Party.San 2015 - Schlotheim

09.09.2015 | 19:23

06.08.2015, Flugplatz Obermehler

POWERMETAL.de präsentiert: Das Party.San 2015. Wieder drei Tage extremster Metal voll auf die Zwölf, absolut sympathisch organisiert ohne unnötigen Schnickschnack.

Und wieder einmal war es soweit: Der POWERMETAL.de-Tross machte sich wie rund 9.000 weitere harte Musikliebhaber auf den Weg ins thüringische Schlotheim, um auf dem Party.San Metal Open Air gemeinsam zu feiern. Ein langes Wochenende bei bestem Wetter mit Black und Death Metal à la BEHEMOTH, CANNIBAL CORPSE und SAMAEL auf der Hauptbühne sowie dem brodelnden Underground rund um HELLISH CROSSFIRE oder MANTAR im großen Zelt. Und wo sonst außer auf dem Flugplatz Obermehler können die ganz Waghalsigen schon morgens ab 9 Uhr ein ganz offizielles Flunkyball-Turnier austragen. Eine Grenzerfahrung für Hartgesottene mit Bier sowie Schiedsrichtern vom Veranstalter und obligatorischen Champions-Shirts sowie natürlich einem Pokal obendrauf.



Diesmal hat POWERMETAL.de gemeinsam mit den Kollegen vom Rock Hard Magazin einen Stand auf die Beine gestellt. Viele von euch kamen zu unseren Autogrammstunden der Tentstage-Bands, haben bei FÄULNIS Schlange gestanden und sich mit deren Sänger Seuche ablichten lassen. Obendrein hatten wir auch wieder diverse Videokameras im Gepäck beziehungsweise in den Kombi gestopft, um für euch die besten Momente einzufangen. Das Ergebnis seht ihr bald wie jedes Jahr auf unserer Seite. Bis dahin erst mal viel Spaß beim Schmökern des folgenden Berichts!

Die alljährliche Eröffnung hat Tradition: PSOA-Mitbegründer und Ex-Bürgermeister des früheren Veranstaltungsorts Bad Berka, Thomas Liebetrau, begrüßt die nach extremen Metal dürstende Meute. Um dann die Bühne freizumachen für den ersten Akt des Tages: Ausgestattet mit reichlich nietenbespicktem Leder, umgedrehten Kreuzen und Corpsepaint schickt sich DEGIAL an, den besagten Durst zu stillen. Könnte man angesichts der äußeren Erscheinung mit Schwarzmetall rechnen, servieren die Jungs aus dem schwedischen Uppsala allerdings leicht angefrickeltes Todesblei. Wenn auch zunächst nur kurz, denn Startschwierigkeiten im Tonturm sorgen für eine zwangsweise Auszeit. Nach behobenen Problemen reicht die Uhr aber immer noch für ein paar Bretter wie 'Swarming' oder 'Death's Striking Wing'. Netter Startschuss mit kurzer Unterbrechung.
[Carsten Praeg]

Bei MORBUS CHRON passiert vor allem erst mal gar nichts. Merkwürdigerweise scheinen die sonst so als Death-Metal-Virtuosen gefeierten Schweden ihren Auftritt mit einer unangemessenen Menge an Stille füllen zu wollen. Oft spielt nur der Bass oder nur eine Gitarre kleine, irgendwie desinteressierte Melodien, die nicht so ganz zu dem sonstigen Aufgebot passen wollen und sich schwer nach Lückenfüller anfühlen. Wenn allerdings tatsächlich das zuvor Angepriesene geboten wird, steigt die Stimmung gewaltig. Immer noch etwas langsam, aber dafür mit deutlich mehr Gefühl groovt sich die Band aus Stockholm durch ihre Setlist, immer wieder unterbrochen von besagten ruhigen Passagen die zwar nicht unbedingt unangenehm sind, der ganzen Geschichte jedoch stark den Wind aus den Segeln nehmen. Möglich, dass dies nun mal der Lauf der Dinge im Katalog der Band ist, allerdings hätte man meinen können, für ein Liveset etwas mehr energiegeladene Stücke auffahren zu wollen. Die Spannung fehlt hier einfach ein bisschen. Die gelegentlichen Aussetzer der Gitarre machen das auch nicht unbedingt besser. Allerdings kann man auch nicht sagen, dass dies ein furchtbarer Auftritt war, nur eben irgendwie uninteressant. Wer zu dieser Uhrzeit noch dem Bierkonsum fröhnen musste oder alternativ noch in den Federn lag, muss sich nicht grämen. Keiner der denkwürdigen Auftritte des Festivals.
[Johannes Lietz]

Auch die US-amerikanischen VENOM-Verehrer MIDNIGHT um Frontmann/Basser Athenar (ex-DESTRUCTOR) hat es dieses Jahr dankenswerterweise nach Schlotheim verschlagen, wo das Trio den einzigen Europaauftritt des Jahres 2015 bestreitet. Die 45-minütige Performance der Bande erfreut sich trotz drückender Temperaturen eines guten Zuspruchs. Ohne langes Palaver legt MIDNIGHT mit 'Evil Like A Knife' und 'Degradation' sehr flott los. Der Auftritt der wie gewohnt in Strumpfmasken, Lederjacken und Patronengurten gewandeten Rabauken vor einem winzigen, durchaus billig aussehendem Logo-Backdrop, ist druckvoll und die Band zockt ihre bewährte VENOM-meets-MOTÖRHEAD-meets-Punk-Mixtur mit assigen Vocals mit Spaß in den Backen. Allerdings wirkt MIDNIGHT auf der großen PSOA-Bühne in Sachen optischer Präsenz etwas verloren. Es ist halt eher eine Band für die kleinen, schwitzigen Clubs. Wobei... überaus schwitzig ist es ja heute auch... Dank knackig intonierten Smashern der Güteklasse 'Lust, Filth And Sleaze' sowie 'Black Rock'n'Roll' frisst das Publikum der Band fast aus der Hand. Der Spaßfaktor ist jedenfalls immens. Wo man hinblickt wird die Luftgitarre hervorgekramt und zahlreiche Schöpfe wehen im Takt. Der Refrain des brilliant assigen 'Unholy And Rotten' wird von vielen Kehlen mitgeshoutet, womit der energiegeladene Auftritt von MIDNIGHT leider schon sein Ende findet. Zeit für ein kühle Hopfenkaltschale. Cheers!

Kaum zu glauben: Sieht man von kleineren Unterbrechungen ab, so feiern die Bandmitglieder von NUCLEAR ASSAULT dieses Jahr das 30-jährige Bestehen der Band (obgleich NA bereits 1984 gegründet wurde, allerdings ging es erst 1985 mit einem stabilen Line-Up richtig los) und hat hierzu nach langer Zeit endlich mal wieder neues Material in Form der gelungenen EP "Pounder" eingetütet. Gleichzeitig ist der Name der Welt-Tournee - "Final Assault" - leider Programm, zumal Bassist Danny Lilker keine Welttourneen mehr spielen möchte. Außerdem ist er mit den Bands NOKTURNAL HELLSTORM, BLURRING sowie VENOMOUS CONCEPT offenbar vollauf ausgelastet. Auch BRUTAL TRUTH wird nur noch bis Ende 2015 existieren. Kurzum: NUCLEAR ASSAULT hier in Schlotheim zu sehen, ist eine Pflichtübung. Das sieht die Nackenschüttler-Gemeinde auf dem Flugplatz Obermehler ähnlich und versammelt sich weitgehend geschlossen auf den furztrockenen Wiesenfragmenten bzw. dem beinahe schon dampfenden Asphalt vor der Bühne. Danny Lilker brilliert mit seinem dominanten Bassspiel während der klein gewachsene Frontmann John Connelly an der Gitarre messerscharfe Riffs am laufenden Band herunterschrubbt. Außerdem tönen heute Abend auch die Vocals von Connelly ziemlich giftig. Der straff absolvierte Auftritt der Band bietet erwartungsgemäß alle großen Klassiker, wie 'New Song' oder 'Hang The Pope' und viele mehr. Tight wie Pa**ex-Kleber ist das spielerische Zusammenspiel, ein Thrash-Fest erster Kajüte! Von der aktuellen EP "Pounder" werden zwei Midtempo-lastige Stücke präsentiert: 'Analogue Man In A Digital World' sowie 'Died In Your Arms', die gut von den Partysanen aufgenommen werden. Dennoch ist es wenig verwunderlich, dass vor allem Kracher wie 'New Song' oder 'Hang The Pope' in besonderem Maße abgefeiert werden. Mit 'Trail Of Tears' schließt NUCLEAR ASSAULT einen bockstarken Auftritt! Toll, diese Legende nochmals live erlebt zu haben!
[Martin Loga]

Setlist: Rise From the Ashes, Brainwashed, New Song, Critical Mass, Butt Fuck, Sin, Betrayal, Died in Your Arms, Analogue Man in a Digital World, When Freedom Dies, F# (Wake Up), My America, Hang the Pope, Lesbians, Trail of Tears

Für viele Zuschauer überraschend spät im Billing stehen die Aachener von THE RUINS OF BEVERAST. Bereits seit 2003 dabei und mit vier Alben im Rücken sind die Black-Doomer keine Newcomer mehr, aber in den Fokus vieler Metaller sind sie erst in den letzten Jahren geraten. Kennen kann man den Bandleader (und das einzige feste Mitglied) Alexander von Meilenwald durch seine Tätigkeit bei der früheren Schwarzmetall-Ikone NAGELFAR. Das hört man zwar nicht unbedingt heraus. Aber dass es sich hier ebenfalls um anspruchsvolle und klug konzipierte Musik handelt, merkt man sofort. Mit einer illusteren Live-Entourage, die dem deutschen Extreme-Metal-Underground entstammt, haut auch diese Kapelle tolle Lieder wie '50 Forts Along The Rhine' oder 'Daemon' heraus, während die Flammen der Pyro-Show den vorderen Reihen ordentlich einheizen. Persönlich habe ich mich nie viel mit dieser Truppe beschäftigt, aber heute gefällt mir die Vorstellung sehr gut und ist gleichzeitig eine schöne Verschnaufpause. Die überwiegend von der Farbe Rot dominierten Lightshow sorgt darüber hinaus für eine apokalyptische Atmosphäre, die die schweren Riffs herrlich ergänzt. Ein Insgesamt guter Gig, der meine Erwartungen übertrifft.
[Adrian Wagner]

Es ist schon erstaunlich, wie sehr eine PRIMORDIAL-Show einzig auf Allan zugeschnitten ist. Der eine in voller Maskerade, die anderen im schlichten Schwarz. Jedenfalls muss man sich dazu zwingen, auf der Bühne mal an eine andere Stelle als zu diesem eigenwilligen, so interesseanten Iren zu schauen. Gestenreich begleitet er nahezu jeden Ton, intoniert Songs wie das eröffnende 'Where Greater Men Have Fallen' gleichzeitig aber mit purer Magie in der Stimme. Gesang, bei dem es mehr um Leidenschaft als um saubere Tonhöhen geht. Denn nichts geht über Leidenschaft – und Unperfektes kann so perfekt sein. 'No Grave Deep Enough' massiert den Nacken, 'Gods To The Godless' lässt schwelgen und 'As Rome Burns' lässt die Faust gen Dunkelheit steigen und macht, passend zum Inhalt, ein herrenloses Mitsingen unausweichlich. Es sind nur kurze Gedanken, die man fassen kann, denn ansonsten ist man einfach drin; drin in diesem Phänomen PRIMORDIAL. "Are you with us? 'Cause we are with you!" – einfache Worte mit großer Wirkung. Wirklich verändert hat sich die Show der Männer von der grünen Insel über die Jahre hinweg nie und trotzdem kann man auch beim x-ten aufgrund dieser routinefreien Darbietung fasziniert dastehen. Mit 'The Coffin Ships' lotet die Gruppe einmal mehr perfekt die Grenzen zwischen Repetitionen und schleichenden, marginalen Veränderungen aus, bevor es bei 'Wield Lightning To The Split The Sun' unvorhersehbar räudig zu Werke geht. Das Publikum hat Allan von Ton eins an in seiner so oft in die Höhe gestreckten Hand, bevor der obligatorische, viel umjubelte Schlusspunkt 'Empire Falls' einen Gig beendet, der einmal mehr klar macht: PRIMORDIAL wird, egal wie oft gesehen, nicht langweilig und ist immer wieder ein Erlebnis. Da fallen sogar ein durchwachsener Sound und eine "Nummer sicher"-Setlist nicht mehr ins Gewicht als die Plastiktüte beim Gemüsewiegen.


Ewig langgezogene Soundchecks nerven. Gewaltig. Insbesondere nach einem langen, anstrengenden Tag, wenn der Kopf ohnehin schon nicht mehr richtig funktionieren will und einen eigentlich nur noch die Vorfreude auf den Beinen hält. Solch ein Tag ist heute, und das ganze hektische Getue vor BEHEMOTH dauert derartig lange, dass die Euphorie vom Vorgig und die Vorfreude auf das Kommende fast aufgezehrt ist. Ich kann keine Minutenzahl nennen, aber in solchen Fällen kommt es einem wieder vor, als würde man als Kind am 1. Dezember nervös vor dem Adventskalender sitzen und auf Heiligabend warten. Wem dem auch sei, irgendwann kann die Lutzi(fer) dann doch endlich abgehen – und dann ist auch noch der Sound leise. Aber bevor sich allzu große Enttäuschung breitmacht, steigert man sich einfach in die ersten, wirklich genialen "The Satanist"-Tracks 'Blow Your Trumpets Gabriel' und 'Ora Pro Nobis Lucifer'. Ja, trotz allem macht das gerade Laune. Vollends packt die Band einen dann aber mit 'Conquer All' an Position drei; ab diesem Zeitpunkt ist dann alles Vorherige egal. Musikalisch ist BEHEMOTH ohnehin über jeden Zweifel erhaben, was der Herr an den Reglern ebenfalls anerkennt und mit der Zeit doch die richtigen Knöpfchen findet. Das Konzerterlebnis wird jedoch darüber hinaus zu etwas ganz Besonderem, da man einer gigantischen Inszenierung beiwohnt. Nergal versteht es, nicht nur mit Feuer, ästhetischer Symbolik und finsterer Optik, sondern auch in der Körpersprache etwas darzustellen, dass auch ohne Worte eine Menge aussagt. Ein bisschen was davon hatte die Band schon immer an sich, aber seit seiner letzten Krankheit ist der Bandkopf offenbar noch viel fokussierter auch auf kleinste Details. Man könnte meinen, dass dies einer Show die Spontanität nimmt, und ein Stück weit ist dieser Vorwurf sicherlich auch gerechtfertigt, aber wer BEHEMOTH hier heute Nacht erlebt, hat niemals das Gefühl von Reißbrett. Da kommt eine Menge urwüchsige Energie herüber, die einen auch (oder gerade?) als frommer Christ nicht kalt lassen kann, was nicht zuletzt an der angenehm aggressiven Ausstrahlung der Männer an Nergals Seite liegt. Das "The Satanist"-Material macht mit sechs von zwölf Nummern über die Hälfte des Sets aus, zum Ende hin sorgt aber vor allem noch das ewig singende, alte und irgendwann neu entdeckte 'Chant For Eschaton 2000' für große Begeisterung. 'O Father O Satan O Sun!' beendet als Zugabe einen Gig, der an Faszination einiges zu bieten hatte und einem die Entscheidung zwischen staunend zuschauen oder selbstverloren headbangen immens schwer gemacht hat. BEHEMOTH ist vollkommen zurecht der Headliner des ersten Party.San-Tages. Und der Ärger vom Beginn? Eine Randnotiz, die einem erst weit nach Abklingen der Begeisterung wieder in den Sinn kommt.
[Oliver Paßgang]

>> Seite 2

Redakteur:
Carsten Praeg

Login

Neu registrieren