Party.San 2019 - Schlotheim

12.09.2019 | 11:15

08.08.2019, Flugplatz Obermehler

Große Geburtstagssause zum 25. PSOA: Präsentiert von POWERMETAL.de reißen mehr Bands denn je und allen voran die Headliner HYPOCRISY, TESTAMENT und BLOODBATH den Obermehler Flugplatz ab.

Flugabwehrkanone "Esmiralda" ruft um Punkt Zwölf zum Appell und eine große Anzahl von Zuschauern findet sich ein, um eine spaßig-derbe Kostümparty mit den tschechischen Spaßbomben von und mit GUTALAX zu zelebrieren. Den Einstieg liefert die Spätsiebziger Disco-Nummer 'Funkytown' von LIPPS, INC. (bester Intro-Song ever für diese Art von Musik!), die vom Band abgespielt wird und bereits zahlreiche "Tänzer" auf die Tschechen einstimmt. Es folgt ein opulentes Klopapierrollen-Bombardement, das die 'Toi Toi Story' eröffnet. Die Ankündigungen von Sänger Maty "we bring some disco music from Czech Republic" sowie einer "morning fitness time" treffen den Nagel auf den Kopf. Wohl noch nie zuvor konnte ein derart reges Treiben bei einer Grindcore-Combo im Circle Pit auf dem Party.San erlebt werden. Es regnet Konfetti en masse, die Klobürsten werden wie Zepter in die Höhe gehisst, aufblasbare Wasserbälle, Badetiere, zahlreiche Frisbees (danke an den Mailorder aus Donzdorf) und auch eine Gummipuppe wirbeln durch die Luft. Der Spaßmob feiert und man lacht über sich und über die anderen Freaks im Pit. An Selbstironie mangelt es auch GUTALAX nicht. Sänger Maty kündigt einen neuen Song an und fügt hinzu, dass er wisse, dass das die Zuschauer eh nicht interessiert, da ja alle Songs von GUTALAX gleich klingen. Zwischendrin wird noch ein mega-verschüsseltes, fünfsekündiges MESHUGGAH-Cover eingebaut, bevor die 'Old McDonald Had A Farm'-Verwurstung 'Streja Donald' einen sehr coolen und spaßigen Auftritt beendet.

[Martin Loga]



Nach diesem furiosen Auftakt von GUTALAX bleibt es brutal auf der Hauptbühne, denn DEFEATED SANITY aus Berlin versorgt die angeheizten Fans jetzt mit Brutal Death Metal. Ich finde es absolut erstaunlich, wieviel Betrieb hier schon zu so früher Stunde vor der Bühne herrscht, das sieht man bei anderen Festivals echt selten. Ein sehr schweres Los für eine Band, nach einem derartigen Abriss auf die Bühne zu müssen. DEFEATED SANITY gibt jedenfalls alles, die Jungs sind ja bei weitem keine Anfänger mehr. So sehr sich die Truppe auch bemüht, weder der Pit noch die Stimmung im Allgemeinen kann die gleiche Dimension wie zuvor bei GUTALAX erreichen. Um sich die Müdigkeit aus dem Körper prügeln zu lassen, war das aber immerhin ein richtig brauchbarer Einstieg in den zweiten Tag. Und wenn ich mir das Programm so anschaue, dann dürfte uns dieser ebenso viele Highlights bescheren wie der Donnerstag.

[Hermann Wunner]



Mit THE CROWN stehen erneut schwedische Hartmetallverarbeiter auf der Bühne des Party.San. Aufgrund diverser personeller Änderungen innerhalb der Band und einer mehr oder weniger kompletten Auflösung von THE CROWN im Jahre 2004 wurde es selbst nach der Reunion 2010 schwer, die fünf in Deutschland live zu sehen. Denn die Death 'n' Roller haben anscheinend einen sehr großen Bogen um deutsche Bühnen gemacht. Egal, jetzt sind sie in fast Originalbesetzung wieder zurück aus dem Winterschlaf und legen mit 'Death Explosion' vom "Deathrace King"-Album aus dem Jahr 2000 gleich ein Ei in die Kiste, das keine Zeit für Fragen lässt. Der zweite Song stammt ebenfalls von "Deathrace King" und heißt 'Executioner'. Als nächstes Brett kommt 'In the Name of Death' vom neuesten Album "Cobra Speed Venom" aus dem vergangenen Jahr. Bei dem Wort "Speed" kommt mir wieder ins Gedächtnis, welchen Song ich persönlich heute Abend vermisse: 'Speed Of Darkness'. Immerhin werden noch 'Face Of Destrucion' von der "Possessed 13", 'Blitzkrieg Witchcraft', 'Under The Whip' und 'Black Lightning' gespielt. Den Abschluss macht Johan Lindstrand dann mit 'Total Satan'. Bei diesem Gig verstehe ich und wird mir in Erinnerung gerufen, warum die Jungs immer noch die Kings of Death 'n' Roll sind – selbst nach einer mehr als 15-jährigen Pause.

[Benjamin Kutschus]



Der Epic-Doom-Sound von SOLSTICE fällt im heutigen Billing definitiv etwas aus dem Rahmen. Dies illustriert leider auch die Zuschauerzahl, die gegenüber dem Auftritt von THE CROWN definitiv wesentlich geringer ausfällt. Aber Kenner der Materie wissen, dass SOLSTICE mit zum Besten gehören, was der klassische Doom Metal-Sektor jemals musikalisch hervorgebracht hat. Live-Sänger Felipe Plaza Kutzbach (PROCESSION, CAPILLA ARDIENTE sowie DESTRÖYER 666) macht aus meiner Perspektive einen guten Job. Die heutige Show auf dem Party.San wird gleichzeitig als seine letzte Performance mit SOLSTICE angekündigt. Besonders 'New Dark Age / The Sleeping Tyrant' und 'Death's Crown Is Victory' klingen packend und kommen gut beim Publikum an. Bei 'To Sol A Thane' (vom aktuellen Album "White Horse Hill" von 2018) hingegen versemmelt die Band den Einsatz anfangs komplett. Nach einem Neustart fördert SOLSTICE Epik in Reinkultur zutage. Als letztes Stück wird 'Cimmerian Codex' vom 1998er Album "New Dark Age" dargeboten. In Gesamtschau  würde ich von einer gelungenen Performance sprechen.

 

Bei MIDNIGHT wird es vor der Bühne wie erwartet deutlich voller, denn der rotzige VENOM-Sound trifft aufgrund der bekannt rotzigen Punk-Attitüde voll auf die Zwölf. Vom Fleck weg gelingt es dem Trio um Shouter und Bassist Athenar, das Publikum in Wallung zu versetzen. Mit eingängigen Abschädlern wie 'Black Rock 'n' Roll', dem speedigen 'Violence On Violence' oder 'Evil Like A Knife' hat die Band leichtes Spiel. Ausgiebiges Mattenkreisen macht sich breit. Live-Gitarrist Commandor Vanik bildet den Aktivposten, wuselt immer wieder über die Bühne und an seinen Posing-Qualitäten hat der Mann ebenfalls gearbeitet. Immer wieder haut er auf den Gitarrenkorpus und lässt die Arme in bester Ace-Frehley-Tradition kreisen. Zudem hat das Trio heute richtig Bock, in Schlotheim aufzudrehen. Der Auftritt ist spielerisch jedenfalls sehr tight. Als 'Unholy And Rotten' als letztes Stück verklingt, sieht man jedenfalls nur grinsende Gesichter, wohin man blickt.

[Martin Loga]

 

Das brasilianische Trio KRISIUN ist und bleibt meines Erachtens selbst nach über 25 Jahren immer noch eine Top-Band im Death Metal. Auf dem diesjährigen Party.San kann sich davon jeder selbst überzeugen. Als erstes wird 'Kings Of Killing' aus den Saiten geprügelt, gleich gefolgt von 'Combustion Inferno'. In Erinnerung daran, dass KRISIUN aus Brasilien kommen und das Wetter - passend zur Musik – brasilianische Hitze vom Himmel schüttet, fehlt eigentlich nur das passende Getränk dazu. Und ja, es gibt keinen Caipirinha-Stand auf dem Party.San! Hier also wenigstens ein äquivalentes Getränk in Richtung Band gereckt zu 'Blood Of Lions', 'Scourge Of The Enthroned' oder auch 'Slaying Steel'. Ein besonderer Tribute wird Lemmy gewidmet, als KRISIUN wirklich 'Ace Of Spades' anstimmt, was dann auch schon der vorletzte Song ist. Den Abschluss gibt es mit 'Omnious' vom Album "Bloodshed".

[Benjamin Kutschus]



ARKONA
aus Russland zählt auf dem Party.San eher zu den Exoten, die Band kündigte allerdings im Vorfeld an, nur Songs aus dem aktuellen Album "Khram" zu spielen, da dieses weniger folklastig ausfällt, als frühere Werke der Truppe. Bereits während des Intros 'Mantra (Intro)' kann man erahnen, wie sehr Frontfrau Masha sich in die Songs hineinsteigert, und das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. ARKONA scheint hier auch viele Fans zu haben, denn der Jubel ist von Beginn an richtig groß. Die Songs von "Khram" verfehlen ihre Wirkung nicht, sie ziehen das Publikum komplett in ihren Bann. Die mitreißende Show vor allem von Masha tut ihr übriges, um den Auftritt von ARKONA zu einem weiteren Highlight des bisher bockstarken Festivals werden zu lassen. Nach dem letzten Song gehen die Musiker von der Bühne, nur Masha bleibt noch um mit 'Mantra (Outro)' dieser besonderen Show den gebührenden Abschluss zu verpassen. Den großen Applaus hat diese Truppe absolut verdient, denn live hat sie mich bisher immer mehr als nur überzeugen können. Großes Kino.

[Hermann Wunner]



Die Musiker von NIGHT DEMON, denen böse Zungen nachsagen, dass sie an jeder Ecke spielen (was wohl auch stimmt), feiern nach 2017 bereits ihr zweites Gastspiel auf dem Party.San. Seinerzeit lockte das spielfreudige Power-Trio um Jarvis Leatherby mit seinem klassischen Heavy-Metal-Sound mal eben die größte Zuschauerzahl vor die Bühne, die mir in elf Jahren Party.San für eine Opener-Band des Festivals je in Erinnerung wäre. Auch heute versammeln sich die Fans in Scharen. All diejenigen, die glauben, dass NIGHT DEMON sich durch das exzessive Touren möglicherweise ein stückweit zerschlissen haben, werden heute eines Besseren belehrt. Hier hört und sieht man keinerlei Anzeichen einer Band, die müde oder abgebrannt wirkt, im Gegenteil! Jarvis singt kraftvoller denn je, die zweistimmigen Gesangspassagen sitzen und klingen verdammt gut. Die Spielfreude, mit der zeitlose Metal-Kracher der Güteklasse 'Welcome To The Night', 'Dawn Rider', 'Hallowed Ground' oder 'Heavy Metal Heat' umgesetzt werden, färbt auf das Publikum ab. Das, was NIGHT DEMON heute vom Stapel lässt, ist klasse und unterstreicht den Status dieser hart arbeitenden Band. Es bleibt zu hoffen, dass Jarvis und seine Mitstreiter nicht, wie sie es angekündigt haben, sich in wenigen Jahren wieder auflösen werden, um quasi auf dem gefühlten Zenit des musikalischen Schaffens wieder von der Bühne abzutreten. Die Party.Sanen entlassen NIGHT DEMON erwartungsgemäß nicht einfach so in den Abend und daher muss mit 'The Chalice' eine Zugabe her, die dann aber das Ende eines packenden Sets bildet. Chapeau, meine Herren!

[Martin Loga]



Um kurz vor acht findet sich dann recht viel Publikum vor der Hauptbühne ein, um den Satansbeschwörungen von ROTTING CHRIST beizuwohnen. Die Griechen haben sich unlängst mit experimentelleren, stampfenden Songs wie 'Kata Ton Demona Eautou' oder dem aktuellen 'Fire, God And Fear' ihre ganz eigene Nische im Schwarzmetall-Zirkus geschaffen. Ganz ohne unnötigen Ballast und ohne Corpsepaint, aber trotzdem ziemlich true. Zunächst legen die Gebrüder Sakis und Themis Tolis samt ihren (scheinbar neuen) Mitstreitern bei recht gutem Sound aber erstmal mit 'Hallowed Be Thy Name' sowie mönchsartigen Gesängen etwas langsamer los, ehe einen Gang hochgeschaltet wird. Umgedrehte Pentagramm-Anhänger und die Kreuzigungsszenerie vom aktuellen "The Heretics" als Bühnenhintergrund unterstreichen, wo Barthel den Most holt oder der Satanist seinen Rotwein. Das Griechen-Quartett hat auch seine alten Songs nicht vergessen und so darf natürlich nicht der Klassiker 'The Sign of Evil Existence' fehlen, der schon beim letzten Auftritt in Obermehler vor vier Jahren eine Moshparty entfacht hat. Bei all dem Gottesfrevel lacht der Himmel erstaunlicher Weise lange Zeit noch und öffnet seine Schleusen erst zum Gigende schlagartig. Hat dort oben wohl etwas länger gedauert, bis die Botschaft ankam.

[Carsten Praeg]



Passend zu Dämmerung wird es dunkel auf der Bühne. Denn die polnischen Landsmänner von MGŁA kommen zum zweiten Mal nach Schlotheim, um ihr schwarzes Feuerwerk abzufeuern. Kaum betreten die vier Kapuzenmänner die Bühne, wird drauflosgeballert. Das Drumming von 'Darkside' passt auf den Punkt. Bässe ballern, Becken klirren. Und natürlich wird auch das geniale 'Exercises in Futility IV' gespielt. Die "Bühnenshow" ohne jegliche Bewegung vom Fleck mögen manche langweilig finden, doch lenken sie den Fokus weg von den Musikern hin zur Musik – grimmiger Midtempo Black Metal.  Was braucht man mehr?  Die Meute nickt zustimmend – gelungener Auftritt!

[Felix Bischoff]

 

Mit DEICIDE steht ein weiterer Kracher an, die Death-Metal-Institution aus Florida kann in diesem Jahr sogar das 30-jährige Bandjubiläum feiern. Entsprechend umfangreich fällt die Diskographie von DEICIDE aus. Obwohl die Truppe erst im letzten Jahr das Album "Overtures Of Blasphemy" veröffentlicht hat, fällt die Setliste erfreulicherweise sehr oldschool-lastig aus, was beim Publikum natürlich hervorragend ankommt. 'Dead by dawn' oder 'Once upon the cross' machen einfach richtig Laune, da nimmt man sogar den Regen in Kauf, der leider zunehmend stärker wird. Die meisten Zuschauer lassen sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen und schwingen trotzdem ihre Köpfe im Takt der Musik oder verausgaben sich im Pit. Einige flüchten unter die überdachten Zelte, von dort aus hat man ebenfalls noch einen einigermaßen guten Blick auf das Geschehen. Als DEICIDE sich nach einem starken headlinerwürdigen Auftritt von den Zuschauern verabschiedet, wäre das woanders wohl das Finale des Tages gewesen. Hier gibt es aber noch eine weitere Legende zu sehen: TESTAMENT!

[Hermann Wunner]

 

Wenn eine Band seit Anfang der Achtziger auf der Bühne steht wie TESTAMENT, darf man davon ausgehen, dass es kein Fehler ist, eine solche Band auf sein Festival einzuladen. Nichts anderes bieten die Amis auch erneut auf dem Party.San als eine gesunde, ausgefeilte, routinierte Performance. Als Eröffnung gibt es 'Brotherhood Of The Snake' gefolgt von 'The Pale King' vom 2016er Album, welche Charles Billy ebenso routiniert wie mit vollem Enthusiasmus dem Publikum darbietet. Zu Klassikern wie 'Eyes Of Wrath', 'The Preacher' und 'Legions Of The Dead' wird wohl niemand wirklich stillstehen. Dank mehr als einer Stunde Bühnenzeit gibt es auch noch 'Low', 'Into The Pit' und 'Over The Wall' zum besten. Zum Abschluss kommt 'The Formation Of Damnation' vom gleichnamigen Album aus dem Jahre 2008. Damit beweist die Truppe, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehört, auch wenn sie alten Metal spielt.

[Benjamin Kutschus]



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Redakteur:
Carsten Praeg

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