Rock Revelation Tour mit BLUES PILLS, TRUCKFIGHTERS, JEX THOTH und THREE SEASONS - Berlin

26.03.2015 | 21:49

21.03.2015, Astra Kulturhaus

Von der Kleidung bis zur Musik: Ein Billing mit vielen Facetten.

Ein schönes Paket wurde hier für die Rock Revelation Tour zusammengestellt. Neben den nimmermüden Dauer-Tourern BLUES PILLS gibt es die harte Rock-Harke von den TRUCKFIGHTERS, verträumte Okkult-Mystik mit JEX THOTH und einen blitzsauberen Opener mit THREE SEASONS.

Für dieses Rock-Mammutprogramm versammeln sich die ersten Fans schon ab 18 Uhr im gemütlichen Astra Kulturhaus zu Berlin um sich bierselig auf einen schönen Abend vorzubereiten. Und der wurde mehr als nur zufriedenstellend von den schwedischen Rockern THREE SEASONS eingeleitet. Die schwedische Band bedient hierbei wunderbar die BLUES PILLS-Zielgruppe, also Freunde von alten Klängen. Bluesige Riffs, Orgelsounds, ein kleines bisschen Psychedelia und Folk - ja, es stimmt, das ist eine Mischung, die in den letzten Jahren sehr häufig gemixt wurde, aber immer wieder sehr gut klingt. Und das Trio kann das Publikum durchaus für sich gewinnen, denn die Schweden können spielen. Sowohl als Individuen als auch in ihrer Bandgemeinschaft lassen sie nichts anbrennen und legen schonmal fein für die BLUES PILLS vor.

Bevor jedoch Elin Larsson die Bühne betritt, darf sich dem zahlreich anwesenden Publikum erst einmal eine andere tolle Frau präsentieren: JEX THOTH. Ich habe auf diesen Seiten schon das eine oder andere euphorische Wort über diese Hexenbraut aus Wisconsin verloren, insbesondere ihre über Live-Qualitäten (zum Konzertbericht von 2013 in München). Und JEX THOTH ist eine der wenigen Bands, die man auch riechen kann, denn einmal mehr werden die Bühne und das Publikum vor dem Gig mit einer Art Weihrauch eingenebelt. Besser als Schweiß oder andere Körpergerüche von Mitmenschen riecht dies allemal.
Leider ist heute der Einstieg in das musikalische Vergnügen ein wenig schwierig. Bislang konnte ich Jessicas bizarres Stage-Acting immer aus nächster Nähe betrachten, heute jedoch ist schon eine beachtliche Menschenmenge zwischen meinem Standplatz und der Bühne. Zudem höre ich anfangs nur Drums und Bass und auf der Bühne ist es so dunkel, dass ich JEX nur als schwarzen Geist über die Bühne spuken sehe. Ihr Gesang indes ist nur sehr leise zu hören.

Doch just in dem Moment, als sich die erste Enttäuschung einzuschleichen droht, wird der Mix besser und die Show beginnt zu wirken. Wieder einmal wird klar, dass JEX THOTH eine ganz außergewöhnliche Gestalt auf der Bühne ist und musikalisch scheint sie heute ganz besonders darauf erpicht zu sein, einen Kontrapunkt zu den eher rockigen Sounds der anderen Bands liefern zu wollen. Doch der Mut zur Langsamkeit mit Songs wie 'Kagemni' oder dem sehr stimmungsvollen 'The Divide' zahlt sich am Ende voll aus. Und auch wenn der Sound - die Gitarren sind kaum mehr als ein Grummeln im Hintergrund - streitbar ist, so glaube ich fast, dass JEX den genau so gewollt hat. Alles sollte dunkel sein und verwabert klingen, nur der Kerzenschein durfte die Bühne beleuchten und das Publikum sollte nicht genau wissen, was für ein Dämon sie gerade heimsucht. Die Reaktionen am Ende sprechen aber dafür, dass das Publikum sich gerne hat verhexen lassen.

Setlist JEX THOTH: To Bury, The Places You Walk, Kagemni, The Divide, And The River Ran Dry, Keep The Weeds, Ehjä

Das Kontrastprogramm kommt dann von den TRUCKFIGHTERS. Diese Band kenne ich zum Konzert-Zeitpunkt nicht und so richtig hat mich der Name auch nie angemacht. Die TRUCKFIGHTERS sind dann auch die heavieste Band im Billing und setzen sich als erstes Ziel, das Publikum wieder im Bewegung zu setzen. Entblößte Oberkörper, Posing, Bühnen-Gehampel, ja, das passt alles gut zusammen, doch meiner Begleitung und mir fehlt hier nach der begeisternden JEX THOTH ein wenig die musikalische Substanz und wir gönnen unseren Ohren eine Pause.

Über ein Live-Konzert der BLUES PILLS gibt es nunmehr kaum etwas mehr zu sagen, was nicht schon gesagt worden wäre. Im Falle der jungen Schweden um Elin Larsson ist dies allerdings nur positiv zu werten, denn das heißt, dass die Band nach wie vor mit Feuereifer am Start ist, vor Energie strotzt und immer noch genauso unbeschwert und jugendlich nach vorne rockt wie vor ihrem großen Durchbruch. Die Musikeraugen richten sich indes mehr und mehr auf die Finger von Gitarrist Dorian Sorriaux, der sich in Gitarristen-Kreisen immer mehr Respekt verdient. Zu Recht wie ich finde, denn gerade die fliegenden Wechsel zwischen facettenreicher Rhythmusarbeit und Solokunst ist beeindruckend. Alles was er spielt, hört sich weder schwer an noch sieht es schwer aus, doch die großen Probleme für den Hobbyspieler werden wohl in dem Moment auftreten, wenn er versucht, dies so nachzuspielen. Und Dorians Klang ist auch toll, auch wenn ich meine, dass der Rhythmus-Sound sich ein wenig in eine metallischere, klirrendere Richtung verändert hat. Ein kleines Zugeständnis an das sich zunehmend aus Metal-Kreisen rekrutierende Publikum?

Der Rest ist wie gehabt. Der Anfang von 'Devil Man' kommt einmal mehr sensationell rüber und der Song könnte schon bald zur Live-Legende werden. Wenn er es nicht schon ist. 'No Hope Left For Me' und 'Astralplane' sind hochklassiger Blues Rock und auch die anderen Lieder kennt und liebt man. Von daher sage ich mal ganz frech: Sollte sich BLUES PILLS morgen auflösen, werden die Leute, die die Band erleben durften, noch in zwanzig Jahren mit einer Mischung aus Freude und Wehmut an diese gute alte Zeit zurückdenken. "Weißt Du noch, die Elin mit ihren langen blonden Haaren, was hatte die für eine Stimme. So etwas gibt es heute gar nicht mehr..."

Setlist BLUES PILLS: High Class Woman, Ain't No Change, Dig In, No Hope Left For Me, Astralplane, Bliss, Elements And Things (TONY JOE WHITE-Cover), Devil Man, Little Sun; Zugabe: Black Smoke

Redakteur:
Thomas Becker

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