MANNTRA - Nightcall EP
Mehr über Manntra
- Genre:
- Folk Metal / Industrial Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- No Cut
- Release:
- 12.11.2021
- No Time To Die
- Naranča
- Nightcall
Viel besser als zuletzt
Wenn man mal ehrlich ist, hat der allmähliche Verkauf der Seele von MANNTRA schon mit dem 2019er Werk "Oyka!" begonnen. Analog zu ihren Vorbilder im Geiste IN EXTREMO versuchten die Kroaten, sich vom engen Folk-Metal-Korsett freizuschwimmen und für eine breitere Maße zugänglicher zu werden.
Während bei der Truppe um Michael Rhein, bis auf wenige Ausnahmen der sukzessive Wechsel zum kommerziellen Deutsch-Rock einigermaßen funktionierte, hat MANNTRA den Nachteil, dass schon von Beginn an in der Muttersprache gesungen wurde und somit für einen größeren Fankreis nur der Wechsel ins Englische übrig blieb.
So kam es, wie es kommen musste: Die bisherige Magie ging verloren und gipfelte in der Vollkatastrophe von NDH-Songs wie 'Monster Mind Consumting' oder 'I Want To Eat You', welche sich nicht nur penetrant bei RAMMSTEIN anbiedern, sondern auch alle Schwächen der Band gnadenlos offenbaren. Weder beim Songwriting, noch beim Gesang hat man nur annährend das Gefühl, dass die Band es wenigstens in den Dunstkreis Ihrer Vorbilder schafft.
Doch dann hörte ich im Release-Radar einer populären Streaming-Plattform den Song "Naranča" und kam aus dem Grinsen nicht mehr raus. MANNTRA is back! Das ist immer noch nicht die hohe Songwriting-Kunst und auch der Gesang ist weiterhin die Achillesferse, aber die Mischung aus traditionellem Liedgut, kroatischen Lyriks und die fast schlagerhaftiger Eingängigkeit funktioniert prächtig. Das ist endlich wieder einer der Hits, welche mich damals bei "Meridan" so begeisterten. Man spürt förmlich wie wohl sich die Truppe mit dieser Art von Musik fühlt. Und dieser Funke springt dann auch über.
Leider musste ich dann feststellen, dass dieser Track nur einer von drei Songs der vorliegenden EP ist. Aber nun gut. Sollten die anderen beiden Lieder das gleiche Niveau haben, dann wäre es trotzdem eine bockstarke Entschuldigung und ein Schulterschuss mit den älteren Fans.
Überraschend musste man feststellen, dass es sich bei 'No Time To Die' tatsächlich um die Coverversion des Bond-Titeltracks von BILLIE EILISH handelt. Wow, das ist wie mit Sandalen auf den Mount Everst wandern. Ambitioniert, aber auch irgendwie zum Scheitern verurteilt. Die Version von Billie ist ein Paradebeispiel von intensiver Pop-Performance und ein Monster von Song. Schaffen es die Kroaten wenigstens, dem Song andere Facetten hinzuzufügen oder handelt es um eine reine Folk-Metal-Legierung? Irgendwie beides. Man spürt die Leidenschaft und die Band gibt sich Mühe, bleibt der Struktur der Originalnummer aber treu und kommt nur zügiger auf den Punkt. Kritiker könnten jetzt behaupten, dass dies bei BILLIE EILISH auch nicht schwer ist.
Letztes Puzzlestück dieser EP ist dann der Titeltrack, der zumindest zeigt, dass es auch in einem englischen Song besser geht als in der Vergangenheit. Man könnte meinen, dass die Band hier eine 80er Darkwave-Nummer (mit schönen Synthwave-Parts zum Ende) in ihrem Stil covern, aber das Lied ist komplett aus der eigenen Feder und ist ein deutlicher qualitativer Schritt nach vorne.
In Summe ist diese EP tatsächlich eine runde Sache und alle Songs sind deutlich besser als die letzten zwei kompletten Alben. Sollte jetzt das nächste Album in Richtung "Naranča" gehen, wäre das eine hervoragende Entscheidung, aber ich befürchte, da auch die EP "Nightcall" heißt, dass dieser Song eher ein Indikator für die Zukunft sein sollte. Angefixt bin ich aber so oder so.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal