SALTATIO MORTIS - Wer Wind Sät
Mehr über Saltatio Mortis
- Genre:
- Mittelalter Rock
- ∅-Note:
- 3.50
- Label:
- Napalm/Edel
- Release:
- 28.08.2009
- Ebenbild
- Salome
- La Jument De Michad
- Letzte Worte
- Kaltes Herz
- Rastlos
- Miststück
- Tief in Mir
- Aus Träumen gebaut
- Manus Manum Lavat
- Vergessene Götter
- Wir säen den Wind
So verbockt ist das Mittelalter - hätte Papst Eugen III. das gehört, gäbs nen neuen Kreuzzug. Schlimm!
Mit der „Perle der Natur“ konfrontiere ich heute also die „Perle des Mittelalterrocks“. Joa, vom Niveau treffen sich Krombacher aus der Dose und SALTATIO MORTIS aus der Konserve ziemlich mittig. Also eher auf dem gleichen Niveau. Wie ist das eigentlich? Ist es mit diesen nostalgischen, mediävistisch motivierten Bands a la SUBWAY TO SALLY, IN EXTREMO, SALTATIO MORTIS und wie sie alle heißen mögen, dasselbe wie mit Dosenbier? In der richtigen Stimmung top, aber im Vergleich zu ernsthaften Vertretern des jeweiligen Genres eher ein Witz? Ich meine schon. Wie anders ist es denn bitte sonst zu erklären, dass sich im Genre des Mittelalterrocks so ziemlich nichts getan hat, die viel beschworene und noch öfter gefürchtete Stagnation das Wesen dieser Richtung darstellt? Wem gefällt denn der hundertste Versuch, Rock mit Dudelsack zu kombinieren, noch? Nun gut, irgendjemanden muss es da draußen ja noch geben, dem das gefällt.
Und genau für diesen unbelehrbaren Personenverband zwingt Alea der Bescheidene – ah ja, so nennt man sich als Sänger also – seine ungeschlachte Zunge zu einem ursprünglich wohl im Französischen verfassten Songtext. Dieser klingt mehr nach einem dermaßen komischen, deutschen Dialekt, sodass es Dialektologen eine wahre Freude bereiten würde, diese Wortvergewaltigung einem Dorf Inzest geplagter Inselbewohner in Gebieten weitab der bundesdeutschen Realität zuzuordnen. Dass sich die Metalqueen herself, Doro Pesch, dazu hat breitschlagen lassen, eine Kamelballett-Nummer mit den Gauklern zu singen, finde ich persönlich ja sehr schwach. Und ja, die Nummer kann sogar was, fällt ob ihrer Qualität allerdings auch aus dem Rahmen der gesamten Platte.
Okay, ich gebe es zu: Ich hatte meine SUBWAY-TO-SALLY-Phase und das war gut, ganz ohne Frage. Doch „Wer Wind Sät“ knattert unverändert in die gleiche Sparte wie die Kameraden schon vor 10 Jahren. Das machen sie absolut nicht schlecht, 'Miststück' oder 'Wir Säen Den Wind' sind wirklich ordentliche Rock-Songs mit Deutsch-Punk-Einschlag, aber mehr halt auch nicht. Müßig, zu erwähnen, dass die Platte sich perfekt in den Katalog der Band einfügt, oder? Immerhin wäre es ja zuviel verlangt, von einer Band dieser Größenordnung sowas wie Innovation oder so zu erwarten. Die Rhythmen sind dermaßen auf Partytauglichkeit hin ausgelegt, dass das sich aufzwingende Bild bierschwangerer Jugendheim-Partys fast schon wehtut. Ja, selbst die Riffs kennt man von den ONKELZ und den HOSEN in gut, ebenso wie alles andere auch schon vor 15 Jahren etabliert wurde. Wenn das Infosheet von autobiographischen Texten spricht, spreche ich dem Lyriker (hach, welch Euphemismus) jegliche Kernkompetenz schreiberischer Qualität ab. Ich hoffe, dass die erlebten Eindrücke derart eindrücklich waren, dass das Ergebnis ein individuelles Sodom und Gomorrha in der Gegend im Gehirn war, die für „poetische“ Ergüsse zuständig ist. Denn im geistigen Vollbesitz der Kräfte... naja, ich schweife ab.
Aber um das Bild zu vervollständigen: Ganz im Sinne Lots wende ich meinen Blick weg von der brennenden Stadt und schaue gewiss nicht zurück. Dieses Album wird in Zukunft ganz sicher einen großen Umweg um meine Stereoanlage machen. Wer dies anders hält ist oder wird zur Salzsäule erstarren. Ich hoffe, dass SALTATIO MORTIS entweder beginnen, sich Gedanken zu ihrer Musik zu machen, oder es von vornherein nach unglaublichen neun Jahre Bandgeschichte einfach gleich von vornherein lassen.
Fazit: So bleibt am Schluss nur Verwunderung, wie solch eine Szene ohne wesentlichen Input eigentlich überleben kann. Darüber dürfen sich aber andere Gedanken machen, ich begnüge mich mit einer Note: für „Wer Wind Sät“: 3 Punkte für das Beherrschen der Instrumente, 2 Punkte für autobiographische Bezüge, 1 Punkt für Doro, 3 Punkte für die Qualität der Produktion und der Aufmachung. Ergibt 9 Punkte. Abzüglich 3.5 Punkte für „nix Neues“ und 2 Punkte für peinliche Texte und dümmlichen Gesang. Summa summarum viel zu gute 3.5 Punkte.
Anspieltipps: Ebenbild, Salome, Wir säen den Wind, Manus Manum Lavat
- Note:
- 3.50
- Redakteur:
- Julian Rohrer