Nazareth - Lübeck

24.03.2005 | 12:17

17.03.2005, Werkhof

Selten genug, dass sich mal hochkarätige, Powermetal.de-kompatible Bands in die Kulturhauptstadt des Nordens verirren. Am 17. März 2005 gab's dafür aber einen besonderen Leckerbissen. Die schottische Hardrock-Legende NAZARETH sollte im Rahmen ihrer World-Tour den "Werkhof" rocken. Also ab ins Auto und rübergerutscht.

Trotz Parkplatz direkt vor der Location schaffen wir es gerade noch rechtzeitig, in den Club zu springen, als der Veranstalter das Banner "Ausverkauft!" an die Tür pappt.
Der lokale Opener, eine reine Coverband, beendet gerade seinen Set mit einer sehr starken Version von DEEP PURPLEs 'Black Night'. Die Menge ist gut vorgeheizt und bester Laune, so dass man auch die mit über einer halben Stunde viel zu lange Umbaupause in der Bullenhitze des übervollen Clubs gut übersteht.

Zu den Klängen einer alten schottischen Weise schlendern die Heavyrock-Dinos endlich auf die Bühne. Ein breites Grinsen von Urgestein Dan McCafferty, mehr braucht es nicht um bei den ca. 400 im Saal den ersten Beifallssturm zu entfachen. Mit einem harten und trocken heruntergeholzten Rocker geht es los, um kurz darauf mit 'My White Bicycle' schon den ersten von zahllosen Hits ihrer über dreißigjährigen Karriere aus den Boxen zu hauen. Gekonnt mischen die vier übrigens den ganzen Abend unbekanntere Songs und Klassiker, so dass die Spannung den gesamten Set über hoch bleibt.

Pete Agnew (b), neben Dan McCafferty (voc) das zweite noch verbliebene Gründungsmitglied, sein Sohn Lee, der den 1999 verstorbenen Darrel Sweet an den Drums ersetzt, und Gitarrist Jimmy Murrison spielen kompakt, schnörkellos und immer auf den Punkt. Der Sound ist erstaunlich transparent, bei den Dampfloknummern sehr hart, bei den Balladen klar und erstaunlich voll, obwohl man auf zusätzliche Musiker verzichtet, was in früheren Jahren nicht immer der Fall war.

Der 1973er- Klopfer 'Razamanaz' entwickelt sich live zu einem regelrechten Dampfhammer. 'Shanghaid In Shanghai' knallt messerscharf aus den Boxen; man kann also auch mit nur einem Gitarristen erheblich Druck machen. Bei der Powerballade 'Dream On' scheint McCafferty zu explodieren und das legendäre 'Love Hurts' produziert kiloweise Gänsehaut. Überhaupt ist McCafferty der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Sein breites Dauergrinsen signalisiert, dass der Mann auch mit fast sechzig Lenzen immer noch Bock auf Rock hat und die Bühne liebt. Mit eindeutigen Hüftbewegungen erklärt er, warum er immer noch ein 'Bad Bad Boy' ist. Klassiker aus den Siebzigern werden schon mal augenzwinkernd mit der Bemerkung "This is a song we did 150 years ago" angesagt. Auch vor den Bandmitgliedern macht er keinen Halt: Lee z. B. wird euphorisch als "multi-talented instrumentalist" angekündigt, bevor dieser von den Drums bei der folgenden Ballade ans Tambourine (!) wechselt.

Überraschend für alle wird unangekündigt J.J. CALEs 'Cocain' vom 1980er Album 'The Fool Circle' in einer tollen, weil eigenständigen Version gebracht, bei der vor allem Jimmy an der Slidegitarre begeistert. Als kurz vor Schluss des Sets auch noch der gute alte Dudelsack für ein kurzes Solo herausgeholt wird, gibt's kein Halten mehr in der Menge - so muss das sein bei einer schottischen Band! Da wird nur noch gefeiert! Als Zugabe gibt's dann mit 'This Flight Tonight' den dritten Nummer-Eins-Hit der Band in einer Hammerversion und man will einfach nicht wahr haben, dass es nun zu Ende ist. 85 Minuten sind vielleicht wirklich ein wenig knapp bei einer Band mit einem solchen Backkatalog, aber was soll's. Man soll schließlich immer aufhören, wenn's am schönsten ist. Und das war's auf jeden Fall!

Redakteur:
Martin Rudolph

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