Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

15.08.2011 | 18:17

28.07.2011, Der Garten

Die größte Gartenparty der Welt.

Wie in jedem Jahr, so ist das Headbangers Open Air auch 2011 für die Traditionalisten in den Reihen unseres Magazins eines der wichtigen Großereignisse im metallischen Jahreszyklus. Zwar gab es in diesem Jahr im Vorfeld des Festivals für Fans und Veranstalter einiges an Verdruss durch ärgerliche Bandabsagen, doch konnten diese von Thomas und Jürgen mit einigen eingesprungenen Hochkarätern kompensiert werden. So springen für die unpässlichen Jungs von WHITE WIZZARD die handfest thrashenden Iren von GAMA BOMB ein, die mit Sängerproblem da stehenden Amis von MELIAH RAGE werden vom Streitbaren Ufologen John Cyriis und seiner neuen Band S.E.T.I. vertreten, die NWoBHM tauscht Ära-intern die Plätze und für die Speedster JAGUAR stehen die Melodic-Legenden von PRAYING MANTIS auf den Brettern. Dazu nehmen die jungen deutschen Durchstarter von ALPHA TIGER den Platz von SKULLFIST ein und so kann das arg gebeutelte Billing sich letztlich doch sehr gut sehen lassen.

Außerdem gilt auch beim HOA, dass das Festival selbst der eigentliche Star ist und auch bei ärgerlichen Absagen immer genug geboten ist, ein Festival in gemütlicher Biergarten- und Grillfest-Atmosphäre zu genießen. Daher nehmen wir auch die recht kurzfristigen Verhinderungen zweier fest eingeplanter Kollegen recht locker und machen uns eben in kleiner Besetzung auf zu Norddeutschlands bestem Metalfestival. Doch Martin soll euch einfach gleich mal von der ersten Band des Wochenendes berichten:

[Rüdiger Stehle]

Es scheint ja so zu sein, dass das polnische Quartett CRYSTAL VIPER seinen diesjährigen Sommerurlaub auf deutschen Festivalbühnen verbringt. Schließlich ist es noch keine zwei Wochen her, dass es beim süddeutschen "Bang Your Head"-Festival gespielt hat, und nun eröffnen sie das "Headbangers Open Air" im hohen Norden. Dass es Leute (wie etwa mich) gibt, die bei beiden Festivals sind, ist CRYSTAL VIPER wohl klar, und so gibt es trotz ähnlicher Spielzeit ein etwas verändertes Set. Die Polen beginnen zwar wieder mit 'Man Of Stone' vom aktuellen Album "Legends", arbeiten sich dann aber über 'Legions Of Truth' vom Zweitwerk "Metal Nation" vor zum Debüt "The Curse Of Crystal Viper", von dem es zunächst den Ohrwurm 'Shadows Of The Horizon' zu hören gibt. Obwohl CRYSTAL VIPER die erste Band des Festivals ist, haben sich schon viele Besucher vor der Bühne versammelt, und die Menge scheint auch sichtlich Spaß zu haben. Die Band und vor allem Frontfrau Marta leisten aber auch ihren Beitrag, dass die Stimmung gut ist: So ist Martas kurzes Gitarrensolo, bei dem sie mit einem Drumstick hantiert, zwar musikalisch nicht besonders wertvoll, aber doch zumindest unterhaltsam. In der Folge gibt es dann wieder Songs von allen drei bislang erschienenen Alben, und so gibt es beispielsweise 'Sleeping Swords', 'The Greed Is Blind' und das zum Mitgrölen bestens geeignete 'Metal Nation' zu hören. Insgesamt ist der Auftritt von CRYSTAL VIPER äußerst kurzweilig, und so kommt auch schon bald der obligatorische Abschlusssong 'The Last Axeman'. Wie auch schon in Balingen, so können die Polen um die quirlige Marta auch hier überzeugen - ein recht gelungener Auftakt für das Festival!

Setlist: Man Of Stone, Legions Of Truth, Shadows On The Horizon, Sleeping Swords, Metal Nation, Greed Is Blind, The Wolf And The Witch, Night Of The Sin, The Last Axeman

[Martin Schaich]

 

Wo mir in Sachen der kristallinen Viper eben die Spannung abging, weil die Band zuletzt doch recht häufig zu sehen war, da freute ich mich im Vorfeld gehörig auf die Kanadier von STRIKER, die mich schon mit ihrer EP beeindrucken konnten. Das folgende vollständige Debütalbum war kaum schwächer, fehlt mir aber noch in der Sammlung, und das ist ein Zustand, den ich nun möglichst bald ändern sollte. Der Grund liegt auf der Hand: Was die fünf Jungs aus Edmonton in der Provinz Alberta am frühen Abend vom Stapel lassen, ist nämlich feiner, klassischer Speed Metal, der mit unglaublich viel Energie, Spielfreude und Elan dargeboten wird. Die feine Mischung aus IRON MAIDEN und US-Metal im Schnittbereich von OMEN bis JAG PANZER, sowie mit einigen Referenzen der neueren europäischen Epigonen des Traditionsstahls weiß die anwesenden Headbanger vom Fleck weg zu fesseln. Da die Songauswahl die beliebte EP mit drei Songs berücksichtigt - und natürlich auch das starke Debüt ausgiebig zum Zuge kommen lässt - bleiben keine Wünsche offen. Dass sich die Band zum Abschluss mit einem feinen neuen Stück namens 'Fuck The Volcano' für die ausbruchsbedingte KIT-Absage im Frühjahr revanchiert, ist da nur recht und billig!


Setlist: Full Speed Or No Speed, Eyes In The Night, Lord Of The Sword, Fire, Terrorizer, Never Ending Nights, Ice Cold, The White Knight, Road Warrior, Fuck The Volcano

[Rüdiger Stehle]

 

Nach den Auswärtsspielen für CRYSTAL VIPER und STRIKER gibt es nun ein regelrechtes Heimspiel für die Jungs von BON SCOTT. Diese möglicherweise dienstälteste AC/DC-Tribute-Band kommt nämlich aus Hamburg und besteht nunmehr seit 25 Jahren. Im Laufe der Zeit hat sich die Besetzung zwar immer wieder geändert, aber Sänger Kay ist stets geblieben. Und das ist gut so, denn gesanglich ahmt er sein großes Vorbild sehr gut nach und das ist bei einer solchen Band ja nicht ganz unwichtig. Aber auch seine Mitstreiter wissen sehr wohl, was sie tun, und so kommen Songs wie 'Riff Raff', 'Sin City' oder 'Bad Boy Boogie' hervorragend an. Kay war sich da zu Beginn nicht ganz sicher ("Wir covern nur. Ich weiß nicht, ob das passt?"), aber die Reaktionen des Publikums belehren ihn eines Besseren. Lauthals werden sämtliche Songs mitgegrölt und vor der Bühne steigt eine richtige Party. Aber das ist kein wirkliches Wunder, wenn Gassenhauer wie 'Dirty Deeds Done Dirt Cheap' oder 'Highway To Hell' vom Stapel gelassen werden. Da fällt dann auch ein kleines Malheur nicht ins Gewicht: "Scheiße, jetzt fehlt die Glocke", so Kays Kommentar, als ihm bewusst wird, dass es Probleme mit dem 'Hells Bells'-Intro gibt. Aber es wird alles gut und der Song wird schließlich gnadenlos abgefeiert. Gegen Ende geht BON SCOTT dann leider die Spielzeit aus, sodass die Band ein paar Songs weglassen muss, aber für 'Whole Lotta Rosie' und 'Let There Be Rock' reicht es allemal noch. Stimmungsmäßig war dieser Auftritt jedenfalls ganz weit vorne und mehr kann man von einer AC/DC-Tribute-Band wohl auch nicht erwarten, oder?

Setlist: Riff Raff, Problem Child, Sin City, It's A Long Way To The Top, Bad Boy Boogie, If You Want Blood, Dirty Deeds Done Dirt Cheap, Highway To Hell, Ride On, Hells Bells, Whole Lotta Rosie, Let There Be Rock

[Martin Schaich]

 

Vor einigen Jahren traten die britischen Veteranen beim Keep It True an und boten einen ziemlich guten Auftritt mit dem US-amerikanischen Sänger Chris Gillen. Kurz darauf rappelte es jedoch im Karton und Bandgründer Andy Boulton trennte sich von seiner Backingband, die kurze Zeit sogar Anstalten zu machen schien, ohne ein einziges Gründungsmitglied unter dem Namen TOKYO BLADE weiterzumachen. Glücklicher Weise blieb uns diese Albernheit erspart. Statt dessen konnte Andy Boulton seine alten Weggefährten Steve Pierce (Schlagzeug), John Wiggins (Gitarre) und Andy Wrighton (Bass) dazu bewegen, nochmal eine richtige Reunion zu wagen, zu der an sich nur der passende Sänger fehlte. Da scheinbar weder Alan Marsh noch Vicki James Wright zur Verfügung standen, musste sich die britische Legende erneut im Ausland Verstärkung holen. So steht heute Abend der deutsche Sänger Nicolaj Ruhnow, den manche sicher von DOMAIN kennen, mit den schon etwas älteren britischen Herren auf den Brettern und ich muss sagen, dass dieses Line-Up wirklich das Zeug hat, etwas zu reißen. Schon das aktuelle Album "Thousand Men Strong" hat bewiesen, dass mit TOKYO BLADE wieder zu rechnen ist, und diesen Eindruck bestätigen die Herren hier in Brande-Hörnerkirchen auch live. Bereits zum Einstieg gibt es mit der unsterblichen Hymne 'Night Of The Blade' einen Hit auf die Ohren. Gleich geht es weiter mit Klassiker-Album Nummer Zwei und dem tollen 'Dead Of The Night', bevor die Band mit 'Forged In Hell's Fire' endlich auch einen ihrer neuen Kracher serviert. Auch dieser schlägt unerwartet gut ein, so dass es unheimlich gute Laune macht, der feinen Mischung aus alten und neuen Volltreffern weiter zu folgen. Als der Auftritt schließlich mit tollen Versionen von 'If Heaven Is Hell' und dem obligatorischen 'Midnight Rendezvous' endet, können sich die alten Briten mit dem jungen deutschen Frontmann sicher sein, alles richtig gemacht zu haben.

[Rüdiger Stehle]

 

Was ACCEPT für Deutschland, TURBO für Polen und ARIJA für Russland, das ist BARON ROJO für Spanien: die unumstößliche Legende des urtümlichen Heavy Metals ihrer jeweiligen Heimat. Im Gegensatz zu Udo Dirkschneider und Co. haben die drei anderen Genannten es außerhalb ihres Vaterlandes jedoch allenfalls zu Achtungserfolgen gebracht. Zwar treffen wir auf dem Gelände zwei ältere Semester, die schon in den Achtzigern nach Spanien gepilgert sind, um den Baron zu sehen, doch die überwältigende Mehrzahl der Anwesenden kennt den Donnerstags-Headliner allenfalls vom unbestrittenen Klassikeralbum "Volumen Brutal" oder gar nur vom Hörensagen. Das ist jedoch nicht schlimm, denn die in die Jahre gekommenen Herrschaften um die beiden Gitarristen und Sänger Armando und Carlos De Castro schaffen es mit ihrer imposanten Bühnenpräsenz und jeder Menge intensiver Stage-Action schnell, das Eis zum Schmelzen zu bringen und das Publikum einzunehmen. Zwar ist es heute Abend nicht das gelegentlich ebenfalls tourende originale Line-Up mit Bassist Sherpa und Drummer Hermes Calabria, das Schleswig-Holstein unsicher macht, sondern das aktuelle Line-up mit dem etwas jüngeren und sehr agilen Bassisten Gorka Allegre und Drummer Rafá Diaz. Doch auch diese Besetzung weiß, wie man den Traditionsstahl der Achtziger würdig zelebriert. Der eine oder andere Anwesende bedauert es, dass zu viele Songs auf Englisch gesungen worden seien, doch genau die selbe Tatsache erfreut andere Zuschauer. Den Schwerpunkt der Setlist legen die Iberer naturgemäß auf ihren bereits erwähnten größten Klassiker, der mit fünf Stücken gewürdigt wird, doch auch das Debütalbum und spätere Werke kommen mit jeweils einzelnen Songs zum Zuge. Wenn man mit dem Material des roten Barons nicht vertraut ist, kommt aber - der späten Stunde geschuldet - irgendwann die Müdigkeit durch und so verbringen wir das Ende des Gigs am Auto sitzend und der rockenden Klänge lauschend. Als Fazit bleibt, dass diese spanische Metal-Institution trotz ihres hierzulande kaum bekannten Songmaterials ein absolut würdiger Headliner für den Donnerstag ist, der ob seiner jahrelangen Routine echte Akzente setzen kann, und dass den HOA-Veranstaltern große Anerkennung dafür gebührt, mit dieser Band etwas für die deutsche Konzertlandschaft wirklich Exklusives gebucht zu haben. So etwas sieht man nicht alle Tage und mir bleibt die Hoffnung, dass sich zu meiner einsamen "Volumen Brutal"-LP bald noch das eine oder andere weitere Baronenscheibchen gesellen wird.

Setlist: Baron Rojo, Isolation Ward, Al Final Perderan, Vampiros Y Baqueros, Flowers Of Evil, El Enemigo A Abatir, Se Escapa El Tiempo, Cueste Lo Que Cueste, You're Telling Me, Concert For Them, Cuerdas De Acero, Con Botas Sucias, Stand Up, Someone Is Loving You, Rockers Go To Hell

[Rüdiger Stehle]

 

Schaut euch doch auch mal die Bildergalerie an!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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