MUCC - Shion
Mehr über Mucc
- Genre:
- Rock/Metal
- Label:
- Universal
- Release:
- 04.07.2008
- Suion
- Fukuro No Yurikago
- Nuritsubusunara Enji
- Fuzz
- Game
- Flight
- Anjelier
- Chiisana Mado
- Semishigure
- Shion
- Sorawasure
- Shiva
- Libra
Wortprojektile wie "kleines Meisterwerk" und "setzt neue Maßstäbe im Rock- und Crossover-Bereich", die Kollegin Ricarda in ihrem Review aus der Hüfte schießt, sollten heutzutage sparsam eingesetzt werden. MUCC sind eine der hörenswerten Kapellen der letzten Jahre und würden durchschnittliche Modern-Metal-Mief-Erzeuger selbst dann noch in die Bedeutungslosigkeit spielen, wenn man ihnen Zehn-Cent-Equipment in die zierlichen Händchen drückt, aber "Shion" ist kein Meisterwerk, auch kein kleines. Gemessen an den drei Vorgängern "Gokusai", "Houyoku" und "Kuchiki No Tou" sowie der EP "6" ist es schwach; der Fluch der guten Tat lastet auf ihm.
Die Japaner gehören zu jenen Exemplaren, die sich eher freiwillig Kinder-Pagan-Metal oder anderen Qualen aussetzen würden, als auf der Stelle zu treten - eine selten gewordene Haltung. Aber diesmal verlieren die Jungs im Experimentierwahn bisweilen die Orientierung. Dass die Platte keine klare Linie verfolgt, fällt irgendwann unter den Tisch; dass viele Songs das Bandniveau deutlich unterschreiten, bleibt vordergründig. Der Einsatz von Synthie-Zauber, der es erschwert, das Quartett in einigen Passagen wiederzuerkennen, kann als misslungener Versuch betrachtet werden, Stillstand zu vermeiden. Die grauenhafte Disco-Nummer 'Anjelier' ist weder avantgardistischer noch besser als handelsübliche Hupfdohlenbeschallung und würde gut in 'nen schlechten Nippon-Porno passen, der Elektro-Rocker 'Fukuro No Yurikago' wird nur von der cleveren Bridge und Tatsuros Vocals vor dem Absturz bewahrt, und die Mittelmäßigkeit des stumpf stampfenden 'Fuzz' kompensiert auch die vorkommende Mundharmonikamelodie nicht. Flachere Beats und Effekte könnte man nur dann aus 'nem Computer ziehen, wenn man geschmacklich tot ist.
Es spricht für Gitarrist Miya und seinen Blick auf das Ganze, dass die Fähigkeiten am Instrument kaum in den Mittelpunkt gerückt werden. Aber für die Qualität des Songwritings scheint dies wichtiger zu sein, als man ohnehin schon immer vermutet hatte. Wenn seine Klampfe aus dem Gesamtsound hervorsticht, bricht die gewohnte Klasse durch - sei es in den exotischen Nu-Metallern 'Nuritsubusunara Enji' und 'Shion', dem groovenden Hit 'Semishigure' oder 'Shiva', in dem knackige Riffs auf das Pathos treffen, das sich Tatsuro ab und an erlaubt. Warum Fräulein Schwöbel als beinharter NIGHTWISH-Fan in letztgenannter Nummer die "Kitsch-Grenze um einige Meilen überschritten" sieht, ist rätselhaft.
Nimmt man abschließend die phasenweise undifferenzierte, mit zu viel Hall belegte Produktion hinzu, ist das Bild des uninteressantesten MUCC-Albums bisher komplett. Selbst die ungestümen Frühwerke "Homurauta" und "Zekuu" sind "Shion" vorzuziehen.
Anspieltipps: Semishigure, Nuritsubusunara Enji, Shion
- Redakteur:
- Oliver Schneider