ABLAZE IN HATRED: Interview mit Juhani Sanna und Mika Ikonen

04.01.2007 | 21:46

Dimmt das Licht, die Trostlosigkeit kommt! Mit ihrem Debütalbum "Deceptive Awareness" haben die Finnen ABLAZE IN HATRED kürzlich eine Depri-Platte vorgelegt, die einem schlechten Tag die Krone aufsetzen kann und für MY DYING BRIDE-Fans ein sicherer Tipp ist. Die beiden Gitarristen Juhani Sanna und Mika Ikonen (auch für die Growls zuständig) freuen sich über Vergleiche mit den Briten genauso wie über die schlechten Witze ihres Bassisten Miska Lehtivuori – so sie diese mal hören würden.


Oliver:
Entkräftet zu Beginn mal die Behauptung, dass ABLAZE IN HATRED aufgrund der Beschäftigung der Mitglieder in anderen Bands eins der unzähligen Nebenprojekte sind.

Juhani:
Ich habe einen normalen Job, und deswegen sind eigentlich beide Bands mehr oder weniger "Nebenprojekte" (Juhani spielt auch noch bei KOLONNA – Anm. d. Verf.). Aber auf ABLAZE IN HATRED liegt momentan definitiv mein Hauptaugenmerk. Mit ABLAZE IN HATRED Live-Shows zu spielen, ist einfach so unglaublich düster, was großartig ist.

Mika:
Für mich waren ABLAZE IN HATRED noch nie ein Nebenprojekt. Als wir die Band vor zwei Jahren gründeten, hatten wir eine klare Vision. Das Ziel war, eine richtige Band zu gründen und nicht irgendein Nebending. Und da meine andere Band SEARING MEADOW jetzt seit einem Jahr auf Eis liegt, blieb jede Menge Zeit für ABLAZE IN HATRED.

Oliver:
FALL OF THE LEAFE, eine der Bands eures Bassisten Miska, standen bereits bei Firebox unter Vertrag, als ihr dort unterschrieben habt. Waren diese Beziehungen hilfreich?

Juhani:
Eine Frage für Mr. Hippi (Rami Hippi; der Labelgründer – Anm. d. Verf.). Ich kann es wirklich nicht sagen. Vielleicht hat es geholfen; andererseits kann ich mich erinnern, dass Mr. Hippi bei diesen Projektbands skeptisch ist.

Mika:
Ja, Rami wollte keine Band unter Vertrag nehmen, die nicht auch bereit ist, die Arbeit zu tun, die eine Veröffentlichung mit sich bringt. Es gibt genügend Beispiele anderer Bands, die ein Album rausbringen und dann im Nichts verschwinden. Ich denke, Miskas Beteiligung bei ABLAZE IN HATRED hat letztlich geholfen, uns für Firebox zu entscheiden. Er kannte das Label und hat es uns empfohlen.

Oliver:
Ich finde, ihr habt euch einen Bandnamen ausgesucht, der nicht so recht zur Musik passt. Wo genau seht ihr den "Hass"?

Juhani:
Der Name klang einfach nett. Reflektiert er unsere Musik? Vielleicht nicht perfekt. Aber wen kümmert's?

Mika:
Meiner Meinung nach passt der Name ABLAZE IN HATRED ziemlich gut zu unserer Musik. Für mich ist es der Hass, den man tief in sich spürt, aber nicht nach außen trägt. Insbesondere in Finnland ist es alltäglich, seine Gedanken und Emotionen vor anderen Menschen zu verstecken. Man sagt ja oft, Finnen würden nicht viel reden und ihre Gefühle verbergen. Das ist es, was ABLAZE IN HATRED für mich bedeutet: die kleine Flamme des Hasses in dir.

Oliver:
Bei dem Cover eurer Scheibe muss man zwei-, dreimal hinschauen, um zu erkennen, was wirklich abgebildet ist. Gibt es eine Verbindung zwischen der schemenhaften Person vor der Schreibmaschine und dem Titel?

Juhani:
Wir haben den Titel dem Künstler Kalle Pyyhtinen gegeben, und im Prinzip hatte er bei der Gestaltung freie Hand. Ich weiß nicht, ob es eine wirkliche Verbindung zwischen dem Titel und dem Artwork gibt, aber ich mag das Motiv sehr.

Mika:
Ja, er hat einen super Job gemacht. Um seine Inspiration bezüglich des Motivs ein wenig in Gang zu bringen, haben wir ihm unser "Closure Of Life"-Demo gegeben, als er anfing. Und dank Kalle ist das Ergebnis wirklich fabelhaft.

Oliver:
Würdet ihr sagen, dass ihr euer musikalisches Terrain mit "Deceptive Awareness" bereits abgesteckt habt? Oder anders ausgedrückt: Wie viel Experimentierfreude steckt in euch?

Juhani:
Im Moment versuchen wir, unser Material etwas zu straffen. Vielleicht kommt in Zukunft brutaleres und chaotischeres Material von uns. Aber man kann ABLAZE IN HATRED auch in unserem neuen Material definitiv erkennen.

Mika:
Brutaler und gemeiner. "Gemein" ist eine gute Definition für unser neues Material. Zudem wird es mehr Verzweiflung und Trostlosigkeit geben. Vielleicht sind ABLAZE IN HATRED keine sehr experimentelle Band. Wir machen einfach die Musik, die in unseren Ohren gut klingt. Wenn sie dann eigenartig oder irgendwie experimentell ist, soll es so sein.

Oliver:
Hängen die Texte der Platte inhaltlich zusammen? Immerhin trägt der Opener den Untertitel "Overture", und der letzte Song heißt genau wie euer Demo 'Closure Of Life', was darauf schließen lässt, dass eine Art Entwicklung stattfindet.

Mika:
Eigentlich habe ich so nicht gedacht, als ich die Lyrics schrieb. Aber jetzt, wo du es sagst, ist da vielleicht sogar eine Verbindung zwischen den Texten. Letztlich sind alle Themen der Songs ähnlich. Es sind mehr oder weniger Kurzgeschichten über verschiedene Arten von Schmerz und Verzweiflung.

Oliver:
Einer der Songs heißt 'When The Blackened Candles Shine'. Was passiert, wenn die "geschwärzten Kerzen leuchten"?

Mika:
Dieser Song handelt von den Dingen, die ich gerade erwähnt habe. Diese Kerzen, nach denen du fragst, sind die Gedanken in deinem Kopf, wenn du realisierst, dass es in dieser Welt nicht mehr viel gibt, wofür es sich zu leben lohnt. Das ist es im Wesentlichen. Den Rest muss man selbst herausfinden.

Oliver:
Genauso düster und trostlos wie die Inhalte ist auch eure Musik. Dennoch scheint ihr hin und wieder tatsächlich zu lachen – zumindest Miska hat in seinem Profil auf eurer Homepage aufgeführt, dass er gerne schlechte Witze erzählt.

Juhani:
Ja, vielleicht tut er das. Aber das Problem mit schlechten Witzen ist, dass sie dich nicht zum Lachen bringen. War nur ein Scherz. Eigentlich sind wir 'ne ziemlich lustige Truppe, die sehr viel lacht.

Mika:
Ich habe eigentlich noch nie einen dieser schlechten Witze gehört. Aber wir haben immer 'ne gute Zeit, wenn wir zusammen sind. Die Chemie innerhalb der Band ist wirklich gut.

Oliver:
Was bedeutet es für euch, Doom Metal zu spielen?

Juhani:
Für mich ist es eine ziemlich emotionale Erfahrung. Da das Tempo seeehr langsam ist, hat man genügend Zeit, sich zwischen den verschiedenen Akkorden in seine Gedanken zu vertiefen.

Mika:
Ich habe schon immer davon geträumt, diese Art von Musik zu spielen. Es gibt so viele Möglichkeiten, ausladende Sounds und starke Emotionen zu kreieren, die von Trauer bis hin zu Hass reichen. Ich mag es, die Musik so mächtig wie möglich zu machen. Deshalb arbeite ich auch sehr gerne im Studio. Es ist einfach fantastisch, einen Song von einem schlichten Drum-Pattern zu einer majestätischen Kombination verschiedener Sounds wachsen zu sehen.

Oliver:
In einigen Reviews werdet ihr aufgrund dieser "majestätischen Kombination" mit MY DYING BRIDE verglichen. Könnt ihr das nachvollziehen? Und nehmt ihr das als Kompliment?

Juhani:
Das haben wir auch gelesen. Aber ich kann das gar nicht beurteilen, da ich MY DYING BRIDE nie wirklich gehört habe – zumindest im Vorfeld. Aber es gibt sicher Ähnlichkeiten, und ich empfinde den Vergleich auch definitiv als Kompliment.

Mika:
Das ist definitiv ein Kompliment. Letztlich ist MY DYING BRIDEs 'For My Fallen Angel' (zu finden auf dem 1996er "Like Gods Of The Sun" – Anm. d. Verf.) vielleicht einer der schönsten Songs, die jemals geschrieben wurden.

Oliver:
Aus welchen Zutaten sollte der perfekte Doom-Song bestehen?

Juhani:
Ich zitiere hier mal aus einem anderen Interview: ein Esslöffel Dunkelheit, ein halber Teelöffel Hoffnung, zwei Messerspitzen Verzweiflung, Salz und frisch gemahlener Pfeffer, das Ganze für ein oder zwei Stunden langsam köcheln lassen, je nachdem, wie düster man es will, und dann kalt mit einem erlesenen Portwein servieren.

Mika:
Bon appétit!

Oliver:
Und wie sieht der Weg zum perfekten ABLAZE IN HATRED-Song aus?

Juhani:
Normalerweise läuft es folgendermaßen: Mika und ich steuern freitagabends erst mal den örtlichen Bierladen an. Später am Abend schnappen wir uns unsere Gitarren und fangen an zu spielen. Wenn es möglich ist, nehmen wir das Material der Freitags-Session am Samstag auf; das hängt vom Grad des Katers ab.

Oliver:
Stellt euch abschließend folgende Situation vor: Jemand steht im CD-Laden und überlegt, ob er "Deceptive Awareness" oder 'ne BON JOVI-Platte kaufen soll. Er hat allerdings nur Kohle für eine Scheibe. Wie überzeugt ihr ihn, euer Album mitzunehmen?

Juhani:
It is the season of the blackened candles, save the "prayers" until spring (eine Anspielung auf den BON JOVI-Song 'Livin' On A Prayer' – Anm. d. Verf.).

Mika:
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Juhani, ich habe den Verkäufer in dir vorher noch gar nicht gesehen (lacht).

Redakteur:
Oliver Schneider

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