Subway To Sally - Potsdam

02.01.2008 | 23:49

30.12.2007, Lindenpark

Eric Fish ist begeistert. "Wenn es einen Moment gibt, wo man weiß, dass alles richtig ist, dann ist er jetzt gekommen", ruft er der entfesselten Fanschar zu, die seit knapp zwei Stunden ihm und seiner Band SUBWAY TO SALLY zujubeln. Der 'Veitstanz' folgt - und noch einmal können sich alle Fans drehen, ihre Glieder schütteln, einfach tanzen ... wie jedes Jahr spielen die Potsdamer in ihrer Heimatstadt am 30. Dezember im Lindenpark, dem Konzerthaus, in dem sie auch ihren ersten Auftritt überhaupt absolvierten. Und wie jedes Jahr ist der Saal ausverkauft, rund 800 Leute drängeln sich um die beste Sicht auf die Band, trinken Bier, feiern ein frühes Silvester. "Wir haben heute ein Jubiläum", verkündet der ewig jung wirkende Gitarrist Bodenski freudestrahlend: Seit nunmehr zehn Jahren ist jedes dieser legendären Konzerte ausverkauft.

Dass der 30. Dezember 2007 locker in dieser Historie mithalten kann, liegt auch an der Vorband. Denn wo sonst bei SUBWAY TO SALLY oft auch Support-Acts spielen, die den Glanz der Mittelalter-Rocker noch mehr betonen - man erinnere sich an Gurken wie LEAVES' EYES -, sind diesmal DEEP TRIP aus der Schweiz als Anheizer eingeladen. Nachdem sie von Eric Fish als "angenehme Begleitband" angekündigt werden, legen sie postwendend los, überzeugen als nette Mischung aus NICKELBACK und APOCALYPTICA. Gerade eben haben die jungen Burschen ihr selbstbetiteltes Debüt auf die Menschheit losgelassen und viel Lob dafür eingeheimst - und auf der Bühne klingt das Material ähnlich überzeugend. Dabei bilden zwei Kontrabässe, eine Violine und eine Akustik-Gitarre den klanglichen Rahmen, zu dem Sänger Claudio Moser seine grungige Stimme erheben kann. Zwar werden manches Mal noch fetzigere Ansätze mit zu mainstreamigen Stadion-Rock-Anleihen abgewürgt, doch ansonsten präsentieren sich die Eidgenossen als durchaus spielstarke Truppe. Am Ende klatscht das Publikum sogar bei einem Violinen-Solo lautstark mit - was aber offenbar eindeutig an der Musik und nicht an dem etwas unbeholfen wirkenden "Strip" des Frontmanns liegt, der sich seiner Oberbekleidung entledigt und darauf explizit hinweist ...

SUBWAY TO SALLY haben solche Anbiederungsversuche längst nicht mehr nötig. Zu groß sind sie als Band inzwischen geworden, ihren Status können sie nun feiern. Das tun sie in Potsdam mit Genuss. So holt Eric Fish bei den wunderbar kitschigen 'Eisblumen' eine junge Dame aus dem Publikum auf die Bühne und überreicht ihr nach einiger Tänzelei eine gefroren aussehende Rose. Dazu dieser Refrain: "Wir sind wie Eisblumen, wir blühen in der Nacht, wir sind wie Eisblumen, viel zu schön für den Tag..." Doch SUBWAY TO SALLY können auch anders, gerade die verschiedenen Facetten der Band haben ihr wohl den Erfolg beschert: So riecht es bei dem energisch vorgetragenen 'Feuerland' nach Benzin, weil auf der Bühne reihenweise Pyros explodieren. Auch der Anti-Kirchenklassiker 'Falscher Heiland' entpuppt sich wieder einmal als Granate. Viele solcher Hits erklingen noch an diesem Abend: 'Es kommt ein Sturm' auf die Fans zu, sie können den 'Tanz auf dem Vulkan' fühlen, sie rennen in 'Unentdecktes Land', sie sehen die 'Henkersbraut' und das 'Kleid aus Rosen' ... "Seid ihr mit uns?", ruft Frontmann Eric Fish mehrmals. Alle schreien ihre Zustimmung heraus.

Die Fans werden auch nächstes Jahr gebraucht. Denn SUBWAY TO SALLY werden das Land Brandenburg beim Bundesvision Song Contest am 14. Februar in Hannover vertreten. Die Potsdamer Fangemeinde muss das Spektakel dabei nicht im Fernsehen bei Pro Sieben verfolgen: Im Lindenpark wird an dem Tag eine Großleinwand installiert, um den Auftritt zu sehen. Der Eintritt ist frei. "Hier könnt ihr uns zum Sieg in Hannover feiern", ruft Fish dem begeisterten Publikum zu. Der Bundesvision Song Contest ist in Anlehnung an den Eurovision Song Contest entstanden. Bisherige Gewinner des Wettstreits, der seit 2005 ausgetragen wird, waren JULI aus Hessen, die Berliner Band SEED und OOOMPH! aus Niedersachsen. Bei dem Wettkampf geht es um die Förderung deutschsprachiger Musik: Teilnahmebedingung ist also, dass mindestens 50 Prozent der Texte deutsch sein müssen. Der Sieger wird per Telefon/SMS-Abstimmung von den Zuschauern bestimmt. SUBWAY TO SALLY haben sich mit dem Song 'Auf Kiel' von ihrem aktuellen "Bastard"-Album beworben. Doch auch die Konkurrenz in Hannover ist beachtlich: Unter anderem treten MADSEN und die SPORTFREUNDE STILLER auf. Doch wer mag an diesem Abend im Lindenpark denken, dass SUBWAY TO SALLY verlieren könnten? Die Inbrunst, mit der Songs wie 'Sieben' gespielt werden, ist greifbar. "Und - der Schrei!", ruft Eric Fish seinen legendären Schlachtruf in die Massen. Die bekommen noch den Evergreen 'Julia und die Räuber' geschenkt, dann eben den 'Veitstanz' – und schließlich zum Schluss das 'Seemannslied'. Ein perfektes Silvesterfest endet in der melancholischen Stille des Heimwegs.

Redakteur:
Henri Kramer

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