All is lost (Blu-ray)
- Regie:
- Chandor, J.C.
- Jahr:
- 2013
- Genre:
- Action
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- All is lost
1 Review(s)
18.05.2014 | 18:05Der alte Mann auf See: Kafka verbündet sich mit Hemingway
Mitten auf dem Indischen Ozean wird ein Mann (Redford) jäh aus dem Schlaf gerissen. Seine Segelyacht hat einen im offenen Meer treibenden Schiffs-Container gerammt. Sein Navigations-Equipment und sein Funkgerät versagen in der Folge den Dienst und er treibt mitten in einen gewaltigen Sturm hinein, der er dank seiner seemännischen Intuition und Erfahrung mit knapper Not überlebt. Parktisch manövrierunfähig treibt der Mann auf offener See. Ein verzweifelter Kampf ums Überleben beginnt... (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: All is lost (USA 2013)
Dt. Vertrieb: Universum
VÖ: 23.5.2014
EAN: 888430000193
FSK: ab 12
Länge: ca. 106 Min.
Regisseur/ Drehbuch: J. C. Chandor ("Der große Crash - Margin Call")
Musik: Alex Ebert
Darsteller: Robert Redford
Handlung
1700 Seemeilen westlich von Sumatra, nördlich der Schiffahrtsroute, die vom Kap der Guten Hoffnung nach Sumatra und der Straße von Malakka führt. Am 13. Juli schreibt ein Mann den letzten Eintrag in sein Logbuch und schickt die Seite ab. Es ist eine Flaschenpost...
Acht Tage zuvor
Als der Segler schläft, rammt ein im Indischen Ozean treibender Frachtcontainer sein Boot und reißt ein Loch in die Bootswand. Sofort dringt Wasser ein und verursacht ei8nen Kurzschluss in den Navigationsgeräten, dem GPS, dem Sat-Handy und dem Funkgerät. Er ist von der Außenwelt abgeschnitten. Den Container aus der Bordwand zu reißen, ist bereits schweißtreibend, aber dann muss er mit Kunstharz auch noch das Loch in der Bordwand flicken, um nicht abzusaufen. Da die elektrische Lenzpumpe ausgefallen ist, muss er von Hand pumpen. Als er Akku und Funkgerät verbindet, kann er von der "Virginia Jean" einen SOS-Ruf absetzen, doch niemand antwortet. Regen fällt.
Der aufziehende Sturm testet seinen Überlebenswillen bis zum Äußersten. Als er ein Sturmsegel setzen will, spült ihn ein Brecher über Bord. Doch er mitgerissen und kann wieder an Bord klettern. Als er sich gerade in der Kajüte ausruht, dreht ein weiter Brecher sein Boot auf den Kopf, ein weiter stellt es wieder aufrecht. Es ist wie in einer Waschmaschine. Als er an Deck geht, sieht er: Der Mast ist gebrochen, das Sturmsegel unten, der Seeanker weg - nicht gut. Da der Flicken gerissen ist, dringt Wasser ein. Ein weiterer Brecher lässt ihn mit dem Kopf an einen Stützpfosten knallen - alles wird dunkel.
Er erwacht, als das Boot im Begriff steht, unter seinem Hintern abzusaufen. Binnen weniger Minuten schafft er es, eine Rettungsinsel raus zu werfen, Vorräte an deren Bord zu schaffen und hinüber zu wechseln. Seine Yacht versinken zu sehen, ist hart. Aber härter ist es, einen Sturm in einer mickrigen Rettungsinsel überstehen zu müssen, die sich gerade in ihre Bestandteile auflöst. Die Haie warten schon...
Mein Eindruck
Robert Redford ist eine Schau. Ihm zuzusehen, wie er von einer haarigen oder brenzligen Situation in die nächste gerät, aber immer wieder eine Lösung findet, hält den Zuschauer permanent bei der Stange. Er purzelt, taucht, klettert, ersäuft fast und zündet sich zum Schluss um ein Haar selber an. Das ist echt schlimmer als "Life of Pi", der ja auch auf dem Indischen Ozean spielt. Wie Redford selbst sagt, erinnert "All is lost" an einen uralten Film von ihm, nämlich an "Jeremiah Johnson" von anno 1970 oder 1971. Dort muss der titelgebende Trapper es mit den Unbilden der Natur aufnehmen, bevor er sich an den Mördern seiner (indianischen) Frau rächen kann.
Stimmungsvolle Postkartenbilder von Sonnenuntergängen - die kennen wir zur Genüge. Aber der Ozean hat noch ein anderes Gesicht. Dieser Ozean ist brutal, gewaltig und kennt keine Rücksichten auf winzige Erdlinge wie den Segler. Eine actionreiche Orgie der Zerstörung kostet den Segler ein Vehikel nach dem anderen. Hoffnung und Verzweiflung halten sich bald die Waage. Die einzige Wahl, die er hat, ist die, einfach immer weiterzumachen. Aufzugeben liegt nicht in seiner Natur.
Die aufkeimende Hoffnung, dass ein Containerfrachter, seinen nordwärts gerichteten Kurs kreuzen werde, erfüllt sich. Doch ein Containerfrachter nach dem anderen zeigt die gleiche Gleichgültigkeit gegenüber dem Einzelnen wie die endlose See. Ein Berg von Containern - was macht es da schon, wenn mal einer runter fällt und eine Yacht zerstört? Was macht es schon, wenn da ein Winzling in einer Rettungsinsel vorüber schwimmt und eine Leuchtrakete abschießt? Es wirkt fast so, als hätte sich Kafka mit Hemingway verbündet.
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 2,40:1 (anamorph)
Tonformate: D in DTS-HD 5.1, Englisch in DTS-HD 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D für Hörgeschädigte
Extras:
- Trailer
- Trailershow
- Featurettes
- Interviews
- B-Roll
Mein Eindruck: die Blu-ray
Ton und Bild sind erstklassig, denn alles wurde mit feiner Digitaltechnik aufgezeichnet und in den Skywalker Studios von Lucasfilm klangmäßig tiptop aufpoliert. Da gibt es nix zu meckern. Die Untertitel halt sich nicht ganz an die Synchronisation bzw. umgekehrt, aber das macht nichts: Es gibt nur wenige Zeilen Dialog.
EXTRAS
1) Deutscher Trailer (2:20)
Der Trailer fasst die Story in Höhepunkten zusammen, mit packenden Aufnahmen, die mit stimmungsvollen Pausen abwechseln.
2) B-Roll (11:00 min)
Die B-Roll dokumentiert alle Phasen der Filmentstehung kommentarlos, ohne Musik und natürlich ohne Untertitel. Dafür bekommt man einen Einblick in jede Phase des Projekts, wie sie in den Featurettes erwähnt werden.
3) FEATURETTES
a) Die Story (3:45)
Einen "existentiellen Actionfilm" nennt Regisseur Chandor seinen Film. Der Protagonist ist ein jedermann, und Chandor sah in seinem Drehbuch bereits Redford als Darsteller vor - einen alten Mann, der durch die Naturgewalten mit seiner Sterblichkeit konfrontiert wird. Was macht den Kern dieses Menschen aus - ist er ein Loser oder ein Üerlebenstyp? Bis zum Schluss bleibt diese spannende Frage offen und treibt den Film an.
b) Der Schauspieler Robert Redford (4:25)
Die Schwierigkeit, eine Rolle dieser Art zu spielen, liegt darin, dass jeder Gedanke, jede Problemlösung nicht in Dialog dargestellt werden kann, sondern im Gesicht und den Gesten des Darstellers zu sehen sein muss. Gefühlsausdrücke wie etwa Aufschreie sind selten. Redford hatte soviel Vertrauen in Chandor, den er vom Sundance Film Festival kannte, dass er sich ganz in dessen Hände gab - obwohl er selbst gerade einen Film als Regisseur abgedreht hatte.
c) Der Regisseur J.C. Chandor (3:14)
"Chandor hat eine ganz genaue Vorstellung davon, wie sein Film aussehen soll", sagt Redford, "und er hat ein gutes Auge für Details." Der Regisseur war im Unterschied zu Redford bereits Segler. Chandor hat jede Szene als Storyboard entworfen und in den Computer bzw. die gemeinsame Projektplattform gescannt. So können sich alle Mitarbeiter die Details jederzeit und überall anschauen. Für Cutter und Toningenieur waren diese Vorgaben maßgeblich, um ihre eigene Arbeit umzustellen.
d) Großer Film, kleiner Film (2:33)
Redford berichtet, das Budget des Films, das zwei Produzenten zusammenkratzten, sei klein gewesen. Das sieht man dem Ergebnis nicht an. Drei enorme Wasserbecken wurden gebaut, in denen jeweils ein Boot schwamm: eines für Innenaufnahmen, eines für Außenaufnahmen und eines für Spezialeffekte wie etwa Rollen, Sinken, Sturm, Unterwasseraufnahmen usw. Die Containerfrachter waren echt und kamen nicht aus dem Rechner, ebenso übrigens wie die Haie.
e) Noch ist nichts verloren: Post-Production (3:48)
Gedreht wurde in Niederkalifornien, in Kalifornien (L.A.) vor einem Green Screen und auf den Bahamas - wohl wegen der Sonnenuntergänge. In diesem Beitrag sind die Arbeitsgänge aus der Nachbearbeitung dokumentiert, so etwa der Ton in den Skywalker Studios.
4) Interviews
a) Robert Redford (13:30 min)
b) Regisseur J.C. Chandor (14:30 min)
Und acht weitere Interviews. Diese stellen die kompletten Langfassungen der Ausschnitte aus den Featurettes dar. Man bekommt hier jede Menge Hintergrundinfos. Ich habe nur das Redford-Interview angesehen. Erstaunt war ich darüber, dass sich der Mann bei den Dreharbeiten mehrfach verletzte. Man kann aber davon ausgehen, dass er versichert war.
5) Trailershow
a) Grace of Monaco (mit Nicole Kidman)
b) Philomena (mit Judi Dench)
c) Yves St. Laurent (F)
d) Das Wochenende (mit Tobias Moretti, Barbara Auer u.a.)
e) Lone Survivor (mit Mark Wahlberg)
f) Der Nächste, bitte! (mit Diane Kruger und Danny Boon)
Unterm Strich
Wer will, kann in "All is lost" lediglich die Dokumentation eines packenden Überlebenskampfes sehen. Aber man kann sich auch der Sicht des Ökologen Robert Redford anschließen und diesen Kampf auf den der Menschheit um ihre Heimatwelt übertragen. Immer wieder sehen wir Boot und Rettungsinsel einsam und verloren in einem leeren dunklen Ozean schweben. Ebenso verloren schwebt die Kugel des Blauen Planeten in der Leere des Weltalls. Und wir haben nur diese eine Welt. Am Ende steht die kleine Insel in Flammen und ich fragte mich: Was, wenn wir auch alles, worauf unsere Existenz gründet, abfackeln würden? Wären wir wirklich so blöd?
Dass die großen Containerschiffe den kleinen Schiffbrüchigen völlig ignorieren, erinnerte mich an die Weltraumumgehungsstraße der Vogonen in "Per Anhalter ins All": Es wird keine Rücksicht auf Erdlinge und andere Nichtvogonen genommen. Die großen Pötte der Reedereien folgen den Gesetzen der Logistik: Termine, Menge, Geschwindigkeit - ein Notstopp ist da völlig ausgeschlossen. Kafka lässt grüßen. Symbolisch ist daher das letzte Bild des Films: Ein unbekannter Fischer reicht dem Ertrinkenden seine helfende Hand. Merke: Nur wenn wir aneinander Anteil nehmen, werden wir überleben.
Die Blu-ray
Die Blu-ray bietet ausgezeichneten Sound und ein bestechendes Bild (nicht immer auch in den Extras). Das Bonusmaterial ist mit rund 98 Minuten richtig üppig. Allerdings wurde das Making-of in kleine Häppchen namens Featurettes aufgeteilt, die man dann im Kopf selbst zusammensetzen darf. Durchaus interessant fand ich die B-Roll, die alle Phasen der Filmentstehung kommentarlos dokumentiert.
Michael Matzer (c) 2014ff
- Redakteur:
- Michael Matzer