LANFEAR Release Party - Bad Friedrichshall

29.02.2012 | 10:19

18.02.2012, Rockfabrik

Der Soundcheck-Sieger 02/2012 stellt das neue Album live vor und lädt befreundete Bands zur tollen Metalparty.

Im Februar haben die Heilbronner Power-Progger von LANFEAR unseren Soundcheck mit sattem Vorsprung dominiert, und so überrascht es kaum, dass sich aus unseren Reihen gleich mehrerer Kollegen ins schwäbisch-badische Grenzgebiet begeben, um dort den neuen Hymnen von der "This Harmonic Consonance", etlichen alten Hits, und natürlich den von LANFEAR zur Party geladenen befreundeten Bands DESTINATION'S CALLING und ETERNAL REIGN zu lauschen. Nachdem die schwäbische Band mit dem portugiesichen Quotenkurpfälzer am Mikro dann auch noch ein paar nette Überraschungen versprochen hat, ist die Spannung und die Vorfreude entsprechend groß.

In Bad Friedrichshall, ein paar Kilometer außerhalb Heilbronns angekommen, finden wir in der Rockfabrik eine relativ schmucke, geräumige und trotzdem gemütliche Location mit langer Bar, gemütlichen Sitzecken, etlichen Barhockern, schöner Bühne und großem Bühnenvorplatz vor, in der jeder etwas sieht und ordentlich zuhören kann. Egal, ob er eher der Typ Frontkämpfer oder eher der Hinterbänkler ist. Der einzige Makel mag sein, dass es ein Raucherclub ist, was man heute einfach nicht mehr gewohnt ist, und dass es folgerichtig auch nichts zu Essen gibt. Genau umgekehrt wäre mir lieber, doch das tut dem Spaß am Event letztlich keinen Abbruch.

Zuerst klettern die Würzburger Melodic-Power-Metaller von DESTINATION'S CALLING auf die Bretter, die sich mit dem Songmaterial ihres Debütalbums "Invisible Walls" wirklich redlich mühen, die sich langsam füllende Rockfabrik munter zu machen, doch das Unterfangen ist von nicht allzu viel Erfolg gekrönt. Lieder klappt es mit dem Sound nicht ganz so gut, wie bei den anderen beiden Truppen, und so hat das Publikum Schwierigkeiten damit, die Gitarren richtig wahrzunehmen. Das nimmt dem sehr melodischen und eingängigen Stil der Band natürlich die Durchschlagskraft, so dass auf und vor der Bühne einfach keine richtige Stimmung aufkommen mag. Doch zum Ende hin singen bei der Bandhymne dann doch noch ein paar Kehlen mit, während ein guter Teil der an den Tresen herum lungernden Anwesenden sich für ETERNAL REIGN doch eine deutliche Steigerung erhofft.

Setlist: Turning Away, Mastery, Fallen From Grace, Invisible Walls, Disconnected, End Of Time, Trapped In Silence, Walls Of Babylon; Zugabe: Destination's Calling

[Rüdiger Stehle]

Die Bremer ETERNAL REIGN dürfen als nächstes auf die Bühne und machen ihre Sache von Anfang an ausgezeichnet. Wenig aufdringlich, aber packend und mitreißend dürfte dieser Auftritt zu den besten ihrer nicht ganz kurzen Karriere gehören. Voller Spielfreude legen die Norddeutschen mit 'Perfect Crime' los, einer außergewöhnlichen Wahl, stammt der Song doch von ihrem ersten Album, das immerhin auch schon zehn Jahre auf dem Buckel hat. Überhaupt, gleich drei Songs von "Crimes Of Passion" zeigen, dass die Band sich noch immer mit ihren frühen Kompositionen identifizieren kann. Vor allem Sänger Dirk Stühmer prägt den Sound der Jungs nachhaltig mit seiner kraftvollen Stimme, so dass der Set zu einem Triumph wird. Nur drei Alben in zehn Jahren sind definitv zu wenig, aber live ist das Ganze noch einen ganzen Schuss stärker. Die Bühne ist nicht allzu groß und lässt den Akteuren nur wenig Platz, um richtig Show zu machen, aber was da ist wird ausgenutzt. Ja, gelegentlich müssen sich die Jungs gegenseitig wieder auf ihre Plätze verweisen, um das größte Chaos zu vermeiden. Wenn nicht noch LANFEAR kämen, könnte der Abend nach dem Auftritt von ETERNAL REIGN enden, und alle hätte einen tollen Metalabend erlebt. Ein größeres Kompliment fällt mir nicht ein.

Selist: Perfect Crime, Nightstalker, Dregs Of Society, Into My Own Hands, Emptiness Devours, Forbidden Path, Edge Of The World, Beast Within, Inner Strength

[Frank Jaeger]

Der Hauptact des Abends, LANFEAR, startet dann pünktlich um, ähm, kurz nach halb zwölf. Ja, ja, erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Aber sobald die ersten Töne des Openers 'Colours Of Chaos' ertönen, ist es gleichgültig, wie spät es ist. Klar, das hier ist ihre Crowd. Mit großem Selbstvertrauen werden ein paar neuere Songs gerockt, und obwohl kaum jemand in der Menge die Songs kennt, geschweige denn textsicher ist, gehen die Anwesenden prächtig ab. Es wird deutlich, dass das neue Album "This Harmonic Consonance" einige verdammt feine Melodien zu bieten hat. Und es wird klar, dass Sänger Nuno auch live zu den ganz Großen zählt.

Wieder einmal ist die Aufteilung in der Band klar. Nuno und Ulle albern und rocken, Richie und Kai sorgen für fette Sounds und halten sich sonst im Hintergrund, und Jürgen "Der General" sorgt für offene Münder. Was macht der da mit seinem Drumkit? Das geht doch gar nicht! Wahnsinn.

Die Performance der Band ist tight und definitiv der beste Auftritt, den ich von LANFEAR bisher erleben durfte. Da hat sich Pure Steel ein absolutes Juwel geangelt. Aber unter den Anwesenden, mich eingeschlossen, stand das vorher schon außer Frage. Nach dem tollen Auftritt von ETERNAL REIGN war zwar kurz eine Frage aufgetaucht, ob LANFEAR das wohl würden toppen können, aber schon allein der Heimvorteil sorgt dafür.

Nunos Ansagen und Faxen sorgen zwischen den Songs immer wieder für Heiterkeit. Bei allen? Nein, ein einsamer Gitarrist muss herhalten als Fasching-Versuchstier und bekommt einen Papphut aufgesetzt. Soll noch einer sagen, er wäre bloß eine Pappnase. Jetzt wissen wir es besser! Danke, Nuno. Musikalisch bleiben die Jungs natürlich hauptsächlich bei den letzten beiden Alben, die Nuno eingesungen hat. Die gelegentlichen Ausflüge in ältere Gefilde sind allerdings nicht von schlechten Eltern und enthalten Gassenhauer und Obskuritäten wie 'Stygmatized', 'Enlil/Genesis', 'The Unrestrained' und 'Zero Poems'. Und natürlich 'Time's Dark Laughter' von ihrem allerersten Album, das war auf jeden Fall eine mächtige Überraschung!

Dies ist der längste Gig, den LANFEAR je gespielt haben. Grund dafür dürfte der gewaltige Zugabenblock sein, für den sich die Buben etwas ganz besonderes ausgedacht haben, denn er besteht fast ausschließlich aus Coverversionen. Hier steht der Spaß im Vordergrund, denn selbst Nuno sagt, dass er bei dem MAGNUM-Klassiker 'Just Like An Arrow' Hilfe benötigt. Ehrlich gesagt, er hätte noch viel mehr Hilfe gebraucht, als ihm gegeben wurde, aber man erkennt den Song glücklicherweise am Keyboard. Das ist ganz klar nicht seine Stimmlage. Und Dirk Stühmer ist auch nur bedingt eine Hilfe.

Aber es wird viel besser, 'Mother' von DANZIG beispielsweise macht er ganz hervorragend. So hoppelt und kaspert man sich zusammen mit diversen Gästen von ETERNAL REIGN und DESTINATION CALLING gut durch 'Under Jolly Roger' von RUNNING WILD und wieder schrecklich schlecht durch 'Fuck You' aus dem Hause OVERKILL. Aber der Höhepunkt ist, als die Band die Instrumente tauscht. Richie an den Drums, der General an den Tasten, Ulle als Tieftöner, Nuno mit der Gitarre und Kai mit Mikro.

Kai am Mikro? Okay, meines Wissens nach weiß er, wo er reinschreien muss, aber als Sänger hätte ich so meine Bedenken. Aber was weiß ich schon? Denn er macht seine Sache großartig, als die Band VENOMs 'In League With Satan' intoniert. Da bleibt kein Auge trocken und der Saal kocht. Kai brüllt und beschwört, röhrt und rockt. Feine Sache! Übrigens: wer das sehen will, muss sich die Bildergalerie ansehen. Zwar sind nicht alle Bilder besonders gut geworden, aber das wäre wohl bei dem wilden Chaos während der Performance auch zuviel verlangt.

Setlist: Colours Of Chaos, By-Product Nation, Brave New Men, Stigmatized, Enter Dystopia, The Reverend, Enlil/Genesis, The Unrestrained, Spectrophobia, Zero Poems, This Harmonic Consonance, Zugabe: Just Like An Arrow, Time's Dark Laughter, In League With Satan, Under Jolly Roger, Mother, Fuck You

Ein spaßiger Abend, anstrengend aber toll. Dabei auch noch sehr gut besucht, mit drei Bands voller Spielfreude. Nur dass im Club geraucht werden durfte, fand ich persönlich sehr unangenehm. Mein Auto roch noch Tage später ziemlich übel.

[Frank Jaeger]

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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