Keep It True - Lauda-Königshofen

13.05.2017 | 12:19

28.04.2017, Tauberfrankenhalle

Jubiläumsrunde XX in Königshofen mit epischem Headliner!

Das KEEP IT TRUE ist für den weltweiten Underground wohl das bedeutendste Festival geworden. Oliver und Tarek haben mittlerweile 20-mal dafür gesorgt, dass viele Bands des Undergrounds erstmals nach Europa kommen, teilweise ihre Live-Premieren geben oder nach Dekaden wieder die Bühne entern. Das Jubiläums-Festival 2017 wird dabei zu einem Fest für alle Epic-Metal-Fans, gibt uns aber auch die Möglichkeit, einige Jungspunde zu feiern und bei etwas Thrash gepflegt die Rübe zu schütteln.

Natürlich steht alles im Schatten der Europa-Premiere von CIRITH UNGOL - doch dazu später mehr vom Kollegen Stehle. Wer jedenfalls dachte, dass eine "Awaken The Guardian"-Show nicht zu toppen ist - zumindest der Kultfaktor ist hier doch noch mal etwas höher.

Einige Befürchtungen gab es im Vorfeld des Festivals. Wie würde das Wetter aussehen? Nur wenige Tage zuvor hatte ich jedenfalls Schnee im Garten. Und wie würde die Ticket-Situation und der Einlass nach dem Chaos 2016 funktionieren? Ein Vorteil ist jedenfalls, dass das Händlerzelt nicht mehr der Durchgang zum Festival ist. So ist die Situation beim Einkaufen deutlich entspannt.

Die Ticket-Situation dagegen wird beim Einlass zum Fiasko. Hunderte stehen umsonst an. Warum nicht einfach jedem Besucher ein Ticket für 2018 verkauft werden kann, entzieht sich nicht nur meiner Kenntnis. So würde Treue belohnt werden. Warum Tickets und Merch am gleichen Stand verkauft werden, ist ebenfalls seltsam. Die Änderungen, die für 2018 angekündigt werden, machen auch nur Sinn, wenn jeder Gast nur noch ein Ticket erhält. Sonst gibt es das Chaos eben am Samstag.

Die erste Band zu hören ist in der Schlange jedenfalls deutlich weniger schön. Ich hoffe, dass hier eine Veränderung eintritt! Doch nun zum eigentlichen Highlight eines jeden KITs - der Musik.
[Jonathan Walzer]

 

Es ist Freitag Mittag, die Ticketschlange ist erfolgreich überstanden und es ist somit Zeit, den musikalischen Teil des diesjährigen KITs zu eröffnen. Diese Ehre fällt SATAN'S HALLOW aus Chicago zu und die Dame und Herren zeigen sich ihrer Verantwortung von Anfang an gewachsen. Straighter Heavy Metal mit Sängerin, keine Schnörkel, kein Image, kein Firlefanz. Nur zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und eine Sängerin, die singen kann. Dazu eine ganze Reihe Songs, die direkt ins Ohr gehen und die man recht schnell mitsummen kann. Das Debütalbum des Fünfers ist just heute erschienen und so feiert die Band nicht nur ihre Deutschlandpremiere, sondern auch den Release von "Satan's Hallow". Dabei haben sich schon einige Leute vor der Bühne versammelt und im Laufe des Auftritts werden es immer mehr. Zwar gibt es hier weder instrumentalen Irrsinn noch hochkomplexe Kompositionen zu belauschen, doch die Band kommt ab dem ersten Ton sympathisch rüber und hat Songs in petto, die auch für jene funktionieren, die sie heute zum ersten Mal hören. Da kann man einfach gut ein Bier trinken, mit dem kopf nicken oder dem Fuß wippen und so langsam in Festivalstimmung kommen. Viel mehr erwarte ich nicht von einem Opener und genau das bekomme ich geboten. Insofern kann man den Auftritt als gelungen bezeichnen, denn von hier an bin ich wieder voll drin im KIT-Feeling.
[Raphael Päbst]


Mittlerweile dürfte die Band WYTCH HAZEL jedem traditionellen Metal-Fan ein Begriff sein. Wenn nicht: Die jungen Briten überzeugten letztes Jahr (nicht nur mich) mit ihrem Debüt "Prelude" auf ganzer Linie. Ich gebe zu: Auf keine Band habe ich mich 2017 am KIT so gefreut wie auf die weiß gekleideten Wald-und-Wiesen-Metaler. Daher kribbelt es bei mir ganz schön, als die drei Bübchen auf die Bühne kommen. Ja, drei: Sie treten ohne den verhinderten Bassisten auf, mit zwei Gitarren. Und sie sehen alle aus, als wären sie gerade dem Mittelstufen-Unterricht entflohen, direkt auf die KIT-Bühne. Der Saal ist etwa zur Hälfte gefüllt, der Auftritt für das junge Alter enorm souverän. Mit 'Freedom Battle', 'He Shall Reign', 'More Than Conquerors', 'Wytch Hazel' oder 'We Will Be Strong' gibt es alle Hits des Albums, dazu ein paar Nummern der etwas älteren EP. Der Mix aus JETHRO TULL, ASHBURY und DARK FOREST ist für KIT-Verhältnisse sehr seicht, animiert aber zum Mitsingen und zur guten Laune. Als unnötig empfinde ich das Instrumental, und auch die Kommunikation mit dem Publikum könnte besser sein. Für einen Auftritt ohne E-Bass klingt die ganze Geschichte aber enorm rund, und da das Songmaterial überragend ist, ist es für mich eines der absoluten Highlights des Festivals. Übrigens: Der recht scheppernde Drumsound wird tatsächlich von einem blinden Schlagwerker fabriziert. Alle Achtung! Dass sich die Band nach dem Gig die restlichen beiden Tage ständig unters Volk mischt, macht sie umso sympathischer.
[Jonathan Walzer]


Während sich meine Kollegen nun eine Essenspause gönnen, postiere ich mich in der Halle, um den Auftritt von MAJESTY zu beobachten, der unvergesslich zu werden verspricht. Die Band, die gerne mal weit jenseits der Kitsch- und Peinlichkeitsgrenzen marodiert, gehört zum Keep It True seit der ersten Stunde, da Sänger Tarek zusammen mit Oliver Weinsheimer das Festival aus der Taufe hob. Daher ist es nur logisch die Truppe trotz diverser stilistischer Unterschiede zum Restprogramm beim 20. Jubiläum auf die Bühne zu stellen. Dort zieht MAJESTY dann genau das durch, was man von der Truppe gewohnt ist, nämlich eine MANOWAR-Show für die Westentasche oder Baumarkteröffnung. Die Posen sitzen, die Songs ebenfalls, nur dass eben alles immer etwas hausbacken wirkt, sodass ich mir das eine oder andere Grinsen nicht verkneifen kann. Doch davon abgesehen sind gerade einige der Songs aus der Frühphase eben schon auch Teil der metallischen Sozialisation einiger hier Anwesender und so ist es auch eine Reise in die Vergangenheit, die hier geboten wird, so als müsse man sich die Fotoalben der Eltern anschauen, mit all den peinlichen Kinderbildern. Da hilft eigentlich nur eins, nämlich mitmachen, lauthals mitsingen und die Fäuste und Haare fliegen lassen, sich nochmal an die Zeiten erinnern, als man Songs wie 'Metal To The Metalheads' voller Inbrunst gefeiert hat. Und so lange die Band nur spielt und Tarek seine Ansagen auf ein Minimum reduziert, klappt das auch ganz gut. Dann, kurz vor Ende des Sets, gibt es noch den angekündigten Special Guest, KIT-Godfather Oli betritt die Bühne, um einen Song seiner eigenen Band SHADOWS OF IGA zum besten zu geben, der so auch schon seit bald einem Vierteljahrhundert nicht mehr gesungen wurde. Die Performance ist entsprechend hölzern, aber das stört niemanden, hier geht es um das Herzblut und die Begeisterung, die die Menschen vor und auf der Bühne in die beste Musik der Welt stecken, und nicht um Perfektion. Nach der abschließenden Festivalhymne 'Keep It True' ist dann mit einiger Verspätung ein Auftritt zu Ende, der nicht nur trotz, sondern gerade auch wegen seiner schamlosen Peinlichkeiten mehr Spaß gemacht hat, als ich es vorher erwartet hatte. Unter diesen Bedingungenn kann MAJESTY gerne auch zum 30. Keep It True wieder auftreten.
[Raphael Päbst]


Technischer Thrash ist immer so eine Sache bei Liveauftritten, denn zwei Gitarren, die komplexe Riffs spielen, gehen gerne mal unter und vermischen sich zu einem häufig wenig schmackhaften Soundbrei. Mit diesem Befürchtungen begebe ich mich zu ATROPHY weiter nach vorne und weiter in die Mitte der Halle, wo ich den besten Sound erwarte. Wobei selbiger in diesem Jahr ein wenig schlechter ausfällt als in den Vorjahren, habe ich das Gefühl. Sehr laut und nicht immer sehr differenziert, was bei Stromgitarrenmusik auch mal zu Enttäuschungen führen kann. Und so startet die US-Truppe heftig riffend in 'Urban Decay'. Ja, der Sound ist matschig, die Riffs mit Mühe zu erkennen, aber der Gesang kommt gut. Doch schon beim folgenden 'In Their Eyes' wird es besser, der Bursche an den Reglern gibt sich alle erdenkliche Mühe, ATROPHY klarer klingen zu lassen. Das ist natürlich bei zwei Flitzegitarren eine echte Herausforderung, aber meine Anerkennung sei hiermit kundgetan. Die Band selbst scheint nicht allzu oft aufzutreten, der Gig wirkt spontan, aber auch manchmal etwas unkoordiniert, und obendrein erweisen sich beide Gitarristen als Saitenkiller, was zweimal zu unterbrochenem Thrashgenuss führt und gepaart mit weiteren technischen Problemen einen kleinen Schatten auf den Gig wirft. Dabei ist die Dreiviertelstunde sehr unterhsaltsam. Sänger Brian Zimmermann klingt super und die Band hat offensichtlich Spaß, sodass man sich gar nicht mit negativen Gedanken aufhalten kann und lieber mitbangt. Die Songauswahl legt ein größeres Gewicht auf das Debüt, entspricht aber vollkommen meinen Erwartungen, genau so hätte ich sie zusammengestellt. Einzig 'Killing Machine' fehlt, das Sänger Zimmermann am Ende als letzten Track ansagt, dann aber wohl durch einen Zuruf auf 'Beer Bong' ändert. Da hätte ich gerne noch beide gehört, aber natürlich muss pünktlich Schluss sein. ATROPHY hat sich beachtlich aus der Affäre gezogen trotz aller Widrigkeiten und wird für mich eine der Topbands des Wochenendes bleiben. Ich hätte nie gedacht, dass ich diese Band mal live sehen werden würde. Danke, KIT. Sehr cool.
Setliste: Urban Decay; In Their Eyes; Socialized Hate; Preacher, Preacher; Product of the Past; Chemical Dependency; Puppies and Friends; Violent by Nature; Beer Bong
[Frank Jaeger]


Es gibt Bands, deren Stärke sind klar die Studioaufnahmen und es gibt Bands, die vor allem auf der Bühne überzeugen. Bei den Herren von Q5 ist letzteres der Fall und das wird bereits nach den ersten Takten deutlich. Während die Alben insgesamt immer solide ausfielen und man über die Jahre auch einige echte Hits geschrieben hat, besticht man in der aktuellen Besetzung als unglaublich tighte Maschine, die die Tauberfrankenhalle in Grund und Boden rockt. Die Band ist schlicht unglaublich gut eingespielt und groovt mit viel Spaß und Energie durch einen Set voller einfacher, eingängiger Rocker. Das ist so ansteckend, dass sich nach und nach immer mehr Besucher in der Halle anstecken lassen, mitsingen, mitwippen und Q5 mächtig abfeiern. Für den Nachmittag und mit einem kühlen Bier gibt es kaum bessere Musik auf einem Festival und auch eher durchschnittlichere Songs kommen mit viel Druck und Spielfreude deutlich besser bei mir an als auf Tonträger. Hier fällt auch auf, wie gut sich Songs des letztjährigen Comebackalbums "New World Order" zwischen die Klassiker wie 'Steel The Light' einfügen. Sicher ist das, was Q5 hier abliefern, nicht das Highlight des Festivals, doch es ist eine durch und durch starke Rockshow, die schlicht Spaß macht und das kann ich durchaus würdigen. In dieser Art konnte die Band bereits letztes Jahr auf dem Headbangers Open Air überzeugen und genau das tut sie auch heute wieder.
[Raphael Päbst]


Kaum einer Band wird so oft vorgeworfen, ein One-Hit-Wonder zu sein wie MEDIEVAL STEEL. Dabei ist diese Kategorisierung unpassend. Schon als ich nur die EP / Anthology kannte, war klar, dass da einige weitere starke Songs dabei sind (neben der obligatorischen Bandhymne). Mit dem "Dark Castle"-Album haben die Jungs dann bewiesen, dass sie auch eine volle Albenspanne mit hoher Qualität füllen können. Und ich freue mich sehr, dass gerade dieses Album viel Raum auf dem KIT einnimmt - altes und neues Material wird geschickt gemischt, und neuere Nummern wie 'Powersurge' gehören teilweise sogar zu den Höhepunkten der Show. Mir gefällt der mehrstimmige Gesang bei 'The Killing Fields', auch der Drummer ist beteiligt. Die Outfits der Jungs dagegen sind etwas schräg, aber das gehört ja auch irgendwie zum KIT. Im weiteren Setverlauf dominieren dann doch die Oldies wie 'Lost In The City' und 'Warlords' - 'Echoes' wird sogar erstmals seit einer halben Ewigkeit gespielt (ist aber der schwächste Song aus alten Zeiten). Der starke Gitarrensound und die hochklassigen Vocals veredeln einen Gig, der nicht einen, sondern viele Hits präsentiert. Vom bald erscheinenden neuen Album wird uns mit 'The Gods Of Steel' ein flottes Teil präsentiert - hier gibt es melodischen US Metal vom Feinsten. Einen atmosphärisch-düsteren Track wie 'Thou Shall Not Kill' möchte ich gerne noch hervorheben. Funktioniert auf Platte gut, live ist das sogar noch mächtiger. Gut, und dann kommt, worauf hier im Grunde alle seit dem letzten Auftritt gewartet haben. Und ähnlich wie 2013 werde ich von einer Gänsehaut umfasst, wenn die ganze Halle bis auf den letzten Mann 'Medieval Steel' mitgrölt. Vielleicht der größte Hit der KIT-Gemeinde, und auch wenn der Frontmann stimmlich arg an seine Grenzen kommt, gehörte dieser Moment zu den wunderbarsten Momenten des KIT. Ich freue mich auf ein neues Album!
[Jonathan Walzer]


Ja, Johnny, da hast du zwar absolut recht, wenn du dem Mittelalterstahl attestierst, kein klassisches One-Hit-Wonder zu sein, denn die Franklin-Bande hat neben der von der ganzen Halle mitgeschmetterten Bandhymne schon etliche veritable Kracher am Start. Doch wenn wir eine Viertelstunde nach dem Verklingen der letzten Töne ihrer Bandhymne an derselben Stelle verharren als Kenny Powell und seine Mannen die Planken entern, dann merkt man doch sehr schnell, was eben eine echte Hitschmiede ist: OMEN ist eine solche, denn die Texaner um Bandgründer Kenny und seinen zum letzten Album "Hammer Damage" zurückgekehrten Frontmann Kevin Goocher können auf einen Fundus zurückgreifen, nach dem sich so manche etablierte Band die Finger lecken würde. Die ersten drei Alben sind in der Halle ganz offensichtlich ziemliches Gemeingut, und so gibt es am ganzen Wochenende tatsächlich kaum eine Band, die nicht nur bei einer Handvoll Songs die Fischerchöre des Stahls aktivieren kann, sondern bei nahezu allen dargebotenen Stücken. Schon das Einstiegstriple mit den ersten drei Stücken des Debütalbums "Battle Cry" zementiert den Status der Truppe, so dass das Publikum den Protagonisten milde nachsieht, dass im Anschluss die neue Single 'Up From The Deep' vorgestellt wird, die dann bei aller Liebe doch nicht das Niveau des Frühwerks halten kann. Das weiß offenbar auch die Band, denn sie legt mit meinem Lieblingssong 'Ruby Eyes' nach, bevor nochmals - und letztmals - der Versuch unternommen wird, mit dem Titelstück der aktuellen Scheibe die Fans auch von den neueren Qualitäten der Truppe zu überzeugen. Das gelingt auch live - wie schon mit der Scheibe an sich - nur sehr bedingt, so dass alle Anwesenden recht erleichtert scheinen, dass danach der "Warning Of Danger"-Block mit dem Titelstück weitergeht und mit der grandiosen und seit vielen Jahren erstmals wieder im Programm befindlichen doomigen Hymne 'Hell's Gates' schließt. Klassikeralarm herrscht auch danach bis zum Ende des Sets, denn mit 'Teeth Of The Hydra' und dem obligatorischen 'Battle Cry' wird die Euphorie des Publikums nochmals gesteigert, so dass wir die alten Recken nur zu gerne nochmals auf die Bühne bitten. Dort machen uns Kenny, Kevin und Co. dann mit 'Die By The Blade' den Garaus, und es steht einmal mehr fest, dass ein traditionell ausgerichtetes Metalfestival trotz der über die Jahre doch recht umfangreichen Präsenz der Band auf deutschen Bühnen, nichts, aber auch gar nichts falsch machen kann, wenn es OMEN bucht.
Setliste: Death Rider; Last Rites; The Axeman; Up From The Deep; Ruby Eyes (Of The Serpent); Hammer Damage; Warning Of Danger; Hell's Gate; Teeth Of The Hydra; Battle Cry; Die By The Blade
[Rüdiger Stehle]


Passender kann man eine Band nicht nennen, die genau zur richtigen Zeit meinen internen Batterien in wenigen Minuten zu Einhundert Prozent aufladen kann: DEMOLITION HAMMER aus New York kracht mit Volldampf und der Durchschlagskraft einer Büffelherde auf Ecstasy in meine Lauscher und begeistert mich aus dem Stand heraus. Wenn man aber auch sofort gnadenlos mit 'Skull Fracturing Nightmare', dem bezeichnenden 'Neanderthal' und dem alles vernichtenden Titelsong des zweiten Albums 'Epedemic Of Violence' um die Ecke braust und dabei alles in Schutt und Asche legt, was nicht aus Titan besteht, hat man mein Interesse geweckt. Das klingt jetzt so als hätte ich nicht gewusst, dass das Quartett zumeist ohne Samthandschuhe die Riffbretter bearbeitet. Dem ist aber nicht so, denn ich habe die Band vor ein paar Dekaden mit ihrem beinahe legendären Drummer Vinny Daze live erleben dürfen und fand das damals schon hochgradig imposant. Der gute Vinny ist 1996 an einer Fischvergiftung gestorben und so widmet Sänger/Bassist Steve Reynolds ihm gleich mehrere Ansagen, die allesamt so verflucht authentisch klingen, dass sie nur weitere Bonuspunkte auf der nach oben offenen Assi-Thrash-Authentizitäts-Skala bringen. Wer 13 Mal das F-Word in vier Sätzen sinnvoll unterbringen kann, weiß, wie man … Aber ich schweife ab. Weite im Takt geht es mit dem hämmernd-krachigen ' Infectious Hospital Waste' und 'Carnivorous Obsession'. Während Steve einfach wie ein Wilder auf seinem Bass herum hämmert und dazu klar verständliche Hasstiraden ins Mikrophon orgastiert, springt und fegt vor allem Gitarrist Derek Sykes wie ein Berserker auf den Brettern herum. Das ist Energie, die ansteckt. Überall sieht man breit grinsende Maniacs, die wild bangend gen Bühne euphorisieren als es mit 'Crippiling Velocity' und 'Hydrophobia' zackig weiter geht. Mit dem "Epedemic Of Violence"-Smasher 'Aborticide' wird die zünftige Abfahrt fortgesetzt und bei 'Cataclysm' beginnt mein Nacken zu schmerzen. Egal, da muss man durch, denn ich hoffe noch auf den ultimativen Vorschlaghammer. Zu meiner ganz persönlichen Freude erklingt dieser als Rausschmeißer dieses megagenialen Abrissinfernos nach 'Human Dissection'. '44 Calibre Brain Surgery' ist dann wohl nicht eine prägnante Zusammenfassung meines Gemütszustandes im direkten Anschluss. Die Kommentare von fast allen angetroffenen Anwesenden waren gleichlautend: Unfassbare Begeisterung für dieses Gemetzel! Bitte eine Tour!
Setliste: Skull Fracturing Nightmare; Neanderthal; Epidemic of Violence; Infectious Hospital Waste; Carnivorous Obsession; Crippling Velocity; Hydrophobia; Aborticide; Cataclysm; Human Dissection; .44 Caliber Brain Surgery
[Holger Andrae]


Runde drei für die Jungs aus Wichita am KIT - damit gehört MANILLA ROAD ja irgendwie zum Inventar. Und eins vorweg: Da sie schon zweimal hier waren, präsentieren sie eine völlig eigenständige, auch etwas unerwartete Setlist. Für mich, der ich seit zehn Jahren sehnlichst darauf gehofft habe, diese Band endlich zu sehen, ist das zuerst ein bisschen überraschend, aber ich arrangiere mich schnell damit. Störender dagegen ist, dass der Sound anfangs echt mies ausfällt. Vor allem der Gesang ist kaum zu hören. Später bessert sich dies zum Glück.

Randy Thrasher Foxe, der für einen halben Set an die Drums zurückkehrt, wirkt hinter dem Drumset ziemlich angestrengt, aber auch sehr konzentriert und fokussiert. Nachdem er sich etwas eingegroovt hat, rockt er gnadenlos drauflos, wie ein deutlich jüngerer Mann. Sein Spiel ist agil und bereichert den Set ungemein. Der neue Basser, Phil Ross, passt auch gut ins Bandgefüge. Insgesamt macht die Band beim gesamten Auftritt einen sehr harmonischen, fast demütigen Eindruck. Von Starallüren keine Spur!

Gespielt werden im ersten Part nur Songs aus der Ära 1985-1990, also der Foxe-Ära. Mit 'Astronomica' und 'Weavers Of The Web' ist der Start gelungen. Die Konzentration gilt fortan überwiegend dem "Mystification"-Album, aus meiner Sicht der zweitbesten Scheibe der Band. Mit wahnsinniger Intensität werden die etwas vertrackteren, teils auch thrashigen Songs vorgetragen. Die Stimmung im Saal ist dagegen eher mau, wenn man das vorderste Drittel verlässt. Es wird deutlich, dass die großen Hits noch fehlen. Ich gebe zu: Am meisten begeistert hat mich 'Into The Courts Of Chaos', ein Track, der bisher zu Hause nur sporadisch lief. Insgesamt hat der erste Konzert-Part durchaus hypnotisierende, doomige Anklänge zu bieten. Der zwischen Shelton und Hellroadie aufgeteilte Gesang funktioniert leider erst nach einigen Tracks; insgesamt ist Shelton anzumerken, dass er zwar weiter über eine sehr charismatische Stimme verfügt, aber in vielen höheren Bereichen einfach überfordert ist und ohne Hellroadie aufgeschmissen wäre. Übrigens: Schon am ersten Abend nervt mich, wie viele Leute in der Halle rauchen. Das könnte man doch echt lassen!

Randy Foxe verabschiedet sich mit einem energetischen Solo vor 'Haunted Palace' - dann wird ein neuer Drumriser in den Saal gebracht, und der aktuelle Drummer, Neudi, setzt sich hinter die Kessel. Und es beginnt eine Hit-Show, die (mit zwei Ausnahmen) auf dem Überalbum "Crystal Logic" basiert. Klar, dass bei 'Flaming Metal Systems', 'The Ram', 'The Riddle Master' oder 'Crystal Logic' alle dabei sind. Die Stimmung im Saal heizt sich auf und verliert auch beim langen 'The Empire' nicht an Drive. Diese Nummer vom Debüt wird als Neudi-Wunschlied gespielt und nimmt fast zehn Minuten ein. Bei 'Necropolis' geht die Meute dann richtig steil, mit mir rockt vor der Bühne unter anderem OMEN-Gitarrist Kenny Powell. Als Zugabe gibt es zum Schluss 'Open The Gates', das Randy Foxe gewidmet wird. Aus der Halle werden wir mit "Masque Of The Red Death' geworfen.

Insgesamt ein sehr abwechslungsreicher Gig, der uns von MANILLA ROAD geboten wurde. Sie riskieren es, nicht nur auf die großen Hits zu setzen und "kassieren" dafür leider auch einen ersten Block mit etwas weniger Stimmung (der dem zweiten qualitativ aber in nichts nachsteht). Fein, wie gleich zwei hochklassige Drummer den Set bereichern. Für mich ein großes Highlight auf dem KIT. Aber im Grunde waren die meisten schon in Erwartung auf den "Big Epic Headliner".
[Jonathan Walzer]

 

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Redakteur:
Jonathan Walzer

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