Lacrimosa - Klaffenbach/Chemnitz

08.09.2009 | 13:19

05.09.2009, Wasserschloss

Nach vier Jahren kehren LACRIMOSA endlich nach Deutschland zurück. Lasst die Tour beginnen!

Endlich ist es so weit. Nach vier schier endlosen Jahren kehrt die vielleicht einflussreichste Gothic-Band der letzten zwanzig Jahre nach Deutschland zurück. Die Welt haben sie umsegelt, umflogen, doch nun kehren sie mit einer Deutschlandtour zurück. Startschuss ist hier und heute im beschaulichen Klaffenbach direkt neben dem wunderschönen Wasserschloss. Dieser Open-Air-Auftritt soll das erste große Highlight der Rückkehr werden, doch leider hat der Wettergott etwas dagegen. Denn als wir in dem kleinen Örtchen direkt neben Chemnitz ankommen, gießt es aus allen Löchern.

Der Himmel grau, die Stimmung mau? Mitnichten, denn so ein bisschen Wasser kann einem Old-School-LACRIMOSA-Fan doch nix anhaben - oder höchstens, wenn der Old-School-LACRIMOSA-Fan nicht wie früher Stiefel, sondern heutzutage bequeme Laufschuhe aus dem Land, wo die Zitronen blühen, trägt. Mist.

Nachdem ein Parkplatz gefunden und die tendentielle Richtung des Laufweges erörtert wurde, sind wir auch schon vor den Eingangstoren des Schlosses angekommen – leider total durchnässt. Zwar ist so ein Regenschirm eine gute Sache, doch vor Pfützen kann auch er nicht schützen.

Innen schaut es auch nicht besser aus. Überall wird die neueste Schirmmode präsentiert – oh, jetzt gibt es sie sogar auch in blau. Nebenbei quält sich EISBLUME durch ihr Set, welches aus seichten Pop-Rock-Nummern besteht und lediglich bei dem aus Funk und Fernsehen bekannten 'Eisblumen' für Stimmung sorgt. Gut, Stimmung kann man das nicht nennen, wenn 95 Prozent der Anwesenden einfach nur versuchen, nicht nass zu werden. Das klappt in einem Bierzelt besser als vor einem Bratwurststand – so viel habe ich heute schon mal gelernt. Kurz nach halb acht beenden EISBLUME ihren Gig und verziehen sich ins Trockene.

Kann denn dieser verdammte Regen endlich mal aufhören? Und ja, plötzlich hört es auf, und ich mache mich auf, um mir einen Stehplatz zu ergattern. Doch keine fünf Minuten später beginnt es erneut wie aus Eimern zu regnen. Schnell wieder zurück zum trockenen Plätzchen.

Um Viertel nach neun ist es dann so weit. Als die Klänge des Intros ertönen, ist der große Augenblick gekommen: LACRIMOSA. Mit dem Opener des aktuellen Albums "Sehnsucht" starten der Wahlschweizer und sein Gefolge die Show. Doch wo ist Tilo? Und was macht dieser seltsame Monitor auf der Bühne? Wieso höre ich ihn? Plötzlich erscheint er auf dem kleinen Monitor und singt wie aus dem Totenreich diese wunderbare Ouvertüre. Schöner Trick, der leider darunter leidet, dass hinter den ersten drei Reihen davon niemand etwas mitbekommt – den Hunderten von Schirmen sei Dank.

Zum Ende kommt Tilo dann leibhaftig auf die Bühne und gibt den Fotografen den Startschuss. Er wirkt frisch, glücklich und mit sich und der Welt zufrieden. Er tanzt mit seinen Händen um die Wette, während sich Anne Nurmi mit ihrem Keyboard auch zur Musik bewegt

Mit 'Allein zu zweit' darf nun auch Nurmi ein bisschen zu Wort kommen und brilliert im Zusammenspiel mit Tilo.

"Hallo Klaffenbach, hallo Chemnitz", platzt es aus dem schüchternen Barden heraus, der sich wie früher auch heute mit Ansagen sehr bedeckt hält. Er will lieber die Musik sprechen lassen und bietet mit 'Schakal' einen Klassiker der alten Schule, der vom Publikum begeistert mitgesungen wird. Gänsehaut. Mit 'A Prayer For Your Heart' (prima intoniert von Anne Nurmi) und 'Mandira Nabula' spielen LACRIMOSA zwei Songs des neuen Albums, wobei vor allem 'Mandira Nabula' live noch eine Spur heftiger ausfällt und auch Tilo zum Headbangen verleitet. Er ist eben immer noch ein alter Metaller.

Leider nimmt der Regen, der kurz zuvor ein wenig nachgelassen hatte, wieder zu, und so kann man bei 'Alles Lüge' bis auf die Musik gar nichts wahrnehmen. Schade. Doch so schnell wie er kam, haut er auch schon wieder ab.

Mein Morgen danach ist immer schmerzhaft, doch 'Der Morgen danach' verbreitet verdammt gute Laune, was Tilo dazu veranlasst, seinen Mikroständer in die ersten Reihen zu halten, damit sich die Fans auch einmal die Lunge so richtig aus dem Hals schreien können.

Nachdem uns Tilo bei 'I Lost My Star In Krasnodar' seine Metalkünste demonstriert hat, folgt bei 'Senses' der nächste Regenschauer. Och nö! Der Wettergott meint es mit den Gothic-Ikonen heute wahrlich nicht gut. Zum Glück zieht sich der Regen schon bei dem folgenden 'Lichtgestalt' und dem fantastischen 'Tränen der Sehnsucht' wieder zurück.

Tilo wendet sich zum ersten Mal dem Publikum direkt zu und erzählt, dass es das Album "Sehnsucht" ohne den nächsten Song nicht gegeben hätte. Er redet von 'Koma', welches wuchtig aus den Boxen schießt und bei dem Tilo seine Trompetenkünste unter Beweis stellt. Einfach lecker.

Als Anne Nurmi anschließend erneut das Mikro übernimmt und der Regen wieder einsetzt, sind sich alle Anwesenden einig, dass der Wettergott wohl einfach kein Fan der Finnin ist. Sobald sie den Mund aufmacht, weint der Himmel. Schade, denn heute präsentiert sie sich in ausgesprochen guter Form und kann mit ihren Songs beeindrucken.

Nach den beiden alten Klassikern 'Copycat' und 'Stolzes Herz' (immer wieder geil) verlassen LACRIMOSA die Bühne. Doch so einfach kommen sie nicht davon. Die Meute schreit und verlangt nach mehr. Mit einem breiten Grinsen kehren Tilo und seine Truppe zurück und lassen mit 'Ich bin der brennende Komet' einen weiteren Mitsingbrecher vom Stapel.

Nach 'Make It End' erklingt 'Ich verlasse heut dein Herz', welches mit etlichen wunderschönen Gitarrensoli in unendliche Höhen getrieben wird. Ganz großes Kino – nur leider ohne Abspann, denn erneut verlassen alle Musiker die Bühne. Da fehlt doch noch was, oder? Genau, Tilo kommt mit einer Kamera bewaffnet zurück, fotografiert das völlig euphorisierte Publikum und gibt richtig 'Feuer' - der optimale Abschluss eines großartigen Konzerts oder etwa nicht?

Wohl jeder hätte hier das Ende der Show vermutet, doch Tilo bedankt sich artig für diesen tollen Empfang bei seiner Rückkehr nach Deutschland und schließt das über zweistündige Konzert mit 'A.U.S.' endgültig ab. Ich ziehe meinen Hut (oder Schirm).

Musikalisch ein Leckerbissen – in punkto Wetter ein Grauen. Dennoch ein großartiger Startschuss für die erste LACRIMOSA-Deutschlandtour seit vier Jahren. Geht hin, Leute, zieht euch den Großmeister des Goth Metal rein. Ihr werdet es nicht bereuen.

Setlist LACRIMOSA:
01.    Intro
02.    Die Sehnsucht in mir
03.    Allein zu zweit
04.    Schakal
05.    A Prayer For Your Heart
06.    Mandira Nabula
07.    Alles Lüge
08.    Der Morgen danach
09.    I Lost My Star In Krasnodar
10.    Senses
11.    Lichtgestalt
12.    Tränen der Sehnsucht
13.    Koma
14.    Not Every Pain Hurts
15.    Copycat
16.    Stolzes Herz
----
17.    Ich bin der brennende Komet
18.    Make It End
19.    Ich verlasse heut dein Herz
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20.    Feuer
21.    A.U.S.

Fotos: Christin Kersten

Redakteur:
Enrico Ahlig

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