AGATHODAIMON: Interview mit Sathonys

01.01.1970 | 01:00

AGATHODAIMON - ein Name, der mittlerweile seit drei Alben für anspruchsvolle und stilistisch wenig beschränkte Musik steht. Stumpfsinnigen Black Metal hat man von den Jungs aus Mainz noch nicht gehört, und auch das neue Album "Chapter III" entpuppt sich als ein weiterer avantgardistischer Meilenstein.
Mit Gitarrero Sathonys hatte ich zudem einen aufgeschlossenen, sehr sympathischen und vor allem intelligenten Gesprächspartner:

Rouven:
Wie sind denn die Reaktionen auf euer neuestes Werk bisher ausgefallen? Die Fans bekommen es zwar erst im November zu hören, aber ihr dürftet sicherlich schon Feedback erhalten haben.

Sathonys:
Ja, haben wir. Neben den ganzen Magazinen - Bei denen wir im Übrigen auch sehr gut abgeschnitten haben -, gab´s für einige AGATHODAIMON-Fans die Möglichkeit, sich "Chapter III" im Voraus anzuhören. Dass wir mittlerweile nur noch einen festen Sänger, Akaias, haben, ist den wenigsten aufgefallen. Im Grossen und Ganzen waren die Reaktionen doch sehr positiv, was uns natürlich tierisch freut. Immerhin haben wir wie in jedes Album eine Menge Arbeit gesteckt.

Rouven:
Was denkst du denn, wie der Grossteil der Fans auf das neue Album reagieren wird? Ich denke mal, gerade im Black Metal sind die Fans doch oftmals recht intolerant, und wenn ich mich daran erinnere, wie ihr letztes Jahr in Offenbach bei der Ballade "Body Of Clay" teilweise ausgepfiffen wurdet, stimmt mich das schon etwas nachdenklich.
Ist euch die allgemeine Resonanz auf das Album wichtig, oder interessiert die euch eher gar nicht?

Sathonys:
Naja, wir polarisieren ja schon gerne. Aber wer AGATHODAIMON bisher nicht mochte, der wird uns jetzt auch nicht mögen, ganz einfach. Bei den Listening-Sessions kam das neue Teil wirklich gut an, ich weiss nicht, wie der Rest unserer Fangemeinde darauf reagieren wird. Aber einen grossartigen Stilwechsel haben wir ja nicht vollzogen, von daher dürften die auch mit "Chapter III" warm werden. Und der Rest...der bleibt eben engstirnig, haha!

Rouven:
Und bei AGATHODAIMON singt jetzt nur noch Akaias? Nichts mehr mit drei Sängern?

Sathonys:
Ja, also eigentlich haben wir nur einen Sänger. Akaias ist aber nur für die Kreischvocals zuständig, ich singe die cleanen Parts. Und "Sacred Divinity" hat ein Gastsänger aus Rumänien eingesungen.

Rouven:
Wenn wir gerade bei "Sacred Divinity" sind - Kann man das Stück als Hommage an MARILLION verstehen? Bis auf den Refrain hätte das nämlich locker aus deren Feder stammen können.

Sathonys:
(lacht) Ohjeh, das haben wir jetzt schon sehr oft gehört. Als wir die neue Scheibe das erste Mal einigen Promovertretern und Journalisten vorgespielt hatten, kam einer nach dem anderen zu uns und meinte "Hey, das Stück klingt ja wie MARILLION!". Allerdings gibt es bei AGATHODAIMON keinen einzigen MARILLION-Fan, und auch wenn es noch so sehr nach ihnen klingt, das ist einfach nur Zufall.

Rouven:
Auf "Chapter III" gibt es so viele unterschiedliche Einflüsse zu entdecken, welche waren denn die massgeblichen?

Sathonys:
Oh, das ist schwer. Auf der einen Seite hat jedes Bandmitglied beim Songwriting eine Rolle gespielt, das wäre also schon mal ein Grund, wieso das Ganze stilistisch so breit gefächert ist. Auf der anderen Seite versuchen wir aber stets, uns nicht zu nahe an die für uns einflussgebenden Bands anzulehnen. Vergleiche mit PARADISE LOST lassen sich da raushören, wobei wir eine Melodie extra abgeändert haben, weil sie zu sehr nach PARADISE LOST klang (lacht). Man hat mir gesagt, teilweise klänge das Material ein wenig nach CREMATORY, was ich aber nicht ganz nachvollziehen kann.
Für meinen Teil sind die massgeblichen Einflüsse Sachen wie SAMAEL, alte MORBID ANGEL sowie alte EMPEROR. Wobei ich natürlich auch immer bemüht bin, diese Einflüsse zu etwas Neuem gedeihen zu lassen.

Rouven:
Woher kommt eigentlich euer Bandname, bzw. was bedeutet er?

Sathonys:
Gefährliche Frage, bei der werde ich immer ausschweifend (lacht). AGATHODAIMON kommt aus dem altgriechischen und war ursprünglich ein sehr kniffliges Zahlenrätsel, welches niemand lösen konnte. Es hiess aber, wer auch immer dieses Rätsels Lösung fände, erlange die göttliche Weisheit.
Wir nehmen das als Symbol, da der Name für uns bedeutet, dass Perfektion unmöglich ist. Du kannst einfach nicht den perfekten Song schreiben, irgendwas stört immer oder klappt nicht so, wie man es sich vorstellt. Aber so nah wie möglich wollen wir eben an diese Perfektion ran, das ist ein Ziel, auf das wir hinarbeiten.
Der Name steht natürlich auch ein wenig für unseren avantgardistischen Anstrich.

Rouven:
Sind denn schon Live-Auftritte geplant?

Sathonys:
Ja, da wird schon fest geplant. So weit ich weiss, werden wir mit zwei britischen und einer norwegischen Band auf Tour gehen, das ist nur noch nicht bestätigt, weshalb ich leider nichts genaueres sagen kann. Ausserdem gibt´s noch zwei Release-Partys, und zwar am 09.11. in Offenbach und am 15.11. in Heidelberg.

Rouven:
Britische Bands? CRADLE OF FILTH werden das wohl kaum sein, evtl. BOLT THROWER oder BENEDICTION?

Sathonys:
Die letztgennanten, aber das hab ich dir nicht gesagt...(lacht)

Rouven:
Klar. Gibt es bei "Chapter III" eigentlich ein textliches Konzept? Falls nicht, worüber handeln die Texte denn so im Allgemeinen?

Sathonys:
Ein Konzept gibt es nicht, weil sich auch fast jeder am Texteschreiben beteiligt hat. Wer den Song geschrieben hat, hatte auch meistens schon einen Text dazu parat. Akaias´ Lyrics sind so weit ich weiss recht BM-typisch, er hat ja die ganzen schnelleren Songs geschrieben. Aber keine Angst, sie triefen nicht vor Klischeé, haha!
Meine Texte sind recht persönlich und melancholisch, ich habe mich da ein wenig von Vlad, unserem ehemaligen Sänger inspirieren lassen und mich etwas an Eminescu, einen rumänischen Poeten, angelehnt.
Die Texte von Hyperion (g.) sind ebenfalls sehr persönlich, aber bei ihm geht es mehr um Themen wie die gesellschaftliche Moral, er ist da ziemlich kritisch gewesen.

Rouven:
Wie beurteilst du denn die Black Metal-Szene momentan? Auf der einen Seite gibt es immer mehr Innovatoren wie BORKNAGAR, EMPEROR oder SATYRICON, und auf der anderen Seite die Bands, die sich als "true" bezeichnen und jeglichen Fortschritt verweigern.

Sathonys:
Meistens versuche ich da eine Wertung zu vermeiden. Ich sympathisiere aber auf jeden Fall mit der musikalischen Weiterentwicklung, muss aber auch sagen, dass teilweise bei den von dir angesprochenen Bands das Feeling ein wenig verlorengegangen ist. Die erste EMPEROR-Scheibe ist für mich einfach das Nonplusultra im norwegischen Black Metal. Diese Härte, diese Extremität in der Musik fühle ich nicht mehr so ganz, und das finde ich schade. Meiner Meinung nach ist Black Metal aber nicht kategorisierbar, es ist eine Musik, die sich entfalten muss! Darüber sollten sich einige engstirnige Leute auch mal Gedanken machen. Wenn ich an Aussagen wie von Euronymus (MAYHEMs ermordeter ex-Frontmann - Anm. d. Verf.), der meinte, Black Metal wäre nur für Leute, die zum Morden bereit sind - das ist kompletter Unsinn und zieht die Szene in ein viel schlechteres Licht, als es sein müsste.

Rouven:
Zählst du AGATHODAIMON zur Speerspitze im deutschen Black Metal?

Sathonys:
Haha, mit einer Antwort darauf kann ich mir ´ne Menge Feinde machen. Aber als "Rockstar" würde ich schon so denken. Wir machen uns ständig Gedanken über die Weiterentwicklung, und das merkt man hoffentlich auch. Leider sind wir nur eine Amateurband, wir haben nicht die Möglichkeiten wie DIMMU BORGIR oder andere Szeneflaggschiffe, vor allem finanziell nicht. Aber wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Bei den anderen deutschen Bands scheint mir dieser Deckmantel "true" eine Ausrede zu sein, dass man sich nicht weiterentwickeln muss. Wenn man damit zufrieden ist, bitteschön, aber Musik lebt doch von Weiterentwicklung. Viele Bands geben vor, etwas zu sein, was sie gar nicht sind. Das ganze Drumherum ist doch nur Fassade, so dass niemand sieht, wie simpel es dahinter aussieht. Ich möchte allerdings mal besser keine Namen nennen...

Rouven:
Bei NOCTE OBDUCTA bist du ja Bassist - ist das so dein Ausgleich zu AGATHODAIMON, da es bei NOCTE OBDUCTA ja doch um einiges rauher zugeht?

Sathonys:
Hey, bei NOCTE OBDUCTA bin ich schon seit zwei Jahren nicht mehr dabei (lacht)! Aber das stimmt schon, es war ein guter Ausgleich. Vor allem weil die erste Scheibe sehr nach EMPEROR klang. Aber mir hat das Bandintern nicht mehr zugesagt, weil auch zu viele Klischeés bemüht wurden. Von vier Stunden Probe waren das dann immer zwei Stunden Saufen, was mir nicht so gelegen hat, weil ich auch recht abstinent bin. Ist wirklich schade, denn aus der Band hätte man so viel mehr machen können. Marcel´s Texte sind meiner Meinung nach die einzigen deutschen Texte, die man sich antun kann. Die sind echt klasse. Aber den Jungs hat es dann etwas an Motivation und Professionalität gefehlt, und da investiere ich meine spärliche Freizeit doch lieber in AGATHODAIMON. Irgendwie behindern sie sich selbst, und das müsste nicht sein. "Schwarzmetall" hätte ich nicht befriedigend gefunden.
Das neue NOCTE OBDUCTA-Album "Galgendämmerung" ist schon ewig fertig, es muss nur noch abgemixt werden. Aber da sieht auch keiner ein, das aus der eigenen Tasche zu bezahlen, was du als Amateurband aber zwangsläufig machen musst.

Rouven:
So, last but not least: Deine aktuelle Top 5!

Sathonys:
Das wären momentan:
1. ALICE IN CHAINS - "Facelift"
2. ANCIENT - "Proxima Centauri"
3. SAMAEL - "Passage"
4. AUTOPSY - Alles
5. CELTIC FROST - "Into Mega Therion"

Redakteur:
Rouven Dorn

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