Heathen Rock - Festival - Hamburg-Harburg

13.03.2011 | 23:57

26.02.2011, Rieckhof

Das Pagan/Rock-Festival öffnet seine Pforten im Harburger Rieckhof. Auf dass sie nächstes Jahr wieder geöffnet werden mögen!

Das Heathen-Rock-Festival ist noch ein Neuling in der immer unübersichtlicher werdenden Festival-Landschaft. So findet es das zweite Mal insgesamt, zum ersten Mal jedoch im Harburger Rieckhof statt. Das Konzept ist so einfach wie gut: Pagan/Folk-Rock/Metal-Bands teilen sich die Bühne mit Vertretern des traditionellen Hard/Heavy Rocks. Und das Beste: es geht auf! Der in Holz gehaltene Rieckhof bietet dafür das passende urige und warme Umfeld.

Das Trio IMMINENCE übernimmt den Opener. Der Pagan gefärbte Black/Death Metal verleitet zu ersten kreisenden Köpfen des noch lückenhaft besetzten Rieckhofs. Das Kriegsthema scheint omnipräsent zu sein, deutsche und englische Lyrik wechseln sich ab. An Bühnenerfahrung müssen die Jungs (Schlagzeug, Gitarre+Gesang) und das Mädel (Bass) allerdings noch aufholen, der Auftritt wirkt sehr starr. Vor allem die Bassistin übernimmt eine Klischee-Rolle - still und schwarz gekleidet steht sie in der Ecke. Gerade bei drei Bandmitgliedern ist das nicht sehr optimal. Nach drei Songs ändern sich Riff- und Songstruktur nur noch geringfügig, was die Anwesenden aber nicht weiter stört.

Hard Rock der alten Schule gibt's mit HARDBONE. Das gut aufgelegte Quintett fällt aber erst mal durch eine altersgemischte Bühnenpräsenz auf: Drei Altherren (Gitarre, Schlagzeug, Bass) und zwei Jungspunde (Gesang und zweite Gitarre) musizieren hier zusammen, doch der Musik scheint das nur gut zu tun. HARDBONE ziehen ein straightes, gutgelauntes Set durch, der Raum vor der Bühne füllt sich langsam. Hier wird vor allem mit Ausstrahlung gepunktet, die Songs wirken über die 30 Minuten doch ziemlich repetitiv.

Mit VERGELTUNG folgt eine weitere Pagan/Viking-Truppe. Der Trueness-Zähler schlägt im hohen Bogen aus: Nebst Braveheart-Intro und ausgestreckten Armen zieren angemalte Gesichter und weitere lustige Antiquitäten wie ein Lynchseil oder ein Schild die Bühne. Die Keys kommen leider viel zu leise daher, insgesamt kommt der Sound viel zu undifferenziert aus den Boxen. Auch haben sich rhythmische Unklarheiten eingeschlichen. So wird jede potentielle Kampfhymne im Keime erstickt, da hilft auch die kostenlose Schnapsverköstigung nichts mehr. Hinzu kommen nichts aussagende Instrumentalpassagen, die die Songs unnötig in die Länge ziehen. Der Power/Folk Metal findet aber einige Verbündete, die vor der Bühne abfeiern.

MACHINE vertreten wieder die Hard-Rock-Fraktion. Ihr straighter, unverzierter Rock mit Funkanteilen und einer prägnanten Frontröhre kommt gut an, ist aber musikalisch eher mitteldurchschnittlicher Standard. Der Preis an den leidenschaftlichsten Musiker des Festivals geht jedoch meines Erachtens an den Drummer, welcher mich immer öfter an das bekannte Puppenmonster erinnert. Die 'Ace Of Spades'-Zugabe lockt wieder ordentlich Publikum auf die Fläche.

Bevor VOGELFREY die Bühne entern, verstreichen 60 Minuten: das Bassdrum-Fell ist gerissen und es muss schnell ein Neues her. Doch die Zeit nutzen die Vogelfreyen für einen ausgedehnten Soundcheck und Publikumsspäße. Die Hamburger Medieval-Metalkombo durfte ich schon des Öfteren sehen und wurde immer wieder begeistert. So auch heute. Als Erstes fällt auf, dass das akustische Cello einem elektrischen gewichen ist, was dessen Präsenz in der Musik und für die einheitliche Optik mit der E-Geige nur zum Vorteil ist. Eine vorbildliche Ausstrahlung (nicht nur dank ihrer mittelalterlichen Kostüme) trifft auf tolle Songs und eine wunderbare Stimme.

VOGELFREY kann man allen Musikliebhabern nur empfehlen. Auch wenn die Bassdrum nach Fellwechsel leider viel zu leise daherkommt - und somit der Musik ein wichtiges Instrument fehlt -, hat Jannik die Meute im Griff. 'Waffenbruder' geht locker als emotionaler Höhepunkt des Abends durch, das punkige 'Ball der Gehängten' animiert zu ersten Pogos und Mitgrölereien des Festivals.
Egal ob Rauschpfeife, Bouzouki oder harte Riffs: VOGELFREY kommen, spielen und siegen. Sogar der achtjährige Tim so wie ihr Lichttechniker werden zum Geburtstag bedacht. Das düstere 'Freitod' rockt zum Abschluss im fetten Off-Beat, doch dann will sie keiner gehen lassen. Eine Zugabe ist aber leider zeitlich nicht drin, sodass der heimliche Headliner des Festivals in Jubelgeschrei die Bühne verlässt.

Setlist VOGELFREY:

1.Feenfleisch
2. Sechs Vaganten
3. Belsazar
4. Waffenbruder
5. Blutgericht
6. Ball der Gehängten
7. Heldentod
8. Freitod

Zeit für die nächste Rockladung von IN ROCK WE TRUST. Nomen est Omen wird im traditionellen Hard-Rock-Gewand weitergefeiert. Endlich ertönt mit 'TNT' das obligatorische AC/DC-Cover, der Rieckhof ruft "Oi wie aus einem Mund. Eine energiegeladene Show!

Mit METAL WITCH ertönen die ersten und einzigen Speed/Thrash-Metal-Töne des Festivals. Was sich heute wie eine Kopie anhört, ist Original! Die seit 25 Jahren bestehende Kombo macht keine Gefangenen und holt mit 'Kiss My Ass' noch mal alles aus den Metalheads. Ein fetter Sound und ultratightes Zusammenspiel runden den Gig ab.

Die "Slayer!"-Rufe werden nach und nach von "Ragnaroek!"-Rufen abgelöst. Die Mittelalter-Rocker sind megakurzfristig für ADORNED BROOD eingesprungen, da dessen Sänger ins Krankenhaus musste. Dafür beide Daumen hoch!

RAGANAROEK gestalten ihren Auftritt nach dem Motto des Sängers: "Ihr bekommt von uns etwas, was sehr eigensinnig ist" - stimmt! Der Medieval Rock/Metal mit Dudelsack wird mit offenen Ohren empfangen, doch langsam wird das Publikum müde. So wird das Heathen Rock-Festival mit Melodien verabschiedet, die noch bis spät in die Nacht in den Gassen und Kneipen Harburgs gesungen werden.

Setlist RAGNAROEK:

1. Lanze
2. Wahnsinn
3. Meister Röckle
4. Mondenkind
5. Rache
6. Eis(kalt)
7. Knochenschiff
8. Fleisch
9. Angstritter
10. Totentanz
11. Spielmann
12. Küssen
13. Wahrheitsfinder



Zehn Stunden später ist das Festival zu Ende. Es war ein Heidenspaß! Bis nächstes Jahr!

Fotos von Tobias Müller.

Redakteur:
Jakob Ehmke

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