METALFEST LORELEY 2013 - St. Goarshausen

22.08.2013 | 22:34

20.06.2013, Amphitheater

Zum zweiten Mal öffnet das Metalfest Loreley seine Pforten.

Den sonntäglichen echten Anfang nach den Gewinnern des Radio Bob-Contests darf dann KADAVAR machen. Die Berliner haben dabei im Gegensätz zu ihren Kollegen von KISSIN DYNAMITE am Donnerstag das Wetter auf ihrer Seite und können so einen rundum gelungenen Auftritt zeigen. Der erdige, psychedelisch angehauchte Hardrock läßt einen kaum ruhig auf den Stufen sitzen und sorgt bei allen Anwesenden für tolle Stimmung trotz der frühen Uhrzeit. Besonders beeindruckend sind die langgezogenen Soloparts, die teilweise schon den Charakter einer Jam-Session haben scheinen, und sowohl Sänger als auch Bassist ist der Spaß deutlich anzusehen. Eine junge Band, die man definitiv im Auge behalten sollte, nicht nur aufgrund ihres tollen diesjährigen Albums "Abra-Kadavar", sondern auch dank überzeugender Live-Qualitäten.

[Florian Reuter]

Inzwischen ist das Wetter besser geworden, jedoch hinterlassen zwei Tage Festival bereits die ersten Spuren in den Gesichtern der Leute. Leicht zerstört geht es dann zur Mittagszeit zur dänischen Thrash Metal Band ESSENCE. In ihrer musikalischen Ausrichtung kann man sie eher der modernen Sparte zuordnen, wobei sie recht gemütliche und groovige Riffs einbauen. Bassist Kalke darf sich zwischendrin ein wenig austoben, doch letzlich bin ich von der Truppe nicht wirklich überzeugt. Möglicherweise liegt es auch am Genre, aber für mich haben sie leider nichts zu bieten, was ich über irgendeinen anderen Weg noch nicht gehört habe.

[Hang Mai Le]

Es ist viertel vor zwei Uhr an diesem Samstagnachmittag und die Sonne prangt feurig vom Himmel. Da gibt es eigentlich nichts Besseres als südamerikanische Klänge und die liefern die Brasilianer von KRISIUN gerne. Allerdings nicht in der Weise, wie man sich das jetzt vielleicht vorstellt. Denn die Brutalo-Deather zocken Hochgeschwindigkeits-Todesblei, der Truppen wie KATAKLYSM ziemlich harmlos wirken lässt. Unnötig zu sagen, dass diese Veteranen mühelos die härteste Kapelle des gesamten Metalfests sind. Jedoch zieht es dennoch einige mutige Besucher vor die Bühne, die es tatsächlich schaffen, die Tribüne mehr zu füllen als bei einigen Bands, die spätere Slots ergattern konnten. Dass dies aber nicht selbstverständlich ist, wissen die Latinos selbst und bedanken sich mehr als nur einmal (eigentlich nach fast jedem zweiten Song) beim deutschen Publikum für die Unterstützung und die Treue. Musikalisch gibt es wiederum pausenlos auf die Fresse und Lieder wie 'Inferno', 'Wrath' oder auch 'Slaying Faith' nehmen keine Gefangenen. Teilweise ist das selbst den Fans von extremen Sounds zu stumpf und es ist geradezu ein Segen, dass sie Songs á la 'Blood Alliance' im Programm haben, die das Gaspedal nicht so gnadenlos bis zum Asphalt durchdrücken. Eine kleine ungewollte Pause müssen die Latinos dann trotzdem noch wegen technischer Probleme einlegen. Allerdings weiß man sich zu helfen und überbrückt die Zeit mit einem tighten Schlagzeugsolo. Alles in allem wohl das Samstags-Highlight der Extremisten unter den Besuchern, die hier zumindest eine knappe Dreiviertelstunde reinstes Geballer abfeiern dürfen.

[Adrian Wagner]

Kurz nach dem Beginn des neuen Millenniums haben sich einige Herren zusammen gehortet und die griechische Band SUICIDAL ANGELS gegründet. Mittlerweile kann man auf vier Studioalben, drei Labelwechsel und eine lange Liste von ehemaligen Bandmitgliedern zurückblicken. In der Setlist sind aktuell nur Songs ihrer letzten Veröffentlichung ("Bloodbath") zu finden. Diejenigen, die den paar Wassertropfen trotzen, stehen vorne an der Bühne und feiern sie ab, während der Rest sich wieder Richtung der überdachten Bierwagen bewegt. Der Sound ist in Ordnung und auch sonst gibt es eigentlich an diesem Auftritt nichts zu meckern.

Der Tag schreitet voran und mit THRESHOLD komme ich nun zu einer Band, die ich zum einen noch nie gesehen, geschweige gehört habe, und außerdem von der ersten Sekunde zu mögen beginne! Die relativ melodischen Songs werden durch eine angenehme Gesangstimme untermalt, was im Ohr einfach nur harmonisch klingt. Obwohl ich übermäßiger Keyboardnutzung kritisch gegenüber stehe, schafft die Band es, einen gemütlichen Sound daraus zu entwickeln. Großes Daumen hoch gibt es auch für die Verwendung von Growls, ein Element, das ich mit Progressive Metal nie assoziiert hätte. Leider ist die Präsenz der Herren jetzt nicht wirklich umwerfend, sondern eher langweilig. Dennoch würde ich ihnen ein gutes Zeugnis ausstellen.

Eins meiner persönlichen Highlights des Festivals ist die finnische Band TURISAS. Nachdem ich beim letzten Auftritt feststellen musste, dass sie von Fellen auf Lederrüstung umgestiegen sind, bin ich gespannt, was mich erwartet. Outfitmäßig hat man sich zum Glück nicht großartig verändert, jedoch ist es vor der Bühne schwierig geworden, den normalen Fan von dem von VARG zu unterscheiden. Mit 'The March Of Varangian Guard' packt die Truppe gleich einen großen Hit aus dem aktuellem Studioalbum "Stand Up And Fight" aus und schafft es binnen weniger Sekunden, die Leute in den Bann zu ziehen. Wer immer noch nicht genug von hymnenhaften Refrains hat, wird spätestens bei 'Homgard And Beyond' zum Mitsingen verführt. Man schunkelt, man bangt und vor der Bühne wird es langsam enger. Trotz technischer Probleme wird ordentlich Stimmung gemacht und sowohl Sänger Mathias als auch Violinist Olli lassen sich zu interessanten Bewegungen, die schon fast an Ausdruckstanz grenzen, hinreißen. Der Partyfaktor steigt zu 'One More' weiter an und das Publikum kommt seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Musiker während der Show abfüllen. Mit viel Gebrüll wird der Frontmann aufgefordert ein Bier zu trinken. Scheinbar ignoriert er es und plaudert lieber über das kommende Album, aus dem sie übrigens nichts spielen werden, und der dazu anstehenden "Heidenfest"-Tournee. Irgendwie kommt er doch nicht herum, ein Bier zu vernichten, obwohl er nochmals darauf hinweist, dass er vor und während einer Show nichts Alkoholisches trinkt. Man dankt es ihm trotzdem und so wird bei den letzten Songs 'Stand Up And Fight' und 'Battle Metal' nochmal die Sau raus gelassen.

[Hang Mai Le]

Mit großer Spannung erwartet tritt dann Samstag Abend KVELERTAK auf die Bühne. Die Norweger, die mit ihrem großartigen selbstbetitelten Debütalbum 2011 für mächtig Furore in der Szene gesorgt haben, sind zur Loreley gekommen, um ihren enorm eigenständigen Mix aus Black Metal, Rock 'n' Roll und ein wenig Hardcore zu zelebrieren. Was neben der etwas merkwürdigen Eulenmaske des Sängers als erstes auffällt, ist die etwas ungewöhnliche Besetzung der Band. Drei Gitarristen sieht man nicht allzu häufig. Das macht sich auch sofort im Sound der Band bemerkbar, der enorm druckvoll von der Bühne kommt, allerdings den Gesang vor allem zu Beginn ein wenig unter sich begräbt. Die Soundprobleme bekommt man aber schnell in den Griff und das Amphitheater beginnt sich langsam zu füllen, das sich nach TURISAS doch bedenklich geleert hatte. Mit Songs wie 'Blodtorst', 'Offernatt', 'Fossegrim' und vor allem 'Mjöd' hat die Band die Menge aber schnell auf ihrer Seite und hat auch mächtig Spaß auf der Bühne, was die Publikumsreaktionen zusätzlich befeuert und vor allem in den ersten Reihen für viel Euphorie sorgt. Allerdings wird auch deutlich, dass die Stimmung vor allem bei Songs des ersten Albums hochschlägt, ausser dem starken 'Bruane Brenn' kann keiner der neuen Songs vollends überzeugen, was auch ungefähr dem heimischen Hörerlebnis entspricht. Alles in allem aber ein sehr guter Auftritt der Norweger, lediglich 'Sultans Of Satan' wird schmerzlich vermisst, die damit mal wieder ihren Ruf als sehr starke Liveband untermauern können und die man gerne länger als eine Stunde genießen würde.

[Florian Reuter]

Heiß ersehnt ist die Wintersonne auf der Loreley! Und dann scheint sie eiskalt herab auf die Fans vor der Freilichtbühne am schönen Rhein, die sich hier zum Abend-Gig zahlreich versammelt haben. "Wintersun, Wintersun"-Rufe sind zu hören, die die Atmosphäre aufheizen sollen, damit es nicht allzu eisig bleibt, wenn Jari Mäenpää und seine drei Genossen in der nächsten Stunde wie ein kalter Wirbelsturm über das Festivalgelände rauschen. Mir jedenfalls kommt es so vor, als brause die vom orchestralen Keyboard-Sound getragene Musik nur so dahin. Auch hier mag das knappe Zeitbudget wieder eine Rolle spielen, so dass sich der Mastermind nicht viel mit Reden aufhält. Warum auch? "Time I", das langerwartete Album von WINTERSUN, bietet genug Material, um die Fans in Schwung zu bringen. Anfangs stört mich der sehr dominierende Bass, der die anderen Instrumente und den Gesang unschön wegdrückt, das ändert sich zum Glück bei 'Land Of Snow And Sorrow'. Mit 'Winter Madness' und 'Beyond The Dark Side' präsentieren die Finnen zwei Titel vom ersten Album und animieren das Publikum damit sogar, vor der Bühne eine Polonaise im Kreis aufzuführen. Nicht nur das Publikum scheint mit Spaß bei der Sache zu sein. Auch der Band, insbesondere Jari selbst, sieht man die Freude am Liveauftritt an, der viel zu schnell vorüber ist.
Zu hören gibt es noch den Titeltrack des aktuellen Albums 'Time', bevor die Akteure sich mit 'Starchild' von der Bühne verabschieden. Vorher müssen die Fans aber mit der Band noch für ein Foto die Arme in die Luft strecken, das sich bestimmt in den nächsten Tagen auf Facebook wiederfindet.

[Erika Becker]

Für viele an diesem letzten Festivaltag heißt der Headliner heute nicht SUBWAY TO SALLY sondern SAXON. Immerhin ist diese NWoBHM-Legende nicht nur eine der wichtigsten Heavy-Metal-Bands der britischen Insel, sondern ist nach eigener Aussage bereits vor 30 Jahren an der Loreley aufgetreten (damals noch unter dem Festival-Banner Monsters Of Rock). Soviel Tradition und Durchhaltevermögen wird von den Besuchern mit einer sehr gut gefüllte Bühne belohnt.

Biff und seine Kollegen eröffnen den Reigen sichtbar gut gelaunt und zocken den eher neueren Track 'Sacrifice', der durch leichten ACCEPT-Einschlag zu überzeugen weiß. Und weil das so gut funktioniert hat, setzt man mit 'The Power And The Glory' direkt nach und wirbelt währenddessen über die Bühne, dass man schnell vergisst, dass die Schwermetaller bereits auf die 60 Jahre zu gehen oder schon darüber hinaus sind. Nichtsdestotrotz feiern neben den alten Supportern vor allem die jungen Fans die unsterblichen Klassiker gnadenlos ab, zu deren Release sie oftmals noch gar nicht auf der Welt waren. Das fällt auch dem sehr gesprächigen Biff auf und er fragt, welchen Klassiker man denn höre wolle. Neben verschiedenen Wünschen hört man natürlich das obligatorische 'Crusader' deutlich heraus, was dann auch wie immer wesentlich früher, als es der Stellenwert erwarten ließe, dargeboten wird.

Danach flaut die Stimmung aber erst einmal ab, da sich die Engländer darauf versteifen, haufenweise neue Songs wie beispielsweise 'Night Of The Wolf' zu spielen, was dazu führt, dass die Atmosphäre etwas kühler und bewegungsärmer wird. Zum Glück bekommt man aber noch einmal die Kurve und füllt das letzte Drittel der Show mit einer Best-Of-Keule, die sich gewaschen hat. Das großartige '747 (Strangers In The Night)' macht dabei den Anfang und andere Killer wie 'Strong Arm Of The Law', 'Motorcycle Man' und das hammerharte 'Wheels Of Steel' folgen ohne weitere Umschweife. Endgültig die Lichter aus schießt der inzwischen begeisterten Zuschauerschaft die Metal-Hymne 'Denim And Leather', die wie alle Klassiker lauthals mitgesungen wird. Schade, dass danach dann auch so langsam Schluss ist und sich SAXON bereits verabschiedet. Allerdings nicht ohne anzukündigen, dass man im Herbst zusammen mit MOTÖRHEAD zurück nach Deutschland kommen wird. Alles in allem eines der absoluten Highlights dieses Festivals.

[Adrian Wagner]

Nach SAXON leeren sich leider erstmal die Reihen vor der Bühne. Offenbar scheint das Metalfest-Publikum nicht besonders empfänglich für den Mittelalter Rock a la SUBWAY TO SALLY zu sein. Schade eigentlich, denn die Ostdeutschen liefern wie gewohnt eine bombastische Show ab. Das Ganze beginnt mit einer Menge Pyrotechnik und ist nicht nur optisch, sondern auch akustisch stark, denn der Sound ist extrem gut abgestimmt. Mit 'Das Schwarze Meer' vom aktuellen Album startet die Setlist gleich mit einem neuen Stück, nur um dann ganz locker zu alten Knallern wie 'Unsterblich', 'Falscher Heiland' und 'Knochenschiff' über zu gehen. Überhaupt ist die Songauswahl sehr ausgewogen und die Truppe ist hörbar bemüht, es jeder Fanfraktion irgendwie recht zu machen. Ich würde mir ja mal einen exklusiven "Engelskrieger"-Gig wünschen, aber da schweife ich dann zu weit ab. Nach und nach füllt sich das Amphitheater dann doch noch und die Stimmung ist gut. Die Potsdamer sind aber auch in hervorragender Spiellaune und nehmen die Leute gekonnt mit auf die Fahrt durch die nunmehr über 20jährige Bandgeschichte. Und bei 'Liebeszauber' entsteht dann am späten Abend eine Stimmung, wie sie keine anderen Band auf dem diesjährigen Metalfest hinbekommen hat. Gänsehautalarm! Mit 'Julia und die Räuber' geht dann um kurz nach Mitternacht ein toller Auftritt und ein geniales Festival zu Ende.

[Martin Schneider]

Mit dem nächtlichen Auftritt von SUBWAY TO SALLY geht das Drei-Tages-Festival vor der stimmungsvollen Rheinkulisse zu Ende. Insgesamt eine runde Sache! Nicht nur das Wetter hat bis auf ein paar überschaubare Regenschauer mitgespielt, auch die vertretenen Bands haben überwiegend gehalten, was sich die Fans von ihnen versprechen. Ausfälle sind wie immer Geschmacksache. Und wenn eine Band einmal nicht gefallen hat, hat man auf dem Festivalgelände ja immerhin die Möglichkeit, sich unter schattigen Bäumen sitzend bestens zu entspannen. Für die nächste Ausgabe wünschen wir uns lediglich eine Optimierung beim Soundcheck, dann wird alles gut!

Die POWERMETAL.de-Redaktion bedankt sich abschließend bei den stets geduldigen und hilfsbereiten Menschen vom Rock the Nation-Team.

[Erika Becker]

Redakteur:
Hang Mai Le

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