Tuska Open Air - Helsinki (FIN)

26.07.2006 | 23:55

30.06.2006, Kaisaniemi Park

Billig-Fluglinien sind schon was feines! Im Frühjahr diesen Jahres stolperte ich als erklärter Fan der finnischen Musik-Szene erstmalig über das Billing der neunten Ausgabe des berühmten TUSKA Open Air Metal Festivals mitten in Helsinki, aber zum Preis einer regulären Airline hätte ich mich vermutlich nicht auf den Weg in die finnische Hauptstadt gemacht. Dann sprang jedoch die Fluggesellschaft Air Berlin auf den Plan, die seit dem 1. Mai Helsinki im Programm hat, und bot Tickets für je 58 Euro hin und retour. "Kiitos", sage ich da nur, danke! Alles weitere (kostenlose Unterkunft bei Bekannten, Akkreditierung) ergab sich ebenfalls auf wundersame Weise, und so stand meinem ersten Helsinki-Erlebnis nichts mehr im Wege.

Die hübsche Hafenstadt überraschte mit sommerlichen Temperaturen, die dank der lauen Meeresbrise jedoch stets erträglich blieben, und begeisterte mit sehr viel Natur (falls es euch einmal dort hin verschlägt, plant unbedingt einen Extra-Tag für die Festungsinsel Suomenlinna ein, die man bequem mit der Fähre zum Preis eines regulären Öffi-Fahrscheins erreichen kann), freundlichen Menschen und nahezu endlos langen Tagen. Mehr als eine zaghafte Dämmerung für ca. zwei bis drei Stunden pro Nacht bekommt man zum Sommeranfang nämlich nicht geboten.

Das TUSKA-Festival schließlich befand sich mitten in der Stadt, im Kaisaniemi-Park unweit des Hauptbahnhofs. Auf einer Hauptbühne, der Radio City Stage, und zwei parallel laufenden kleinen Bühnen, der Sue Stage und der Inferno Stage, spielten Bands nationalen und internationalen Kalibers. Wer nach dem Ende des offiziellen Festivals gegen 23 Uhr noch nicht genug hatte, bekam in mehreren Clubs ein musikalisches Rahmenprogramm geboten. Anders als bei deutschen Festivals wurde regulären Besuchern kein Festival-Armbändchen verpasst, sondern sie mussten - einmal auf dem Gelände - den kompletten Tag dort verbringen, um die Anwohner in unmittelbarer Nähe des Geländes vor unnötiger Lärmbelästigung zu bewahren. Immerhin boten die Veranstalter als Ausgleich einen Mini-Supermarkt auf dem Festival-Areal, in dem man beispielsweise kleine Flaschen Mineralwasser für ca. 50 Cent oder Cola für 1,50 Euro kaufen konnte - ein fairer Preis! Überhaupt waren auch von auswärts mitgebrachte Plastikflaschen oder Dosen - auch mit alkoholischen Getränken - ohne Begrenzung erlaubt. Lediglich die Entsorgung derselben gestaltete sich etwas schwierig - die Schlangen vor dem Dixi-Toiletten waren zu jeder Tageszeit sehr lang. Und auch das Essensangebot auf dem Gelände sah weniger lecker aus - aber die Zweiklassen-Gesellschaft der normalen Besucher und der "VIPs" kennt man bei uns leider auch. Die sich übrigens auch auf das Thema "Fußball-WM" übertrug - wer kucken wollte, musste schon ein Wichtig-Bändel um den Hals haben, um sich Backstage vor den Flachbildschirm hocken zu können.

Auffälligster Unterschied für uns deutsche Gäste waren die zum Teil extrem herausgestylten einheimischen Fans. Vor allem am ersten Festival-Tag stolzierten Gothic-Girls auf zentimeterhohen High Heels oder kaum niedrigeren Plateauschuhen äußerst trittsicher übers Gelände. Dazu hochtoupierte Frisuren, versehen mit Dreiecks-Kopftüchern, die bei uns schon seit Jahren aus der Mode sein dürften, unwahrscheinlich viele Dreadlock-Kunstwerke, Miederoberteile und Röcke, wohin das Auge reichte - und auch die Jungs standen den Damen nur unwesentlich in Sachen Styling nach. Auffallen um jeden Preis lautet hier offenbar die Devise, egal ob die Speckrollen der zahlreichen, extrem beleibten Mädels unter dem trendigen Oberteil hervorquellen oder nicht.

Und natürlich gibt der Finne sein Handy nur im äußersten Notfall aus der Hand. Solltet ihr jemals von einem finnischen Bekannten angerufen werden und ihr hört nebenbei ein leichtes Plätschern, wundert euch nicht - auch auf dem Stillen Örtchen wird munter weitertelefoniert.

A propos "menschliches Bedürfnis" - auch diesbezüglich ging es auf dem TUSKA erfreulich gesittet zu. Die nette, aber wachsame Security hatte stets ein Auge auf "Wildpinkler" und ermahnte jeden, der zwei Meter neben einem Dixi sein Geschäft verrichtete, zog außerdem Glasflaschen aus dem Verkehr, beschlagnahmte freundlich, aber bestimmt unerlaubt eingeschmuggelte Videokameras oder sorgte dafür, dass Crowdsurfer, Stagediver und Moshpit-Anzettler keine Chance hatten.

Somit präsentierte sich das TUSKA-Festival als extrem stressfreies und friedliches Festival, auf dem die stetig über das Gelände kreisenden Möwen obendrein einen unvergesslichen Anblick boten. Dank der Hilfe der Kolleginnen vom Stalker-Magazin war es uns (Elke und unserer "Finnland-Korrespondentin" Ricarda) möglich, wenigstens den größten Teil der Bands abzudecken. Ein herzliches "Kiitos" geht daher an Samira Alinto (Fotos/Berichte), Pia Sundström (Fotos) sowie Klaudia Weber (Berichte).

Redakteur:
Elke Huber

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