Michael Schenker Group - Speyer

10.11.2008 | 11:12

25.10.2008, Halle 101

Wenn einer der großen Gitarristen der achtziger Jahre mal wieder auf Tour geht, dann noch ein paar Originalmitglieder an Bord hat und dazu die Eintrittspreise nach heutigen Verhältnissen noch im Rahmen sind, sollte man sich das als Rockfan nicht entgehen lassen. Auch wenn Michael Schenker durch seine Eskapaden öfter in den Schlagzeilen war, so ist und bleibt er ein prägender Gitarrist, den man als Gitarrenfan mindestens einmal gesehen haben sollte. Daher war die Halle 101 in Speyer an diesem Abend auch sehr gut besucht - allerdings nicht ausverkauft, obwohl dies vorerst das einzige Headliner-Konzert dieser Tour von MICHAEL SCHENKER in Deutschland war. Das Publikum war bunt gemischt - von mehr oder weniger bekannten Fans der alten Schule bis hin zu ein paar Teenagern. Die dankenswerterweise größtenteils rauchfreie Atmosphäre war sehr entspannt, und der angenehme Flammkuchenduft des entsprechenden Ofens in der Halle machte auch Appetit auf gute Musik.

Als wir ca. um 20 Uhr ankamen, war die Vorband CHUCKS schon in guter Spiellaune auf der Bühne. Trotz der paar Teenager im Publikum konnte der Altersdurchschnitt in der Halle durch die CHUCKS, besonders durch deren Rhythmusgitarristen, noch einmal beträchtlich gesenkt werden. Die vier Jungs machten ihre Sache aber wirklich gut und konnten positive Publikumsreaktionen für sich verbuchen und damit sogar noch Zugaben spielen. Auch wenn noch nicht alles perfekt scheint, so stimmt das Fundament der CHUCKS mit drückenden und groovenden Drums sowie einem sich gut einfügenden Bass. Auch gesanglich gab es nur bei wenigen Tönen was zu motzen. Nur die Originalität und das etwas gewöhnliche Songwriting sind noch ausbaufähige Punkte. Mit Songs wie z. B. 'Black Night' oder 'Fear Of The Dark' haben sich die Jungs Cover herausgesucht, die live zünden und auch gut - wenn auch nicht so gut wie von manch anderen Bands abgesehen von den Originalen - rübergebracht wurden.

In der ca. dreißigminütigen Pause stieg die Spannung, wie Michael Schenker wohl an diesem Abend drauf sein wird, wie gut sein singender Mitstreiter Gary Barden noch ist und welche Songs der damaligen und jetzt wieder aktuellen Ära gespielt werden. Als Michael Schenker um 21.15 Uhr zusammen mit den ehemals ehemaligen Mitstreitern Gary Barden und Chris Glen, dem ehemaligen AC/DC-Schlagzeuger Chris Slade sowie dem Tour-Gitarristen/Keyboarder Wayne Findlay loslegte, wurde von Song zu Song klarer, dass die Stimmung auf der Bühne ähnlich locker und entspannt ist wie vor der Bühne im Publikum. Auch wenn Michael Schenker durch seine Sonnenbrille und seine bekannten Posen anfangs etwas unnahbar wirkte, so verflog dieses Gefühl nach den ersten paar Songs. Man merkte den gestandenen Rockgrößen an, dass sie es in jeder Hinsicht wirklich noch draufhaben. Zwar meinte unser Freund Thomas, dass Michael Schenker damals bei dem berühmten Festival in der Dortmunder Westfalenhalle noch intensiver gespielt haben soll; mir jedenfalls wurde an diesem Abend klar, was ihn auch heute noch ausmacht: sein Feeling und die Fähigkeit, schöne Melodien in absolut sauber gespielte virtuose Läufe zu packen. Das und die Möglichkeit, viele alte Klassiker der "Live At Budokan"-Platte hören zu können, waren den Besuch des Konzerts schon wert.

Gary Barden machte ebenso eine sehr gute Figur mit seiner Klaus-Meine-ähnlichen Mütze. Dadurch, dass Gary Barden mit In-ear-Monitoring sang und über die Monitore der Band fast nichts vernommen werden konnte, war in den ersten Reihen zwischen dem Abstrahlwinkel der P.A.-Boxen nur sehr wenig Gesang zu hören. Deshalb bat mich unser Freund Kersten nach ca. zwanzig Minuten, mal mit dem Mischer zu sprechen. Auch wenn das immer ein heikles Thema ist und dies manche Mischer als Majestätsbeleidigung betrachten, so dachte ich, dass wir als Fans auch unsere Rechte haben. Letztlich war der superfreundliche Englisch sprechende Mann am Pult sehr entgegenkommend und machte den Gesang nach Andeutungen, dass er am Limit sei, dennoch so laut, dass man auch vorne nicht mehr motzen konnte. Auch gesanglich konnte Gary Barden dann die Erwartungen erfüllen.

Bassist Chris Glen ist trotz seiner Gewichtszunahme auch noch für manche Rockpose zu begeistern, und Wayne Findlay ließ in professioneller Art erst gar keine Löcher im Sound enstehen. Wer bei AC/DC mal Schlagzeug gespielt hat, kann grooven und braucht sich über Timing keine Gedanken mehr zu machen. Das traf dann auch exakt auf Chris Slade zu. Damit zeigte er, dass auch er nichts verlernt hat.

Den Mittelpunkt des Geschehens teilten sich immer Michael Schenker und Gary Barden, bis Schenker auch mal zwischendurch ein kurzweiliges Solo, gespickt mit einigen bekannten Licks seiner zahlreichen Songs, alleine darbieten durfte.

Die Setlist war logischerweise gefüllt mit Klassikern und wenigen aktuellen Songs, die aber im Gesamtkonzert gut mithalten konnten, besonders 'Night To Remember'. Zwar hätte Michael Schenker Songs, um ein zehnstündiges Programm zu füllen, aber nach knapp achtzig Minuten war dann erst mal Schluss, bevor mit den Überklassikern 'Doctor Doctor' und 'Rock Bottom' als Zugaben ein tolles und kurzweiliges Konzert zu Ende ging. Ein paar mehr Klassiker wären für mich auch okay gewesen, aber so befolgte Michael Schenker das Motto: "Keep the people wanting".

Setlist
1. Ride On My Way
2. Cry For The Nations
3. Let Sleeping Dogs Lie
4. Armed And Ready
5. Ready To Rock
6. I Want You
7. Night To Remember
8. Into The Arena
9. Guitar Solo
10. Lost Horizons
11. Rock My Nights Away
12. On And On
13. Attack Of The Mad Axeman
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14. Doctor Doctor
15. Rock Bottom

Redakteur:
Tilmann Ruby

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