CAMOZ - The Fusion
Mehr über Camoz
- Genre:
- Death/Thrash Metal
- Inferno
- Devolution
- The Gifted
- P.O.N.M.L.
- Black Winter Gaillard
- Orphan Trains
- The Lackey And The Jerk
- The Fusion
- Elephant Man
Thrash Metal mit dem X-Faktor - und viel mehr als das<br />
Nebel, grau. Diffuses Licht. Eine Straße. Ein Wagen, der mit knatterndem Motor dem eigenwilligen Verlauf des Weges folgt, unsicher in der Nacht. Eine weite Fläche, keine Bäume, Häuser oder Hügel – lediglich Steppe. Plötzlich stottert der Motor des Autos noch unsicherer, wird immer unregelmäßiger, klingt wie das Herz eines sterbenden Mannes und ... verstummt. Mitten im Nichts steigt der Fahrer aus dem Karren, tritt zweimal kräftig gegen das linke Vorderrad und gibt entnervt auf, nachdem sich dem widerspenstigen Vierräder kein Lebenszeichen entringen lässt. Plötzlich jedoch fällt ihm die Stille und Einsamkeit auf. Auch der Nebel scheint sich um den armen Mann zu verdichten. Die Stille wird immer drückender, seine Kleidung klamm, er fängt an zu zittern – ob von der Kälte oder dem Grauen das sich um ihn herum breit macht – er weiß es nicht.
Plötzlich ein ohrenbetäubendes Krachen, ein strahlend helles Licht am Horizont, das immer näher kommt – der Mann erstarrt zu Eis, eine einzelne Schweißperle bahnt sich ihren Weg durch sein zerfurchtes und in leisem Schrecken verzerrtes Gesicht. Doch darauf verschwendet er keinen Gedanken, denn was er sieht, nimmt ihn völlig ein: Eine fliegendes Ungetüm, das über ihm schwebt und in dem sich eine kleine Klappe direkt über seinem Kopf öffnet. Aus dieser schießt nun ein gelber Strahl, erfasst und umfasst den armen Wurm. Ehe er sich es versieht, wird er schon durch die Transformator-Klappe in die fliegende Untertasse hineingezogen. Kaum oben angekommen, traut er seinen Augen, besser Ohren kaum: Um ihn herum stehen fünf recht reife Jungs und knallen ihm ein "Wir sind CAMOZ – die Band mit X-Faktor!" entgegen. Was der Mann in den folgenden knapp fünfzig Minuten erlebt, würde er niemals mehr vergessen ...
Tja, die Münchner von CAMOZ kommen mit Sicherheit von einem anderen Stern. Wer diese fröhlichen und latent verrückten Herren auf der Bühne erlebt hat, weiß warum. Nun haben sie sich also auch unter dem Namen CAMOZ auf Platte verewigt. Und das nicht nur ein bisschen, sondern massiv. Neun Songs voller Herzblut und Spaß, abgefahren wie rockig und episch wie t(h)rashig, werden dabei auf die Menschheit losgelassen. Das Ende der Welt ist damit definitiv nicht eingeleitet, aber eine kleine Erschütterung des Kosmos auf jeden Fall. Das Album von dem hier die Rede ist, hört auf den bezeichnenden Namen "The Fusion" und wurde in diesem Jahr in Eigenproduktion hergestellt. Wahrscheinlich ist es nun an der Zeit, den ominösen X-Faktor zu erklären, der da so maßgeblich über allem zu schweben scheint. Von Band-Seite her wird damit einfach all jenes bezeichnet, was nicht in das klassische Korsett des Death/Thrash Metals passt, dem CAMOZ normalerweise frönen.
Geboten wird dem Hörer auf dieser Eigenproduktion wirklich eine Menge. Sei es das wunderbar melodiöse Intro von 'The Lakey And The Jerk', welches durch Piano, Gitarre und Klarinette bestimmt wird, ehe es in eine coole Rock-Nummer mit passendem Solo mündet, oder der groovig/metallische Song 'The Gifted', der durch eine Art balladesken Mittelpart glänzt, oder das Elektro-Beat-motivierte 'Elephant Man', das einfach unheimlich spannend und ungewöhnlich klingt. Das Songwriting macht klar, dass man es hier mit fähigen Musikern zu tun hat, die schon seit Jahren in dem Geschäft unterwegs sind und sämtliche Erfahrungen haben einfließen lassen. Jede Idee klingt dabei für sich genommen super und gerade der X-Faktor macht das Album zu einem sommerlichen Blumenstrauß, den man auch bei zehnten Hören noch nicht vollständig erfasst hat. Eine Einordnung fällt da natürlich schwer, aber ein bisschen amerikanischer Thrash steckt ebenso wie klassischer Heavy Metal drin. Ab und zu verirrt man sich sogar im groovenden Death Metal, nur um mit Fahnen und Trompeten den Thron des härteren Power Metals für sich zu beanspruchen.
Leider stecken auch im schönsten Blumenstrauß ein paar schwarze Nelken und so ist auch bei "The Fusion" nicht alles gold, was glänzt. Gerade durch die große Variation in den Songs entsteht ein zum Teil inhomogener Eindruck. Natürlich rührt das mit Sicherheit auch aus dem unterschiedlichen Alter der Songs. So macht die Scheibe eher den Eindruck einer Best-Of als einer in sich geschlossenen Studioproduktion. Gerade für ein Debut ist das aber mit Sicherheit zu verschmerzen, da für das nächste Album dann wohl notgedrungen neue Kompositionen aus einer Schaffensphase herhalten werden und man nun einen guten Überblick über das Schaffen der Bayern bekommt. Weniger gut zu verschmerzen ist leider die etwas flache Produktion. Natürlich haben wir es hier mit einer Eigenproduktion zu tun, aber auch andere haben es geschafft mit wenig Mitteln Großes zu vollbringen. Dabei ist das Problem nicht einmal der Gesang oder so, vielmehr knallen mir die verzerrten Gitarren einfach nicht genug und fehlt der satte Sound beim Schlagzeug, sozusagen "untenrum". Dass es anscheinend auch anders möglich gewesen wäre, zeigen im Übrigen die zusätzlichen Instrumente wie Piano und Klarinette, die durchweg gut klingen, und vor allem der sehr präsente Bass. Doch auch hier setze ich einfach auf die nächste Platte und freue mich auf einen noch besseren Sound in fetterer Produktion.
Fazit: Für gerade einmal 10 magere Euronen (inklusive Versand) kann man sich dieses außerirdische Werk einer innovativen und vom X-Faktor beeinflussten Band holen. Wer auf geilen Thrash, fusionierte Power, variablen Gesang und kompromisslosen X-Metal älterer Prägung in modernem Gewand steht, kann hier eigentlich nichts falsch machen!
Anspieltipps: Devolution, P.O.N.M.L, The Lackey And The Jerk, Elephant Man
- Redakteur:
- Julian Rohrer