Queens Of Metal - Kleinwenkheim

13.07.2006 | 16:54

16.06.2006, Sportfeld

Was sind Sumpfbolde, warum sind Weberknechte und Ratten voll Metal, wieso sind wir alle Königinnen und was passiert, wenn man hunderten von Metalheads eine besondere Schlagerparade präsentiert? Antworten auf diese Fragen und noch viel mehr gibt es an einem heißen Juni-Wochenende auf dem Queens of Metal Festival!

Moment mal, "Queens"? Der seltsame Name sorgt schon im Vorfeld für verwunderte Gesichter, doch die Homepage des Festivals gibt Aufklärung. Beim ersten Event, das die Veranstalter auf die Beine gestellt haben, war nur noch rosa Papier übrig zum Drucken der Flyer - und so machte man aus der Not eine Tugend (oder so?) und schon waren die Queens Of Metal geboren! Das schicke Rosa findet man am Festival-Wochenende übrigens auch im Programmheft und im Schriftzug auf den Bändchen. Kultig!

Ein idyllischer Ort im tiefsten Franken, ein schönes Gelände mit gratis Camping- und Parkmöglichkeiten, mehr als faire Preise und ein ganzer Haufen an hochgradigen nationalen und internationlen Bands sind die ideale Mischung für ein gelungenes Festival.

Freitag, 16.06.

Die erste Band, die ich an diesem sonnigen Tag zu sehen bekomme, ist gleich eine kleine Sensation. Nicht weil sie musikalisch wertvoll oder gar extrem talentiert sind, sondern weil sie einfach nur Blödsinn im Kopf haben. SUMPFBOLD schaffen es schon während dem Linecheck mit primitivem "Deutschland"-Gegröhle auf sich aufmerksam zu machen und auch der Auftritt steht diesem Niveau um nichts nach. Ein Sänger im Hawaiihemd, alle anderen oben ohne und musikalisch gibts mit gut gemachtem aber ziemlich unsensationellem Death Metal was auf die Glocke. Da muten die Ansagen schon lustiger an, denn wenn man auf die Ansage "Habt ihr Lust auf Pussyrock?" gleich ins Mikro rülpst und Songs mit so klangvollen Vorspielen wie "Töten, zerstören Motorrad" ankündigt, kommt jedem mal der eine oder andere Lacher von den Lippen. Etwas deftig wird's, als die SUMPFBOLDE ihre angebliche Ballade auspacken und mit den Worten "nehmt eure Frauen in den Arm" zu heftigem Grindecoregedöns abgehen und dabei so klingende Worte wie "Mister Fister" brüllen... Alles klar! Aber dass die Jungs zu relativ früher Stunde nicht mehr ganz nüchtern sind wird spätestens dann klar, als der SUMPFBOLD-Oberschreihals nach dem Auftritt übers Gelände torkelt.

DOWNFALL A.D haben danach einen etwas schweren Stand. Nach so viel Blödelmucke und bei strahlendem Sonnenschein kommt der düster-melodische Dark Metal nur schleppend aus den Boxen. Das nervige Keyboard tut sein Übriges um mir den Auftritt zu vermiesen. Schade, denn die Jungs haben durchaus das Potential und die Ideen für gute Songs, doch klappt das mit der Umsetzung heute nicht so ganz. Der Sumpfbold stapft derweil übers Gelände und fabriziert lustige Seifenblasen, was so gar nicht zur Düstermucke der Band passt...

EBOLA treffen da mit ihrem groovigen und modernen Death/Thrash schon mehr den Nerv der Fans denn mittlerweile hat sich eine kleine aber feine Fanschar vor der Bühne eingefunden, die bei jedem Song "lauter!" brüllt und begeistert mitfeiert.

GODDAMNED X sind mir zwar bestens bekannt, immerhin zählen die Jungs in Österreich zu den heißesten Newcommer-Eisen, und das zu Recht! Leider sieht das das deutsche Publikum noch nicht so und verhält sich zuerst eher zurückhaltend. Das ändert sich aber schnell als GODDAMNED X ihre Thrashkeule auspacken und eine routinierte Show hinlegen, wobei sogar Songs vom neuen Album zur Geltung kommen. Etwas Verwirrung herrscht allerdings, als die Österreicher zehn Minuten zu früh von der Bühne gehen und das Publikum mit Fragen wie "Sollen wir euch davon überzeugen, dass es noch schlechter geht?" amüsieren. Schlecht ist das auf keinen Fall, und auch der Sumpfbold ist wieder aufgetaucht und hat sich eine Ringelsocke angezogen... très schick!

WEBERKNECHT? Schon wieder so ein lustiger Bandname, passt irgendwie zu den Sumpfbolden. Und ja, WEBERKNECHT scheinen sogar richtige Lokalhelden zu sein denn schon vor Stunden wurde mir vorgeschwärmt, wie genial die Band sei, und das zahlreich versammelte Publikum ist voll dabei. Frontknecht Marc und seine kultigen Franken zaubern groovigen Death'n'Roll der richtig gut ins Gehör geht und mit viel Humor daherkommt. Man freut sich über ein verkauftes Shirt und schenkt dem Käufer heftigen Applaus, man zelebriert eine kulinarische Runde mit mexikanischen Liedchen und dreht Chili Con Carne mit Nonsense-Spanisch durch den Wolf. Applaus für die (w)irre Vorstellung!


HATRED haben danach einen ebenso guten Stand als Lokalhelden wie WEBERKNECHT, was bei dem coolen Stageacting und dem gelungenen Death Metal mit melodischen Einsprengseln durchaus berechtigt ist. Vor allem die fiesen Growls können überzeugen und am Ende hinterlassen HATRED Nackenschmerzen und Lust auf mehr Metalparty. HATE SQUAD präsentieren der Menge nicht nur neue Songs, sondern auch Todesblei mit Fußballfieber und Ansagen wie "mögt ihr Fußball?". Ich hab mich noch nicht vom WM-Fieber anstecken lassen und suche daher mein Heil im Whiskey-Cola... Prost!

DEW SCENTED sind wieder in Bestform und ballern ihre Thrash-Hymnen mit SLAYER-Einschlag in die mittlerweile gut gefüllten Fanreihen. Leif hechtet im Rekordtempo über die Bühne und verhundertfacht sogar das Publikum mit seinen lustigen Ansagen: "Der Veranstalter hat mich gebeten die Leute zu zählen, also hebt alle mal die Hände... 100... 1000... 90.000... ja, sehr schön". 'Cities Of The Dead' fordert einen ordentlichen Moshpit und Leif bestätigt das, was sich viele schon dachten: "Heute spielen wir lang und deftig" und wirft ein mir sehr sympathisches Statement nach: "und nein, wir fragen euch nicht ob ihr Fußball mögt, das interessiert uns nicht!": Na geht doch, hehe ;-)
Man huldigt dem guten Wetter, man fordert zu weiteren Moshpits auf und widmet den Frauen netterweise 'Bled Dry'. Und dann werden auch noch die Schweden MORGANA LEFAY mit einem Song bedacht ('Never To Return'), bei denen DEW SCENTED Anno '93 einen schönen Sommerurlaub verlebt haben.
Ein bisschen Augenzwinkernd sehen die Jungs auch den ewigen SLAYER-Vergleich und kündigen 'Inwards' als Song der neuen SLAYER-Platte an. Leif fordert das Publikum auf, noch weiter nach vorne zu kommen und ballert noch 'Soul Poison' und 'Acts Of Rage' in die unersättliche Menge, die so vehement nach mehr Zugaben schreit, dass DEW SCENTED kurzerhand noch einmal 'Turn To Ash' spielen.
[Caroline Traitler]

Das nenn ich mal perfektes Timing: Da ich in der "glücklichen" Situation war, am Freitag noch arbeiten zu müssen, blieb mir nichts anderes übrig, als am Abend nach dem Schaffen direkt in Richtung Kleinwenkheim zu gurken. Netterweise waren die Autobahnen frei, so dass ich in der rekordverdächtigen Zeit von gut zwei Stunden mein Ziel erreicht hatte. Kaum bin ich auf dem Parkplatz angekommen und habe die Tür geöffnet, da röhrt mir vom Festivalgelände her auch schon Charles' Stimme entgegen, der freudig und gut gelaunt das Queens Of Metal-Publikum begrüßt. Zwar muss ich mich noch fix umziehen, aber immerhin verpasse ich nicht eine Sekunde von MORGANA LEFAY. Hach!

Nachdem ich 'My Funeral Is Calling', 'S.O.S.' und 'The End Of Living' nur von draußen anschauen konnte, ging's dann endlich rauf aufs Gelände - besten Dank nochmal an die Crew am Einlass, die sich rührend um mein Armbändchen kümmerte (zu dumm, wenn die Zange klemmt ;-)). Eigentlich egal, dass LEFAY bereits vor zwei Wochen auf dem Rock Hard Festival gespielt hatten und die Setlist sich sehr glich, denn ein Gig der Bollnäs-Barden ist ein Erlebnis, das man gerne jede Woche genießt. Absolute Oberhammer waren wie immer die Kracher von "Grand Materia", die sich aufgrund ihres unverschämt hohen Mitsingpotentials erneut als Garanten für eine verlorene Stimme am nächsten Morgen präsentierten. Und Respekt - das Queens Of Metal-Publikum stand dem aus Gelsenkirchen in wenig nach, sowohl von der Lautstärke als auch vom Feierfaktor her. 'Master Of The Masquerade' und 'Maleficium' seien hier als weitere Höhepunkte eines durch die Bank weg grandios-genialen Gigs erwähnt, und auch die Halbballade 'The Boon He Gives' sorgte für gehäutete Gänse und schmerzende Nacken.

Der Sound war verdammt gut geraten, ein riesiges Kompliment an die Veranstalter - muss man auch erstmal hinbekommen, dass das Ganze besser klingt als auf einer Veranstaltung für ein paar tausend Leute. Und an dieser Stelle noch einen Gruß an unseren Forenbewohner Germon, der vom leckeren fränkischen Bier und der tollen Festivallaune offensichtlich so angesteckt war, dass er es sich nicht nehmen ließ, bei MORGANA LEFAY die Bühne zu entern und zusammen mit Charles und Martin 'ne Runde zu bangen. Toller Hechtsprung! ;-)

Schade: gerade angekommen, ist auch schon bald Schluss. Aber nur bald. Vorher gibt's noch ein bisschen hallo mit den Leuten vor Ort, zumindest mit denen, die noch in der Lage sind, sich verständlich verbal zu äußern. Bei dem feinen Bier auch kein Wunder - nach ein paar Stunden verschlägt's mich selbst ebenfalls in eine sehr bierselige Laune.
Und was passt dazu besser als die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS? Richtig, nichts. Ich bin ehrlich gesagt froh, dass wir uns eine der umherstehenden Bierbänke als Sitzgelegenheit für den Gig ausgesucht haben, denn im Stehen hätte ich vermutlich ernsthafte Lachkrämpfe bekommen. So waren es nur Tränen, die gelacht wurden. Warum? Ganz einfach, wenn die Jungs aus Hannover anfangen, Knüppel-Perlen wie 'You're My Grind, You're My Core', 'I've Been Looking For Grindcore' oder das abschließende 'Es gibt kein Grind auf Hawaii' in die Menge feuern, dann bedeutet das Überstunden für das ohnehin schon arg strapazierte Zwechfell. Dazu noch Ansagen wie "Wir spielen heute 35 Songs und 19 Zugaben, is ja immerhin Grindcore" und der alberne Abend ist perfekt. Insbesondere dann, wenn ohnehin schon schätzungsweise 90% aller Anwesenden ordentlich einen im Tee haben.
Am Lustigsten ist dabei fast, dass die Jungs richtig gute Musiker sind. Da wird oft beim Gesang gewechselt, und auch die Gitarre baumelt an verschiedenen Musiker-Hälsen. Das Drumming ist perfekt akzentuiert, und wenn's dann mal blastet, können das auch NAPALM DEATH oder NASUM nicht besser. Klasse!
Vielen, vielen Dank für eine derart bescheuert-lustige Vollbedienung als Abschluss, Jungs!
[Rouven Dorn]

Redakteur:
Caroline Traitler

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