Marilyn Manson - Offenbach

09.12.2007 | 18:09

03.12.2007, Stadthalle

Der Schock-Rocker und Ex-Dita-van-Teese-Ehemann, Marilyn Manson, hat sich mitsamt TURBONEGRO im Schlepptau an diesem kalten Montag in die Offenbacher Stadthalle angekündigt. Der Hype um den etwas verbauten Protagonisten ist immens, wenn man die ersten Fans als Tendenz-O-Meter nimmt, die schon um 17 Uhr am Einlass sich die Füße in den Bauch stehen. Die Kids kann man sehr leicht als MANSON- und TURBONEGRO-Anhänger zuordnen, aber auch ganz normale Leute finden sich vor dem Einlass und warten geduldig darauf, in die warme Stadthalle reingelassen zu werden.

Pünktlich um 20 Uhr erlischt endlich das Hallenlicht und mit tobendem Beifall werden TURBONEGRO von den meisten Anwesenden empfangen. Die Truppe scheint auf dem ersten Blick nicht ins Raster der MANSON-Fans zu passen, doch dem ist weit gefehlt. Viele Jugendliche ziehen vor dem Konzert trotz warmer Innentemperaturen ihre Turbojugendjacken nicht aus und posieren um die Wette, wenn es darum geht, Erinnerungsfotos von sich schießen zu lassen. Fast fühlt man sich wie auf einem Pfadfindertreffen. Davon ist auf der Bühne allerdings nichts zu spüren, denn Hank, der zu Beginn wie Freddie Mercury (QUEEN) in seinen besten Zeiten mit einem Umhang über die Bühne stolziert, lässt zu jeder Sekunde die Rocksau raus. Zwar ist er nicht unbedingt das, wonach die Groupies lechzen, doch er macht diesen Umstand mit seinem Charme locker wett. Einzig Happy Tom kann aus dem übermächtigen Schatten des Frontmanns heraustreten. Die übrigen Protagonisten genießen eher ein Statistendasein und rotzen professionell die Setlist runter. Hank hat die Massen voll im Griff und weiß mit lustigen Ansagen ("Happy Tom ist ein Alkoholiker. Ich auch!") zu überzeugen. Wenn einer auch noch die Menge dazu animieren kann, "Fotze, Fotze" zu skandieren, dann hat er definitiv seine Hausaufgaben gemacht. Nach dem Hit 'I Got Erection' ist Schicht im Schacht, und noch Tage später schwirrt bei meinem Kumpel Moritz der Ohrwurm im Kopf herum.

Danach lässt der Meister der Dunkelheit seine Anhänger und Anhängerinnen eine geschlagene Stunde warten. Nach einer Dreiviertelstunde wird's den Meisten, trotz Technomucke (u.a. wummert PRODIGYs 'Smack My Bitch Up' aus den Boxen), zu bunt. Erste Pfeifkonzerte werden gestartet und etliche Stinkefinger gen Bühne gestreckt. Um Punkt 21.39 erlischt das Hallenlicht, und fast bei jedem ist die lange Wartezeit vergessen. Mit frenetischem Jubel werden MARILYN MANSON empfangen. Dabei hat der Meister die ersten zwei Songs am Mikroende ein Hackmesser, mit dem er immer wieder an seiner Halsschlagader rumfuchtelt. Auch hier ist es so, dass die Begleitband des Maestros sich mit seinem Statistendasein begnügen muss. Dennoch muss man der Truppe attestieren, dass sie ihren Part sehr gut ausübt und sich keine allzu großen Verspieler leistet. Die Augenpaare sind ausschließlich auf Mr. Manson gerichtet, der eine Mordsshow auf die Bretter legt. Was die Showelemente angeht, so kommen immer wieder Stroboskoplichte zum Einsatz, die das verrückte Treiben auf der Bühne in einem noch durchgeknallteren Licht erscheinen lassen. In den Songpausen ist es immer wieder zappenduster, was der Spannung ein bisschen die Luft nimmt. Dafür hat's die Setlist in sich, denn fast die Hälfte der "Antichrist Superstar"-Songs finden sich darin wieder. Am meisten werden natürlich Hits wie 'Sweet Dreams' abgefeiert.

Besonders beeindruckend ist die Performance von Marilyn, der jeden Song durchleidet und immer wieder auf dem Boden kauert. Warum er jedoch immer wieder sich in den Songpausen eine Jacke anzieht, um diese nach zwei Minuten wieder abzulegen, ist nicht nur mir ein Rätsel. Wirkt fast schon wie eine Prêt-à-porter-Schau, aber solange die Leistung stimmt, geht das vollkommen in Ordnung. Mitten im Set wird er sogar nach oben verfrachtet, womit auch viele Kleinwüchsige im Publikum die Möglichkeit haben, ihn in voller Pracht zu sehen. Diese Möglichkeit besteht auch bei '1996', bei dem der Bühnenaufbau Erinnerungen an den Parteitag der NSDAP weckt, nur mit dem Unterschied, dass an den Flaggen ein Blitz zu sehen ist, der nach unten zeigt. Nach dem abschließenden 'Beautiful People' ist nach achtzig Minuten Schluss, und die Fans werden mit weißen Papierschnipseln, die links und rechts von der Bühne abgefeuert werden, in die kalte Offenbacher Nacht entlassen.

Bleibt ein zwar kurzes, aber dennoch kurzweiliges Konzert festzuhalten. Und die Wahl, TURBONEGRO als Vorgruppe mitzunehmen, hat sich als sehr guter Schachzug erwiesen. Und über MARILYN MANSON selbst braucht man keine Worte zu verlieren, denn trotz aller Schrulligkeit ist er ein abgebrühter Showmann, der die Leute zu unterhalten weiß.

P.S. Noch was Lustiges am Rande: Warum das Parkareal an der Stadthalle "Nasses Dreieck" heißt, ist mir schleierhaft. Feucht-kalt war's da allerdings schon. ;-)

Redakteur:
Tolga Karabagli

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