METAL CHURCH, ARMORED SAINT - Essen

27.07.2019 | 10:38

01.01.1970, Turock

Double-Headlinershow par excellence!

Was für ein Billing. Hier läuft jedem Schwermetaller und Rocker das Wasser im Munde zusammen. METAL CHURCH und ARMORED SAINT zusammen auf Tour. Das kann doch einfach nur gut werden, oder? Um dies auch für euch unter Beweis zu stellen, geht es im Sauseschritt nach dem Feierabend in Köln ins Turock nach Essen, wo sich die beiden Schwergewichte die Ehre geben. Vor dem Eingang ist es schon proppenvoll, es wird getrunken, gelacht und über alte Zeiten sinniert. Und so schnappe auch ich mir ein kühles Blondes, suche mir einen geeigneten Platz und werde Zeuge eines einmal mehr denkwürdigen, geilen Konzertabends.

Zunächst entern John Bush und ARMORED SAINT unter großem Applaus die Bühne und sorgen mit 'Raising Fear' und dem anschließenden 'Can U Deliver'-Schmankerl für einen Einstieg nach Maß. Wie immer ist auf das Pasadena-Quintett Verlass, gehören die Jungs doch mit Abstand zum Besten, was der Heavy Metal auf der Bühne zu bieten hat. Und auch heute zeigen sie sich von ihrer ungemein eingespielten und freudigen Seite. 70 Minuten lang wird geschwitzt, gegrölt und gebangt, was das Zeug hält. Das Turock verwandelt sich in ein Tollhaus, hier geht die Post ab und jeder Anwesende wird einmal mehr Zeuge eines bockstarken, tollen Auftritts. So knüpfen die bewaffneten Heiligen die bandeigenen Klassiker wie das gefühlvolle 'Last Train Home', 'Creepy Feelings' oder den 'Reign Of Fire'-Headbanger an eher selten gespielte und dafür umso deutlicher mit Kusshand aufgenommene Songs wie 'Underdogs' oder auch 'For The Sake Of Heaviness'. Und auch der noch aktuelle Titeltrack macht immense Freude. Agil und bewegungsfreudig bei doch höheren Temperaturen zeigt sich nicht nur Joey Vera sondern auch die Meute vor der Bühne. Es ist wahrlich ein Auftritt, der dank einer herzlichen Band, eines druckvollen und sauberen Sounds und einer perfekt inszenierten Setliste ans Herz geht. Abgeschlossen wird der Auftritt schließlich mit 'Nervous Man', dem 'March Of The Saint'-Bollwerk und abermals lautstarkem Applaus, über den sich die Amis spürbar freuen. Wer ARMORED SAINT also noch nie live gesehen hat, ist selbst Schuld und hat dringend etwas nachzuholen.

Kann METAL CHURCH dort mithalten? Wir sind auf jeden Fall gespannt wie ein Flitzebogen, ob Kurdt Vanderhoof und Co. diese immens hohe Messlatte, die die Heiligen vorgelegt haben, erreichen können. Jedenfalls platzt das Turock fast aus allen Nähten, als nach angenehm kurzer Umbaupause schließlich das Titelstück vom noch aktuellen Longplayer "Damned If You Do" angestimmt wird und Front-Springinsfeld Mike Howe das erste Mal seine unglaublichen Gesangskünste präsentieren darf. Und nach dem "XI"-Song 'Needle And Suture' kommt erst einmal eine Palette an Klassikern, mit denen aber eigentlich auch jeder gerechnet hat. Das soll weiß Gott nicht negativ klingen, aber solche Überraschungspakete, wie sie ARMORED SAINT eine Stunde zuvor aus dem Hut zauberte, sucht man bei METAL CHURCH vergeblich. Dennoch machen 'Badlands', 'Date With Poverty' und vor allem das lautstark mitgesungene 'Beyond The Black' extrem viel Laune. Und wenn sich das Essener Publikum auch noch als derart textsicher bei 'Watch The Children Pray' erweist und bei 'Start The Fire' noch einmal um die Wette die Matten schüttelt, dann lassen all diese Punkte die fehlenden Überraschungen sehr schnell vergessen. Erneut besticht das Turock durch einen superben Sound und einer Atmosphäre, die es anscheinend nur im Herzen des Ruhrgebiets gibt. Hier fühlt man sich wohl, hier treffen sich Freunde, man liegt sich in den Armen und feiert als Gemeinschaft Songs wie 'The Black Things' oder auch 'By The Numbers'. Und auch die Band lässt kaum Wünsche offen. Allen voran Mike Howe ist agil wie eh und je und leitet mit dem mächtigen 'Fake Healer', das den anwesenden Kehlen noch einmal alles abverlangt, das Ende eines guten bis sehr guten, druckvollen METAL CHURCH-Auftritts ein.

Zwar sind die Reaktionen bei METAL CHURCH noch ein wenig lauter, das Jubeln noch ein bisschen ausgelassener, die Sprechchöre noch etwas markanter und generell scheint die Seattle-Legende eine kleine Nasenspitze Vorsprung zu haben vor ARMORED SAINT. Für meinen Geschmack jedoch gehen hier Bush, Vera und Co. ganz knapp als Sieger hervor, wenn man in Anbetracht dieses Doppel-Paukenschlags davon überhaupt sprechen kann. ARMORED SAINT meets METAL CHURCH hat zu 100% das gehalten, was das Billing von Anfang an versprach: Hits über Hits, Riffs über Riffs, zwei Frontmänner, die das Publikum in jeder Sekunde im Griff hatten und zwei ungemein spielfreudige und tolle Legenden-Bands, die ihrem hohen Status nicht nur mehr als gerecht wurden, sondern darüber hinaus auch mächtig Appetit auf den Festivalsommer der kommenden Wochen gemacht haben.

Und so gehen alle Anwesenden mit einem breiten Dauergrinsen, jeder Menge Ohrwürmer und der Gewissheit, dass man sich auch 2019 noch voll und ganz auf seine Pappenheimer verlassen darf, in den Essener Abend. Die kühle Brise tut gut und während ich langsam in Richtung Parkplatz schlendere, drücken sich 'Last Train Home' und 'Watch The Children Pray' in meinem Geiste gegenseitig die Klinke in die Hand.

Redakteur:
Marcel Rapp

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