Judas Priest - Offenbach

16.03.2009 | 16:34

07.03.2009, Stadthalle

Was für ein Package! Die Stadthalle Offenbach ist am Samstagabend ausverkauft. Aber wen wundert das auch, wenn man bedenkt, dass heute drei Bands spielen, die dem Metal wenigstens 28 Jahre die Treue halten. Die "Gods of Metal", JUDAS PRIEST, sind ja sogar schon fast seit 40 Jahren aktiv!

Das Publikum ist wie zu erwarten bunt gemischt. Teilweise trifft man hier Ur-Metaller (nicht zu verwechseln mit den IG-Metallern), also Personen, die trotz des fortgeschrittenen Alters noch wenige lange Haare tragen und Bandshirts im Schrank gefunden haben, die aus einem Museum stammen müssen. Aber auch deren Enkelkinder sind anwesend. Zwischen 12 und 66 sind hier wirklich alle Altersklassen vertreten. Das zeigt aber auch, dass mache Bands eben zeitlos sind und generationsübergreifend verehrt werden.

So, genug der Vorrede! Pünktlich um 19.00 Uhr legen TESTAMENT los. Wahnsinn! TESTAMENT als Opener, das ist eigentlich schon ein Witz. Aber die fünf Bay-Area-Thrasher machen ihre Sache heute ordentlich. Gleich zu Beginn schmettert man dem zunächst noch etwas verhaltenen Publikum die Kracher 'Over The Wall' und 'Into The Pit' um die Ohren. Der Sound ist nach den ersten zwei bis drei Liedern dann auch einigermaßen passabel, und somit reißt die schnellste Band des Abends das Publikum dann doch noch mit. Gerade das groovende 'More Than Meets The Eye' vom aktuellen Album wird kräftig mitgesungen.

Das Stageacting der Band hält sich dabei in Grenzen, wobei man aber erwähnen muss, dass die Ausnahmetalente Paul Bostaph an den Drums und Alex Skolnick an der Gitarre auch nicht viel machen müssen, da ihre Fertigkeiten am Instrument schon begeisternd genug sind. Gerade Skolnick spielt halt echt eine absolut geile Sologitarre! Aber fähige Gitarristen kann man an diesem Abend ja gleich mehrmals sehen. Sänger Chuck Billy fällt zwar hauptsächlich durch sein permanentes Gerotze auf, aber man freut sich, dass er nach seiner schweren Krebserkrankung überhaupt noch einmal zurückgekommen ist. So gibt's dann auch gegen Ende den ersten kleinen Moshpit, wobei ich hier schon ganz ehrlich sagen muss, dass bei TESTAMENT auch schon mal mehr vor der Bühne los war.

Erwähnenswert ist noch, dass sich Frontman Billy bei 'Practice What You Preach' einen schönen Klumpen in die Haare rotzt (jawoll, sehr lecker, fuckin' Metal), bevor man mit 'The Formation Of Damnation' einen sehr ordentlichen Gig beendet.

Nach einer sehr kurzen Umbaupause stürmen MEGADETH auf die Bühne. Zunächst sind sicherlich alle Augen auf das gigantische Drumset gerichtet (so was hätte ich echt auch gerne im Keller stehen), doch dann blickt natürlich jeder auf Mastermind Dave Mustaine, der, kaum auf der Bühne angekommen, gleich mit dem treibenden Gitarrenriff von 'Sleepwalker' loslegt. Ohne Pause hängt die Band den Opener des "Peace Sells ... But Who's Buying"-Albums, 'Wake Up Dead', hinten dran. Das löst auch sogleich richtige Begeisterung beim Publikum aus. So werden sowohl die langsamen Stücke wie 'A Tout Le Monde' als auch schnellere Thrasher wie 'Skin O' My Teeth' lautstark mitgesungen.

Mustaine verkneift sich mal wieder fast jegliche Ansagen, was ihm häufig als arrogant angelastet wird. Klar, die Kommunikation mit dem Publikum ist spärlich, aber dafür gibt's halt zwei Songs mehr. Die Band lässt ausschließlich die Musik sprechen. Das kann sie sich aber auch erlauben, denn rein musikalisch ist das wieder mal absolute Weltklasse, was MEGADETH da absolvieren.

Nach dem sehr geilen 'In My Darkest Hour' bildet sich zu 'Symphony Of Destruction' dann auch endlich so etwas Ähnliches wie ein Moshpit. Na ja, ich nenne das jetzt mal vorsichtig "Progressives Moshen".

Mit 'Peace Sells' beenden MEGADETH dann einen kurzen, aber eindrucksvollen Gig, um nach lauten "Zugabe!"-Rufen zum Glück noch einmal zurückzukommen. So gibt's dann noch die obligatorische Abrissbirne 'Holy Wars', bevor sich alle Vier artig beim Publikum bedanken und nach einer knappen Stunde die Bühne räumen.

Setlist
1. Sleepwalker
2. Wake Up Dead
3. Take No Prisoners
4. A Tout Le Monde
5. Skin O' My Teeth
6. She-Wolf
7. In My Darkest Hour
8. Symphony Of Destruction
9. Sweating Bullets
10. Hangar 18
11. Peace Sells
12. Holy Wars

Die Metalgötter von JUDAS PRIEST lassen sich im Anschluss etwas mehr Zeit. Schließlich muss ja auch der Bühnenaufbau mit den zwei Emporen noch einmal auf seine Stabilität hin geprüft werden. Als dann die Lichter ausgehen und das Intro der "Nostradamus"-Scheibe ertönt, ist es dann aber endlich so weit. KK Downing, Glenn Tipton, Ian Hill und Scott Travis betreten zu dem mächtig groovenden 'Prophecy' die Bühne. Der Metalgott Rob Halford erscheint dann per Aufzug auf der linken Empore des Bühnenaufbaus, wo er in einen glitzernden Umhang gehüllt fast den gesamten Track verbringt (steht da oben etwa auch ein Teleprompter, oder wieso blickt er so starr auf den Boden vor ihm?) Als Halford am Ende dann doch noch die Stufen herunterwackelt, verschwindet er auch sogleich wieder hinter dem Vorhang, der die Bühne auf der linken Seite begrenzt. Wer es also noch nicht live erleben konnte, erhält heute Abend Gewissheit: Rob Halford ist alt geworden. Na gut, er ist ja auch schon 56, aber es sieht doch alles sehr steif und unsicher aus, wie er sich da über die Bühne schleift.

Weiter geht es mit 'Metal Gods' und 'Eat Me Alive', wo dann zum Glück schnell klar wird: Egal, wie tatterig der Mann sich da über die Bühne bewegt, die gesanglichen Qualitäten sind noch da. Bei dem lautstark mitgesungenen 'Breaking The Law' kommt dann auch Halford so langsam in Fahrt und lässt etwas von der vergangenen enthusiastischen Bühnenperformance, durch die JUDAS PRIEST das Publikum immer mitgerissen haben, erahnen. Als man dann den neuen Song 'Death' vom aktuellen Album "Nostradamus" ankündigt, bemerkt ein wenig begeisterter Fan: "Hey man, Spul mal einen Track vor!" Das ist zwar ein echt guter Spruch, aber meiner Meinung nach kaum gerechtfertigt. JUDAS PRIEST spielen ohnehin nur zwei Tracks vom aktuellen Album, und die kommen live auch noch richtig gut rüber!

Somit lässt die Setlist kaum Wünsche offen und sorgt mit 'Hell Patrol', 'Electric Eye' und dem sehr geilen 'Sinner' für volle Zufriedenheit. Als man den Schluss des Gigs mit 'Painkiller' einleitet, muss man jedoch mal großzügig über Halfords Gekreische hinweghören. Das Ganze hat wenig mit der eingespielten Albumversion zu tun. Aber gut, es sei ihm verziehen, ansonsten macht er seine Sache echt gut! Auch der Rest der Priester scheint in einer guten Verfassung zu sein, wobei insbesondere die Gitarristen KK Downing und Glenn Tipton die Show machen, die ihr Sänger manchmal vermissen lässt.

Danach wird es auf der Bühne dunkel. Die lauten "PRIEST! PRIEST! PRIEST!"-Rufe werden allerdings plötzlich vom aufheulenden Motor des Choppers übertönt, mit dem Halford auf die Bühne fährt. So langsam kann man echt Wetten annehmen, wann er damit zum ersten Mal umfällt. Zum Glück bleibt uns dieses Desaster aber vorerst noch einmal erspart, und so gibt's stattdessen 'Hell Bent For Leather'. Nachdem man noch 'The Green Manalishi' zum Besten gegeben hat, animiert Rob Halford das Publikum zu einem ausgiebigen Duett. Die Gesangseinlage, die vornehmlich aus langgezogenen "Yeeaaaaaah! Yeeaaaaah! Yeaheaheeaaaaaaa!"-Lauten besteht nervt, aber nach ca. drei Minuten schon etwas, so dass man glücklich ist, als mit 'You've Got Another Thing Comin'' dann die letzte Zugabe gespielt wird.

So bleibt am Ende festzuhalten, dass sich JUDAS PRIEST schon so langsam Gedanken machen sollten, wie lange sie das Ganze noch durchziehen wollen. Aber zumindest heute Abend kann man sagen: Es gibt sie immer noch, die "Gods Of Metal"!


Setlist:
1. Dawn Of Creation
2. Prophecy
3. Metal Gods
4. Eat Me Alive
5. Between The Hammer & The Anvil
6. Devil's Child
7. Breaking The Law
8. Hell Patrol
9. Death
10. Dissident Aggressor
11. Angel
12. The Hellion/Electric Eye
13. Rock Hard Ride Free
14. Sinner
15. Painkiller
16. Hell Bent For Leather
17. The Green Manalishi (With The Two-Pronged Crown)
18. You've Got Another Thing Comin'

[Chris Gaum]

Redakteur:
Frank Hameister

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