RUSH - Power Windows
Mehr über Rush
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Mercury / Universal
- The Big Money
- Grand designs
- Manhattan Project
- Marathon
- Territories
- Middletown Dreams
- Emotion Detector
- Mystic Rhythms
Es gibt kein schlechtes RUSH-Album. So viel schon mal im Vorfeld. Ganz egal, welche Phase des Trios man auch betrachtet, die Kanadier setzen immer Maßstäbe. Sei es mit progressivsten Verschachtelungen, konzeptanten Textideen, die ganze LP-Seiten füllen, mit dem Verschärften Einsatz von Synths und Keyboards und gar mit dem Wandel von Pop-Art zu Metal-Orgien. Die Band definiert sich scheinbar alle paar Alben neu und überrascht und fasziniert ihre Fans immer wieder aufs Neue. Keine Veränderungen gibt es hingegen beim Qualitätslevel der Musiker. Geddy Lee ist einer der, wenn nicht der einflussreichste Bassist im Rockbereich, gleiches gilt für Schlagwerk-Wunder und Texter Neil Peart, und auch Klampfer Alex Lifeson spielt in der obersten Liga. Lediglich der – teils extrem – hohe Gesang von Geddy mag einigen Hörern nicht so recht zusagen, was natürlich nachvollziehbar ist. Wer sich daran nicht stört, kommt aber in den Genuss der wahrscheinlich hochwertigsten Rockmusik, die man seit Jahren käuflich erwerben kann.
1985 bewegte sich das Dreiergespann eher in elektronischen Gefilden, kombinierte diese aber geschickt mit progressivem (Hard-)Rock, so dass man immer weiter aus den poppigen Gefilden der beiden direkten Vorgänger "Signals" und "Grace Under Pressure" wegsegelte. Auf diesen Werken wurde nämlich sehr stark mit fast schon avantgardistischen Mitteln herumexperimentiert. Natürlich mit riesigem Erfolg.
"Power Windows" spannt den Bogen zurück zu rockigeren Klängen, verliert dabei aber nicht die zuvor neu entdeckten Vorzüge von synthetischen Sounds. So steppt Geddy mit seinem unverkennbaren Bassspiel über großflächige Keyboardteppiche, zaubert Neal an elektronischen Pedals herum und Alex zupft fluffige Saitenklänge dazwischen. Dass hier lediglich drei Musiker zu hören sind – was man live immer wieder nachvollziehen kann –, mag man kaum hören. Viele so genannte orchestral arbeitende Bands der Jetzt-Zeit karren ganze Horden von Musikern ins Studio. Oder legen 96 Spuren über- und neben einander, um diesen Breitwandsound zu erzeugen. Hier hört man es; reine Geldverschwendung.
Wenn ich jetzt noch mal kurz auf die einzelnen Songs eingehe, dann werden hinterher sicherlich viele andere Favoriten haben, deshalb noch: Der schlechte RUSH-Song muss erst noch geschrieben werden. Meine persönlichen HighHighlights wären damit das nacheinander folgende Trippel 'Grand Designs', 'Manhattan Project' und 'Marathon'. Alle drei zeichnen sich durch atemberaubende Gesangslinien aus, treibende Bassarbeit und faszinierende Synthiefiguren. Da heißt es, Kopfhörer aufsetzen und abtauchen. Allein der vom Mr. Lee erzeugte Drive bei 'Marathon' ist unbeschreiblich. Wie gesagt, sind dies meine absoluten Überflieger des Albums. Da haben es die verbleibenden LowHighlights etwas schwer mitzuhalten. Und das, obwohl 'Territories' von Beginn an mit asiatisch anmutenden Gitarrenlicks zu begeistern versteht. Überhaupt ein großer Song. Die beiden 'Middletown Dreams' und 'Emotion Detector' verblassen da fast ein bisschen. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich hierbei aber auch um Gänsehautkompositionen, für die andere Bands töten würden. Pech für die beiden Tracks nur, dass sie halt auf diesem Album stehen. Abschließend fasziniert uns das Trio dann noch mal mit 'Mystic Rhythms'. Ein toller Titel, der unwillkürlich zum Repeat-Schalter greifen lässt. Jetzt habe ich doch glatt den Opener unterschlagen. Und das hat auch einen triftigen Grund. 'The Big Money' findet sich auch heute immer noch im Repertoire der Auftritte wieder, war eine recht erfolgreiche Single für die Band und ist sicherlich auch klasse, aber halt nicht so gut wie anderes auf diesem Werk. Vielleicht ist er am eingängigsten, aber das ist kein Attribut, nach dem ich einen RUSH-Song bewerte. Irgendwie fehlt mir hier die Dynamik, greift der Chorus nicht so zwingend wie zum Beispiel bei 'Manhattan Project'. Sicherlich alles eine Geschmacksfrage.
Ein Album, das man sicherlich einmal ganz gehört haben sollte, denn es gehört zu den fünf besten Werken einer der besten Rockbands auf diesem Planeten.
Anspieltipps: Grand Designs; Manhattan Project; Marathon
- Redakteur:
- Holger Andrae