WOLF - Evil Star
Mehr über Wolf
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Massacre Records
- Release:
- 26.04.2004
- Evil Star
- American Storm
- The Avenger
- Wolf’s Blood
- Transylvanian Twilight
- Devil Moon
- Out Of Still Midnight
- The Dark
- Black Wing Rider
- (Don’t Fear) The Reaper
- Die By The Sword (Bonus)
- I’m Not Afraid Of Life (Bonus)
Als absoluter Fan dieser noch sehr jungen Band freute ich mich riesig auf den Tag, als der Postbote das Promo der neuen WOLF in meinem Briefkasten versenkte. Mit Schaum vorm Maul und leicht entgleisten Gedanken in der Rübe ging es daraufhin auf allen Vieren vor den CD-Schacht, um einem neuen Meisterwerk zu huldigen.
Der Vorgänger "Black Wings" ist meiner Meinung nach eine der besten Metalscheiben auf dem truegeprägten Markt. Der Output transportierte den punkig angehauchten Metal der Marke IRON MAIDEN anno 1981 ins neue Jahrtausend und hauchte ihm einen modernen Atem ein. Das Ergebnis war unglaublich. Erfrischend losgelöst von allen gängigen Metalklischees, bretterte die Scheibe mit einer Vehemenz durch die Gurke, dass man nach Beendigung des Hörgenusses zunächst mal mit seinen verformten Gräten auf die Richtbank musste. Dabei spielte auch der schneidige Sound von HYPOCRISY-Mastermind Peter Tägtgren eine große Rolle, der an allen Ecken knallte wie ein Flächenbombardement.
Zwei Jahre später schicken sich WOLF an, diesen Triumphzug zu wiederholen, beziehungsweise fortzusetzen. Zunächst muss man sagen, dass der neue Output etwas sperriger ausgefallen ist als der extrem leicht reinlaufende Vorgänger. Der Anschein täuscht aber, da sich dieses kleine Juwel mit jedem Durchgang ein Stück mehr in die Seele brennt. Der Sound ist leider im Gegensatz zum Vorgänger etwas schwachbrüstiger ausgefallen. Von der Grundstruktur klingt der wiederum von Tägtgren kreierte Sound absolut identisch, lässt aber den infernalischen Druck des Vorgängers missen. Leider! Das soll aber der erste und zugleich letzte Kritikpunkt sein.
Die CD beginnt mit 'Evil Star' straight, hart und eingängig. In bester stampfender JUDAS PRIEST-Tradition gibt es handfesten und handgemachten Metal in Reinkultur. Anfangs kommt die Nummer etwas unspektakulär rüber, steigert sich aber im Verlauf in eine dieser, für WOLF bekannten, musikalisch entfesselten Sturmlaufnummern, für die IRON MAIDEN-Fans ihre Helden in den siebten Himmel heben würden. Twingitarren so weit das Auge reicht, McBrain-inspiriertes Drumming und pumpende Bässe in Formvollendung. Jawoll, Hut ab! Das passt schon mal sehr gut.
'American Storm' könnte gut auf MAIDENs "Killers" stehen. Allerdings umgibt die Nummer eine leicht fröhliche Aura, die mit tonnenweise Riffpower mit ungehobelter Wucht in die Soundlandschaft kracht. Der Mittelpart ist wie immer gottgleich und lässt alle anderen Bands, die krampfhaft versuchen, dem Metalflagschiff MAIDEN näher zu kommen, mächtig blass aussehen. Die Drums preschen und peitschen und die Klampfen sägen wie blöd. Sänger Niclas Olsson bekommt wie immer jeden einzelnen Ton souverän gemeistert und drückt "Evil Star" mit seinem klasse Organ den unverkennbaren WOLF-Stempel auf.
'The Avenger' steigert den hochprozentigen Metalgenuss nochmal ins Vielfache. Die Nummer ist die personifizierte NWoBHM-Wiedergurt. Die Klampfen feuern doppelläufige Riffsalven, die an Melodien nicht zu überbieten sind. Der Bass drückt sich mit seinen durchgebretterten Sechzehnteln durch die Magenwände und die killenden Drums geben dem winselnden Individuum den Rest. Das ultrageile Klampfensolo hätte keiner der jetzigen MAIDEN-Gitarristen besser hinbekommen, wobei das Gleiche eigentlich für den kompletten Song gilt. Eindrucksvoller kann man seinen Helden nicht aufzeigen, wo der Hammer hängt. Der hängt nämlich derzeit in Schweden!
'Wolf´s Blood' ist eine tausendprozentig intonierte Metalhymne. Interessante Bassfiguren, wohin das Auge reicht, Tappings, meterdicke Riffwände und ein Refrain, der sofort für alle Ewigkeit gespeichert wird. Mit 'Wolf´s Blood' haben WOLF eine ihrer besten Nummern geschrieben, was bei dem durchgängig erstklassigen Material aller WOLF-Veröffentlichungen einer Erhebung in den Adelsstand gleichkommt. Ist es für mich auch, von nun an Sir WOLF!
Nun zündet aber der Überhammer. Das Instrumental 'Transylvanian Twilight' heißt nicht umsonst so, ist es doch von der Grundstruktur sehr an MAIDENs 'Transylvania' angelehnt. Allerdings erhebt es dessen musikalische Genialität in Höhen, die selbst die Urväter der NWoBHM noch nicht erklimmen konnten. Das relativ kurze Intermezzo fordert mich ständig zum Betätigen der Repeattaste auf, dem ich auch erfürchtig und mit gebrochenem Willen gerne nachkomme. Genial!
Das folgende 'Devil Moon' tönt wieder mehr nach JUDAS PRIEST und stampft herrlich melodiös und mit einem arschtighten Groove über die Wolkendecke. Im Refrain geht am sonnigen Firmament der Teufelsmond auf und beschert dem Hörer eine fette truemetallische Hymne. In der Interlude kippt die Nummer wieder gen MAIDEN und die Band tickt musikalisch einmal mehr völlig aus. Seltsam, wie easy die Wölfe solche entfesselten Arrangements aus dem Ärmel schütteln und wie locker sie diese der geneigten Hörerschaft in die Birne ballern. Streckschuss, das sitzt!
Im Anschluss groovt 'Out Of Still Midnight' unablässig und brennt sich mit kontrollierter Disharmonie im Langzeitgedächtnis ein. Anfangs etwas sperrig, entfaltet der Song nach mehrmaligem Genuss seine volle Wirkung. Und die ist nicht gerade gering. Herrlich oldschoolig peitschen WOLF die Nummer durch die Membrane und stellen wieder einmal klar, wer derzeit 'keinen' Anspruch auf den metallischen Thron hat. Alle außer WOLF!
Auch 'The Dark' fällt nicht großartig ab. Im selben Rhythmus wie der Vorgänger rammen die Schweden eine geniale hookline nach der anderen ins geschwächte Hörerfleisch. Der hat sich bis hierhin sowieso schon halb ins Nirvana gebangt und bekommt nun, am musikalischen Defibrilator hängend, einen Melodieschock nach dem anderen in den Brustkorb gejagt. Operation gelungen, Patient nur halb tot!
Mit 'Black Wing Ryder' werden auf stählernen Schwingen und im Überschall brennend heiße Riffsalven gezündet, die sich mit der Kraft des pumpenden Tieftöners und den detonierenden Drums in einem machtvollen und ohrenbetäubenden Knall entladen. Die Nummer killt alles und jeden, jetzt und in Ewigkeit, Amen! Der Abwechslungsreichtum ist kaum mehr zu steigern, die musikalische Genialität sowieso nicht mehr. Gratulation zu diesem Übersong.
Das BLUE OYSTER CULT-Cover '(Don´t Fear) The Reaper' dürfte jedem Rock- beziehungsweise Metalbegeisterten ein Begriff sein. Die Umsetzung des Songs ist absolut gelungen. Mir persönlich gefällt sogar die Neuinterpretation des Klassikers besser, obwohl das manch einer als pure Blasphemie bezeichnen wird. Mir egal! Die Schweden machen aus der starken, aber recht langatmigen Nummer eine Hookline-Maschine und eines der besten Cover aller Zeiten. Groß!
Als ersten Bonustrack gibt es auf "Evil Star" SLAYERs 'Die By The Sword' zu bestaunen, das ebenfalls megatight gezockt, alle gleißend hellen Lichter mit machtvoller Düsternis löscht. Killt sauber und entgültig!
Zum Abschluss zünden WOLF mit 'I´m Not Afraid Of Life' noch einmal eine Schwermetallgranate, die, langsam und unauffällig entfacht, mit dem erwarteten Punch in die Fresse knallt. Ein tightes und lockeres Finale, das mit einem zufriedenen Grinsen und der Gewissheit, dass die Schweden ein weiteres erstklassiges Album am Start haben, aus diesem Hörgenuss entlässt.
Was soll ich sagen? Den übermenschlichen Status, den "Black Wings" in meiner metallischen Sammlung innehat, erreicht "Evil Star" nicht ganz. Wenn man aber erst einmal eine Scheibe in einen solchen Staus erhoben hat, wird jeder Vergleich mit einem anderen Release hinken. Ebenso verhält es sich mit "Evil Star". Die Scheibe ist ein von der ersten bis zur letzten Sekunde intonierter Overkill an Melodien und Harmonien, an Killerarrangements und Götterhooklines, für die manch andere Band den Proberaumboden mit der analen Zone entstauben würde.
Wie auch auf dem Vorgänger, gibt es auf "Evil Star" jede Menge zu entdecken. Der Abwechslungsreichtum und die Detailvielfalt sind enorm und lassen auch beim zwanzigsten Durchlauf keine Langeweile aufkommen.
"Evil Star" empfehle ich somit jedem Metaller, der mit der NWoBHM noch nicht abgeschlossen hat und mit melodiegetränktem Metal durchs Leben geht. Diejenigen werden mit WOLFs Neuer überreichlich beschenkt. Also Arsch hoch und kaufen, während am Horizont der böse Stern aufgeht...
Anspieltipps: Evil Star, The Avenger, Wolf´s Blood, Transylvanian Twilight, Devil Moon
- Redakteur:
- Alex Straka