Wave-Gotik-Treffen 2003 - Leipzig

25.06.2003 | 14:17

06.06.2003, diverse Veranstaltungsorte

Freitag, 6. Juni 2003

PARKBÜHNE:

DEMENTI

DEMENTI haben in letzter Zeit einiges an Popularität dazu gewinnen können. Nicht nur, dass sie endlich den verdienten Plattenvertrag unterschreiben konnten, auch das aktuelle Album "Zweigefühl" haut richtig rein.
Für mich eröffneten sie das Wave-Gotik-Treffen 2003 am Freitag um 15 Uhr auf der Parkbühne. Wahrlich kein dankbarer Platz im Programm, denn die meisten Besucher quälten sich zu der Zeit noch im Stau auf den Autobahnen oder lauschten der Eröffnungsveranstaltung in der Agra-Halle.
Trotzdem hatten einige vereinzelte Seelen den Weg in den Clara-Zetkin-Park gefunden und konnten eine energiegeladene Show erleben. Die Thüringer verzichteten trotz nachmittäglicher Hitze nicht auf ihre Pyrotechnik und heizten nicht nur mit dieser den Anwesenden richtig ein. Ihre düsteren und textlich ziemlich deutlichen Rocksongs wie 'Der erste Tanz' oder 'Dieser Raum' kamen richtig gut an.
Traurig-romantisch wurde es mit 'Zeitlos', das garantiert so manchem einen Schauer über den Rücken gejagt haben dürfte. Für mich war der Auftritt von DEMENTI auf diesem WGT einer der absoluten Höhepunkte. Nächstes Mal gibt’s dann hoffentlich auch das verdiente Feedback. Eine Möglichkeit die sympathischen Fetish-Rocker kennen zu lernen, habt ihr auf der geplanten Herbsttour 2003.

[Gastautorin Freya - GothicParadise.de]


EQUINOX OV THE GODS, THE

Bei THE EQUINOX OV THE GODS, die beinahe schüchtern wirkten, gab es melodischen Dark Metal zu hören, wobei auch immer wieder Ausflüge in Doom Metal-Gefilde unternommen wurden und einige Ähnlichkeiten zu Bands wie MOONSPELL unverkennbar waren. Der Sänger, der optisch wie ein Verschnitt von Galder (DIMMU BORGIR, OLD MAN'S CHILD) daherkam, versuchte sehr vielschichtig und variabel zu singen, was ihm zumeist auch ziemlich gut gelang. Die melodische Komponente wurde weit in den Vordergrund gestellt. Auch wenn das Ganze gerade deshalb schön eingängig und nachvollziehbar klang, war es im Endeffekt musikalisch doch ein wenig zu gleichbleibend und vorhersehbar. Dennoch hätten THE EQUINOX OV THE GODS für ihren 25 minütigen Auftritt mehr als nur Höflichkeitsapplaus verdient gehabt, aber was will man am ersten Tag und zu so verhältnismäßig früher Stunde anderes erwarten.

[Stephan Voigtländer]


VIRGIN BLACK

Die nächste Band hatte sich aus Australien auf den weiten Weg zum WGT gemacht und überhaupt war es der erste Trip von VIRGIN BLACK nach Deutschland. Musikalisch ließ man sich nicht auf eine bestimmte Schiene reduzieren und ging symphonisch, doomig und dann auch wieder sehr heftig zu Werke. Im Grundton bot man dem Zuhörer allerdings eher ruhige und sehr melodische Musik, die sich hervorragend zum Träumen und Genießen eignete. Musikalisch klang das zwar manchmal etwas zu konstruiert, aber gerade durch diese Komplexität und Vielschichtigkeit wurde dem Publikum ein ziemlich einzigartiger Hörgenuss vorgesetzt. Die kompletten Vocals wurden von Keyboarder Rowan London übernommen und der bot alles nur Erdenkliche auf: von hohem bis tiefem Gesang, der verschiedensten Attributen wie düster, nachdenklich, aggressiv, sakral oder aufgewühlt gerecht wurde und ihn als richtig talentierten Sänger darstellte. Es war auf jeden Fall Musik mit einer eigener Note und das war sehr erfreulich und kam auch beim Publikum gut an. Einziges kleines Manko war, dass die Klampfen ein wenig undifferenziert klangen und von Schlagzeug und Keyboard teilweise überdeckt wurden. Aber eines ist sicher - VIRGIN BLACK dürfen auf jeden Fall wiederkommen.

[Stephan Voigtländer]


EVEREVE

Bei EVEREVE war das Motto ganz klar: Rocken, bis der Arzt kommt. Dabei erwies sich Sänger MZ Eve 51 als erstklassiger Entertainer, der jedes noch so träge Publikum auf Trab zu bringen vermag, so dass die kurzweilige Dreiviertelstunde sehr rasch vorbei ging. Zudem war er auch gegenüber Extra-Einlagen nicht abgeneigt, so hantierte er zweimal mit Pyro-Fackeln herum und ließ sich beim letzten Song von einem Fan durch die Menge tragen (wobei vermutlich keiner von beiden wusste, wo die Reise eigentlich hingehen sollte). Die knackigen Gothic-Rocker der aktuellen Scheibe ".Enetics" ('X-Istence', 'Along Comes A Fool' - letzteres wurde George W. Bush gewidmet) erwiesen sich als starken Livesongs und machten Laune. Es wurde ein ziemlich hartes und energiegeladenes Riffgewitter aufgefahren und der fette Sound ging mordsmäßig in die Beine. Zu guter Letzt spielte man noch ein abgespactes, kaum zu erkennendes Cover des Popsongs 'Fade To Grey' von VISAGE und dann war die Show auch schon wieder vorbei. Insgesamt erwiesen sich EVEREVE als unterhaltsame Band, die zum Mitmachen anregte und wo der Spaß deutlich im Mittelpunkt stand.

[Stephan Voigtländer]


FLOWING TEARS

Als die Reihe an die FLOWING TEARS kam, hatte sich das weite Rund der Parkbühne schon beträchtlich gefüllt. Die gaben dann ausschließlich Songs von den letzten beiden Alben "Jade" (2000; 'Swallow', 'Lovesong For A Dead Child', 'Sistersun') und "Serpentine" (2002; u.a. 'Starfish Ride', 'Justine', der Titeltrack und 'Merlin') zum Besten. Die Saarländer hatten coole, rockige Nummern am Start, die gut ins Ohr gingen. Die Band, die mit ihren Alben ein eigenes Stück des großen Gothic-Kuchens gebacken hat, kommt glücklicherweise vollkommen ohne unnötigen Kitsch aus und so geht vor allem live die Post ab. FLOWING TEARS gaben sich bodenständig und hatte unübersehbar viel Spaß. Trotz des durchwachsenen Sounds machten die Vier das Beste aus der Show. Sängerin Helen Vogt, die erst kürzlich für Stefanie Duchene in die Band gekommen ist, schien mir zwar ein bisschen heiser zu sein, trotzdem kam ihre charismatische Stimme gut zur Geltung. FLOWING TEARS zeigten 40 Minuten lang, dass man ein Publikum auch auf weniger "aufdringliche" Weise als EVEREVE für sich gewinnen kann und haben sicherlich einige neue Fans hinzugewinnen können.

[Stephan Voigtländer]


TIAMAT

Pünktlich 21 Uhr kam ich an der Parkbühne an um mir TIAMAT anzusehen und -zuhören. Der Andrang war nicht besonders groß, also gab es am Einlass keine Probleme. Kaum hatte ich mich vor der Bühne eingefunden, betraten auch schon Johan Edlund & Co. selbige. Nach dem Opener 'Nothing' stellten sie sich dem Publikum vor mit den Worten "Hello, we are TIAMAT from Sweden."
Der sowieso schon lecker anzuschauende Johan zeigt sich zudem oberkörperfrei, was besonders den weiblichen Fans eine Augenweide gewesen sein dürfte. Der zweite Song auf der Setlist war 'In Love With Myself', gefolgt von ihrem 99er Clubhit 'Brighter Than The Sun'. Mit dem düsteren 'So Much For Suicide' wurde es dann schon fast depressiv. Die sich allmählich herabsenkenden Dunkelheit tat ihr Übriges dazu.
Weiter ging es dann mit 'The Ar', 'Whatever That Hurts' und 'Fantasma Deluxe'. Nach Edlunds Aufforderung "Make some noise for the children of the underworld" war der nächste Titel klar. Bei eher rockigeren Songs wie 'Cold Seed' und 'As Long As You're Mine' war dem Beau an der Front nichts zu schade, womit er die Seiten seiner Gitarre erklingen lassen konnte: sein Mikro, der Monitor, die Bühnenkante. Einmal reichte er sogar das Ende seiner Gitarre in die vorderste Reihe. Rock'n Roll pur! Mit 'Vote For Love' wurde es noch einmal recht ruhig, aber thematisch durchaus positiv. Diese Tendenz zieht sich fast durch das gesamte aktuelle Album "Judas Christ". Dann verließen TIAMAT vorerst die Bühne.
Die Fans bedurften aber keiner großen Ausdauer im Zugaberufen, denn die Jungs waren schnell wieder on stage. Diesmal zeigten sie sich von der humorvollen Seite. Mit der Begründung, heute sei der schwedische Nationalfeiertag, gaben TIAMAT die ersten Strophe ihrer Nationalhymne zum Besten. Dafür ernteten sie tosenden Beifall. Skol for Sweden!
Als Zugaben spielten TIAMAT 'Sleeping Beauty' und 'Gaia', wobei bei der Performance des 94er Songs 'Gaia' die Gitarre Edlunds streikte. Diesem glücklichen Umstand verdanke ich ein herrliches Foto, weil er nun auf der ganzen Bühne herumlaufen konnte! Bei diesem Titel sangen auch auffallend Viele mit. Tja, die älteren Sachen kennt man eben. Danach verabschiedeten sich TIAMAT mit den besten Wünschen für die nächsten Tage. Nur unter Protest der Fans verließ die Band gegen 22.10 Uhr endgültig die Parkbühne.

Setlist TIAMAT:
Nothing
In Love With Myself
Brighter Than The Sun
So Much For Suicide
The Ar
Whatever That Hurts
Fantasma Deluxe
Children Of The Underworld
Cold Seed
As Long As You Are Mine
Soma
Vote For Love
-----
Schwedische Nationalhymne
Sleeping Beauty
Gaia

[Gastautorin Kareen - GothicParadise.de]


AGRA-HALLE:

DULCE LIQUIDO

Mit viel Vorschusslorbeeren wurde der Auftritt von DULCE LIQUIDO, dem Nebenprojekt von HOCICO-Keyboarder Racso Ayogram, als absolute Weltpremiere angepriesen. Quasi mit vertauschten Rollen, also Racso als Sänger und Erc an den Tasten, sollten die Beiden HOCICOnes den Sound von DULCE LIQUIDO erstmals live präsentieren. Meine Erwartungen waren recht hoch, hatten DULCE LIQUIDO doch immerhin vor kurzem ihren grandiosen zweiten Longplayer "Shock Therapy" veröffentlicht. Ich sollte jedoch jäh enttäuscht werden. Es war erst der zweite Gig, dem ich an diesem ersten Tag des Wave Gotik Treffens 2003 beiwohnte und ganz so grottenschlecht wie die davor spielenden CINEMA STRANGE präsentierte sich das Duo aus Mexiko freilich nicht (was ich auch mal als absolut unmöglich bezeichnen möchte), dennoch blieben sie den Beweis ihrer ohne Zweifel vorhandenen Klasse schuldig.
Zum einen war der Sound megaschlecht, der dem brillanten Klang des Albums nicht mal annähernd gerecht wurde und zum anderen schienen die beiden Protagonisten auf der Bühne gar keine richtige Motivation zu haben ihrem Publikum etwas zu bieten. Von HOCICO-Konzerten bin ich es ja gewohnt, dass Erc nicht gerade eine Quasselstrippe ist, aber Racso kommunizierte als Sänger quasi überhaupt nicht mit dem Publikum. Da war so gut wie keine Energie zu spüren. Lustlos stand er dort und nudelte sein Programm runter. Es fehlte einfach die mitreißende Leidenschaft auf der ganzen Linie. So wurde dann selbst ihr Clubhit 'Dissolucion' zu einem totalen Langweiler degradiert. Als abschließendes Fazit bleibt mir noch zu erwähnen, dass mir bei einer Band noch nie eine derart klaffende Diskrepanz zwischen Studiomaterial und Live-Performance untergekommen ist. Das war mit Sicherheit nicht die Vorstellung, die ich und viele andere in der Agra-Halle erwartet hatten.

[Gastautor Olli - GothicParadise.de]


GATHERING, THE

Ein GATHERING-Konzert ist schon etwas Besonderes und lässt sich mit keiner anderen Band vergleichen. Hier gibt's ruhige und beinahe nachdenkliche Musik, zu der man vortrefflich tanzen kann. Auch wenn man auf Platte eine nicht unwesentliche musikalische Entwicklung durchgemacht hat, live ergänzten sich die etwas älteren und die neuen Stücke gut und die Unterschiede waren bei weitem nicht so deutlich wie auf CD. Und dann gibt es da ja noch Sängerin Anneke van Giersbergen, die sympathische Frontfrau mit der großen Stimme, die die Leute einfach in ihren Bann zieht. Sie war mal wieder der Blickfang, war immerfort am Lachen und legte dazu, wo es ihr möglich war, ausdrucksstarke bis beinahe ekstatische Tänze hin. THE GATHERING zogen ihr Set ohne größere Pausen durch, es folgte Song auf Song und die Ansagen beschränkten sich meist auf "Thank you" oder "Dankeschön". Da auch musikalisch alles in Butter war (ein bisschen Aufgeschlossenheit musste man natürlich schon mitbringen, denn mit dem Gothic Metal der Anfangstage hatte das wirklich nicht mehr viel zu tun), muss man den Holländern insgesamt einen erstklassigen Auftritt bescheinigen, der allerdings mit nur einer Stunde plus eine Zugabe eindeutig zu kurz ausfiel. Da hätten sich Viele bestimmt noch länger dem Charme von Anneke hingeben wollen.

[Stephan Voigtländer]


MORITZBASTEI:

CHAMBER

Eigentlich sollte der Auftritt von NCOR der einzige beim diesjährigen WGT sein. Überraschender und freudiger Weise konnte ich aber doch noch dem Auftritt von CHAMBER beiwohnen. Riesen Dank an dieser Stelle an Rico und Max für ihren selbstlosen Einsatz. Ohne sie könnte ich jetzt nicht über die Performance der "Spaßgrufties aus dem Süden" berichten.
Nachdem die Violinen, die Bratsche, der Bass und die Gitarren gestimmt wurden und sich Max mit Rotwein versorgt hatte, eröffneten CHAMBER ihr Set mit 'Ceremony After A Fire Raid'. Der Applaus, der diesem Song aus der proppenvollen Moritzbastei gen Bühne folgte, war unbeschreiblich und zeichnete nur den Beginn eines fulminanten 50minütigen und leider viel zu kurzen Auftrittes ab.
Einfach grandios waren auch Max' Sprüche und Kommentare, mit denen er gekonnte Pausen einbaute und das Publikum unterhielt. "Man kann einfach nicht ernst sein"... Woran das wohl lag??? "Oh, wer hat mir denn das eingeschenkt?", als er sich seinem Weinglas näherte.
Lustig war auch die Ankündigung zu 'Temple Of Love'. "Jetzt kommt ein Lied
aus meiner Jugend. Jaaaa, aus MEINER Jugend. In der 'Extended Schwitz-Dich-Tot-Version'." Ich muss gestehen, ich bin noch nie zuvor so zu "Temple Of Love" abgegangen. :-) Wenn doch nur alle Coverversionen solch einen Charakter haben könnten...
Beendet wurde ein wahnsinniger Abend mit einem der zahlreichen neuen Songs vom im August erscheinenden zweiten Longplayer. 'A Tale Of Real Love' heißt das Stück, zu dem Max nur meinte: "Da müsst ihr jetzt durch, das ist jetzt 'ne Herz-Schmerznummer". Das natürlich wieder mit einem breiten Grinsen im Gesicht und sichtlich erfreut über die durchweg positive Stimmung.
Allen, die CHAMBER an diesem Abend verpasst haben, sei gesagt, dass sie sich
diese "Band" nicht noch einmal entgehen lassen sollten!!!

Setlist CHAMBER:
Ceremony After A Fire Raid
Maybe First We Die
A Dead Man's Song (neu)
The Paper Hearted Ghost (neu)
Toscana
Strange Kind Of Love
She'll Be Dead (neu)
Pleasure And Pain
Temple Of Love
A Tale Of Real Love (neu)

[Gastautorin Steffi - GothicParadise.de]

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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