NIACIN - Organik
Mehr über Niacin
- Genre:
- Jazz/Fusion
- Label:
- Magna Carta / Mascot Records / Rough Trade
- Release:
- 28.10.2005
- Barbarian @ The Gate
- Nemesis
- Blisterine
- King Kong
- Super Grande
- Magnetic Mood
- Hair Of The Dog
- 4'S 3
- Stumble On The Truth
- Club Soda
- No Shame
- Clean House
- Footprints In The Sand (Bonus Track)
Abgefahren! Mehr fällt mir da nicht mehr ein. Bass-Gigant Billy Sheehan hat mal wieder zugeschlagen, dieses Mal in Form seines Nebenprojektes NIACIN, das er zusammen mit John Novello und Dennis Chambers betreibt. Auf der dritten Studioplatte des Trios lassen die Beteiligten mal wieder ihre Instrumente durch die wirrsten Rhythmen tanzen, proggen sich durch die vertracktesten Jazz-Sounds und füllen das trockene Gesamtresultat schließlich mit einigen herrlich warmen Hammond-Sounds auf. Und was steht darüber? Ganz klar, der Groove von Sheehan's Bass. Kann mir mal einer verraten, warum dieser Mann sich damals seine Zeit bei einer Band wie MR. BIG vertrieben hat... Ach ja, jetzt fällt es mir ein, da gab es sicherlich einige finanzkräftige Gründe.
Egal, das alles zählt heute nicht, denn mittlerweile kann sich Sheehan all seinen echten musikalischen Vorlieben widmen und muss sich selber nicht mehr limitieren. Deshalb klingt der Beginn der neuen Scheibe "Organik" auch nicht wirklich überraschend wie eine Free-Jazz-Orgie mit dem Bassisten im Mittelpunkt. Ziemlich abgedrehte Rhythmen aber gleichzeitig auch einen ziemlich ordentlichen Punch haben NIACIN hier in Songs wie 'Barbarian @ The Gate' und 'Nemesis' eingeflochten, bevor dann die enorm basslastige Progressive-Rock-Nummer 'Blisterine' und das verfrickelte 'King Kong' für erste Knoten in den Ohren sorgen sollten.
Doch die Männer haben Erbarmen; nach einigen gepflegten und technisch versierten Hammond-Exkursionen in 'Super Grande' darf beim zurückhaltenden 'Magnetic Mood' endlich mal entspannt werden - war auch bitter nötig nach dieser instrumentalen Vollbedienung. Auch beim melodischen 'Hair Of The Dog' lässt das Trio noch Raum für eine kurze Verschnaufpause, bevor man dann zum Schlussspurt ansetzt, der jedoch mit 'No Shame' eine weitere ruhige Nummer bereithält. Beim funkigen 'Clean House' darf dann das Tanzbein geschwungen (sofern man bei der Verkörperung der Rhythmen nicht überfordert ist) und ein weiteres Mal Luft geholt werden, so dass die eigentlich nur als Bonustrack angedachte Nummer 'Footprints In The Sand' schließlich leichtes Spiel hat und einen von dieser Performance völlig verblüfften und weggeblasenen Hörer zurücklässt.
Musikalisch orientieren sich NIACIN heutzutage vermehrt am klassischen Prog von KING CRIMSON sowie an der in den 70ern fußenden Art-Rock-Szene. Regeln gibt es keine, Strukturen schon, was auch recht simpel erklärt, warum die Band nie den Faden verliert. Selbst wenn es mal auszuarten droht, wie beispielsweise beim komplexen '4's3', heben Sheehan, Novello und Chambers nicht ab, sondern verfolgen mit all ihrer Routine den eingeschlagenen Weg konsequent fort und lassen am Ende doch alles ganz logisch klingen.
"Organik" ist eine Lehrstunde für so manche Jazz/Rock-Nachwuchskapelle und dürfte so manchen Musiker entmutigen. Aber keine Sorge, hier sind drei Ausnahmekünstler am Werk, da ist es nur legitim, dass man sich unwürdig fühlt. Es wird Zeit, dass NIACIN mal ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Vielseitiger und stilvoller kann man diese Musik nämlich kaum noch darbieten.
Anspieltipps: Blisterine, Clean House, Super Grande
- Redakteur:
- Björn Backes