Rock Im Betonwerk - Mittelbach

26.08.2011 | 16:56

11.08.2011, Betonwerk

Im Betonwerk rockt der Chef noch selbst!

Wettertechnisch startet der Samstag sehr durchwachsen. Immer mal wieder ein Schauer, dazwischen Sonne und angenehme Temperaturen. Da auch heute das Ende um Mitternacht eingehalten werden muss, geht es etwas früher los als geplant. Es ist zwar toll, dass es die geänderten Spielpläne am Einlass gibt, wenn aber keiner weiß, dass es eine Änderung gibt, fragt danach auch keiner. Ein kleines Hinweisschild am Eingang wäre durchaus sinnvoll gewesen.

Zuviel ist noch nicht los, als HÄMATOM den 'Butzemann' aus dem Sack lassen. Das Volk ist noch ein wenig träge, doch Sänger Nord kann langsam Schwung in die Bude bringen. So lustig die Truppe auch aussehen mag, so sind ihre Texte alles andere als leichte Kost. Okay, das kommt nicht immer gleich rüber, doch wenn man sich mal intensiver damit beschäftigt, gibt es einen Aha-Effekt. Direkt bekommt das die Menge bei 'Spieglein' mit, denn der Fronter schnappt sich eine Gummipuppe namens Heidi. Er prangert damit Heidi Klum und ihre TV-Sendung an und lässt seine Wut an der Puppe aus.

Etwas sinnfreier wird es im Anschluss bei den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS, quasi die Ballermann-Band der Metaller. Naja, es muss ja nicht immer alles anspruchsvolle Kost sein. So herrscht vor der Bühne eine biergeschwängerte Stimmung, als beispielsweise 'I've Been Looking For Grindcore' oder 'Veganerweibchen' erklingen. 'Vater Morgana' fehlt heute genauso wenig wie 'Ein bisschen Grind muss sein'. Die Stimmung ist am Kochen und nach dem Rausschmeißer 'Final Grinddown' ist noch lange nicht Schluss. Am Merchandising-Stang geben die Jungs eine Spontaneinlage via Megafon. Wer in punkto Verkaufsförderung noch was lernen muss, kann das hier tun!

Heiter-beschwingt geht es bei MUTABOR auf der Metal Stage weiter. Waren die früher nicht mal rockiger? Ich habe da noch den Begriff "Blockflöten-Punkrock" im Gedächtnis. Der Sound hat einen ordentlichen Schlag Reggae und Pop abbekommen. Jetzt erklärt sich auch, warum einige Rasta-Träger da sind. Ausgerechnet als Sänger Axel gute Laune anordnet, fängt es an, zu regnen. Das letzte Mal für heute. Ob das ein Zeichen ist? Naja, man muss nicht alles mögen. Aber die Band liefert eine gute Show ab und wer das nicht mag, kann derweil ein Bier trinken. Das kommt hier übrigens von einer lokalen Brauerei und ist nur zu empfehlen. Schön, dass auf den kleineren Festivals nicht diese charakterlosen Gerstensäfte der Großbrauereien kredenzt werden. "Glück Auf!" sag ich da nur.

Das können die nächsten Musiker auch sagen, denn in Annaberg-Buchholz ist das die offizielle Begrüßung. Die lassen EMINENZ allerdings weg, schließlich müssen die finster dreinblickenden Gesellen aus den erzgebirgischen Wäldern ihr Image halten. Doch wie so oft, sind die böse wirkenden Personen die sympathischsten und Fronter Leviathan avanciert ab und an zur Plaudertasche. Die Band hat zwei Songs vom neuen Album "Nemesis Noctura" im Set, das allerdings nicht rechtzeitig fertig wurde. Das Presswerk ist wohl schuld. Dumm für die Band, denn nach der tollen Show hätte sich der eine oder andere die Scheibe gegönnt. Deswegen werden alle kurzerhand zur Release-Party im September eingeladen. Später gibt der Sänger noch eine Feuerspuck-Einlage. Die kommende Party dürfte also ebenfalls interessant werden. Mit brachialer Gewalt sägen sich EMINENZ in gut vierzig Minuten durchs erzgebirgische Unterholz und lassen keinen Baum stehen. Ja, die Herrschaften haben es nach all den Jahren immer noch drauf und lassen den Gig mit 'Darkness Comes Over Us' ausklingen.

Nach dieser Einlage wirkt die Musik von END OF GREEN erst einmal recht soft. Bevor es so richtig losgeht, raucht Gitarrist Sad Sir noch eine Zigarette. Doch die Band um Frauenschwarm und Sänger Michelle Darkness hat die Menge recht schnell auf ihrer Seite. Die Schwaben bieten eine solide Show, bei der die Fans ordentlich mitrocken können. Außer Frage steht, dass die ersten Reihen vor allem von den Damen bevölkert werden. Außer 'Goodnight Insomnia' gibt es auch 'High Hopes In Low Places' auf die Ohren. Wieder einmal zeigt sich, dass man mit dieser Band im Programm nichts falsch machen kann.

Frauenpower pur bietet danach Masha mit ihrer Band ARKONA. Die russische Truppe präsentiert sich in traditionellen Gewändern und die Frontfrau trägt dazu noch diverse Tierfelle. Die hindern sie in keinster Weise, über die Bühne zu fegen. Immer wieder heizt sie die Zuschauer an, mitzumachen. Außer 'Yarilo' oder 'Goi, Rode, Goi' erklingt noch 'Ot Serdca K Nebu'. Stimmlich ist Masha immer für eine Überraschung gut: Hat sie gerade eben noch lieblich ins Mikro gehaucht, sind kurz danach tiefe, hasserfüllte Growls zu hören. Nicht schlecht, das Ganze. Na Sdorowje!

Kaum sind die letzten Töne auf der Party Stage verklungen, geht es auf mit CREMATORY auf der anderen Bühne weiter. Killerplauze Felix hat nichts von seiner Statur verloren und musikalisch läuft auch alles rund. So können sich die Fans beispielsweise über den Klassiker 'Tears Of Time' recht zeitig freuen. Ebenso im Set ist das SISTERS OF MERCY-Cover 'Temple Of Love' zu finden. Dazu gibt es noch ein paar Songs aus dem 2010er Album "Infinity" auf die Ohren. Naja, irgendwie bin ich vor Jahren bei dieser Band stehen geblieben, finde das neue Material nicht so spannend und freue mich mehr über die älteren Stücke. Zum Abschluss gibt es aus besagtem Album das Cover von DEPECHE MODE, 'Black Celebration'. Ich sag jetzt mal: Gut, dass die CD an mir vorübergegangen ist. Musikalisch gibt es daran zwar nichts auszusetzen, aber prinzipiell muss das nun wirklich nicht sein.

Also ist es an der Zeit, mal was Neues auszuprobieren! Schottischer Piraten-Metal steht auf dem Plan. Den servieren uns ALESTORM. Also noch schnell ein Bier geschnappt und ab geht es zur Piratenparty. Optisch erinnert Sänger Christopher mit seinem bunten Keytar eher an MODERN TALKING. So schlimm wird das aber nicht und die Schotten bringen das Betonwerk zu 'Captain Morgan's Revenge'  oder 'Keelhauled' zum Kochen. Alles in allem ein schicker Auftritt!

Das Finale auf der großen Bühne bestreitet bei der dritten Auflage des Festivals AMORPHIS. Für Viele ist es das Highlight der Veranstaltung und so hat sich der Platz vor der Bühne sehr gut gefüllt, als die Finnen nach dem Intro mit 'My Enemy' loslegen. Das Betonwerk feiert die Band von Anfang an und so wird der Gig das Highlight des Tages, musikalisch als auch stimmungstechnisch. Auf der Bühne kreisen die Rastas des Sängers und davor fliegen die Haare. Mit 'You I Need' kündigt Sänger Tomi den letzten Song an. Da aber noch genügend Spielzeit ist, läuft es wohl auf eine Zugabe hinaus. Und genauso ist es. Groß ist der Jubel, als sie wieder auf die Bühne kommen. Außer 'Crack In A Stone' gibt es noch ein, zwei Songs für die feierwütigen, bist 'House Of Sleep' den Abend beendet. Noch einmal bekommt AMORPHIS viel Beifall. Sie lassen sich gern feiern und verschwinden recht schnell hinter der Bühne.

Der Vollmond leuchtet erneut in voller Pracht und unter ihm läuten VARG das offizielle Ende von "Rock Im Betonwerk" ein. Vor der Bühne versammeln sich noch einmal die Besucher, als die blutrot geschminkten "Wölfe" erscheinen. Mit 'Wir sind die Wölfe' beginnt die Party, die 'Schwertzeit' setzt gleich erneut dort an. Erst nach 'Wolfszeit' gibt es eine abrupte Pause. Sänger Freki hatte zwischen den Songs drei Bekloppte entdeckt, die Hitlerrufe geschrieen haben. Kurzerhand lässt er sie von der Security entfernen und setzt damit ein klares Zeichen. Auch als ein paar Getränkebecher nach vorn fliegen, bleibt er ruhig und kontert mit einem guten Spruch. Die Jungs machen weiter und die gute Stimmung stellt sich recht schnell wieder ein

Als Freki mit 'Wolfskult das Ende ankündigt, sieht es nach einem normalen Abschluss aus. Doch mit den ersten Tönen wird die Bühne geentert, nicht etwa von einigen Fans, nein, Bandmitglieder von DEADEND IN VENICE, ALESTORM und den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS stürmen mit diversen Getränken auf die Bühne und rocken ab. Ein total unkoordinierter Haufen, der headbangt, ins Mikro grölt, und säuft. Dazwischen VARG, die erstaunlich gelassen sind und mitmachen. Gut, was bleibt ihnen auch groß übrig. Also gibt es passend dazu 'Skål' als Rausschmeißer auf die Ohren. Vor und auf der Bühne ist die Stimmung bestens. Was soll man dazu noch sagen? Genauso muss ein Festival zu Ende gehen! Der wilde Haufen löst sich langsam auf und irgendwer ruft noch ins Mikro: "Thank you so fucking much for coming!, ach nein, wir sind ja in Deutschland..."

Solch einen Abschluss erlebt man auch nicht alle Tage! Doch irgendwie passt er zu diesem Festival, denn die ausgelassene und friedliche Stimmung hat sich bis hinter die Bühne übertragen. Alles in allem liegen drei tolle Tage hinter uns, die in guter Erinnerung bleiben. Vor allem die Größe des Festivals ist sehr angenehm. Die Verpflegungspreise sind nicht überteuert und das Gelände bietet mit der großen Überdachung Schutz bei Regen. Das Einzige, was wirklich negativ ins Gewicht fällt, sind die störenden Soundchecks von der jeweils anderen Bühne während eines Konzertes. Aber das kann man sicher bis nächstes Jahr ändern. Wir werden jedenfalls wieder dabei sein.

Redakteur:
Swen Reuter

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