Heavy Metal - Nix Im Scheddel...? Nr.31 - Leipzig

03.01.2003 | 03:50

25.12.2002, Tonellis

Frö-höliche Weihnacht überall, natürlich auch und erst recht und sowieso bei der größten après-Xmas-Metalsause, dem Scheddel. Es wurden die Christkindlein von MANOS erwartet und außerdem erhoffte man sich noch einen Besuch des bärtigen, rotgemantelten Gesellen mit dem großen ... Sack. Dafür war extra der große Saal mit der im Vergleich zum anderen Saal riesigen Bühne geöffnet worden und in diesem verlief sich dann doch eine ordentliche Zahl an Zuschauern. Doch der Reihe nach.

Eröffnen durften THE AMPLIFIRES und die hatten eine bunte Mischung im Sack - Rock'n'Roll, mit punkigem Einschlag versehen und auch mit etwas Metal gemixt. Zu Beginn schien aber noch nicht jeder Zugang zu deren Musik finden zu können. Die etwas verhaltene Stimmung änderte sich dann aber im zweiten Teil des Auftritts, der mit dem MISFITS-Cover "Last Caress" eingeläutet wurde (der Song, den auch METALLICA des öfteren nachgespielt haben und damit die MISFITS paradoxerweise für ein größeres Publikum interessant machten). Die Band rockte ordentlich ab und intonierte die gradlinigen Nummern zur Freude des Publikums einwandfrei. THE AMPLIFIRES waren insgesamt schon ganz gut, auch wenn mir das phasenweise von der musikalischen Seite her betrachtet ein bisschen zu durcheinander war.

Weit mehr auf die Tube drückten anschließend HEAVEN SHALL BURN. Ja, so muss ein Death Metal-lastiges Brett klingen - hammerhart losgeknüppelt und arschtight vorgetragen. Dabei waren die Songs aber auch nicht mal ansatzweise zu eintönig oder zu gleichförmig. Man kann nur hoffen, dass dieser talentierten Band noch der große Wurf gelingt und dass sie auch vor mehr Publikum bestehen können, haben sie ja zuletzt bei ihrem Gig auf dem With Full Force 2002 eindrucksvoll beweisen können. Doch auch hier und heute gaben die Jungs alles und konnten sowohl musikalisch als auch vom Auftreten her voll überzeugen. Kurz vor Schluss kam es dann zu einem jähen Ende, da die Basedrum zerschossen war. Nachdem die Band sich schon damit abgefunden hatte, vorzeitig von der Bühne zu müssen, konnte doch noch Ersatz beschafft werden, und die anwesenden Metalheads kamen noch in den Genuss von zwei weiteren Nummern (u.a. ein HATE SQUAD-Cover).
Fazit: Die Band präsentierte sich sehr sympathisch und was sie musikalisch vom Stapel ließen, lässt sich nur mit absolut geil umschreiben.

Damit war der ernsthafte Teil des Abends abgeschlossen, denn jetzt kamen die MANOS.

Alle Jahre wieder...

Ein Weihnachten ohne MANOS ist eigentlich kein richtiges Weihnachten, zumindest wenn man einmal in den Genuss ihrer Weihnachts-Show gekommen ist, dann möchte man selbige an keinem Fest mehr missen. Und so war auch schon vor der Show die Stimmung einfach bombastisch, was im weiteren Verlauf aber dennoch steigerungsfähig war.

Guten Abend, schön Abend...

Ein Hauch von Comedy wehte über die Bühne als die drei tapferen Recken, die mich aus irgendeinem unerfindlichen Grunde von ihrem Auftreten her an die drei Stooges erinnerten, auf die Bühne marschierten. Während der Schlagzeuger wohl eher zu den schüchternen Zeitgenossen gehört und sich permanent hinter seiner Schießbude versteckte, drehten Andrew (v./g.) und Eule (b.) richtig auf. Ihre äußere Erscheinungsform kann man eigentlich gar nicht in Worte fassen. Die Instrumente waren weihnachtlich geschmückt und dazu hatten sich beide in einen äußerst feinen Zwirn geschmissen, der sehr eigenwillig aussah und wirklich jeden Anflug von Ernsthaftigkeit prompt von dannen fegte.

Süßer die Glocken nie klingen...

Aber ihr diskussionswürdiges Äußeres war noch nicht alles, denn einen Strauß voll bunter Melodien hatten sie natürlich auch mitgebracht. Ihr gottgleiches Auftreten riss zudem so manchen zu ganz ungewöhnlichen Liebesbekundungen hin, auf die aus Jugendschutzgründen nicht näher eingegangen werden soll. Diejenigen, die sich auf die dargebotene Musik konzentrierten, sangen allerdings lauthals die orchestral arrangierten Klassiker wie "Komm in den Garten", "Hol mir ne Bockwurst", "Hau auf die Sau", "Biene Maja", "Putzfrau" oder "Der Fuchs schleicht durch den Wald" mit und sogar die fremdsprachigen Nummern wie "Uprising Of The Dead", "Suicidal Confusion" und "Witching Excess" kamen sehr gut an.

Lasst uns froh und besoffen sein...

Es war - kurz gesagt - eine einzige Party, bei der, und das möchte ich immer wieder betonen, kein einziger Tropfen Alkohol floss und auch die Band ihre Vorstellung in aller Ernsthaftigkeit und Seriosität durchzog. Tiefgründiger Humor, welcher auch manchmal ein wenig nachdenklich stimmte, und eine leichte Kritik am Kommerzgedanken, der heutzutage leider untrennbar mit Weihnachten verbunden ist, bildeten das perfekte Rahmenprogramm. Mit anderen Worten - eine Lesung von Marcel Reich-Ranicki hätte nicht ergreifender sein können.

Morgen kommt der MANOS-Mann...

Dennoch wollen wir nicht vergessen, dass die Band ja aus einem ganz anderen Grund hier war. Obwohl schon mit einem Tag Verspätung, sollte trotzdem noch einmal der rote Kerl mit den Geschenken hervorgelockt werden. Irgendwann hatten sie es mit ihrer trotzigen Geduld und unglaublichem Stehvermögen dann tatsächlich geschafft, den Weihnachtsmann mit ihrem schönen Spiel noch einmal zu einem Besuch zu bewegen, um ein paar übrig gebliebene Präsente unter dem gierigen Volk zu verteilen. Vorher allerdings wurde diesem aufgetragen, altbekannte Weihnachtslieder im Chor nachzusingen, doch diese Aufgabe stellte kein Problem dar und wurde mit Bravour gelöst.

Ihr Kinderlein kommet...

Endlich hatte der rote Baron seinen Sack für die Bescherung geöffnet, doch daraus gab es nichts umsonst, denn die Kinderlein mussten sich die Präsente mit Gedichtaufsagen verdienen. Während der Weihnachtsmann durch einen Heiratsantrag in Reimform außer Gefecht gesetzt wurde, da er von seinen Gefühlen übermannt wurde und einen Weinkrampf bekam, wurde schließlich sein Sack geplündert und allerlei nützliche Gebrauchsgegenstände (Radkappe, Blechtopf, Papierflugzeug) fanden ihre Abnehmer. Leuchtende Augen weit und breit waren die Folge und ein wirklich schöner Anblick.

O Tannenbaum...

Diejenigen, die nichts abbekommen hatten, verdroschen sich aus Wut gegenseitig mit der exorbitanten Rute des Weihnachtsmannes, während die Band, passend zu diesem perfiden Gemetzel, okkulte und satanistische Lieder wie "Breaking The Law" und "Raining Blood" spielte und diesen ursprünglich so schönen Abend in ein Fest des Grauens verwandelte. Der Frieden und die Harmonie waren dahin, nun sprangen wahnsinnige Menschen sich wie besessen entgegen und fielen übereinander her und über allem thronte der infernalische Krach der Dreifaltigkeit von MANOS.

Stille Nacht, Schicht im Schacht...

Damit war natürlich der Höhepunkt des Abends überschritten und da die Band das auch sofort erkannte und sich zudem das Gewand und der Klampfenschmuck des Kultbassers Eule allmählich in seine Einzelteile auflöste, wurde dem ganzen Spaß dann auch ziemlich bald ein Ende gesetzt. Und man muss wirklich festhalten - ihre Schuldigkeit hatten MANOS absolut getan, da konnte nun wirklich niemand mehr meckern.
Die Euheuläää, die Euheuläää, nimmt Abschied mit Geheuheuläää - in diesem Sinne werde auch ich mein Märchenbuch nun schließen und unsere Helden ihrer Wege gehen lassen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann streiten sie sich noch heute um des Weihnachtsmannes Rute.


Scheddel-Infos und bisherige Berichte gibt es hier:
http://www.powermetal.de/tour/festival.php?id=787

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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