LOOMIS, JEFF - Zero Order Phase
Mehr über Loomis, Jeff
- Genre:
- Instrumental Metal
- Label:
- Century Media / EMI/ SPV
- Release:
- 22.08.2008
- Shouting Fire At A Funeral
- Opulent Maelstrom
- Jato Unit
- Azure Haze
- Cashmere Shiv
- Race Against Disaster
- Sacristy
- Devil Theory
- Miles Of Machines
- Departure
Früher war das völlig normal. In den Achzigern produzierte US-Metal-Ikone Mike Varney mit schöner Regelmäßigkeit Solo-Alben von Flitzefingern wie Marty Friedman, Tony MacAlpine, David T. Chastain, und, und, und. Das kam dann aber etwas aus der Mode, was vielleicht
auch daran lagt, dass viele der Alben technisch brilliant, aber in Bezug auf das Songwriting langweilig waren, und es sehr mühevoll war, die Perlen in der Asche zu finden.
Lang, lang ist’s her. Vorbei, aus, vergessen. Oder? Nein, denn noch immer lugt gelegentlich ein solches Album um die Ecke, verkriecht sich in seiner Nische und muckelt, weil es keiner kauft. Als neuesten Streich dieser kauzigen Stilrichtung kredenzt uns NEVERMORE-Saitengott Jeff Loomis sein erstes Solo-Album, und wie sich das in dieser Tradition gehört, ist das Werk natürlich komplett instrumental geworden. Erhält man jetzt noch die Zusatzinformation, dass Ron Jarzombek, bekannt von WATCHTOWER und SPASTIC INK (und einer schwer verdaulichen Instrumental-Solo-Scheibe) sowie ein Jazzmusiker namens Michael Manning mitgewirkt haben, entsteht leicht der Eindruck eines dieser typischen Shred-Werke, auf die das schöne Filmzitat aus "Amadeus" passen könnte: "Zu viele Noten, Amadeus, zu viele Noten!"
In einer Hinsicht würde man "Zero Order Phase“ damit nicht mal Unrecht tun, denn Loomis kann durchaus den besagten Flitzefinger rauskehren, aber der erfreuliche Teil ist, dass man das Werk damit ungerechtfertigterweise in eine MALMSTEEN-Ego-Ecke stellen würde, die glücklicherweise nur selten durchscheint. Im Gegensatz zu den eingangs beschriebenen Werken und trotz der technischen Fähigkeiten weiß JEFF LOOMIS nämlich, wie man Songs schreibt, die sogar ohne Sänger funktionieren.
Denn während Kollege Warrel Dane, der König der langen Matte, sein eigenes Solo-Werk eingetütet hat, war Herrn Loomis wohl langweilig. Und so schrieb er ein paar Nummern, die ohne Zweifel auch auf einer regulären NEVERMORE-Scheibe eine mehr als gute Figur machen würden. Damit beweist er einmal mehr, wie stark er den Sound seiner Stammkapelle prägt. Und noch eines ist gleich: Das Gitarrenriffing ist einfach göttlich. Eine solche Ansammlung von kraftvollen, intelligenten und überzeugenden Riffs durften wir lange nicht genießen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es mit Verve nach vorne geht wie im Opener 'Shouting Fire At The Funeral', der bereits alle Register zieht, oder ob mit einem Augenzwinkern einer der beliebtesten Hard-Rock-Bands aller Zeiten gedacht wird wie in 'Azure Haze'. Sogar akustische Stücke wie der Rausschmeißer 'Departure' funktionieren, und obwohl das Album bis über die Knöchel in heftigem Metal und NEVERMORE-Sound stehenbleibt, entpuppt sich das jazzige 'Cashmere Shiv' als eigentlicher Höhepunkt von "Zero Order Phase" - und das nicht nur für Prog-Liebhaber.
In dieser Form steckt Loomis die oben zitierten Gitarrenrecken reihenweise in die Tasche. So bleibt auch tatsächlich als einziger Kritikpunkt an diesem Instrumentalalbum, dass es ein Instrumental-Album ist. Wer so etwas mag, bekommt ein absolutes Highlight für seine Sammlung. Wer Gesang generell für unersetzbar hält, bekommt ein wahnsinniges Metal-Werk, das es beinahe schafft, einen vergessen zu machen, dass es so etwas wie Gesang überhaupt gibt. Aber nur beinahe, denn dann kommt diese kleine, leise Stimme aus dem Hintergrund und sagt: "Stell dir mal vor, jetzt hätte Warrel noch Gesangsmelodien dazu geschrieben ..." Das wäre mit Sicherheit das Album des Jahres geworden und nicht nur eines der besten Instrumental-Metal-Alben aller Zeiten.
Anspieltipps: Shouting Fire At The Funeral, Opulent Maelstrom, Cashmere Shiv
- Redakteur:
- Frank Jaeger