TIMEWORN - Leave The Soul For Now
Mehr über Timeworn
- Genre:
- Sludge / Post Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Loyal Blood Records
- Release:
- 06.12.2019
- Sky Castles
- Count The Crosses
- Oblivion Seekers
- Hellwater
- Paradise Crown
- Visceral Reality
- The Fallen King
- Vagrant Heart
Ausufernd, apathisch, aber auch grenzüberschreitend und faszinierend!
Es gibt zwar Schubladen, in die sich der neue TIMEWORN-Release prinzipiell einordnen ließe, aber irgendwie entzieht sich "Leave The Soul For Now" diesen Kategorien immer wieder. Nehmen wir den Opener 'Sky Castles': Rauchige Stoner-Gitarren sägen in Sludge-Manier durch den halbdunklen Klangraum, den die Norweger auf dem Achttracker eröffnen, die treibende Rhythmusfraktion versprüht Unruhe, während der Gesang zwischen näselnder Eintönigkeit und harschem Geschrei wechselt; zudem wird das unheimliche Treiben immer wieder auf postmetallische Weise durch flirrende Hintergrundgitarren und Halleffekte erhellt oder durch grungig-warme Riffwände mit Leben erfüllt. Die Komponenten passen zusammen, und doch klingt das Ergebnis anders, irritierend und gleichzeitig erfrischend anders.
Es ist eine ungewohnte Hörerfahrung, dabei trotz offenkundiger NEUROSIS- oder BARONESS-Anlehnungen mit TIMEWORN immer wieder Überraschungen zu erleben, und zwar positive wie negative: Die Refrains sind meist gezeichnet von Apathie und entrückter Schwelgerei, viele Interludes zeichnen sich durch eine eher fantasielose Gitarrenarbeit aus, während die TIMEWORN-Herrschaften an anderen Stellen für kalte Schauer und Gänsehaut bei der Hörerschaft sorgen dürften. Bei den aggressiveren Parts überzeugen die Vocals mit enormem Biss, in den gänzlich zurückgenommenen Augenblicken überrascht der Fünfer mit Feinfühligkeit und intimer Zerbrechlichkeit. Völlig baff macht zur Albummitte 'Hellwater', eine komplett akustische, zurückgelehnte Nummer, mit gänzlich entspannten Western-Sounds und warmen Grunge-Gitarren – super lässig, aber zugleich auch bis zur Langeweile entschleunigend. Anschließend wird mit 'Paradise Crown' die ganze Palette der TIMEWORN-Stilistik aufgefahren; hier bleibt auch endlich einmal der Kehrvers im Ohr hängen. Mit 'Vagrant Heart' steht das Highlight der Scheibe aber ganz am Ende: Noch einmal dominiert Melancholie, noch einmal mäandern wir durch eine trübselige Stimmungslandschaft, die Erinnerungen an METALLICAs 'Fade To Black' weckt, werden aufgeweckt durch wunderschönen mehrstimmigen Gesang, berührt von klagenden Gitarrenlinien und schließlich in Nachdenklichkeit entlassen.
Seit langem ist es mir nicht mehr so schwergefallen, die passenden Worte zur Beschreibung eines musikalischen Werkes zu finden wie bei "Leave The Soul For Now". Auch wenn sich die genannten Attribute klar zuordnen lassen und die Referenzen offenkundig sind, liefert TIMEWORN ein Hörerlebnis ganz eigener Art: anstrengend, teilweise einlullend bis einschläfernd, an anderen Stellen mitreißend, markerschütternd, insgesamt schlicht und ergreifend faszinierend, hypnotisierend. Sludge-, Grunge-, Stoner- und Post-Metal-Fans sollten sich auf alle Fälle einen Durchlauf genehmigen.
Anspieltipps: Paradise Crown, Vagrant Heart
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause