Wave-Gotik-Treffen 2009 - Leipzig

08.06.2009 | 18:29

29.05.2009,

Das Highlight aller Schwarzkittel jährt sich zum achtzehnten Mal, und POWERMETAL.de ist hautnah dabei. Vier Tage sieht Leipzig schwarz, und wir sehen zahlreiche Metalbands der Extraklasse. Folgt uns in die Dunkelheit.

Sonntag - 31. Mai 2009

Der Sonntag beginnt ruhig, etwas zu ruhig. Doch es ist nur die Ruhe vor dem Sturm, denn heute geht es erstmalig auf die Agra. Der Walk Of Fame ist sicherlich für viele das Highlight jedes Wave-Gotik-Treffens. Und auch in diesem Jahr heißt es sehen und gesehen werden. ABER: Gegen 15.00 Uhr kann es nur einen Ort geben, nämlich vor der Bühne. Denn es ist Zeit für den heimlichen Headliner jedes WGTs, den einzigartigen NOCTULUS. Jedes Jahr zelebriert er seine Kunst auf dem Walk Of Fame und ist zum einzig echten Wahrzeichen des WGT geworden. NOCTULUS ist das Wave-Gotik-Treffen. Und im 18. Jahr des Festivals hat er es endlich geschafft. NOCTULUS darf auf die Hauptbühne. Eine Premiere, ein Ereignis von kulturhistorischer Bedeutung, über das die Besucher noch ihren Urenkeln erzählen werden.

Als die Lichter ausgehen und der Mann mit der hässlichsten Maske der Menschheit die Bühne betritt, flippen die Fans nun endgültig aus. Dreißig Minuten bekommt NOCTULUS um von rasierten Königinnen und goldenen Brüsten zu singen. Dabei wirkt er zu Beginn noch leicht nervös, doch sein Lächeln zeigt, dass er hier den größten Spaß hat. Mal zelebriert er ein abgefahrenes Gitarrensolo, mal raucht er Räucherstäbchen oder rezitiert aus einem seiner Bücher. Mehr Kunst als Musik – NOCTULUS is God!

Nach so viel musikalischer Höchstleistung können FETISCH:MENSCH nur abstinken. Aber Spaß bei Seite, eigentlich ist es eine Schande, dass ein Künstler wie Oswald Henke direkt nach NOCTULUS spielen muss. Wie sagt es Oswald so schön: "Dreißig Minuten – das ist der Deal". Diese halbe Stunde tröstet über einigen musikalischen Leerlauf, den dieses WGT geboten hat, hinweg. Oswald Henke ist in Topform und lässt es sich nicht nehmen, seinen Fans auch zu dieser frühen Uhrzeit (16.30 Uhr) eine Spitzenperformance zu präsentieren. Um einiges rockiger als zu GOETHES ERBEN-Zeiten singt sich Oswald spätestens bei 'Narbengarten' in Ekstase. Songs wie das brandneue 'Schwarzer Schnee' lassen Wehmut aufkommen. Dieser Mann gehört mit seinem musikalischen Genie auf den Headliner-Posten – und das jedes Jahr. Mit 'Komm wir lassen uns erschießen' und 'Nicht heute aber morgen' schließt Oswald diese saustarken dreißig Minuten stimmungsvoll ab.

Die Sonne scheint, das Heidnische Dorf ruft. Wie jedes Jahr mausert sich das Heidnische Dorf zum Hauptanlaufziel für die Besucher des WGTs. Da muss man einfach hin. Das Heidnische Dorf erfreut sich aber nicht nur bei den Gästen des WGTs großer Beliebtheit. Leipzig liebt das Heidendorf und rückt mit Kind und Kegel an. Dies hat zur Folge, dass das Dorf aus allen Nähten platzt. Bis zu drei (!) Stunden müssen all diejenigen anstehen, die kein Festivalbändchen haben. Aber der Besuch lohnt sich.

Nach diesem mehrstündigen Zeitreise in das Mittelalter geht es aber endlich zurück auf die Agra – UMBRA ET IMAGO stehen auf dem Plan. "Seht nur, was das Alter aus mir gemacht hat?" UMBRA ET IMAGO und vor allem Leadsänger Mozart waren noch nie um einen flotten Spruch verlegen. Doch zunächst muss Mozart arbeiten, denn zu Beginn des Konzerts steht er im Fotograben und thront über dem Volke. Blöderweise muss er aber seinen Job auf der Bühne erledigen. Doch wie kommt er da hoch? Doof ist er nicht, also fragt er die Fotografen. Diese helfen ihm auch brav auf die Bühne. Nur doof, dass es die Schwerkraft gibt. Und platsch, das war wohl nix. Neuer Versuch, und es klappt. Lasst die Show beginnen.

Mozart trällert zunächst in einem alten Römerauftritt, während neben ihm eine gut aussehende Frau so tut, als würde sie singen. Na ja. Bei 'Lieber Gott' verschwindet sie auch schon wieder – geiler Auftritt. Was folgt sind vierzig Minuten UMBRA ET IMAGO (u. a. 'Schwarz', 'Stalker', 'Glaubst du?') wobei der unterhaltsamste Teil der Show zweifellos zwischen den Songs stattfindet. Mozart schimpft über alles und jeden, hetzt gegen Bänker, Krieg und Politiker. Seine Meinung lautet ganz einfach: "Masturbieren statt Konsumieren". Er beklagt sich über sein Alter und seinen Körper - "Ich bin alt und fett!" - und lässt sein teilweise sehr irritiertes Publikum zurück. Musikalisch bleiben Überraschungen aus, und auch die obligatorische Leckshow (eine nähere Beschreibung verbietet sich hier – immerhin könnten das ja auch Kinder lesen) darf beim abschließenden 'Rock Me Amadeus' nicht fehlen. Nur traurig, dass der größte Jubel und die größte Selbstbeweihräucherung bei einer Coverversion stattfinden muss. Und echt traurig, dass ein Headliner seine eigenen Texte ablesen muss.



Wie es besser gemacht wird, zeigen im Anschluss ASP. Der sympathische Frankfurter rockt bereits zum sechsten Mal das WGT und endlich bekommt er den verdienten Headlinerposten am Sonntagabend zugesprochen. Aus gutem Grund. Konstant kann er mit außergewöhnlich guten Veröffentlichungen punkten, vor allem das 2008er Werk "Zaubererbruder" ist ein Genuss. Doch heute geht es wieder in die Vollen, und ASP präsentieren uns die gewohnt stimmungsvolle Rockshow. Und zu einer echten Show gehören auch Feuer und Pyros.

Mit 'Ich bin ein wahrer Satan' und 'Duett' starten ASP die siebzigminütige Show. Alte und neue Songs werden bunt gemischt. Leider wird das letztjährige "Zaubererbruder" nur mit zwei Songs ('Krabat', 'Denn ich bin dein Meister') bedacht, was aber dem Gesamteindruck nicht schadet. Hier soll gefeiert werden, und so werden alle großen Hits durch die Boxen gejagt. Ob es nun 'How Far Would You Go' oder die 'Ungeschickten Liebesbriefe' sind. Es folgt Kracher auf Kracher, wobei der Sound druckvoller sein könnte.

Die Agra platzt aus allen Nähten, und so kann man sich freuen, wenn man einen Platz am Raucherbereich ergattern kann, von wo aus man wenigstens halbwegs die Bühne entdecken kann. Wahnsinn, wie viele Menschen heute ASP sehen wollen.

Mit dem Kulthit 'Ich will brennen' ist leider nach siebzig Minuten auch schon wieder alles vorbei. Freuen wir uns auf die kommende Tour im Oktober. Da wird auch die Luft brennen.

Redakteur:
Enrico Ahlig

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