The Wolf of Wall Street (Blu-ray)
- Regie:
- Scorsese, Martin
- Jahr:
- 2013
- Genre:
- Komödie
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The Wolf of Wall Street
1 Review(s)
27.07.2014 | 19:08Der Wolf als Messias: eine Schwarze Komödie
New York in den frühen 1990er Jahren. Der aufstrebende Aktienhändler Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) gründet mit Anfang 20 die Maklerfirma "Stratton Oakmont", mit der er schnell zum Multimillionär aufsteigt und zum Shootingstar der New Yorker Börse wird. Schon bald ist er hauptsächlich unter seinem neuen Spitznamen "Wolf of Wall Street" bekannt.
Mit seinem Reichtum finanziert er einen ausschweifenden Lebensstil, der von Alkohol, Drogen, Sex und Dekadenz geprägt ist. Jordans Siegeszug scheint nicht zu stoppen zu sein, doch dies lässt ihn übermütig werden. Von unstillbarer Gier getrieben und mit dem Gefühl der Unbesiegbarkeit im Rücken lassen er und seine "Wolfsbande", darunter sein Kumpel Donnie Azoff (Jonah Hill), sich auf illegale Geschäfte ein.
Das zieht schon bald die Aufmerksamkeit der Justiz auf sich, besonders der FBI-Agent Patrick Denham (Kyle Chandler) schaut aufmerksam hinter die Fassade von Belforts Firmengeflecht. Als die Gesetzeshüter Jordan langsam auf die Schliche kommen, droht sein gesamtes Kartenhaus einzustürzen. (Filmstarts.de)
Filminfos
O-Titel: The Wolf of Wall Street (USA 2013)
Dt. Vertrieb: Universal
EAN: 5050582968774
FSK: ab 16
Länge: ca. 179 Min.
Regisseur: Martin Scorsese
Drehbuch: Terence Winter nach der Autobiografie von Jordan Belfort
Musik: diverse
Darsteller: Leonardo diCaprio (Belfort), Matthew McConaughey (Hanna), Margot Robbie (Naomi), Jonah Hill (Donny), Rob Reiner (Max Belfort), Jean Dujardin (Sautet), Joanna Lumley (Naomis Großtante), Spike Jonze, Kyle Chandler (Denham) u.a.
Handlung
Jordan Belfort erzählt uns aus seinem Leben, so wie er es sieht. Er verdient schlappe 49 Milliönchen im Jahr und fährt gerade einen roten, nein, pardon, einen schneeweißen Ferrari, Lamborghini oder Maserati. Man beachte die Blondine auf dem Beifahrersitz, die ihm gerade bei Tempo 200 einen bläst. Keine Chance, Kumpel: Sie ist seine Frau. Mit anderen Worten: Es könnte Jordan nicht blendender gehen.
|Das Spiel beginnt|
Dabei begann seine Laufbahn als Börsenmakler und Anlageberater denkbar bescheiden: Aus dem New Yorker Stadtteil Queens stammend ist er frisch mit Teresa verheiratet und kommt gerade aus der BWL-Ausbildung, als er seinen ersten Arbeitstag an der Wall Street antritt: als "Teichabschaum", wie ihm der Personalchef überdeutlich klarmacht.
Der Makler-Guru Mark Hanna (McConaughey) erklärt ihm auf bemerkenswert eindrucksvolle Weise (die Jordan später selbst weitergibt) DIE REGELN DES SPIELS. Es gehe keineswegs um die Mehrung des Wohlstands der Klienten, wie manche Deppen meinen, sondern um die Mehrung des eigenen. Und zwar gnadenlos, überall und jederzeit. Zusammen brummen sie den Makler-Chant und schlagen sich dabei an die Brust - Krieger im Dschungel, die sich gerade verbrüdern.
|Das Ende der Welt|
Brav rackert sich Jordan sechs Monate lang den Hintern ab, bis er endlich am 19. Oktober 1997 seine Maklerlizenz ausgehändigt bekommt. Es ist der beste Morgen seines Lebens, aber der schwärzeste Abend. Der "Schwarze Freitag" sieht einen Absturz des Dow-Jones um 500 Punkte. Entsetzt starrt Jordan auf etwas, was er sich nicht in seinen verrücktesten Träumen hätte vorstellen können: Das Tickerband mit den Aktiennotierungen stoppt. Der Handel ist ausgesetzt. Ist dies das Ende der Welt?
|Reboot|
Noch nicht ganz. Er folgt einer Annonce und fährt hinaus ans billige Ende von Long Island. Hurra, hier haben Makler den Crash überlebt! Doch was für Makler? Sie verscherbeln sogenannte Penny Stocks, also Aktien für ein paar Cent pro Anteil. Und sie sind im Hauptberuf etwas völlig anderes, wie etwa Automechaniker. Enttäuscht will sich Jordan gerade zurückziehen, als ihn eine Information wie elektrisiert aufhorchen lässt: Diese Makler bekommen nicht bloß poplige 5 bis 7 Prozent Kommission, sondern nicht weniger als 50! Man stelle sich vor: Von jedem investierten Dollar erhalten sie die Hälfte. Selbst bei einem Minibetrag wie 2000 Dollar bleibt also immerhin 1 "Riese" hängen.
|Hallo, Crack!|
Mit Feuereifer hängt sich Jordan rein und lässt die anderen über seine Verkaufstechnik Bauklötze staunen. Schon nach einem Monat hat er 72.000 Dollar eingesackt (vor Steuern), und sein erster Fan wird Danny Azov, der Automechaniker. Der zeigt ihm, was eine Crackpfeife vermag, und Jordan bringt ihm bei, wie man Postbeamte nach allen Regeln der Kunst ausnimmt wie eine Weihnachtsgans. Mit anderen bisherigen Nieten gründen sie eine Maklerfirma mit dem seriös klingenden Namen "Stratton Oaks". In Wahrheit ist sie eine Räuberhöhle.
|Der Wolf & sein Jäger|
Ein schmeichelhafter Artikel im FORBES-Magazin nennt ihn den "Wolf of Wall Street". Wenig später rennen ihm Möchtegernmakler die Bude ein. Leider wird aber auch die Börsenaufsicht SEC auf Stratton Oaks aufmerksam. Deren Beamte lassen sich zwar schmieren und fernhalten. Beim FBI, so muss Jordan & Co. feststellen, geht das aber leider nicht. Einen Versuch ist es zwar wert, aber der ermittelnde Beamte (Kyle Chandler) nimmt selbst die gelinde Andeutung eines Bestechungsversuchs übel. Und dabei verdient er nur einen lächerlichen Bruchteil von Jordans Jahresverdienst. Er fährt sogar noch mit der U-Bahn, um Himmels willen! Wutentbrannt wirft ihm Jordan an Bord seiner Jacht die Hummerschwänze und Dollarscheine hinterher.
|Volles Risiko|
Schon bald wird es allerdings eng für Jordan. Um sein Geld zu retten, begibt er sich in ein Abenteuer, das eine britische Großtante (Joanna Lumley), einen zwielichtigen Schweizer Banker (Jean Dujardin) und jede Menge ilegale Geldtransporte involviert...
Mein Eindruck
Der Film ist eine Schwarze Komödie (siehe unten über die drei Kurzdokus), aber auch ein Evangelium. "eu-angelion" bedeutete ursprünglich nicht "Heilslehre", sondern einfach nur "die gute Nachricht". Doch Jordan Belfort, der Ich-Erzähler, führt sich in seiner eigenen Erzählung natürlich wie der Heilsbringer-Messias und erfolgreiche Selfmade-Man auf, als der er gerne erscheinen möchte. "Nein, der Ferrari war nicht rot, sondern weiß!", und schwupps, ändert sich die Farbe des gezeigten Sportwagens. Merke: Alles, was wir hier zusehen bekommen, ist eine Fiktion. Die Bilder lügen zwar, aber es ist eine verdammte attraktiv aufgetakelte und unterhaltsame Lüge.
|Aufstieg...|
Fortan träumen wir zusammen mit Belfort mit offenen Augen den Amerikanischen Traum. Vom kleinen BWLer und Telefonbediener im Maklerbüro wird er zum "Wolf of Wall Street", dem FORBES einen eigenen Artikel widmet - der ultimative Ritterschlag. Mit ihm steigen weitere schräge Queens-Gestalten und Loser zu Millionären auf. Wenn Belfort tagsüber den bejubelten Messias vor seinen "Strattonites" gibt und nachts den Caligula (s.u.) raushängen lässt, dann sind seine Kumpane sowohl seine Apostel als auch seine Prätorianer und Epikureer.
|...und Fall|
In altbewährter Manier überschreitet Belforts Laufbahn ihren Zenit, prompt mehren sich die Anzeichen für Verfall, Untreue und Verrat. Naomi, Belforts "trophy wife", Bettmatratze und Babylieferantin, verachtet ihren Mann und will sich scheiden lassen. Ihr erster Versuch, ihn sexuell zu martern, schlägt leider fehl - in einer grotesken Szene. Ein Gnadenfick kann Belforts ebenfalls nicht zum Umdenken zwingen, und erst als er mit seinem Kind fast einen Unfall baut, sieht er die Wand, gegen die er gefahren ist.
Die Kumpane gehen eigene Wege und kabbeln sich in aller Öffentlichkeit miteinander, doch noch ist kein Judas darunter. Zu diesem wandelt sich Belfort unter dem Druck des FBI und der Justiz selbst. Er soll seine eigenen Kumpane bespitzeln und denunzieren - seine Warnung wird allerdings entdeckt. Er will sein Geld, das ein Schweizer Banker (herrlich zwielichtig: Jean Dujardin) in Sicherheit bringen - und segelt mittenmang in einen Sturm. Dieser "Schiffbruch" ist ziemlich symbolisch: Belfort hat das Ende seines Weges erreicht.
|Das Ende der Welt?|
Nicht wirklich. Denn selbst im Gefängnis, das wie ein Palm Beach mitten in der Wüste angelegt ist, gibt es jede Menge Zeug, mit dem sich handeln lässt. Und am Schluss ist Belfort wieder da, wo er anfing: beim Rekrutieren von Jüngern und Anhängern. "Verkauf mir diesen Stift!" fordert er die Besucher seiner Schulungen auf. Schon bald wird er ihnen die Weisheit Mark Hannas predigen wie weiland ein gewisser Prophet auf dem Ölberg, die Massen werden strömen, um seine Botschaft zu hören, und mit den Dschungel-Gesang anstimmen: uh-huhú, uh-huhú (dumpfe Trommeln setzen ein)...
|Gier ist gut |
Die Darsteller tragen fast alle schöne, strahlende Gesichter - und Körper -, wenn sie ihre moralischen Verbrechen begehen.. Caligula ließ ja auch die Puppen tanzen, bevor er ein neues Pogrom oder eine weitere grausame Hinrichtung befahl. Schöner Schein und Amoralität gehen hier eine sehenswerte Verbindung ein. Nur allzu leicht gibt der Zuschauer der Verführung nach und macht sich die Frohe Botschaft dieses falschen Messias zueigen: "Gier ist gut" - das ist das Credo von Gordon Gekko in "Wall Street", und Jordan Belfort macht daraus eine Wissenschaft.
|Die dunkle Seite|
Der Höhepunkt der Schwarzen Komödie, die Martin Scorsese mit Gusto und Hinterlist inszeniert hat, ist die Lemmon-Lude-Sequenz (alles Nähere dazu siehe unten das Featurette Nr. 3). Hier macht sich Belfort, der König von Long Island, nicht nur zum Affen wie alle anderen, sondern wird erst zu einem Querschnittsgelähmten, schließlich zu einem Kleinkind.
Als Gelähmter kriecht er eine Treppe hinab und fährt seinen roten - nein, pardon: seinen weißen Lamborghini zu Schrott. Als sprachgelähmtes Kleinkind balgt er sich mit seinem besten Kumpel Danny Azov, weil dieser in verraten will. Naomi Belfort kann nur fassungslos und entnervt zuschauen, wie diese Männer durch die Droge der Ludes zu Tieren werden. Ab diesem Endstadium der menschlichen Entwicklung geht es für die Sekte der "Strattoniten" auch beruflich steil abwärts. Rette sich, wer kann.
|"Crash" in Zeitlupe|
Trotz dieses Endes mit Schrecken: Es ist alles unterhaltsam, sensationell und total irre. Man verfolgt sozusagen Cronenbergs "Crash" in Zeitlupe (und Zeitlupe wird mehrfach eingesetzt), fasziniert, neugierig, gespannt. DiCaprio macht den Chaplin? Man hält den Atem an und will sich gleichzeitig angeekelt abwenden. Er und Naomi beim Gnadenfick? Grotesk, aber erotisch. Danny und sein Widersacher? Wie in "GoodFellas", eine Selbstzerfleischung der Prätorianer-Räuberbande, die das Ende des Imperiums von Caligula einläutet.
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 2,40:1 (16:9, Widescreen)
Tonformat: DTS-HD 5.1
Sprachen: D, Englisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Dänisch, Norwegisch, Schwedisch, Finnisch, Isländisch
Extras:
- Trailer
- 3 Beiträge
Mein Eindruck: die Blu-ray
Bild und Ton der Blu-ray sind selbstredend von bester Qualität, denn schließlich kann sich ein Spitzenmann wie Marty Scorsese von allem das Beste vom Beste leisten. Ich habe die englischsprachige Originalfassung auf der Disc gesehen - und im Flieger nach New York City die deutschsprachige (ein Schelm, der Böses dabei denkt!).
EXTRAS
|1) Originaltrailer|
Der Vorschaufilm zeigt uns das Märchen, das Jordan Belfort zunächst lebt, und wie es sich schrittweise in einen Albtraum verwandelt. Aber hey, was für einen Spaß sie alle hatten!
|2) Featurette #1: Das Wolfsrudel ("The Wolf Pack"; 11:00 min)|
Martin Scorsese ist ein alter Fuchs. Er weiß genau, dass man bei einer solchen Biografie niemals den Zeigefinger des Oberlehrers zeigen darf. Schließlich Jordans Grundsatz ja gerade in der Ablehnung jeder Moralität. Scorseses Ansatz ist folglich ein ganz anderer: Er zeigt den Spaß, den Belfort und seine Räuber-Kumpane haben und übertreibt ihn derartig, dass diese Typen nicht nur lächerlich, sondern geradezu bemitleidenswert wirken.
Höhepunkt in dieser Disziplin ist Belforts Bewältigung der Treppe des Country Clubs, während er per Droge "querschnittsgelähmt" ist - die beste Leistung DiCaprios in diesem Streifen. Humor und Verbrechen gehen eine Verbindung ein, die zunächst an "GoodFellas" erinnert, dann aber zusehends bitter und abstrus wird.
Genau wie jener Film ist "Wolf" eine Schwarze Komödie. Da der Schurke in diesem Stück sympathisch ist und sich der Regisseur eines Urteils enthält, muss der Zuschauer selbst urteilen. Dies ist also ein Film für Erwachsene. FBI-Agent Denham ist der einzige Held des Films und doch macht er am Schluss die traurigste Figur.
Das Wolfsrudel des Titels spielt auf die hervorragenden Schauspieler an. Diverse Statements bewerten diese Darsteller, allesamt natürlich wohlwollend. Und dass der Regisseur nicht nur völlige Freiheit, sondern auch jede Menge Spaß an der Arbeit hatte, sieht man deutlich.
|3) Featurette #2: Verwilderung ("Running Wild"; 11:19 min.) |
Mit Erstaunen vernehmen wir, dass der erste Versuch einer Verfilmung im Herbst 2008, als die Finanzkrise ausbrach, fehlschlug. Sie war zu teuer - und angesichts des Zusammenbruchs der Lehman Bros. Bank auch viel zu provokativ. Aber Koproduzent DiCaprio und sein Team fanden zwei weitere Produzenten, die Geld in das Projekt pumpten.
In Terence Winter fanden sie einen Autor, der aus der Rise-and-Fall-Story Belforts eine unterhaltsame Komödie strickte. Scorsese und DiCaprio schrieben offenbar ebenfalls mit. Hinzukamen Improvisationen am Set, die der Regisseur forderte und begrüßte.
Eine Analyse der Treppenszene vor dem Country Club belegt, worum es den Machern ging: Der Wahnsinn Belforts und seiner Bande ist zwar schrecklich anzusehen, aber äußerst amüsant. Dennoch wurde großer Wert auf sachliche Stimmigkeit gelegt. Was sich hier als zügellose Phantasie ausnimmt, ist in Wahrheit tatsächlich so passiert. Recherche mit Belfort selbst sorgte für Korrektheit in den Details. Seitdem hat sich zwar sehr viel an den Gesetzen geändert, aber wer sich Steueroasen, Trusts, Hedgefonds und Schweizer Banken anschaut, der kommt zum Schluss, dass die Grundbedingungen immer noch vorhanden sind.
|4) Interview: Runder Tisch ("Round Table"; 10:56 min)|
Die versammelten "Ritter der Tafelrunde" heißen Martin Scorsese (Regie), Terence Winter (Autor), Jonah Hill (Donny) und DiCaprio (Belfort, Koproduzent). Die Herrschaften - keine Frau darunter - lassen sich von einem unsichtbaren Menschen interviewen. Da die Standpunkte von Winter, Scorsese und DiCaprio, der fast nie was sagt, wiederholt werden, weiß Jonah Hill etwas Neues beizutragen. Er erläutert, warum die Sache mit der Lemmon-Lude-Sequenz so ungewöhnlich und einzigartig ist.
Das Geheimnis der Ludes erklärt
Bei diesen Quaaludes oder kurz "Ludes" handelt es sich nämlich um ein Staatsmonopol, das irgendwann in den sechziger oder siebziger Jahren eingeführt wurde und den Nachschub an Ludes unterband bzw. streng reglementierte. Natürlich gab es hier und da noch Vorräte, und Donny Azov ist ein Meister in der Kunst, sie aufzuspüren. Seine besten Ideen hat er mit Hilfe der kleinen weißen Pillen.
Was ihm und Belfort zum Verhängnis wird , ist ein Vorrat uralter Pillen von anno Asbach. Sie unterschätzen die Latenzzeit, mit der deren Wirkung einsetzt, deshalb nehmen sie eine überhöhte Dosis. Was eigentlich ein geplanter Ablauf der bekannten Wirkungsphasen der Ludes werden sollte, entwickelt sich rasch zu einem physisch-mentalen Super-GAU: Belfort etwa bekommt Lähmungserscheinungen, und Danny Gewissensbisse - mit fatalen Folgen. Naomi, die Zeugin dieses Doppelzusammenbruchs wird, kapiert rein gar nichts: Da wälzen sich zwei erwachsene Kerle auf dem Boden und versuchen sich wie kleine Jungs an die Gurgel zu gehen...
Caligula & Co.
Aber dadurch hatte DiCaprio Gelegenheit, sich als moderner Charlie Chaplin oder Jacques Tati aufzuführen. Seine Szene auf der Treppe vor dem Country Club wird in die Filmgeschichte eingehen. Er holte sich dabei einige blaue Flecken. Ähnlich abgefahren ist die Office-Orgie bei Stratton Oaks, die Strandhaus-Party, der Wolf Chant und vieles mehr. DiCaprio gibt zu, sich von Orgien des Römischen Imperiums inspiriert haben zu lassen, wie sie etwa in dem Film "Caligula" zu sehen waren - ein Strudel von Gier und Lust. Den Schluss der Filmausschnitte bildet Belforts Festnahme durch das FBI - die Gendarmen obsiegen über die Räuberbande. Die Welt ist wieder im Lot.
Unterm Strich
"GoodFellas" trifft "Wall Street" trifft "Crash". Auf diese griffige Formel könnte man den Film reduzieren - und würde doch dem ganzen Spaß, den dieser bietet, in keinster Weise gerecht werden. Es sind so wahnsinnig viele Einfälle, dass ich sie oben gar nicht aufzählen konnte: witzig, irre, obszön und grotesk. Man möchte sich am liebsten eine Zigarre Marke "Lewinsky" (die gab's wirklich) anstecken, quasi als Blowjob-Ersatz.
Gerade in dieser Übertreibung beweist sich der Regie-Meister: Scorsese kann und muss dies tun, um der Schwarzen Komödie zu ihrer unterschwelligen Botschaft zu verhelfen: All diese amoralischen Vergehen und Verbrechen wurden nicht etwa gewollt, sondern sie wurden erlaubt, , ja, gefördert, und zwar von den damaligen Gesetzen der neunziger Jahre. Die Sau rauszulassen, war cool, ja, sogar obligatorisch - und Scorsese setzt die "Schweinerei" mit allen cineastischen Mitteln in Szene. Dass all dies Fiktion ist, erzählt von Belfort, sollte der Zuschauer allerdings nie vergessen. Immer wieder erzählen Rückblenden eine andere Version dessen, was Belfort zum Besten gibt. Vorsicht ist geboten, wenn der rote Ferrari etc. plötzlich die Farbe wechselt.
Die Ära endete im bekannten Dotcom-Crash des "Neuen Marktes", als selbst Uromas noch von ihren Ersparnissen Aktien der Telekom kauften, weil es "eben jeder tut". Der Katzenjammer war lang, und der Schock von 9/11 kam noch hinzu. Aber, hey, es war eine großartige Zeit, bevor der Hangover begann.
|Die Blu-ray|
Die Bildqualität der Blu-ray ist bestens, selbst in den zahlreichen Nachtszenen (beispielsweise vor dem Country Club). Der Sound wusste mich zwar nicht mit Stereoeffekten zu verblüffen, doch der Klang wird gerade auch für die häufig gegenwärtige Musik auf den zahlreichen Partys und Orgien bestens ausgenutzt.
Ich habe die Originalfassung gesehen und mir all die Schimpfwörter angehört, die Belfort und seine Kumpane mindestens tausend Mal im Film sagen. Das F-Wort gehört sozusagen in einen Satz wie die Butter aufs Brot. Wem das zu obszön ist, sollte sich von dem Film fernhalten.
Michael Matzer (c) 2014ff
- Redakteur:
- Michael Matzer