X-Mass-Festival - Zwickau

25.12.2001 | 05:17

22.12.2001, Alarm!

Der folgende Bericht läuft Gefahr, dass die Schilderung dessen, was NICHT stattgefunden hat, umfangreicher ausfällt als der Bericht über die letztendlich auftretenden Bands. Kann ich leider nicht ändern...

Die erste Hiobsbotschaft trat bereits eine Woche vor dem Konzert zu Tage. KREATOR hatten abgesagt, die Frage nach dem "Warum" fand keine eindeutige Antwort. Während die Band in einer Pressemitteilung verlauten ließ, dass organisatorisches Chaos und eine kurzfristige Änderung in der Reihenfolge des Billings die Ursache waren, munkelte man in anderen Kreisen, dass KREATOR mit den sechs anderen Death und Black-Bands nicht zurecht gekommen wären bzw. als einzige Thrash-Band etwas isoliert gewesen wären. Anyway, war zwar sehr schade, aber ich persönlich hatte ja immer noch mit KRISIUN, VOMITORY und CANNIBAL CORPSE drei Bands, auf die ich wahnsinnig heiß war und auch MARDUK, DARK FUNERAL und NILE sind ja beileibe keine Schlechten.

Und dann wurde es Winter in Deutschland. Der Schnee fiel dicht und reichlich und die Straßenverhältnisse waren entsprechend. Trotzdem kamen wir ohne größere Probleme von Leipzig nach Zwickau und harrten froher Erwartung der Dinge, die da kommen sollten. Aber es kam nichts. Die Erklärung: Einen Tag zuvor hatte das Xmas-Festival in Wien Station gemacht und der Weg nach Sachsen war weit. Irgendwo in Bayern gab es dann kein Vor und auch kein Zurück mehr. Der Tross steckte fest und die Zeit verstrich gnadenlos. Also sah man sich gezwungen, auf den Auftritt von VOMITORY zu verzichten. Da CANNIBAL CORPSE direkt nach der Show nach Amsterdam fliegen sollten und deshalb schon ziemlich zeitig auf die Bühne gemusst hätten, wurde dann auch deren Auftritt gestrichen. Wie man sich vorstellen kann, war die Stimmung am Nullpunkt. Wenigstens wurde für die Ausfälle zehn DM des Eintrittspreises zurückgezahlt.
Und dann trafen die Bands endlich ein. Mittlerweile waren seit dem offiziellen Beginn von 18.30 Uhr über vier Stunden vergangen. Aber es musste ja auch noch aufgebaut werden, da ja logischerweise auch das Equipment im Schneetreiben hängen geblieben war. Als die erste der verbleibenden vier Bands dann endlich die Bühne enterte, war es 22.50 Uhr.

Als DARK FUNERAL loslegten, kam plötzlich Leben in die Bude. Von Müdigkeit oder Unmut der wartenden Metaller war keine Spur mehr und auch die Band selbst tat das Ihrige dazu und legte sehr motiviert los. Besonders vom erstklassigen aktuellen Album "Diabolis Interium" zündeten die Granaten wie "Hail Murder", "Thus I Have Spoken" oder "Armageddon Finally Comes" zielsicher. Gewürzt wurde das Ganze mit älteren Kalibern der Sorte "The Dawn No More Rises" und "The Secrets Of The Black Art". Natürlich wurde nach so langer Wartezeit allerorten wild gebangt. Eine Einschränkung gab es aber beim Sound. Der war nämlich ziemlich dürftig und undifferenziert, aber bei DARK FUNERAL klingen die Songs ja eh ziemlich ähnlich. 35 Minuten durften sich die Blackies schließlich auf der Bühne austoben.
Das war zwar ein guter Einstieg in ein viel zu spät beginnendes Festival, aber das Nonplusultra war es sicherlich noch nicht. Und das kam jetzt. A brazilian Dampfhammer walzte over Germany. KRISIUN verwandelten die Halle in ein Tollhaus. Sofort wurde ein kleiner Moshpit gebildet und außerdem trauten sich sogar ein paar Banger auf die Bühne (übrigens nur bei KRISIUN), um anschließend amtlich in die Menge zu diven. Die Band bot wirklich alles, was man sich nur wünschen kann, sauschnell gingen die Brasilianer zu Werke, hatten aber auch immer wieder atemberaubende Gitarrensoli parat. Ein absoluter Genuss für jeden Liebhaber härterer Klänge. Die grandiose aktuelle Scheibe "Ageless Venomous" wurde u.a. mit dem Titelsong und "Dawn Of Flagellation" angeschnitten und kann eigentlich nur den Durchbruch von KRISIUN nach sich ziehen. Die die drei brasilianischen Brüder, die wahrscheinlich noch nie so viel Schnee auf einen Haufen gesehen hatten, wie die Stunden zuvor, präsentierten sich spielfreudig und sehr sympathisch, weil fanfreundlich und waren nicht nur für mich die absoluten Gewinner des Abends. Leider mussten sie nach 35 Minuten schon wieder ihren Platz räumen, aber sie hinterließen trotzdem jede Menge glückliche Gesichter nach diesem furiosen Auftritt.
Nach KRISIUN's megageiler Darbietung hatte die nächste Band automatisch schon verloren. Dieses bedauernswerte Schicksal ereilte die Ami-Deather von NILE. Diese konnten irgendwie nicht so recht punkten und rissen kaum jemanden vom Hocker, was auch nicht nur an KRISIUN gelegen haben konnte. Nummern wie "Serpent Headed Mask" und "Defiling The Gates Of Ishtar" sind zwar nicht schlecht, aber ich fand, dass zu viele Spielereien in die Songs eingebaut wurden. Da gab es einige interessante, weil untypische Elemente zu hören, die auf Platte sicherlich nett klingen, aber live verfehlte das ganze irgendwie seine Wirkung. Ich bezweifle, dass NILE, die hierzulande relativ unbekannt sind, dermaßen viele Neuhörer hinzugewonnen haben (auch wenn Rouven in seinem Bericht aus München das etwas anders sieht). Nach einer knappen halben Stunde war für die Amis jedenfalls schon wieder Schluss und mehr als das Prädikat "ganz ordentlich" konnten sie sich nicht erspielen.
Der letzte Streich blieb MARDUK vorbehalten. Die erspielten sich dann auch die mit Abstand besten Publikumsreaktionen (lag sicherlich auch an den zahlreich anwesenden Black-Metallern). Fronter Legion war an diesem Abend einfach nicht zu toppen. Von Beginn an, als er mit Kunstblut beschmiert auf die Bühne stolzierte, bis zu seinem Schlussdiver in die Menge gab es alles, fegte wie wild über die Bühne, intonierte die Songs einwandfrei und hatte seine Gefolgschaft jeder Zeit voll im Griff. Die Band ist perfekt auf einander eingespielt und ließ die Herzen ihrer Fans höher schlagen. Eine reichliche Stunde feuerten MARDUK ihre altbekannten und neueren Hits ab und ließen es sich auch nicht nehmen, nochmals für zwei Zugaben zurückzukommen. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits nach um drei, aber die meisten Anwesenden hatten tapfer durchgehalten. Besonders MARDUK und KRISIUN war es zu verdanken gewesen, dass dieses so unerfreulich beginnende Konzert doch noch zu einem vollen Erfolg wurde.

Fazit: Natürlich war es besonders für jene Leute, die wegen der Death Metal-Attacke nach Zwickau gekommen waren, etwas ärgerlich (u.a. auch für mich), dass CANNIBAL CORPSE und VOMITORY nicht auftraten, aber auch unter Berücksichtigung der 10 DM-Zurückerstattung kann sich, denke ich, dennoch keiner beschweren. Es gab allerdings trotzdem Einige, die, wie auf der Homepage des Alarm (http://www.alarm-zwickau.de) zu lesen war, ihren Unmut über die Absagen gegenüber dem Personal unflätig zum Ausdruck bringen mussten, obwohl die doch am allerwenigstens dafür konnten. Stellt sich natürlich die Frage, ob man solche Leute auf einem Konzert wirklich braucht oder ob diese nicht lieber zu Hause bleiben sollten.
Bezüglich CANNIBAL CORPSE fand sich auf der Homepage übrigens folgende Version der Dinge wieder:
Die Musiker der Kannibalen hätten sich bereit erklärt, als erste Band kurz vor um elf auf die Bühne zu gehen, da die Leute vom Alarm zwei Taxis für die anschließende Fahrt nach Amsterdam geordert hatten (Zubringerflüge wären nicht mehr möglich gewesen). Kurz vor knapp hätte dann der CC-Manager interveniert, den Auftritt doch noch abgeblasen und die Band wäre dann nach um elf (!) mit dem, im Gegensatz zu Taxis, deutlich langsameren Tourbus gen Holland losgefahren. Wenn dem wirklich so war, kann man eigentlich nur sagen, dass es traurig ist, dass die Leute vom Alarm alle Hebel in Bewegung setzen, um die Band doch noch auf die Bühne zu bringen und dann eine Person unter irgendwelchen scheinheiligen Gründen die ganze Geschichte abbläst.
VOMITORY hätten wohl auch bei rechtzeitigem Erscheinen nicht spielen können, da deren Sänger mit Wasser in der Lunge flach lag.

Das war es also, das Xmas-Festival 2001 in Zwickau. Mit Blick auf das nächste Jahr kann es ja eigentlich nur besser werden. An dieser Stelle möchte ich noch einen kurzen Dank an all jene loswerden, die versucht haben, aus der problematischen Situation das Beste zu machen sowie an die Metaller, die den widrigen Umständen zum Trotz ruhig und besonnen geblieben sind, was die deutliche Mehrheit war.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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