Turisas - Karlsruhe

19.04.2008 | 15:10

19.03.2008, Substage

Was gibt es Schöneres für einen Heiden, als in der heiligen Karwoche zu NORTHER und TURISAS zu gehen? Richtig, nichts. Also ab ins Auto und nach Karlsruhe in die "Substage" gedüst. Die Lokalitäten gefallen mir sehr gut, denn die ausrangierte Unterführung hat irgendwas Undergroundiges an sich (ich werde es bei diesem schlechten Wortwitz belassen). Das letzte Mal, als ich TURISAS live sah, waren sie noch die Vorband der APOKALYPTISCHEN REITER. Wie man mit nur zwei Alben eine neunzigminütige Headliner-Show spielen möchte, ist mir zwar schleierhaft, aber mal schauen.

Die "Substage" ist gut gefüllt, als NORTHER gegen 21.10 Uhr die Bühne stürmen. Die Finnen um ENSIFERUM-Frontmann Petri Lindroos legen mit ihrem melodischen Death Metal gleich ordentlich los. Sehr stilecht gibt sich dabei Bassist Jukka Koskinen, der mit einer "Burger King"-Krone erscheint. Die Köpfe im Publikum fangen sofort an zu kreisen, und die Stimmung ist von Beginn an prächtig. Ebenso der Sound, denn sowohl die Gitarren als auch die Drums sind glasklar und werden von echten Könnern gespielt. Auch Petri am Gesang überzeugt stimmlich voll. Nur ist da das gleiche Problem, dass ich bei ihm schon bei meinem letzten ENSIFERUM-Konzert bemerkt habe: Für einen Frontmann fehlt ihm einfach Bühnenpräsenz und Charisma. So stellt ein Kollege von mir treffend fest: "Der hat eine Ausstrahlung wie ein toter Fisch." Aber ehrlich gesagt braucht eine Band wie NORTHER mit ihrer musikalischen Mischung aus CHILDREN OF BODOM und WINTERSUN auch keine große Bühnenshow, denn die Songs beschäftigen die Fans genug mit Headbangen und Moshen. Die Finnen werden frenetisch abgefeiert, denn Songs wie 'Down', 'We Rock' oder 'Black Gold' bringen ordentlich Stimmung in die Bude. Nach vierzig Minuten ist mit 'Self-Righteous Fuck' leider Schluss.

NORTHER-Setlist:

My Antichrist
Down
Blackhearted
Unleash Hell
Omen
We Rock
Frozen Angel
Death Unlimited
Black Gold
Self-Righteous Fuck

Um 22.15 Uhr stürmen dann TURISAS die Bühne, und zwar (kunst-)blutverschmiert und in Felle gehüllt. Die Besucher drehen sofort ab, und es wird gesungen, geschunkelt, gehüpft und gepogt, was die Finnen sichtlich beeindruckt. Mit 'To Dnieper Rapids' wird der Set gestartet, der sein Augenmerk hauptsächlich auf das neue Album "The Varangian Way" legt. Auch die neue Akkordeonspielerin wird dem Publikum vorgestellt: siebzehn Jahre, blondes Haar, und sie spielt genauso gut wie ihr Vorgänger - da haben die Finnen einen guten Tausch gemacht. Ich frage mich zwar, wer seine minderjährige Tochter mit dieser Horde auf Tour gehen lässt, aber egal. Das Karlsruher Publikum zeigt sich sehr diszipliniert, denn ich vernehme keinerlei "Ausziehen!"- Rufe oder Ähnliches. Der Sound ist perfekt, und die Party ist klasse. Warlord Nygaard preist das deutsche Bier mit Aussprüchen wie "Fucking excellent beer!" in bester Joey-DeMaio-Manier und scheint auch schon einige davon genossen zu haben, denn ab und an lallt er bei seinen Ansagen hörbar. Aber was ein richtiger Finne ist, der kann das ab, denn bei seiner Bühnen- und Gesangsperformance merkt man davon absolut nichts. Respekt! Da passt es natürlich sehr gut, dass nach der Ansage "Bier, Gemütlichkeit" der Song 'One More' gespielt wird. Auch die fünf jungen Herren neben mir lassen sich das nicht zweimal sagen und sprechen dem Gerstensaft kräftig zu, und ich denke mir, dass die am nächsten Tag ordentliche Kopfschmerzen haben werden. Nicht wegen eines Katers, sondern weil sie direkt unter einem Abluftrohr stehen, trotzdem den Aufforderungen zum Hüpfen pflichtbewusst folgen und sich dabei regelmäßig den Kopf anhauen.

Die Stimmung ist prächtig, und Songs wie 'In The Court Of Jarisleif', 'Messenger' oder 'Miklagard Overture' werden total abgefeiert. Diese hervorragende Stimmung wird nur ein wenig gedrückt, weil TURISAS die Bühne nach nur einer knappen Stunde schon verlassen. Zwar hören sie die zahlreichen "Zugabe!"-Rufe, doch fällt die Zugabe mit 'Rasputin' und 'Battle Metal' etwas dürftig aus, was meiner Meinung nach unverständlich ist, wenn man bedenkt, dass gerade so ein genialer Song wie 'As Torches Rise' nicht gespielt wird. So bleibt mein Fazit geteilt: TURISAS sind eine tolle Live-Band, aber wohl doch noch kein wirklicher Headliner. Vielleicht sollte man sie und NORTHER eher als gleichberechtigte Partner sehen. Aber egal: Spaß gemacht hat es auf jeden Fall, auch wenn es ein wenig zu kurz war.

TURISAS-Setlist:

Intro
To Dnieper Rapids
To Holmgard And Beyond
Portage To Unknown
One More
Flash
In The Court Of Jarisleif
Messenger
Miklagard Overture
----
Rasputin
Battle Metal

Redakteur:
Martin Schneider

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