Metalfest Ost 2012 - Dessau

30.07.2012 | 21:42

31.05.2012, Flugplatz

Botox oder Spucke? Das ist hier die Frage!

Die Nacht im Zelt, oder besser was von ihr noch übrig geblieben ist, wird ziemlich stürmisch und regnerisch. Der Pavillon hat es nicht geschafft und liegt traurig am Boden. Aber er ist gut gefallen und kann noch einmal aufgebaut werden. Bei dem Wetter macht das auch Sinn, denn es regnet mal wieder.

Kurz nach dem Mittag zum Konzertstart des heutigen Tages, lässt sich ab und an doch noch die Sonne blicken. Stürmisch ist es zwar immer noch, aber es regnet nicht mehr, als SURFACE den Tag auf der Main Stage beginnen. Den Jungs aus dem Norden dürfte also das heutige Wetter nicht unbekannt sein und so zocken sie sich in guter Laune durch ihr Set. Für die frühe Uhrzeit sind gar nicht mal wenige Besucher da. Tja, hier kann man sagen: Klein, aber fein!

Danach sind HUNTRESS an der Reihe. Der kurze Stopp auf den Verkaufsständen dauerte doch länger als gedacht, und so ist die Band um Ex-Playmate Jill Janus und Djane Penelope Tuesdae bereits in vollem Gange. Sie hat sich bereits ihrer Lederjacke entledigt und wirkt in ihrem Outfit wie seinerzeit Jane Fonda in einem ihrer Aerobic-Videos. In Echt sieht sie auch wirklich sehr dünn aus und man möchte ihr lieber die Pommes auf die Bühne reichen, anstatt die Gabel zu zeigen. Trotz ihres zierlichen Wesens hat die Dame ein gutes Schreiorgan. Allerdings hatte ich mir bei ihrem Gesang mehr erhofft, schließlich umfasst ihre Stimme vier Oktaven und sie hat vorher schon in einem Opern-Ensemble mitgewirkt. Doch sie bleibt zum Großteil im hohen Stimmbereich und kreischt ziemlich herum. Das geht einem mit der Zeit doch ziemlich auf die Nerven. Bei ihrem Deutschland-Debüt stellt HUNTRESS ihr neues Album "Spell Eater" vor, das gut ankommt. Immer wieder beteuert sie zwischen den Songs, wie sehr sie sich freut hier zu sein und wie toll doch das Publikum ist. Na ja, Amis eben.

FEUERSCHWANZ machen sicher eine gute Show, aber ob das hier wirklich gebraucht wird, ist Ansichtssache. Da sind uns ASENBLUT auf der Zeltbühne wesentlich lieber. Jetzt wissen wir auch, wer unsere Zeltnachbarn sind. Die Truppe aus Göttingen ballert den Anwesenden "German Blackened Thrash Metal" um die Ohren, und das kommt gut an.

Danach geht es wieder zurück vor die Hauptbühne. VADER wollen nun der Menge einheizen. Das taten sie bereits vor zwei Jahren schon hier. Wenn man das Programm mit dem von 2010 vergleicht, entdeckt man doch so einige Wiederholungen. Doch für polnischen Death Metal mit überzeugender Qualität ist das egal. Es ist jedenfalls immer eine Freude, ein Konzert der Jungs zu sehen. Die geben einen guten Mix aus alten und neueren Songs zum Besten und fertig ist ein schicker Auftritt, ganz ohne Schnick-Schnack!

Im Anschluss stehen GRAND MAGUS und POWERWOLF auf dem Programm. Zu deren musikalischen Einlagen lässt es sich aber auch gut grillen. Irgendwann kommt eben auch der Hunger und man muss Prioritäten setzen. Doch beide Bands liefern einen guten Sound. Soviel steht jedenfalls fest. Und wenn man bei POWERWOLF die Optik und die Musik vergleicht, käme man nie auf einen Nenner. Würde man doch beim Ansehen der Mitglieder eher auf eine böse Black Metal-Combo tippen. So schmeckt die Bratwurst zu 'We Drink Your Blood' gleich noch mal so gut.

Bestens gestärkt geht es zu ELUVEITIE. Viel sagen muss man zu den Gigs eigentlich nicht mehr. Die Schweizer rasseln ein unglaubliches Pensum an Konzerten herab, so dass man den Eindruck der Omnipräsenz bei ihnen hat. Das tut der Stimmung hier in Dessau aber keinen Abbruch. Die Fans können wie immer gut abfeiern und Chrigel heizt die Meute immer wieder aufs Neue an. Der musikalische Querschnitt reicht vom neueren 'Meet The Enemy' bis zum ersten Stück 'Uis Elveti'. Auch den Klassiker 'Inis Mona' gibt es auf die Ohren. Leider wirken die Auftritte in letzter Zeit alle ziemlich routiniert, was dem Konzertgenuss zwar keinen Abbruch beschert, aber insgesamt gesehen etwas die Freude auf ein nächstes Mal schmälert.

Ganz und gar nicht routiniert geht es derweil auf der Zeltbühne ab. MY SLEEPING KARMA versetzen die Anwesenden mit einer feinen Mischung aus Stoner Rock und Psychedelic regelrecht in Trance. Das alles geschieht ganz ohne Gesang, was für den einen langweilig sein mag. Wer aber auf diese Musik steht, kann hier voll mit abgehen. Alles in allem eine tolle Sache und die Jungs werden entsprechend mit viel Beifall vom Publikum belohnt.

Weniger verträumt wird es im Anschluss bei BEHEMOTH. Die zweite polnische Band ist nun am Start. Sänger Nergal ist seine Erkrankung noch immer anzusehen, doch das hindert ihn nicht daran, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. 'Ov Fire And The Void' ist das erste Stück im Set und nach jedem Song gibt es eine kleine Pause. Die macht zwar die Stimmung etwas zunichte, doch in Anbetracht des Gesundheitszustandes von Nergal ist das absolut legitim. 'Moonspell Rites' lässt die Menge entzücken. Später präsentiert sich der Sänger mit seiner bekannten Kopfbedeckung und für die Fans gibt es 'Demigod' oder 'At The Left Hand Ov Good'. 'Lucifer' beendet das heutige Programm und in einem Konfettiregen geht der Auftritt zu Ende. Konfetti und BEHEMOTH? Das passt so gar nicht zusammen. Aber naja, irgendwer hat sich sicher irgendetwas dabei gedacht...

Nach solch einem genialen Auftritt kann man sich die Heulboje und Plaudertasche Sammet schenken. Nach EDGUY und Mitmach-Metal steht einem nach BEHEMOTH einfach nicht der Sinn. Dann lieber Fachgespräche am Bierstand!

Was macht man als Sänger, wenn man Headliner auf einem Festival ist? Man geht vor dem Auftritt erst einmal joggen. Das macht zumindest Mille Petrozza. Wer nun glaubt, einen ausgelaugten Sänger anzutreffen, der irrt gewaltig. Er und seine Mitstreiter sprühen vor Energie und servieren Thrash vom Feinsten, so wie man es eben von KREATOR gewohnt ist. Los geht es mit 'Violent Revolution' und nun können alle Besucher das nachholen, was sie gestern bei MEGADETH schon machen wollten. Crowd-Surfing, Wall Of Death, oder einfach nur abfeiern zu einer genialen Show. Mille & Co. haben nicht nur Songs aus dem aktuellen Album "Phantom Antichrist" im Gepäck. Gleichnamiges Stück wird übrigens von der Menge regelrecht aufgesogen. Die Klassiker, die geniale Lichtshow lassen das alles definitiv zum absoluten Festivalhighlight werden und man möchte sagen: Schau her, Mr. Mustaine, so geht das!

Nach solch einem Knallerauftritt fällt es schwer, noch andere Musik an die Ohren zu lassen. Doch im Zelt beenden SWALLOW THE SUN den Tag und so geht es noch einmal dahin. Finnischer Doom Metal steht auf dem Programm. Der eignet sich gut, um etwas runterzukommen. Dabei ist das Material alles andere als einschläfernd. Die Finnen um Sänger Mikko geben sich wortkarg und setzen vielmehr auf ihre musikalischen Qualitäten. Es ist zwar nicht zu voll im Zelt, doch den Fans gefällt es recht gut und so ist die Stimmung trotz voran gegangener Stunde noch recht ordentlich.

Nach dem Auftritt merkt man erst einmal so richtig, wie kalt es geworden ist. Wettertechnisch hat das Festival in diesem Jahr wirklich alles zu bieten. Also ab in den Schlafsack und: Gute Nacht!

Redakteur:
Swen Reuter

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