Sturm und Klang-Festival - Hamburg

07.04.2015 | 13:36

28.03.2015, Grünspan

VOGELFREY lädt zum ersten eigenen Festival. Mit dabei: INCANTATEM, OFF LIMTS, HARPYIE und ADORNED BROOD.

Als ich im Grünspan ankomme, ist das Konzert von INCANTATEM schon im vollem Gange und ich werde vor allem von zwei Dingen überrascht: Die bereits um 18 Uhr gut gefüllte Location und die Performance der Band, die viel mehr überzeugt als auf der Debüt-EP "Durch die Nacht". INCANTATEM ist eine neue Band aus Hamburg, die sich wie die anderen Bands heute Abend grob dem Mittelalter-Metal verschrieben hat. Mit dabei: Die VOGELFREY-Cellistin Johanna, ebenfalls am Cello. Die ersten Besucher lassen sich zum Mitspringen animieren und feiern die Band ab, als ob es nicht ihr Bühnen-Debüt wäre. Starker Auftakt und starker Auftritt! Wenn ihr könnt, schaut euch die Band live an.

OFF LIMITS begeistert mit locker-fröhlichem Folk Rock, der sehr kurzweilig tönt. Der Schlagzeuger soll, wenn ich es richtig vernommen habe, einmalig eingesprungen sein, was sonst aber nicht weiter aufgefallen wäre. Am prägnantesten ist das Spiel der Geigendame Julia, das der Musik einen starken Stempel aufdrückt. Flöten in allen Größen dürfen genauso wenig fehlen wie die Bodhrán oder das sehr mittelalterliche Didgeridoo. Die Band aus Oldenburg, insbesondere die beiden Sänger Marco und Marcus, haben eine Menge Spaß in den Backen, der Funke springt sofort über. Dafür, dass es eigentlich kein Metal ist, ist es wirklich gut gemacht und lässt nicht nur in den ersten Reihen das Tanzbein schwingen.

Vor dem Headliner spielt nun HARPYIE auf - die SPORTFREUNDE STILLER der Mittelalterszene. Da HARPYIE für den Soundcheck viel zu lange benötigt, ist die Stimmung etwas gedämpft, dass die Gitarre im ersten Song nicht funktioniert, ist ein weiterer Dämpfer. Doch auch nachdem endlich alle spielen, wollen mir die HARPYIEn nicht so recht gefallen. Das mag einmal am Gesang liegen, der zu schwachbrüstig daher kommt (und mich negativ an besagte Deutschpop-/NDW-Band) erinnert), aber auch das Soundbild klingt nicht differenziert (nein, dafür ist nicht nur der Tonmann verantwortlich), geschweige denn, dass die gelegentlich eingestreuten Metalcore-Breakdowns Sinn machen würden. Allerdings zeigt Sänger Aello die Windböe an sich eine gute Performance und Bühnenpräsenz. Das alles habe ich allerdings von der Band selbst schon mal besser gesehen. Aber gut, Zeit, sich mal was zu trinken zu holen.

Nun wieder eine kurze Umbaupause. Diese gestalten sich übrigens als äußerst unterhaltsam, da konsequent sämtliche METALLICA-Klassiker abgespielt werden. Das freut ganz offensichtlich nicht nur mich.

So, auf zu meinem neunten Konzertbericht von VOGELFREY für POWERMETAL.de. Der Innenraum wird schlagartig voll, als die Festivalveranstalter die Bühne betreten. Die Band präsentiert Songs ihres gleichnamigen Albums, welches sich momentan in den letzten Zügen der Fertigstellung befindet. Da die Besucher die neuen Songs naturgemäß noch nicht kennen, stellt Sänger Jannik sie kurz vor und animiert zum Mitsingen der Refrains, was Dank der Eingängigkeit gut klappt. Nun folgt eine Setlist, in der sich alte und neue Songs im steten Wechsel befinden. Dem neuen Opener 'Sturmgesang' folgt also '6 Vaganten', wozu sofort wild drauflos getanzt wird. Positiv zu bemerken ist, dass Dennis' Gitarrenspiel im Gegensatz zu früheren Erfahrungen gut zu hören ist, VOGELFREY ist schließlich immer noch eine Metalband. Dagegen gehen die Streicher, insbesondere die Geige, im Sound leider des Öfteren unter. Auch fällt positiv auf, dass Geiger Alex viel selbstbewusster auf der Bühne agiert als zuvor, er und Jannik schmeißen die Show beinahe im Alleingang.

Apropos: Showtechnisch lassen die sechs Hamburger nichts anbrennen und warten nicht nur mit neuen Kostümen und Bühnendeko auf, sondern auch mit einer Chirurgen-Einlage (zum neuen Song 'Der Chirurg') inklusive Hackmesser, "Opfer" und Kunstblut. Darauf sind einige Fans wohl nicht vorbereitet und scheinen etwas geschockt. Sowieso ist auffällig, dass die neuen Songs nicht nur straighter und eingängiger sind, auch fallen sie um einiges düsterer aus und gehen thematisch weniger aufs Mittelalter ein, sondern mehr auf Naturgewalten und seine Nebenerscheinungen (RAMMSTEIN trifft Mittelalter-Metal?). Aber keine Angst, dagegen gibt es immer noch Songs wie 'Tandaradei!' (Ohrwurm par excellence!), 'Hörner Hoch' (die neue Hymne?) und die Piratensongs 'Rolling Home' und 'Gold' (inklusive essbare Goldtaler, die von einem Henker ins Publikum geworfen werden). Songs zu spielen, die keiner kennt, kann auch in die Hose gehen, VOGELFREY kann die Situation aber gut für sich nutzen und hat gespannt auf das neue Material gemacht und lässt mit bekannten Nummern wie 'Lindwurmmassker', 'Waffenbruder' (der Höhepunkt für viele) und 'Heldentod' trotzdem keine Wünsche offen. Der Preis für die beste Performance des Konzertes, wenn nicht gar des Abends, geht an Sänger Jannik (auch gelegentlich an den Rauschpfeifen, der E-Gitarre oder der Bouzuoki), der nicht nur einen erstklassigen Frontmann abgibt, sondern auch phänomenal (gut verständlich, tonal sicher, ausdrucksvoll) singt. Höhepunkt für mich ist das für VOGELFREY eher untypische, schwermütige 'Auge des Orkans', womit die Band sich dann auch nach über 90 Minuten verabschiedet.

Setlist VOGELFREY: Sturmgesang, 6 Vaganten, Tandaradei!, Abschaum, Schuld ist nur der Met, Land unter, Der Chirurg, Gold, Lindwurm Massaker, Knochenchor, Waffenbruder, Strohfeuer, Hörner hoch!, Feenfleisch, Apocalypsis, Rolling Home, Der Tusch!, Heldentod, Auge des Orkans


Mit ADORNED BROOD tritt nun die härteste Band des Abends auf die Bühne. Ihr Viking/Pagan/Death-Metal mit Querflöte kommt bei den noch Verbliebenen gut an, es ist aber deutlich bemerkbar, dass der Headliner schon gespielt hat. Die Band spielt absolut professionell und mit viel Elan und kann so nochmal das Letzte aus dem Publikum holen. Ich für meinen Teil habe allerdings langsam genug von Dudel- und epischer Heldenmusik, auch wenn er so gut vorgetragen wird wie von ADORNED BROOD.

Ein gelungener Abend geht zu Ende, den VOGELFREY gut organisiert und zusammengestellt hat. Chapeau! Vielleicht bis nächstes Jahr?

Weitere Bilder gibt es in der Gallerie!

Redakteur:
Jakob Ehmke

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