Wave-Gotik-Treffen 2001 - Leipzig

19.06.2001 | 03:10

01.06.2001, diverse Veranstaltungsorte

Samstag, 02.06.2001


AGRA-Halle

DIE ART
Überpünktlich um 17.10 Uhr enterten die Lokalmatadore von DIE ART die AGRA-Bühne. Mit ihren 15 Jahren Bandgeschichte zählen die Gothic Rocker mit Hang zum Poppigen zum Urgestein der Szene und erfreuen sich besonders im ehemaligen Ostdeutschland einer großen Zahl von Fans, was allein schon die ordentliche Anzahl an Hör- und Schaulustigen belegte, die sich, trotz der relativ frühen Stunde, in der Halle eingefunden hatten. Ohne große Umschweife legte man auch gleich los, auf eine aufwendige Bühnenshow oder Effekte wurde verzichtet. Einzig der Nebel schien es der Band angetan zu haben, und so war Sänger Makarios stets bis zur fast völligen Unkenntlichkeit von dicken Schwaden Trockeneises eingehüllt. Während den 45 Minuten Spielzeit wurden mit u.A. \"I Want My Planet Back\" mehrere Stücke des im Januar erschienenen Albums \"Last\" zum Besten gegeben, aber natürlich bekam man auch älteres Material aus der langjährigen Bandhistorie, welche mittlerweile neun Longplayer umfasst, zu hören. Leider wirkten die Lieder ziemlich gleichförmig, so dass man, hatte man einen Song gehört, bereits wusste, wie die folgenden wohl auch klingen würden. Das machte die ganze Sache etwas langatmig - trotzdem stellte der Auftritt von DIE ART eine nette Unterhaltung da.
(Kathy)

GIRLS UNDER GLASS
Volker Zacharias, Hauke Harms und Axel Ermes, kurz die GIRLS UNDER GLASS, durften dann, nachdem vor ihnen CRUZIFIX N.C. die Bühne unsicher gemacht hatten, um 19.40 Uhr die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten. Ihre Mischung aus düsterem Elektro und harten Gitarren zeigte auf Anhieb gute Wirkung bei dem nun schon sehr zahlreich anwesendem schwarzen Volk: Viele ließen sich von den tanzbaren Rhythmen mitreißen - Totentänzer schossen quasi wie Pilze aus dem Boden. Mit Stücken aus dem 95er-Album \"Crystals & Stones\" wie beispielsweise \"Die Zeit\" oder \"Is This The Place\" vom 99er-Werk \"Equilibrium\" wurden mal härtere mal melodiösere Töne angeschlagen und bildeten so ein abwechslungsreiches Programm. Dazu tigerte Sänger Volker unermüdlich über die fast ausschließlich in rotes Licht getauchte Bühne und brachte so selbst noch eine Portion mehr Dynamik in den ohnehin schweißtreibenden Auftritt der \"Mädels unter Glas\" mit ein. Zum Abschluss legte man mit \"Frozen\" eine sehr eigenwillige Coverversion des gleichnamigen MADONNA-Songs vor - man brauchte erstmal einige Zeit, um das Stück überhaupt wiederzuerkennen.
Abschließend lässt sich sagen, dass die GIRLS UNDER GLASS genau die richtigen Anheizer für den folgenden Act abgaben, nämlich einer Formation aus Österreich, welche jedem eigentlich hinlänglich bekannt sein dürfte...
(Kathy)

L\'AME IMMORTELLE
Die Schlangen vor der AGRA-Halle wuchsen und wuchsen - L\'AME IMMORTELLE scheinen sich Jahr um Jahr mehr Beliebtheit beim Publikum zu erfreuen. Ärgerlich, dass auch hier 15 Minuten vor dem planlich festgelegten Konzert begonnen wurde und man promt den Anfang verpasste. Naja, halb so schlimm. War die rappelvolle Halle erstmal erreicht, konnte man sich jedenfalls an einer energiegeladenen Show der Wiener erfreuen. Während die feuerrote Sonja Kraushofer es vorzog, stilvoll und versunken zwischen dem Bühnenequipment zu tanzen, raste Sangespartner Thomas Rainer wie von der Tarantel gestochen von einem Eck zum anderen, feuerte die Menge an und verausgabte sich zusehends - sein Gesicht nahm bald einen gesunden, an Himbeeren erinnernden Farbton an. Nach \"Judgement\" und \"Voiceless\", beide für die Tanzfläche geeignete Stampfer aus dem aktuellen Album \"Dann Habe Ich Umsonst Gelebt\", durfte Thomas sich mit dem beliebten \"Die Zeit In Der Die Freundschaft Starb\" erstmal solo auf der Bühne austoben, derweil Sonja sich an die Seite von Keyboarder Hannes Medwenitsch zurückzog, um ihrerseits auch mal in die Tasten zu hauen. Mit \"Licht Und Schatten\" stand die erste Ballade an, endlich wurde den Tanzbeinschwingern etwas Pause gegönnt und die Feuerzeuge herausgekramt. Und da langsame romantische Songs ja so schön sind, wurde im Anschluss gleich noch \"Another Day\" geliefert, die wunderschöne, allein von \'Red Sonja\' intonierte Schmachtschnulze von der \"Wenn Der Letzte Schatten Fällt\"- Scheibe. Danach hieß es aber schnell wieder die Taschentücher wegstecken, denn mit \"Bitterkeit\" folgte ein absoluter Bandklassiker, was Thomas natürlich erneut dazu nutzte, eifrig das Publikum zu animieren, welches auch begeistert mitging und am Ende des Stücks in lauten Jubel ausbrach. Weiter ging es mit Tanz-Hämmern wie \"Changes\", \"Slut\" und \"Epitaph\" bis man mit \"Life Will Never Be The Same Again\" einen weiteren Höhepunkt des Konzertes erreichte. Hier wurde die \"alte\" elektronische Version vom Debütalbum \"Lieder Die Wie Wunden Bluten\" zum Besten gegeben, leider nicht die \"gotische\" Neufassung mit Sean Brennan von LONDON AFTER MIDNIGHT - was sich eigentlich angeboten hätte, da die Amerikaner nur gute zwei Stunden später ebenfalls in der AGRA auftreten sollten. \"Dead Actor\'s Requiem\", dezent von Cello und Violine begleitet (beide Instrumentalisten hatte man sich offenkundig von den Kollegen JANUS ausgeliehen), läutete schließlich das Ende des L\'AME IMMORTELLEschen Wirkens ein, doch lautstarke \"Zugabe\"-Rufe ließen das Trio nochmals auf der Bühne erscheinen. Mit \"At The End\" wurde die Halle nochmal richtig zum kochen gebracht, bevor man sich endgültig verabschiedete.
Ein rundum gelungener Auftritt, keine Frage - L\'AME IMMORTELLE wissen es, auch ohne spektakuläre Light- und Bühnenshow zu überzeugen. Und das nicht zu knapp.
(Kathy)

VELJANOV
Dass VELJANOV einer der Headliner des diesjährigen Wave-Gotik-Treffens war, ist unumstritten, denn wo man sich über die Konzertbesuche für den Samstagabend auch unterhielt, der Auftritt von IHM in der Agra-Halle durfte nirgendswo fehlen. Alexander VELJANOV, der auch schon mit DEINE LAKAIEN große Erfolge erzielte, ist wohl einer der wenigen Frontmen, die auch wirklich singen können, aber was will man von jemandem erwarten, der es sogar einmal in Betracht zog, klassischen Gesang zu studieren?
Die großen Erwartungen der Fans wurden keineswegs enttäuscht, schon bei seinem ersten Song \"The Sweet Life\" überzeugte der \"Mann mit der komischen Frisur\" vollkommen. VELJANOVs sensationelle Stimme erfüllte in sekundenschnelle die große Halle, bis auch die letzten Skeptiker von seinem Können überzeugt waren. Nach dem Lied \"Lay Down\", ein Stück seiner ersten CD \"Secrets Of The Silver Tongue\", begrüßte der begnadete Sänger erst alle Besucher bekannter Städte Deutschlands und dann noch die Europas. Er scheint mit der Auswahl der Städte Erfolg gehabt zu haben, denn aus irgendeiner Ecke wurde die Begrüßung immer erwidert. Bei den Liedern zeigte sich das Publikum jedoch sehr verhalten, was nicht minder daran lag, dass die Musik weniger zum Party machen als zum genießen und zuhören geeignet war. Dennoch, bei \"Jezebel\" konnte man hier und da doch einige Fans erblicken, die sich im Rhythmus der Musik bewegten und mitsangen. Der Gesang ist es, der ein Konzert des Solisten Alexander VELJANOV ausmacht, daher war es auch nicht weiter schlimm, wenn man sich fernab der Bühne auf den Fußboden setzte, um den Klängen zu lauschen, denn verpassen tat man dadurch wahrlich nichts. Auf der Bühne wurde so gut wie nichts geboten. Musikalisch allerdings war für jeden etwas dabei. Von ruhiger Kuschelmusik bis hin zu rockigen Stücken wurde alles gespielt und mit dem neuen Hit \"Fly Away\" hat der Frontmann dann vollends seine Anhänger begeistert.
Wie überrascht waren diese erst, als VELJANOV den Song \"Will You Be There\" von DEINE LAKAIEN zum Besten gab. Ein wenig verfremdet, aber ein voller Erfolg. Das sollte noch nicht alles gewesen sein, denn wie erstaunt schaute man drein, als man als zweite Zugabe den Elvis-Hit \"You Are Always On My Mind\" vernahm? Die Stimmung war unschlagbar und nach großem Applaus verließ die Band, bestehend aus Cellist, Gitarrist, Bassist, Drummer und Keyboarder, die Bühne. Selbst aus den hintersten Ecken hörte man noch vereinzelt Zugaberufe, aber die straffe Programmorganisation machte eine weitere Zugabe nicht mehr möglich und wenige Sekunden später wurde auf der Stage schon wieder für die nächste Band umgebaut.
(Alke Diepenbrock, www.gothicparadise.de)

LONDON AFTER MIDNIGHT
Was für eine Mogelpackung..., da machen alle ein Riesengewese darum, dass einer DER amerikanischen Gothic-Bands schlechthin zum WGT kommt - tja, und dann kriegt man sowas geboten. Idole hin oder her, aber was die Herren Brennan, Tamlyn, Areklette, Avery und Skye da boten, war mehr als lausig. Lustlos und mit dem Enthusiasmus einer Packung Schlaftabletten stand die androgyne Combo mehr oder weniger stoisch auf der Bühne und ratterte einen Song nach dem anderen runter. Von Leidenschaft oder Engagement keine Spur, eher legte man arrogantes Verhalten an den Tag - so verschwand man schonmal für einige Minuten wieder hinter der Bühne oder legte längere Pausen zwischen den Liedern ein. Immerhin war man sich nicht zu fein, auch mal ein paar Worte ans Publikum zu richten, wohl gezwungenermaßen. Man will es sich ja nicht ganz mit den Leuten versauen... . Dem begeisterten Beifall, den LONDON AFTER MIDNIGHT für ihr schwaches Programm ernteten, konnte ich mich jedenfalls nicht anschließen. Keine Ahnung, ob sie noch \"Sacrifice\" oder \"Nightmare\", beides populäre Stücke aus ihrem Repartoire, spielten, da meinereiner es vorzog, die AGRA-Halle früher zu verlassen. Und dafür war nicht alleine Müdigkeit der Grund.
Um jetzt keinen falschen Eindruck zu erwecken: Eigentlich mag ich LONDON AFTER MIDNIGHT recht gerne, aber mit dem Auftritt haben sie sich nicht gerade um Pluspunkte verdient gemacht. Daumen runter.
(Kathy)

Redakteur:
Kathy Schütte

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