Wild Boar Wars III - Frankfurt

15.09.2021 | 10:31

28.08.2021, Das Bett

GOD DETHRONED und VELVET VIPER rocken ein kleines, aber feines Festival auf einem Industriegelände mitten in Frankfurt. Inklusive scharfer Mexikaner und Besuch vom Ordnungsamt.

Am zweiten Tag ist das Wetter deutlich kühler, oder spielt vielleicht auch der Kater vom Vorabend eine Rolle? Dick eingepackt in Kapu und Lederjacke geht's erneut zum Bett, wo die selbsternannten Star-Wars-Grinder AL GOREGRIND aus Südhessen bereits die Bühne einstampfen. "Das war der Sternenzerstörer, jetzt kommt Zardoz", ruft Sänger und Basser Olaf dem ersten kleinen Circle Pit des Tages zu. Als Intro folgt eine Rede aus besagtem Siebziger-Film: "Die Waffe ist gut. Der Penis ist schlecht!" Eine gefühlte Minute Getrümmer, dann legt der Frontman den Streifen allen ans Herz: "Sean Connery nur in Unterhose und Patronengürtel, geil!" Nach 'Darth Nihilius' ist dann Schicht im Schacht. Endgültig, denn die Jungs wollen künftig unter dem Namen NICHTUNG weitermachen. Wir sinnieren an unserem Tisch noch eine ganze Weile über den tieferen Sinn des Flyers der Jedi-Jünger. Inklusive Hayden Christensens grenzdebilem Grinsen aus Episode 2.

Kurz nach vier folgt dann die nächste Star-Wars-Hommage und der erste Höhepunkt des Tages: Nach dem klassischen Sternenkrieg-Intro legen die Taunus-Thrasher STAGEWAR mit 'Trapped In Life' amtlich los und locken die erste größere Meute vor die Bühne. Sänger Dezius feuert die Menge an, Drummer Josef hat sichtlich Spaß hinter seiner Schießbude, während Gitarrist Kimon sich im wahrsten Sinne des Wortes die Finger blutig spielt: Mitten im Gig muss er hastig die Bühne verlassen und erstmal seine Hand notdürftig versorgen. "Hier ist alles voller Blut!", scherzt Basser James. Wie Kimon das angestellt hat, weiß er hinterher selbst nicht. Nach ein paar Minuten Unterbrechung kann's dann aber weitergehen und die Jungs präsentieren stolz ihren neuen Song 'R.U.N.', zu dem die Tage auch ein Video online geht. "Schöne Grüße an die Polizei", ruft Dezius in Richtung Eingang – noch sind wir uns über die Tragweite dieses Grußes nicht ganz im Klaren.

Was im Anschluss an den STAGEWAR-Gig folgt, ist nämlich eine fast anderthalbstündige Unterbrechung der Veranstaltung. Ein Nachbar soll sich wegen sonntäglicher Ruhestörung beim Ordnungsamt beschwert haben, mitten in einem Industriegebiet. Allerdings haben hier bereits an den vorigen Wochenenden Veranstaltungen stattgefunden und offensichtlich niemanden gejuckt. "Wir prüfen jetzt, was gilt", erklärt der Veranstalter in einer Durchsage. "Die etwas schwammig formulierte Genehmigung der Stadt oder das, was das Ordnungsamt hier jetzt sagt." Wir trinken uns die Wartezeit bei etwas Nieselregen mit Captain Cola schön, Frankfurter Helles ist leider schon ausverkauft.

Um 18:20 Uhr kann's dann unter allerseits großem Jubel doch endlich weitergehen. Mit Steampunk-Fliegermütze, schwarzer Weste auf weißem Hemd und Melodic Heavy Metal von ELMSFIRE. Die Düsseldorfer legen mit Songs ihrer letztjährigen Platte "Wings Of Reckoning" und viel Nebel ordentlich los. Da wird mit den Gitarren gepost und der neue Sänger Bobby müht sich redlich, die Menge wieder aufzuwecken. Auf Dauer ist mir sein Gesang aber doch etwas zu quäkig. Nach 'Worth A Tale' und nur einer halben Stunde geht das gekürzte Set zu Ende, schließlich muss dank des Besuchs vom Ordnungsamt Zeit aufgeholt werden.

Dann trifft Siebziger-John-Lennon-Optik auf rauen MOTÖRHEAD-Sound: Bei POISÖNED SPEED erkennt man schon am Bandnamen, wo die Präferenzen liegen. Und die Stimme des Brille-tragenden Sängers erinnert tatsächlich etwas an Lemmy Kilmister. Das erst vergangenes Jahr formierte Trio, das jüngst seine ersten drei Demos als Debüt-Compilation unter dem Titel "Quick And Dirty" wiederveröffentlicht hat, röhrt und rockt sich durch allerlei Speed-Metal-Songs. Natürlich nur durch ein paar wenige, denn auch hier muss die vertane Zeit wieder aufgeholt werden.

Mit 40 Minuten Verspätung folgt dann endlich mein persönliches Highlight des Festivals: Mit ihrem 2004er Klassiker 'Sigma Enigma' stampfen die Niederländer GOD DETHRONED unwiderstehlich los. Und da es schon langsam dunkel wird, haben sie auch die beste Lichtshow des Festivals. Endlich mal wieder Blackened Death Metal auf der Bühne sehen. Und schmunzelnd niederländischen Kommandos lauschen: "Maak mal de bas op de monitor een beetje luider", rufen Sänger Henri und Basser Jeroen ihrem Soundmischer zu. Dann freut sich das Quartett, nach anderthalb Jahren endlich mal sein jüngstes Album "Illuminati" live promoten zu können, "wir hatten seitdem erst zwei Konzerte". An aktuellem Material wird dann sogleich 'Spirit Of Beelzebub' hinterhergeschoben, aber auch Songs aus ihrer Erster-Weltkrieg-Phase wie 'The World Ablaze' oder 'Annihilation Crusade' dürfen natürlich nicht im Set fehlen. Außerdem hat das Quartett seinen neuen Schlagzeuger Frank im Gepäck, der frischen Wind hinter die Schießbude bringt. Und den nicht mehr ganz so neuen Gitarristen Dave, der bei den live einst nicht immer hundertprozentig treffsicheren Niederländern sehr viel mehr Spielfreude reinbringt.

Dann fordert Henri die verbliebene Menge auf, die Masken abzusetzen, man sei schließlich an der frischen Luft und die Polizei weit und breit nicht mehr zu sehen. Und falls man von der Security angesprochen würde: "Blame the guy from the Netherlands!" Ein Ordner leuchtet auch sogleich mit seiner Lampe in die Menge, damit niemand der Aufforderung nachkommt. Auf der Bühne endet das Spektakel derweil so, wie es angefangen hat: Mit einem weiteren Song des 2004er Durchbruch-Albums "The Lair Of The White Worm", diesmal namentlich 'Nihilism' mit seinem herrlich melodischen Finale. Da die Genehmigung mit Puffer wohl bis 21:30 Uhr gilt, nutzen Henri und seine Mannen die Zeit auch voll aus. Und wir dürfen noch länger etwas Festival-Feeling genießen, als ursprünglich geplant. Alles in allem ein sehr geiles Wochenende!

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Redakteur:
Carsten Praeg

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