HENRY ROLLINS: Nachtrag zu Suizid-Äußerungen
Kommentieren
Nachdem Hardcorepunkveteran und Sprachrohr in eigener Sache Henry Rollins sich unlängst in seinem Blog im Online-Auftritt der LA Weekly mit drastischen Worten zum Thema Suizid äußerte und damit teils scharfe Reaktionen provoziert hat, folgte ebenfalls dort nun im Nachgang die von ihm per eigener Website versprochene Replik auf die an ihm geäußerte Kritik:
"Nach sorgfältigem Lesen und Antworten, so gut ich es konnte, wurde offensichtlich, dass ich einiges zu tun haben würde, um mich bezüglich dieses sehr komplexen und schmerzvollen Themas weiterzubilden. Ich bin ziemlich dickköpfig, aber nicht so sehr, dass nicht hin und wieder Dinge durchdringen. Im Artikel schrieb ich, dass ich einige Sachen offenbar nicht verstehe. Daher möchte ich allen danken, die sich die Zeit nahmen, mich wissen zu lassen, was ihre Perspektive ist. Nichts davon war vergebens. [...] Ich verspreche, dass ich mich reinknien und darüber informieren werde und dass ich mein Bestes geben werde, mich zu entwickeln."
In seinem Folgeartikel zum Thema Selbsttötung greift Rollins die an ihn adressierten Repliken auf, versucht zusammenzufassen, was über seine bisherige Sicht hinausgeht, und benennt seine eigenen Strategien im Umgang mit Depression und suizidalen Stimmungen. Wenn er sich nicht auf gleicher Höhe mit seinen Mitbürgern fühle, ziehe er sich zurück, um diese nicht zu belasten. Was ihm die Kraft gebe, aus dieser Verzweiflung und Isolation wieder herauszukommen, sei sein Publikum, dem er sich verpflichtet fühle, und dem er in solchen Tiefpunkten mehr Wert und Gewicht beimesse als sich selbst. Menschen, die ihm geschrieben haben, dass er ihnen durch schwere Zeiten geholfen habe. Angehörige und eigentlich jegliche Personen, für die man ein besonderes Gewicht habe, sehe er gewissermaßen auch als ein solches Publikum, demgegenüber man verpflichtet sei:
"Sie sind alles was ich habe, und darüberhinaus fühle ich mich verpflichtet, ihnen zu dienen, weil sie mich besser gemacht haben. Vermutlich ist es das, was mich mit dem Thema Suizid ringen lässt, wenn es die betrifft, die ein Publikum haben, oder Kinder, oder beides. Ich fühle mich in der Schuld meines Publikums stehen. Ich werde mein Bestes geben, aber ich werde diese Rechnung nie begleichen können. Täte ich aussteigen, würde ich die Zeche prellen. Wie gesagt, ich versuche mich weiterzuentwickeln. Ich habe ein Bild im Kopf: Da ist jemand - jemand mit einer Familie und einem großen Publikum - der sich auf der einen Seite einer Wippe befindet. Die Familie und das Publikum befinden sich auf der anderen Seite. Der Zustand dieser Person macht sie so schwer, dass sie all die anderen in die Luft schickt und sie selbst zu Boden drückt. Er wollte nicht gehen, aber sein Zustand war schwerer als sie alle zusammen, und selbst er konnte es nicht aufhalten. Ist das, wie grob gezeichnet auch immer, im Wesentlichen das Bild?"
Rollins relativierte seine zuvor geäußerte Meinung wie folgt:
"Was mich vielleicht davon abhielt, die Dinge bezüglich schwerer Depression anders zu betrachten, ist, dass ich sicher bin, diese nicht zu haben.
Aber die Macht einer schweren Depression wurde ziemlich häufig in den Briefen angesprochen, die ich erhalten habe. Eure Wut deswegen mir gegenüber ist angekommen, glaubt es mir.
[...]
Ich verstehe, dass es meine Aufgabe ist, hier dazuzulernen. Es könnte eine Weile dauern, aber ich werde mich darauf einlassen. Es ist mein Glaube an eine tief verwurzelte Verpflichtung, die das zu einer Herausforderung macht, aber ich bin immer für Verbesserungen zu haben.
- Quelle:
- laweekly.com
- Redakteur:
- Eike Schmitz
- Tags:
- henry rollins meinung suizid selbsttötung selbstmord depression artikel blog la weekly hardcore hardcore punk alternative metal spoken word rollins band black flag
0 Kommentare