stehle:

Topps:
- Diverse Bands scheinen einen Uniformen-Fetisch zu haben.
- Alte Lieblinge wie DEMON, RAVEN und OMEN präsentieren sich in toller Form.
- Ungesehene Bands wie ANVIL CHORUS und MEKONG DELTA überzeugen mich aus dem Stand.
- Sehr gemütliche Atmosphäre, vornehmlich echte Freaks und überschaubare Zuschauermassen.
- Falafel im Speisenangebot, faire Preise im Verpflegungsbereich.

Flopps:
- Ernsthaft: Keine Flopps!

Redakteur:
Holger Andrae
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