Rock im Betonwerk - Mittelbach

27.08.2013 | 21:00

25.07.2013, Betonwerk

Nirgendwo passen Betonelemente, Zementmörtel-Paletten und Musik so gut zueinander wie in "Mettelbach".

Freitag

So, gestern war aufwärmen angesagt, heute bereiten wir uns mal langsam auf die Hitze vor, denn für Samstag sind knackige 36 Grad angesagt. Also heißt es heute, sich mental auf morgen vorbereiten und den Freitag einigermaßen gut überstehen. Jetzt ist auch Leben auf der Hauptbühne eingezogen. NEVERTRUST aus Dresden startet am frühen Nachmittag das heutige Programm. Viel ist noch nicht los vor der Bühne. Der Großteil lümmelt auf dem Zeltplatz herum oder hat sich nach hinten unter einen der großen Sonnenschirme verzogen. Auch das ist ein großes Plus des Festivals. Wo hat man schon in Bühnennähe so viele Sitzgelegenheiten in Form von Biertischgarnituren und eine Menge schattiger Plätzchen? Eben, von daher ist man hier bestens vor dem Wetter gewappnet.

Gestern hielt man es vor Wärme in der Lagerhalle für diverse Baustoffe kaum aus. Jetzt kommt es einem schon fast frisch vor. Das liegt einfach daran, dass für einen Moment mal die Sonne weg ist. Die erste Band auf der Black Stage ist EBONY WALL. Mit ihnen ist eine junge Band mit Heimvorteil am Start, denn sie kommen aus Annaberg-Buchholz. Sie präsentieren eine frische Mischung aus Melodic- und Gothic Metal. Genau das richtige, um wach zu werden. Kann man eigentlich bei den Jungs nach dem Konzert die Beichte ablegen? Die präsentieren sich nämlich in einer Art Priester-Outfit. Sängerin Nina reichen dagegen ein paar einfache, schwarze Jeans. Sie überzeugt viel mehr durch ihre Sangeskunst. Schade, dass noch nicht allzu viele Besucher da sind.

Danach geht es wieder zum Sonnenbraten mit Beschallung. Aus Thüringen hat sich die Pagan-Metal-Truppe XIV DARK CENTURIES angesagt. Bei den Temperaturen macht sich auch gleich ein Vorteil dieses Genres bemerkbar: Man kann mit freiem Oberkörper das Konzert spielen und wirkt dabei immer noch authentisch. Für die Zuschauer vor der Bühne gibt es dafür eine Abkühlung aus dem Wasserschlauch, welcher an beiden Tagen oft in Gebrauch ist und dankbar angenommen wird. 'Zeit der Rache' erklingt als erstes Stück. Die Mannen aus den thüringischen Gefilden legen ein zünftiges Tempo an den Tag, was für jedermann schweißtreibend ist. Vor der Bühne haben sich jetzt auch mehr Besucher eingefunden, nur mit dem mitmachen ist das bei der Wärme so eine Sache. Doch die Band kann mit 'Runibergun' oder 'Donar's Söhne' so langsam die Menge mobilisieren. Frontmann Michel bedankt sich beim Publikum für die Unterstützung. Bei der Hitze und der frühen Uhrzeit ist das keine Selbstverständlichkeit. Mit 'Skithingi' folgt noch ein älteres Stück. Davor heißt es erst einmal die Gitarren neu stimmen, was sich wegen der Hitze notwendig macht. Die Pausen des "Basseurs" nutzt Michel für Smalltalk und fragt in die Runde, wer denn am Donnerstag die beste Band war. Natürlich werden fast alle Bands benannt. Also kein einstimmiges Ergebnis. 'Schlachtgesang' wird als Song von der neuen CD angekündigt. Allerdings ist das Album "Gizit Dar Faida" seit 2011 auf dem Markt. In Thüringen ticken die Uhren wohl anders? Egal, es donnert ordentlich aus den Boxen und die Menge hat Spaß. Als letztes erklingt 'Bragarful' für die Fans, die noch einmal alles geben. Also auch ein toller Einstieg in den Tag auf der Hauptbühne. Am Ende gibt es noch ein Foto von der Bühne, die Leute müssen auf Kommando jubeln. Als Dankeschön dafür gäbe es jetzt für jeden Jubelnden ein Bier vom Sänger. Aber dafür reicht das Geld leider nicht. Sagt er zumindest.

In der Halle geht es weiter mit GORILLA MONSOON. Die Jungs bieten einen tollen Sound an, doch den meisten scheint es dafür noch zu heiß zu sein. Es bedarf etwas Anlaufzeit und Mühe des Sängers, ehe hier in Mittelbach die "Hellrock Inc." so richtig an Fahrt gewinnt. Dabei kann zu den Perlen '50$ Whore' oder 'Damage King' das Haupthaar geschüttelt werden.

"Willkommen in der Dunkelheit!", das klingt angesichts dieser Witterungsbedingungen mehr wie ein Scherz. Doch diese silbernen Gestalten namens STAHLMANN meinen es durchaus ernst und heizen mit musikalischer Untermalung dem Publikum weiter ein. Ihr Sound ist doch recht RAMMSTEIN-lastig, aber die Stimmung passt und alle feiern mit den Jungs aus Göttingen. Sänger Mart stellt auch noch fest, dass diese Band dafür verantwortlich ist, das hieraus ein richtiges Festival wurde. Über mangelnde Resonanz können sich die Musiker auch heute nicht beklagen und so wird beispielsweise zu 'Stahlmann' oder 'Süchtig' abgefeiert. Die silberne Bemalung hat den Vorteil, dass man nicht so sehr sieht, wie die Bandmitglieder schwitzen und so will der Sänger dann auch gleich ungeduscht zur Autogrammstunde gehen. Hat ja eh nicht viel Sinn, denn nach ein paar Minuten schwitzt man sowieso wieder. Das können auch die Fans noch einmal zur letzten Nummer 'Tanzmaschine'.

Extremer wird es im Anschluss in der Halle. Aus Polen ist HATE angereist, um mit einer Ladung Black- und Death Metal gute Laune zu verbreiten. Nach dem Tod des Bassisten "Mortifer" vor zirka einem Jahr macht die Band nun weiter. Sie ließ verlauten, dass bei einigen Shows die Frau des Verstorbenen den Bass bedient. Da sie nicht zu sehen ist, müsste es sich also um Piotr Kolakowski handeln. Die Polen ballen ihre Garstigkeit den Hörern um die Ohren und die lassen die Haare fliegen, wie sich das gehört. Leider ist der Sound nicht so toll und vieles geht im Klangmatsch unter.

Danach ist schwäbische Sparsamkeit angesagt? Mitnichten! KISSIN´ DYNAMITE schickt sich an, lieber zu klotzen, als zu kleckern. Vielen dürfte die Combo aus dem TV bekannt sein. "Hairforce", sage ich da mal nur. Es wird auf der Bühne gepost was das Zeug hält, und Sänger Johannes scheint ein Dauerabo fürs Grinsen abgeschlossen zu haben. Ist der schon immer so dünn? Man mag ihn ein paar Pommes reichen! Na ja, auch wenn es nicht Jedermanns Musik ist, die Jungspunde verstehen es vortrefflich, Party zu machen. 'Sex Is War' oder 'Addicted To Metal' eigenen sich vortrefflich dazu. 'I Will Be King' wird standesgemäß im roten Umhang vorgetragen. Die Untertanen singen fleißig mit. 'Money, Sex & Power' beendet den Gig, der eine Menge gute Laune verbreitet hat, auch wenn man die Band albern finden mag.

Italienischer Symphonic Death-Metal in Form von FLESHGOD APOCALYPSE steht als nächstes auf der Black Stage an. Bis dato noch nicht live gesehen und in Erwartung des neuen Albums "Labyrinth", zu dem es einige Songs im Vorfeld im Netz zu hören gibt, geht es mit guter Laune zu dem Gig. Die Herrschaften sind allesamt recht schick in Anzug mit Fliege gekleidet. Okay, die Beinkleider sind schon etwas verschlissen, aber das muss wohl so sein. In den hinteren Reihen steht eine Dame am Mikrofon. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit legen die Italiener los. Aber das, was sie nun abliefern, ist einfach nur schlimm. Der ganze Sound ist einfach nur furchtbar und zum Ausreißen. Von der Sängerin hört man so gut wie nichts, obwohl sie mit Inbrunst ins Mikro schreit. Viele stehen nur da und verstehen weder die Welt, noch diesen Auftritt, und verlassen mit hängenden Kopf die Halle. Das war wohl nichts.

Umso mehr können die finnischen Krieger von TURISAS begeistern. Hat man diese Truppe als Veranstalter gebucht, so kann nicht viel schief gehen. Nach dem Intro legen die rot-schwarz bemalten Musiker gleich zünftig mit ' The March of the Varangian Guard' los und das Publikum in Mittelbach geht von Anfang an ordentlich mit. Seit dem letzten Konzert, das ich von der Band gesehen habe, hat sich das Besetzungskarussell ordentlich gedreht. Sind doch ein paar neue Gesichter dabei. Doch auch diese Herrschaften wissen, wie man das Publikum begeistert und bei Laune hält. Sänger Mathias Nygård erzählt, dass es vor ein paar Tagen in Slowenien bei ihren Auftritt geregnet hat. Und hier in Ostdeutschland ist es nun so heiß wie auf Tahiti. Er empfiehlt zur eigenen Abkühlung ein Bier. Das schmeckt nun bei der untergehenden Sonne und zu 'To Holmgard And Beyond' oder 'The Great Escape' gleich noch einmal so gut. Dem Trinklied ' One More' geht eine Lobeshymne auf das deutsche Bier voraus. Dabei fällt auch auf: Niemand rollt heute das "R" so schön wie der Sänger. Vom neuen Album "Turisas 213" gibt es das schnelle und tanzbare ' Into the Free' auf die Ohren. Und so wie jede Show seit 1996 endet, ist auch heute mit 'Battle Metal' Schicht im Schacht. Allerdings wären nach Plan noch knapp 10 Minuten Zeit gewesen. Anstatt noch fix ein Stück zu spielen läuft eine ganze Weile das Outro, zu dem man sich ausgiebig feiern lässt. Na ja, wahrscheinlich war es ihnen dann doch zu warm.

Danach fällt es wirklich schwer, sich für ANAAL NATRAAKH zu begeistern. Die Band aus Birmingham hat eine eigenwillige und brutale Mischung aus Black Metal und Grindcore im Gepäck. Das Ganze wird auch noch mit einer fiesen Ladung Thrash kombiniert. Instrumente und Mikrofone werden bis an die Grenzen malträtiert. Auch die Ohren der Anwesenden. Und wem es nicht gefällt, der geht so wie ich einfach mal eine Festivalbratwurst essen. Muss ja auch mal sein.

Zum PAIN-Auftritt will man ja schließlich gestärkt sein. Obwohl es jetzt nicht unbedingt großer Kräfte bedarf, wenn Herr Tägtgren aus seiner Zwangsjacke gelassen wird. Allerdings ist sein Industrial-Metal wesentlich besser zu konsumieren, als das Soundgewitter zuvor in der Halle. Und das macht zudem noch ordentlich Spaß und geht ins Bein. Da der Schwede nicht gerade als Plaudertasche bekannt ist, geht es hintereinander weg. "Come on, Motherfuckers!", schreit er dem Publikum entgegen. Der erste, der heute das böse "F-Wort" benutzt? Zumindest ist es mir bis dahin noch nicht aufgefallen. Oh, er kann doch sprechen! Für die Damen gibt es 'Dirty Woman'. Aber mitsingen dürfen auch die Männer. Und das tun alle gemeinsam gern. 'The Great Pretender' erklingt an diesem Abend und eignet sich ebenfalls sehr gut zum mitsingen oder mittanzen. Das tut jedenfalls der Sänger mit Inbrunst. 'Same Old Song' geht ebenfalls toll in die Beine und das Publikum macht fleißig mit. Als letztes erklingt 'Shot Your Mouth' vom 2002er Album "Nothing Remains The Same". Alles in allem ein solider Gig ohne spektakuläre Einlagen. Aber manchmal reicht auch das eben auch schon, um komplett begeistern zu können.

Während es draußen langsam erträglicher wird, ist es in der Halle kuschlig warm. Dort geht es mit Technical Death Metal aus Bayern weiter. OBSCURA heißt die Band und die Jungs wüten auf der Bühne, als ob es kein Morgen gibt. Schicker Gig und für das erste Live-Erlebnis sehr beeindruckend.

Das soll auch die Show von SUICIDAL TENDENCIES werden. In dem Jahr, als diese Band in einer WG gegründet wurde, bekam ich gerade die Zuckertüte in die Hand gedrückt. Ja, es werden eben alle älter. Doch von alten Herren ist da oben auf der Bühne weiß Gott keine Spur zu sehen! Eigens mit Anheizer angereist, beginnt nach einem kurzen Intro der Aufritt der Hardcore-Legende. Und was soll man sagen, dieser Gig ist von der ersten Minute an einfach nur genial. Mike Muir rennt permanent wie angestochen über die gesamte Bühne. Da ein Foto zu machen, ist fast aussichtslos. Der Rest ist ebenfalls sehr agil und hat Hummeln im Hintern. 'You Can't Bring Me Down' ist die erste Nummer, der ohne Umschweife 'Smash It!' folgt. Im Publikum geht es ab. Der Altersunterschied könnte nicht größer sein, doch gefeiert wird gemeinsam. Und so mancher Jungspund kann von den Alten noch was lernen. Mr. Muir redet auch genauso schnell, wie er über die Bühne flitzt. Im typisch amerikanischen Genuschel sagt er 'Freedumb' an. Basser Steve Brunner kündigt im Anschluss sehr bewegend den Kulthit 'War Inside My Head' vom Album "Join The Army" an. Das ist immerhin Jahrgang 1987. Der Song wird regelrecht zelebriert. Wer da noch ruhig dastehen kann, dem ist nicht mehr zu helfen! Begleitet wird das Konzert übrigens von einer grandiosen Lichtshow. Die geht auch erst so richtig los, als man vorn nicht mehr fotografieren darf. Aber egal, hier steht jetzt die Musik im Vordergrund. Der Ami an sich liebt es ja, sich in Szene zu setzen. Doch was soll ich sagen, das was die Kalifornier hier abziehen, das wirkt nie aufgesetzt, sondern sehr authentisch. Die Kerle haben noch genauso einen Spaß auf der Bühne wie früher. "Any Skateboarders?", fragt der Gitarrist in die Runde. Es schlägt ihm lautes Gebrüll entgegen, denn jeder weiß, dass nun 'Possessed To Skate' folgt. Vor 'Cyco Vision' wird eine Wall of Death ausgerufen. Dass die erste des Tages ausgerechnet bei einer Hardcore-Band passiert, hätte auch niemand gedacht. Vom aktuellen Album "13" gibt es mit 'Who's Afraid?' und 'Slam City' gerade einmal zwei neue Stücke auf die Ohren. Der Groove geht bei 'I Saw Your Mommy' um. Aber nur kurz, dann wird es wieder heftig. Das ruhigere 'How Will I Laugh Tomorrow' geht unter die Haut und auch hiermit können die Jungs im Mittelbach punkten. 'Pledge Your Allegiance' lässt noch einmal alle zu Hochform auflaufen, ehe das schweißtreibende Konzert zu Ende ist. Und das relativ unspektakulär, denn die Band ist ziemlich fix verschwunden, ohne große Verabschiedung. Naja, was soll's, es war wirklich toll, die Helden der Jugend doch einmal im Leben live erleben zu können. Dass das ausgerechnet in Chemnitz passiert, hätte ich auch nicht gedacht. Danke, Herr Schulzki, für's buchen und ja: Immer wieder gern!

Wie heißt es doch so schön: Wenn es am schönsten ist soll man aufhören. Und so finden die Auftritte von LOCK UP, BRUTAL TRUTH und den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS ohne uns statt.

 

Viel Spaß noch und bis morgen!

Redakteur:
Swen Reuter
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