NINE INCH NAILS - Broken (EP)
Mehr über Nine Inch Nails
- Genre:
- Industrial
- Label:
- Nothing/TVT/Interscope/Island/BMG
- Release:
- 22.09.1992
- Pinion
- Wish
- Last
- Help Me I Am In Hell
- Happiness In Slavery
- Gave Up
- Physical (You're So)
- Suck
Die fünfte Veröffentlichung aus dem Hause NINE INCH NAILS bietet ziemlich pure Hassmusik.
"Broken" ergeht sich dabei sowohl textlich als auch musikalisch in Fragmentierung, Giftspritzerei und (nicht nur Selbst-)Hass. Das musikalisch ebenso präzise wie beinahe schon punkig übersteuerte Zerstörungswerk wird dabei geradezu mechanisch ausgeführt und geräuschlich illustriert durch zahlreiche industriell anmutende Klänge und Überdruck-Effekte.
'Wish' etwa faucht, hämmert, röhrt und gibt sich allgemein als Industrialrock der primitiven Sorte; treibend, heftig, heftig treibend: Mit flach galoppierenden Beats und rhythmischen Attacken aus schnarrend verzerrten Gitarrenwirbeln. Bandkopf Trent Reznor scheint sein Gehirn resignativ auf Autopilot gestellt zu haben, den Antrieb auf Selbsthass programmiert, und das Fahrtziel irgendwo ganz nach unten ins Tiefschwarze verlegt. Ein Ankommen wird es nicht geben, denn ein Crash steht unmittelbar bevor. Das Seelenkostüm der Songvehikel wird nur noch vom übergespritzten Gift zusammengehalten. Das halsbrecherische Stück 'Last' gäbe einen passenden Geisterfahrer zu THERAPY?s ähnlich rasant vorangepeitschten 'Accelerator' vom "Nurse" Album ab. Mit 'Help Me I Am In Hell' folgt ein nur mäßig beruhigendes Zwischenstück inmitten des industriellen Riff-Noise: Eine düstere, ruhige Instrumentalpassage, die mich entfernt an den musikalische Harmlosigkeit zu tieftraurigen Texten heuchelnden "Electro-Shock Blues" der EELS erinnert. Danach aber geht es wieder hardcore zu: 'Happiness In Slavery' zertrümmert seinen eigenen Beat, und funkig klatschende Bass-Slaps treiben das in seiner gesamten Struktur zerrissene Stück rhythmisch voran. Bei dieser wütenden, fauchenden Scream-Orgie kann man kaum noch von einem Song sprechen. Erst nach diesem richtig fiesen Anti-Epos wird schließlich das die ganze Zeit über schon angestrebte Ziel erreicht, der Endsieg über sich selbst, die vollkommene Auslöschung: "Broken" ist eine galoppierende Reise auf Messers Schneide, immer genau entlang der kalt blitzenden Trennlinie zwischen blankem Hass und zweischneidigem Selbsthass. Dass Trent Reznor im Sound der NINE INCH NAILS vorwiegend Elemente des Industrial Rock als Ausdrucksform für seine verbales Gift verspritzenden Texte gewählt hat, kommt sicher nicht von ungefähr: Man könnte sich an dieser Stelle lang und breit über die Perversion eines funktionshörigen Gesellschaftssystems und die obsessive Scham des Menschen vor der Maschine auslassen, aber ein kurzer Hinweis auf den Philosophen Günther Anders mag da genügen. Musikalisch nahm Trent Reznor im offiziell letzten Stück des Albums übrigens bereits im Jahre 1992 einiges vorweg, was sein einstiger Schützling Marilyn Manson ein halbes Jahrzehnt später in so stachelschweinig-verletzlich-aggressiven Stücken wie 'Little Horn' auf seinem (möglicherweise besten) Album "Antichrist Superstar" schließlich beeindruckend ausbaute. Ungenannt auf dem Cover der CD blieben zwei Cover-Versionen als Bonustracks, deren eher sexualpathologisch motivierte Texte wohl nicht so ganz ins sonst eher hassgetriebene Konzept des Albums passten: 'Physical (You're So)' (im Original von ADAM & THE ANTS) ist ein ziemlich verschliffener Slow Burner; mulmig bassdröhnend, stark industrial-orientiert, garantiert clubtauglich, aber doch ätzend genug, um noch deutlich als N.I.N.-Frühwerk erkennbar zu sein. 'Suck' (Original: PIGFACE) dagegen kommt schmatzend funkig und böse bratzig daher; passive/aggressive Wechsel, Funk & Metal, glänzend fies galvanisiert.
Das Konzept hinter dieser EP mit einer guten halben Stunde Spielzeit ist ziemlich geschlossen, die Stilistik relativ eintönig, vor allem aber kompakt, hart, schnell und aggressiv. Erst nach mehreren Durchläufen, beginnen die Stücke sich im Gehör festzusetzen. Wer auf Industrial, emotional offensiven Metal oder allgemein auf aggressive Adrenalinmusik steht, sollte diese Scheibe zumindest einige Male anspielen und unvoreingenommen auf sich wirken lassen.
Anspieltipps: Wish, Happiness In Slavery, Gave Up.
- Redakteur:
- Eike Schmitz