The Philosophers (Blu-ray)
- Regie:
- Huddles, John
- Jahr:
- 2013
- Genre:
- Fantasy
- Land:
- USA/Indonesien
- Originaltitel:
- The Philosophers
1 Review(s)
16.03.2014 | 13:19Ein Experiment mit doppeltem Boden
Am Horizont steigen die Wolken von Atombombenexplosionen empor, die nukleare Apokalypse ist da. 20 junge Erwachsene, Schüler der Abschlussklasse Philosophie an einer internationalen Schule in Jakarta, stehen vor dem Eingang eines Bunkers. Ein Jahr lang können sie dort überleben, um später die Menschheit neu aufzubauen. Doch der Bunker bietet nur Raum für zehn Bewohner. Wer soll leben, wer wird sterben?
Ihr Lehrer hat ihnen Berufe und Eigenschaften willkürlich zugeteilt. Sie bilden die Basis für rationale Entscheidungen. Das Ganze ist nämlich ein Gedankenexperiment, mit dem Mr. Zimit ein letztes Mal das Urteilsvermögen seiner Schüler herausfordert. Doch schnell bröckelt das rationale Gebäude und das Experiment bekommt eine gefährliche Eigendynamik ...(Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: The Philosophers (USA/Indonesien 2013)
VÖ: 18.2.2014
EAN: 7613059404397
Länge: 112 min.
FSK: ab 12
Regie: John Huddles
Darsteller: James d'Arcy, Bonnie Wright, Freddie Stroma, Maia Mitchell, Rhys Wakefield, Sophie Lowe, Erin Moriarty, Daryl Sabara u.a.
Handlung
James und Petra gehen auf die internationale Eliteschule in Indonesiens Hauptstadt Jakarta. Heute ist der letzte Tag ihres Philosophiekurses, den sie bei Professor Zimit (James d'Arcy) besuchen. Wie so oft kommt James (Wakefield) zu spät, während Petra (Lowe) immer pünktlich ist. "Wozu studieren wir Philosophie?" fragt ihn einer der Schüler. "Die bringt doch nichts fürs Leben, oder?"
Dass Philosophie eine ganze Menge mit dem Leben zu tun hat, will ihnen Zimit mit einem Gedankenexperiment beweisen. Es hat drei Durchläufe, jeder schlimmer als der vorhergehende. Mal angenommen, die nukleare Apokalypse ereignet sich und es wäre zu entscheiden, wer im Schutzbunker überleben darf und wer draußen bleiben müsste. Der Bunker bietet Platz, Atemluft und Proviant für nur zehn Personen, sie sind aber 21 - wer muss draußen bleiben? Die Unnützen werden nämlich in der radioaktiven Hölle draußen rasch eines qualvollen Todes sterben.
Zimit lässt Lose ziehen, auf denen Berufsbezeichnungen stehen. Doch welcher Beruf ist "nützlich" fürs Überleben während des einen Jahres, das die Glücklichen im Bunker verbringen dürfen, wer ist "unnütz"? Trotz der ersten Weigerung, so etwas Schreckliches durchzudenken, überredet der Lehrer die Schüler mitzumachen. Er selbst sei der Joker im Spiel: der unbekannte Faktor, der die Regeln bestimmt.
Der erste Durchgang - so die Vorstellung - findet auf dem Tempelgelände von Parambang statt. Peng! Von der Kugel des Lehrers getroffen sinkt der "Dichter" zu Boden. Weitere werden aussortiert. Die "nützlichen" Neun gehen in den Bunker und schließen die Glastür hinter sich. Doch da klopft Zimit an: Nur er kennt den Öffnungscode, behauptet er auf einem Zettel. Er ist offensichtlich bereits verstrahlt. Sollen sie ihn hereinlassen oder lügt er?
Die Antwort finden sie erst nach einem Jahr heraus: Keiner kennt den Exit-Code und alle sterben...
Durchlauf Nr. 2
Diesmal müssen sie es aber besser machen, nicht wahr? Das Problem bestand im ersten Durchlauf darin, dass eine emotionale statt einer rationalen Entscheidung getroffen wurde. Also müssen sie diesmal vernünftiger sein. Die Szene ist die Vulkanlandschaft des Mount Bromo, und mittendrin befindet sich der Bunkereingang. Zu den Atomexplosionen kommen nun auch noch Vulkaneruptionen. Keine besonders gemütliche Umgebung. Wer muss diesmal draußen bleiben?
Zimits Vorgabe lautet diesmal: Damit die letzten Menschen den Fortbestand der Menschheit gewährleisten können, muss es jedes Jahr eine Schwangerschaft geben. Es müssen also erstens sowohl Männer als auch Frauen im Bunker sein. Und es darf keine Schwule geben. Auf den Loskarten stehen nun nicht nur die jeweiligen Berufe wie Ingenieur, Hebamme oder Dichter, sondern auch Risikofaktoren wie Ebola-Infektion oder homosexuell!
Durchlauf Nr. 3
Zimit hat geschummelt! James' Erkenntnis ist niederschmetternd und macht ihn wütend. Diesmal reißen er und Petra die Initiative an sich. Die Szene ist eine schöne Südseeinsel, und alles sieht vielversprechend aus. Petra bittet ihre Mitschüler, allein bestimmen zu dürfen, wer in den Bunker kommt und wer draußen bleibt. Dass Zimit unten durch ist, versteht sich von selbst. Doch Petras restliche Auswahl fällt sehr ungewöhnlich aus...
Nach dem Experiment
In die Stille der verlassenen Schule fällt ein Schuss.
Mein Eindruck
Die Handlung dieses interessanten und anrührenden Films funktioniert auf zwei Ebenen: dem Gedankenexperiment selbst und den Philosophen, die seine Spielregeln festlegen. Wie James und Sophie zu ihrem Leidwesen herausfinden, hat Prof. Zimit, der angebliche Joker, die Karten gezinkt, nach denen sich die Schüler einteilen sollen. Aber zu welchem Zweck hat er das getan?
Wir müssen bis zur letzten Szene warten, um den Grund zu erfahren. Denn Zimit hat dafür sehr persönliche Gründe, beim Experiment zu schummeln: Er will Sophie, die mittlerweile mit James zusammen ist und mit ihm in den USA studieren will, zurück haben. Dieses schmutzige Spiel hat also einen doppelten Boden. Diesen gilt es zu beachten, wenn man sich den Film ein zweites Mal anschaut. Und das zweite Anschauen lohnt sich durchaus.
Denn es geht ja bei der dreimaligen Auswahl der Nützlichen und der Nutzlosen unter den Experiment-Teilnehmern um eine sehr existentielle Angelegenheit: Wer wird, wer soll, wer darf schließlich überleben, wenn es zum Äußersten kommt? Unsere Vorräte an Rohstoffen und Nahrungsmitteln gehen bekanntlich zur Neige, die Überbevölkerung nimmt zu, die anderen Lebewesen sterben aus, der Klimawandel wird massive Folgen haben.
Dürfen nur die Reichen und Schönen überleben, so wie sie sich jetzt schon die besten und gesündesten Ressourcen aneignen? Nicht, wenn es nach den "Philosophen" geht. Sie wählen zunächst die beruflich Nützlichsten aus. Das geht gründlich schief. Aber auch der zweite Durchlauf scheitert: Es nützt nichts, wenn man Schwule aussperrt, nur weil sie angeblich keine Schwangerschaft hervorbringen können. Das ist kompletter Blödsinn, wie sich schnell zeigt. Und es gibt wenigstens einen witzigen Schluss dieser Episode.
Unsere superschlauen Philosophieschüler haben übersehen, dass es nicht nur um die Zeit NACH dem Jahr im Bunker geht, sondern auch um das Jahr IM Bunker und den Moment danach, wenn sie ihn verlassen wollen. James und Sophie kapieren dies endlich im dritten Durchlauf und handeln entsprechend: Zimit, der Joker, bleibt (erneut) draußen. Alles scheint gutzugehen und sie haben eine schöne Zeit im Bunker, bis nach dessen Verlassen eine dumme Sache passiert.
Die Jungdarsteller, von denen ja schon einige ziemlich bekannt sind, tun ihr Bestes, um ihre Dialogzeilen möglichst natürlich zu sprechen. Das gelingt nicht immer, aber die schnellen Schnitte und die imposanten Panoramen von Vulkanen, Tempeln und Südseeinseln übertünchen manche Mängel. Entscheidend ist die glaubwürdige Ausgangsbasis: das Klassenzimmer.
Das Klassenzimmer verändert sich jedoch fortwährend. Mal sitzen alle brav in Reih und Glied, dann wieder in Kreisen. Schließlich arrangiert man die Tische in zwei Parteien: auf der einen die "Nützlichen", auf der anderen die "Unnützen". Man kann sagen: Dieser Unterricht ist alles andere als langweilig. Und zwar auch deshalb, weil zunächst unklar ist, welches falsche Spiel Prof. Zimit spielt. Er stellt zwar die Regeln auf, doch dienen sie dem Spiel oder seinen eigenen, unbekannten Zwecken?
Die Moral von der Geschicht': Wenn es hart auf hart kommt, wird jeder, der kann, versuchen, die Regeln des Endspiels zu seinen Gunsten zu ändern. Philosophie, so lernen wir, ist keine graue Theorie, sondern hat mit unserem eigenen Leben zu tun. Tatsächlich entsteht sie sogar aus dem Leben. Sokrates hätte nie den Giftbecher trinken müssen, wenn seine Athener Mitbürger nicht einen triftigen Grund gehabt hätten, diesen "Verderber der Jugend" zu eliminieren.
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformat: 1,78:1 / 16:9
Ton: Deutsch & Englisch in DTS-HD Master Audio 5.1
Untertitel: Deutsch
Extras:
1) Deutscher Trailer (2:55 min)
2) Originaltrailer (2:45 min)
3) Behind the Scenes (1:10 min)
4) Letzter Drehtag (2:36 min)
5) Brit Boys (12:18 min)
6) Interviews
7) Trailershow
Die Blu-ray: mein Eindruck
Bild und Ton sind vom Feinsten, wie es einer Blu-ray zukommt. Die Farben sind kräftig, die Ausleuchtung selbst im Bunker (ein Set im Studio) bestens. Diese Aussagen treffen jedoch nicht für die Extras zu. Während die Interviews noch OK sind, liegt die Qualität der Heimvideos von den Drehorten jenseits von Gut und Böse.
Die Synchronisation klingt im Film natürlich, doch in Wahrheit ist sie fehlerhaft. Das zeigt sich bei der Übersetzung des englischen Begriffs "barrage". Dabei handelt es sich nicht um eine "Blockade", wie die Untertitel behaupten, sondern ganz konkret um ein Sperrfeuer aus Fragen und Klagen.
EXTRAS
1) Deutscher Trailer (2:55 min)
Der deutsche Trailer ist identisch mit dem O-Trailer, bis auf ein paar Logos mehr.
2) Originaltrailer (2:45 min)
Der O-Trailer fasst die zunehmend dramatisch werdende Geschichte geschickt zusammen und macht den Zuschauer neugierig auf deren Ausgang. Schon die in die Höhe steigenden Pilzwolken der Atomexplosionen dürften für gehobene Augenbrauen sorgen.
3) Behind the Scenes (1:10 min)
Gott, was für eine grausige Bildqaulität! Hier hat wohl jemand an den Drehorten mit der Handykamera hantiert; auf dem Vulkan Bromo, auf dem Meer, am Strand, im Dschungel usw.
4) Letzter Drehtag (2:36 min)
Die Darsteller resümieren ihre Filmerfahrung, erst Jungs und Mädels separat, dann zusammen. Es war jedenfalls eine "tolle Erfahrung", was sonst? Aber was ist der Film denn nun? Romantische Komödie, Actionthriller oder was? Offenbar von allem etwas.
5) Brit Boys (12:18 min)
Drei Jungdarsteller aus London unterhalten sich fast eine Viertelstunde lang über Belangloses hinsichtlich ihrer Dreherfahrung. Schließlich muss George Blagden noch etwas singen. Mein Eindruck: Hier entsteht die nächste Boygroup.
6) Interviews mit
a) Rhys Wakefield = James (2:44), ein Hauptdarsteller
b) Sophie Lowe = Petra (3:09), die zweite Hauptdarstellerin
c) Erin Moriarty = Vivian (3:48)
d) Freddie Stroma = Jack (2:11)
e) George Blagden = Andy (3:20)
f) Jacob Artist = Parker (2:19)
g) Bonnie Wright = Georgina (3:40)
h) Cinta Laura Kiehl = Utami (3:05): ein wahres Wunderkind, das drei Sprachen beherrscht und bereits mehrere Platten veröffentlicht hat.
James d'Arcy war wohl zu beschäftigt, um für Interviews zur Verfügung zu stehen. Dabei wäre er der interessanteste Gesprächspartner gewesen.
7) Trailershow
a) Dallas Buyers Club
b) Emperor
c) Dschungelcamp
d) Take Shelter (s. meinen Bericht)
e) Odd Thomas (s. meinen Bericht)
f) Europa Report (s. meinen Bericht)
g) Der Blender - The Imposter (s. meinen Bericht)
h) Der Verdingbub
i) Kriegerin
Unterm Strich
Man sollte schon ein wenig Interesse am Schicksal der Menschheit aufbringen, um dieses Gedankenspiel mit seinen drei Durchläufen interessant finden zu können. Denn auf der dramatisch-zwischenmenschlichen Ebene zwischen Schülern und Lehrer läuft nur ein dürftiges Intrigenspiel. Dieses sorgt zwar für einen doppelten Boden für das Experiment und relativiert dessen Aussage, wirkt aber letzten Endes wie ein Vorwand, um die eigentliche Story erzählen zu können.
Die drei Durchläufe steigern sich an Dramatik, um nicht zu sagen Drastik. In den Kopf geschossene Poeten, verstrahlte und angefressene Ausgestoßene, ein Lehrer, der Robinson Crusoe nacheifert - für solche überzogenen Szenen braucht es einen humorvollen Ausgleich. Den gibt es auch, und dafür sind ein paar nette Jungs zuständig, vor allem der angeblich so schwule ChipIn Durchlauf Nr. 3 bricht im Bunker sogar die Utopie durch: Alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Man ahnt es schon: Das dicke Ende kommt auf jeden Fall.
So vorhersehbar der Ausgang, so wendungsreich und flott die Inszenierung. Alles muss schnell und voller Überraschungen gehen, um den Zuschauer kaum zum Nachdenken kommen zu lassen. Das hat Regisseur John Huddles gleich richtig erkannt und seine Vorkehrungen getroffen. Aber mal ehrlich: Wo gibt es denn noch diese Eliteschulen wie die hier gezeigte? Und haben die Schüler wirklich so viel mehr Verantwortungsgefühl, wenn sie diese absolviert haben? Ich habe da meine Zweifel.
Die Blu-ray
Die Bild- und Tonqualität der Blu-ray ist wie zu erwarten bestens. Das kann man von nden Untertiteln allerdings nicht behaupten, die falsche Übersetzungen liefern. Im Bonusmaterial, das sich mit dem der DVD deckt, findet sich kein Making-of, was ich sehr schade fand. Statt dessen liefern die Machern neben zahlreichen Interviews nichtssagende bis nervende Gruppendarstellungen ("Brit Boys") sowie verwackelte Drehort-Videos. Offenbar fehlte es den Produzenten an Geld, sich intensiver den Extras zu widmen.
Michael Matzer (c) 2014ff
- Redakteur:
- Michael Matzer