RAM, PORTRAIT, TRIAL - Hamburg

03.04.2018 | 09:43

23.02.2018, Bambi Galore

Blond gelockter Roadkill.

Wie viel mehr Metal kann ein Konzert sein? Diese Frage stellt sich, wenn man die Zusammenstellung dieses Packages liest: TRIAL, PORTRAIT und RAM. Von dieser Tour werden die neuen Generationen später ihren Enkeln so berichten, wie wir ollen Säcke von Accept/Exciter oder Metallica/Tank. Entsprechend ausverkauft ist das Bambi Galore, welches sich in den letzten Monaten zu einer großartigen Konzertstätte galore gemausert hat. Immer hochkarätiger werden die Billings und immer häufiger finden hier tolle, teils exklusive Veranstaltungen statt. Sehr fein.

Eröffnet wird der blond-gelockte Abend vom schwedischen Quintett TRIAL, welches in allen wichtigen Punkten sofort meine Daumen nach oben schnellen lässt: Sound, Performance und Show lassen allesamt kaum Wünsche nach Verbesserung aufkommen. Der fast psychedelisch-progressiven Heavy Rock der jungen Burschen ist zwar nichts, was man aufs erste Ohr abfeiert, aber das Publikum scheint sehr vertraut mit den Nummern zu sein, denn die Stimmung ist sehr gut. Sänger Linus Johansson unterstreicht die Ausrichtung mit leicht verkiffter Bühnenpräsenz. Da wird wohl vor dem Auftritt die eine oder andere Hanfpflanze inhaliert worden sein. Das ist aber absolut nicht schlimm, denn die Musiker spielen sich so in einen tranceartigen Zustand und lassen die Menge genussvoll in den Abend hinein gleiten. Mit solchen Krachern wie 'Through Bewildermen' kann man aber auch nichts falsch machen. Wenn man die Entwicklung der Truppe auf den tollen Tonkonserven verfolgt hat, wird man sich so einen Auftritt erhofft haben. Trotzdem bin ich extrem positiv überrascht, wie gut die Band heute Abend abliefert. Ein erstklassiger Auftakt.

Setliste: Motherless; To New Ends; Through Bewilderment; Aligerous Architect; Cold Comes The Night; The Primordial Temple

Nach einer kurzen Pause entern die Landsmänner PORTRAIT die Bühne, um uns mit ihrem Mercyful-Fate-Gedenkmetal ein paar geballte Fäuste zu entlocken. Hatte ich bei früheren Auftritten leichte Probleme mit dem Gesang von Per Lengstedt, so kann mich dieser heute komplett überzeugen. Dies mag an der sensationellen Stimmung liegen oder aber auch daran, dass er dieses Mal nicht neben seinen eigenen Vorgaben agiert. Im engen Netzhemd posiert der gute Mann wie ein ganz Großer und die Meute frisst ihm aus der Hand. Man merkt der Band die Bühnenerfahrung an. Man sieht und hört eine gereifte Band, die auch ohne Schminke irgendwie böse rüberkommt. Schuld daran sind sicherlich solche Feuerfeste wie 'Beast Of Fire', das sich zu einer Bandhymne gemausert hat. Im reaktionskühlen Hamburg singt auf jeden Fall die halbe Halle diese Nummer mit. Wenn man bedenkt, dass dieser Auftritt der letzte der Tour ist, fragt man sich, woher die Musiker noch diese Spielfreude nehmen und weshalb alle noch so furchtbar agil sind. Toll. Mit diesem bockstarken Auftritt hat die Band sich zurück in mein Bewusstsein gespielt.

Die erneut angenehm kurze Pause ist dringend notwendig, denn der Flüssigkeitshaushalt muss sortiert werden. Obendrein weiß man ja, mit welch' eisernen Handschuhen die noch ausstehende Band im Normalfall regiert. Und genau so ist es dann auch. Oscar und seine Burschen aka RAM regeln vom ersten Ton an. Dabei spielt es absolut keine Rolle, ob sie einen vermeintlich zu langen Hit des aktuellen Albums "Rod" – namentlich 'Gulag' – oder einen nietenberifften Killerknaller aus frühen Tagen wie 'Machine Invaders' in die Menge blasen. Das Bambi steht kollektiv Kopf und wenn mich heute jemand fragen würde, welche aktuelle Band denn Heavy Metal am besten darstellt, wäre meine heutige Antwort: RAM! Der noch immer tolle Sound in dem kleinen Kellergewölbe tut sein Nötiges, um Abrissbirnen der Marke 'Usurper' oder 'Eyes Of The Night' so richtig fies schneidend in die Gehörgänge zu setzen. Als die Jungs dann völlig überraschend auch noch die Salami aus dem Kühlschrank nehmen, ist auch bei mir endgültig die Kontenance  flöten. 'Suomussalmi (The Few Of Iron)' ist schlicht und einfach der beste Heavy-Metal-Song der Neuzeit. Da muss man intuitiv mit geballter Faust mitsingen. Oder zumindest Lautgeben. Als dann viel zu früh Ende zu sein scheint, erfreut uns die Musikantenschar mit einem besonderen Schmankerl: Eine All-Star-Band mit allen drei Sängern spielt 'Hell Patrol' von den Priestern. Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt und auch ich kann mich trotz aller "Painkiller"-Aversionen heute Abend nicht gegen diese gebündelte Hookline-Macht wehren. Das ist einfach unfassbar mitreißend! Danach ist dann Schluss mit Lustig. Ein denkwürdiger Abend kommt zu einem Ende und alle sind sich sicher, dass man von diesem Event noch lange zehren wird. Drei Bands, die den heutigen Metal definieren.

Setliste:Declaration Of Independence; Eyes Of The Night; Awakening The Chimaera; Gulag; Sudden Impact; Usurper; Machine Invaders; Infuriator; Suomissalmi

Die tollen Photos stammen aus der Linse von Thomas Ertmer.

Redakteur:
Holger Andrae

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