AFTER FOREVER - Remagine
Mehr über After Forever
- Genre:
- Gothic Metal
- Label:
- Transmission / Alive
- Release:
- 12.09.2005
- Enter
- Come
- Boundaries Are Open
- Living Shields
- Being Everyone
- Attendance
- Free Of Doubt
- Only Everything
- Strong
- Face Your Demons
- No Control
- Forever
Beim ersten Durchlauf von "Remagine" war ich vom mittlerweile vierten Album der Tulpenzüchter um Goldkehlchen Floor Jansen recht enttäuscht. Jetzt, wo der Silberling fast täglich seine Runden im Laufwerk dreht, frage ich mich, wie das jemals möglich war:
Schon der Opener 'Come' (nach einem unterkühlt wirkenden, industriell angehauchten Intro) fönt dem geneigten Hörer das Haupthaar zurecht und hätte rein vom famosen Riffing und dem treibenden Drumming her auch beispielsweise auf dem Zweitwerk von THE VISION BLEAK stehen können. Dazu eine Floor, die die Rockröhre auspackt und jegliche Gedankengänge à la "Trällertrussi" im Keim erstickt - die Arbeit mit Arjen Lucassen bei AYREON und besonders STAR ONE zahlt sich hier eindeutig aus. Natürlich gibt's auch wieder sehr hohe Sopran-Passagen, welche jedoch - zumindest in meinen Ohren - nie nervige oder gar übertriebene Ausmaße annehmen. Und mal ehrlich, wenn Floor auf diese Einlagen verzichtet hätte, dann wäre das in etwa so, als würden wir keine Halford-Screams mehr bei PRIEST hören oder Herr Dickinson seine Luftschutzsirene bei MAIDEN komplett ausschalten.
Was sofort auffällt, ist der gesteigerte Härtegrad. War bereits der Vorgänger "Invisible Circles" alles andere als zahm, so haben AFTER FOREVER dieses Mal noch ein paar Briketts auf das angenehm lodernde Metal-Feuer draufgelegt, und so knallen insbesondere Kompositionen wie 'Living Shields' oder der flotte Abräumer 'No Control' verdammt ordentlich. Fieses Riffing, massiver Doublebass-Einsatz und ein des Öfteren arg angezogenes Grundtempo wollen irgendwie gar nicht so gotisch klingen - und machen AFTER FOREVER eben deshalb zu einer absoluten Ausnahme in dem ganzen Zirkus. Von den Grundzutaten her scheint das Konzept auch nichts anderes zu sein, als es anno dazumal THEATRE OF TRAGEDY benutzten: Grunts und Growls, Sopranstimmchen, orchestrale Arrangements, Bombast und natürlich 'ne ordentliche Schlagseite (Neo-)Klassik.
Doch der holländische Sechser mischt diese Zutaten derart gekonnt zusammen und versieht das Gebräu mit einer eigenen Note, so dass erst gar keine Erinnerungen an typisch gotisches Schmalz-Gekitsche aufkommen wollen. Dazu noch der tolle, cleane Gesang von Bas Maas, der leider nicht allzu häufig ans Mikro darf und dafür seinem grunzenden Kollegen Sander den Vortritt lassen muss.
Ein weiterer Pluspunkt im direkten Vergleich mit dem Vorgänger ist der Abwechslungsreichtum der Scheibe; neben den bereits erwähnten Metal-Hämmern erwarten uns auch Melodie-Overkills und prädestinierte Singles wie 'Boundaries Are Open' oder 'Being Everyone', die man bereits nach zwei Durchläufen nicht mehr aus dem Schädel bekommt. 'Attendance' ist wahrlich strange geraten und klingt in etwa so, als hätten SAMAEL mit Gastsängerin Floor Jansen einen Song aufgenommen. Klasse! Auch die Ballade 'Strong' kann punkten, und das flotte, von einer coolen Bass-Linie getragene 'Face Your Demons' erreicht schon eine energetische Eben, wie man sie eher SINERGY zuschreiben würde - wenn AFTER FOREVER in dieser Form nicht um Klassen besser wären.
Zusammen mit einer drückenden, ordentlich knallenden Produktion (die allerdings noch etwas Wucht im Bass- und Drum-Bereich hätte vertragen können, wie ich finde) und den sehr guten Lyrics von Frontdame Floor macht das aus "Remagine" (im Übrigen ein nettes Wortspiel aus "reflections" und "imagine") das mit Abstand stärkste Werk der Bandgeschichte.
Abgesehen davon, setzen sich AFTER FOREVER (falls sie jemand auch nur annährend auf einem anderen Platz gesehen haben sollte) mit aller Deutlichkeit an die Spitze sämtlicher auch nur ansatzweise ähnlich orientierten Bands. NIGHTWISH, WITHIN TEMPTATION, EDENBRIDGE oder EPICA können nach diesem tollen Stück Musik eigentlich sofort die Segel streichen. Höchstens LACUNA COIL traue ich noch zu, dieses Meisterwerk zu übertreffen.
Anspieltipps: Boundaries Are Open, Only Everything, Face Your Demons, No Control.
p.s.: Die Scheibe gibt's übrigens entweder als SACD oder als Limited Edition mitsamt DVD. Zugreifen!
- Redakteur:
- Rouven Dorn